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Schalkes Chef Clemens TönniesFinstere Ansichten

Schalkes Chef Clemens Tönnies äußert sich rassistisch. Gemessen am Leitbild des Bundesligaklubs – reicht das nicht für einen Vereinsausschluss?

Findet seine Worte nun „falsch, unüberlegt und gedankenlos“: Clemens Tönnies Foto: dpa

Vorträge gedankenlos verfassen, das kommt vermutlich recht selten vor. Und wenn das vorgegebene Thema „Unternehmertum mit Verantwortung“ heißt, sollte es eigentlich noch seltener vorkommen. Clemens Tönnies aber erklärte über die Homepage von Schalke 04, Teile seiner Rede seien „falsch, unüberlegt und gedankenlos“ gewesen.

Beim traditionellen Tag des Handwerks in Paderborn am Donnerstag machte sich ausgerechnet der millionenschwere Fleischunternehmer Gedanken zum Klimawandel – also unüberlegte Gedanken, wie er nun richtigstellte, und empfahl, man solle den Afrikanern 20 Kohlekraftwerke jährlich finanzieren. „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“

Unverhohlener kann man kaum rassistisch formulieren. Und dass die Industrienationen nun in Afrika das Klima retten sollen, ist nebenbei an Dümmlichkeit kaum zu überbieten. Wenn Schalke 04 nun am Freitag auf seiner Homepage eine „Entschuldigung“ mit den zitierten Worten von Tönnies präsentiert, dann ist das falsch und im besten Fall unüberlegt und gedankenlos.

Der Verein, der sich seit vielen Jahren gemeinsam mit seiner Fanszene gegen Rassismus engagiert, hätte in einer eigenen Stellungnahme die Dinge beim Namen nennen und verurteilen müssen. Schalke 04 hätte sich ausdrücklich von den rassistischen Äußerungen von Clemens Tönnies distanzieren müssen. Stattdessen gab man ihm unkommentiert eine Plattform für seine jämmerliche Entschuldigung.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Auf Tönnies Twitter-Account fiel die Entschuldigung gar noch jämmerlicher und euphemistischer aus. Er schrieb: „Meine Aussage zum Kinderreichtum in afrikanischen Ländern tun mir leid.“

Fehl am Platz?

Als Werder Bremens Präsident Hubertus Hess-Grunewald einst erklärte, es sei ein Widerspruch, die AfD und Werder Bremen gut zu finden, fragte die taz alle Bundesligaklubs, ob dieser Widerspruch auch bei ihrem Verein bestehe. Schalke 04 antwortete: „Wir positionieren uns in unserer Vereinssatzung und in unserem Leitbild seit vielen Jahren deutlich und unmissverständlich gegen rassistisches, ausländerfeindliches oder homophobes Gedankengut. Unabhängig von jeglicher Parteizugehörigkeit: Wer diese Aspekte aus Leitbild und Satzung nicht teilt, ist in unserem Verein fehl am Platz.“

Gemessen an diesem Bekenntnis ist Clemens Tönnies fehl am Platz bei Schalke 04. Darüber muss zumindest im Verein diskutiert werden. Wenn jetzt Tönnies behauptet, er stünde „1.000-prozentig“ zu den Vereinswerten wie zum Einsatz gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung dann steht das 1.000-prozentig im Widerspruch zu seinen rassistischen Äußerungen.

Bei Eintracht Frankfurt erklärte Präsident Peter Fischer, es sei unvereinbar, die AfD zu wählen und Mitglied des Vereins zu sein, der völlig andere Werte repräsentiere. Gut gemeint war das, aber nicht durchdacht. Juristisch durchsetzen lässt sich ein Ausschluss von Mitgliedern, die eine nicht verbotene Partei wählen, in einem Rechtsstaat zum Glück nicht.

Fischer verwies damals auf die Vereinssatzung, die Rassismus als Grund für einen Ausschluss erlaube. Auch die Schalker Satzung sieht das vor. An diesem Punkt sollten die Vereine ansetzen. Sie sollten die jeweiligen Mitglieder an ihrem Handeln und an ihren Äußerungen messen. Weil aber Tönnies seinen Verein schon mal mit ein paar Millionen Euro aus brenzligen Situationen hilft, nimmt man es nun auf Schalke mit dem Rassismus nicht so genau. In Zeiten, da die AfD mit rassistischen Äußerungen an Zustimmung gewinnt, wäre das wichtig gewesen. In Paderborn, berichten Augenzeugen, hätten die Zuhörer nach Tönnies’ Bemerkungen geklatscht.

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19 Kommentare

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  • Der Mann ist schuldig, wie die N8, und gleichzeitig muss ihm vergeben werden.

    M.E. spielt sich hier folgende Situation ab: Wir wissen ganz genau, wie diese Menschen sind, zB feindselig. Und wie bei einem Politiker wünschen wir uns, dass sie freundliche Worte sagen, damit wir an unser Ausgangswissen nicht glauben bzw wohl daran micht verzweifeln. Würden wir nicht (falsche) Hoffnung gegen, müssten wir ja den Status-quo verlassen.

    Sprecht ihn frei und belobigt ihn, denn es hätte noch schlimmer kommen können.

  • Was soll man erwarten von jemandem, der aussieht wie Helmut Kohl in den 70ern...



    twitpic.com/4khh7g

  • Die Kreishandwerkerschaft (KH) Paderborn Lippe teilte auf ihrer Homepage mit: "Mit Clemens Tönnies spricht beim Tag des Handwerks ein Unternehmer zu den Gästen, der sich seiner Verantwortung gegenüber Tieren, Menschen, Umwelt und Gesellschaft bewusst ist." Zur aktuellen Entwicklung bzw. zum verantwortungsbewussten Redebeitrag gibt es dort keine aktuelle Stellungnahme.

  • Schalke 04 sollte konsequent sein und den Schlachter feuern.

  • Tönnies ist ein prolliger Metzger, der verbal Niveau schlachtet und zu Unanständigkeit verwurstet. Dem Publikum inkl. eines Erzbischofs scheint es gefallen zu haben. Wer Beifall klatscht, nicht protestiert, der stimmt anscheinend zu :-(. Vielleicht alles Leute, die vom "Scheibchen Fleischwurst" des Metzgers profitieren und ihr Spendenkonto nicht gefährden wollen.

  • Tonnies hat sich in unmissverständlichen Worten zu Afrika ausgelassen. Mehr als genug fur FC Schalke 04 diesen Mann fristlos zu kündigen. Das brauchen wir jetzt nicht weiter zu kommentieren. Die sollen Ihn mitteilen das eine Mitgliedschaft für Personen mit diesem Weltbild nicht im Frage kommt. Er ist Sand im Getriebe gegen Nazis und Rassismus. Grosse Schande! Wenn die Ihn nicht Kundigen, dan werde ich Kundigen!

  • Was Thomas Mann 1938 im Exil über Hitler sagte: "Nichts wird bleiben von seinen Worten und Werken, weil sie falsch und nichtig waren, und sein Nachruhm wird Schande sein."



    , das werden zukünftige vegetarische oder vegane Gesellschaften vermutlich über Unternehmer wie Tönnies sagen, deren Reichtum auf dem Tod und Leiden der Tiere basiert.

  • Wenn seine subventionierten Fleischpaläste nicht mehr mit hochsubventioniertem Gefrierfleisch, bei den Afrikanern selbst noch den kleinsten Rinderzüchter und den Hinterhof Schlachter an die Wand pressen und er dann noch so besteuert würde, wie seine Mitarbeiter, dann, ja dann könnte das Gelingen.

    • @Weidle Stefan:

      Ich muss mich ergänzen, Tönnies hat erwiesenermaßen nicht ganz unrecht mit der Behauptung, dass Menschen, welche über ein Mindestmaß an Wohlstand verfügen, weit weniger zu einer Absicherung über die Reproduktion tendieren, um eben diesen nicht zu gefährden. Das muss man aber im wissenschaftlichen Kontext vermitteln und auch dazu sagen, dass das nur möglich sein würde, wenn der Norden einen fairen Umgang mit dem afrikanischen Kontinent pflegen würde.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Weidle Stefan:

        Ei gude wie.

        Sehr schön. Erstens: überhaupt. Zweitens: weil Sie mir die Last des Schreibens (es ist nicht nur Lust) erspart haben.

  • Der Fisch stinkt am Kopf... nicht nur auf Schalke, aber anscheinend auch dort...

  • Der Fleischgott regiert in Gelsenkirchen und hält einen Verein am Leben, der ohne ihn und die öffentliche Hand vielleicht längst nicht mehr konkurrenzfähig wäre. Da darf man sich schon einmal Spekulationen darüber erlauben, was der Afrikaner alles so in der Nacht treibt. Uns Antifaschist*innen sollte die Reaktion des Publikums - es klatschte Beifall - nicht überraschen: auf das Bürgertum, selbst das scheinbar liberale, ist kein Verlass. "Unternehmertum mit Verantwortung"? Man frage beim Volkswagenkonzern nach.

  • Die Idee ein Bevölkerungswachstum auf diesem Kontinent unter 700.000/Woche anzustreben ist ja wohl total rassistisch und menschenfeindlich!

    • @Tomasz Regel:

      Ganz klar ja, wenn man es so macht, wie Herr Tönnies!



      Außerdem kommt es nicht auf die reine Bevölkerungszahl an sondern den jeweiligen individuellen Lebensstandard.



      Um so viel Unheil in Form von CO2-Emissionen anzurichten wie Sie und ich müssen sich schon eine erkleckliche Anzahl von in Afrika lebenden Menschen zusammentun.



      Wenn Sie möchten, dass die Geburtenrate in Afrika sinkt, müssen sie den dortigen Lebensstandard erhöhen und schießen sich damit selbst ins Knie....



      Deshalb ist es an uns, Wohlstand generell deutlich weniger schädlich zu gestalten und damit sicherlich auch anders zu definieren.

    • @Tomasz Regel:

      Der Ton macht die Musik. Zu behaupten man muss nur dafür sorgen, das das Licht nicht ausgeht damit sie sich nicht mehr vermehren, ist schon ziemlich dümmlich und diskriminierend.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Andreas J:

        Zustimmung.

        Tönnies Auswurf verdient schon den Gloria-von-Thurn-und-Taxis- Gedächtnispreis. Wobei sie das Ganze noch charmant (Stichwort: Ton - schreibt manN das in Gelsenkirchen nicht mit h hinter dem T?) verpackt hat.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @76530 (Profil gelöscht):

          Mist. Jetzt wollte ich gerade Gloria in die Debatte einführen.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @88181 (Profil gelöscht):

            Manchmal, ja wirklich manchmal gilt halt das Motto: Zwei Dumme, ein Gedanke.

            Und ich hatte Ihnen extra noch Platz gelassen für das 'Schnackseln' ...