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Kommentar Skandal im KongoMissbrauchter Naturschutz

Simone Schlindwein
Kommentar von Simone Schlindwein

Gegen Mburanumwe werden schwere Vorwürfe erhoben. Das EU-Dilemma: Striktere Kriterien gegen die Institutionen würden Naturschutz unmöglich machen.

Parkdirektor Emmanuel de Merode hat einen einwandfreien Leumund – im Gegensatz zu seinem Vize Foto: dpa

D er Virunga-Nationalpark ist das größte Sorgenkind, aber auch ein Musterbeispiel des westlich finanzierten Naturschutzes in Afrika. Der älteste Nationalpark des Kontinents ist extremen Bedrohungen ausgesetzt: Zahlreiche Rebellengruppen hausen darin und +gefährden die weltweit einzigartigen und vom Aussterben bedrohten Gorillas. Vor fünf Jahren hat der Virunga ein Konzept aufgestellt mit der Vision, den Ostkongo durch wirtschaftliche Entwicklung, Wasserkraft und Tourismus zu befrieden – er wurde damit zum Hoffnungsträger der ganzen Region.

Nun stellt sich die Frage: Wie kann die Europäische Union einer Institution Geld spenden, deren Vizechef, Innocent Mburanumwe, mutmaßlich nicht nur Minderjährige vergewaltigt, sondern mit terroristischen Organisationen wie der ruandischen Hutu-Miliz FDLR zusammenarbeitet?

Sowohl die EU als auch die Bundesregierungen haben seit dem offiziellen Ablauf der Amtszeit von Ex-Präsident Joseph Kabila 2016 und den verschleppten Wahlen fast alle Zusammenarbeit mit Kongos Regierung eingestellt – außer im Bereich des Naturschutzes.

Doch die deutsche Entwicklungsbank KfW sowie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) arbeiten in anderen Parks des Landes nach wie vor mit Kongos Naturschutzbehörde ICCN zusammen, die für die Verwaltung der Nationalparks zuständig ist. In Berlin weiß man, dass die Zusammenarbeit mit dem ICCN nicht unproblematisch ist.

Doch das Gegenargument ist: Wenn man strikte Kriterien anlegen würde, dann wäre jeglicher Naturschutz unmöglich. Damit bestünde das Risiko, dass die bedrohten Gorillas aussterben oder der ursprüngliche Regenwald zu Holzkohle verheizt würde. Solange die jeweiligen Parkchefs für sauber gehalten wurden, galten die Projekte als machbar.

Doch jetzt zeigt sich: Auch ein belgischer Prinz mit weißer Weste und dem Herzen am rechten Fleck wie Parkchef Emmanuel de Merode kann sich nicht gegen die mafiösen Strukturen der Kriegswirtschaft durchsetzen. Die Drohungen und Versuche, die Causa um Mburanumwe zu vertuschen, zeugen davon.

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Simone Schlindwein
Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).
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1 Kommentar

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  • Das sind tragische Nachrichten.



    Gibt es Initiativen aus der Bevölkerung Kongos und Rwandas, die Lage zu ändern?



    Kann eine andere Kommission, die einzuberufen wäre, diese mafiösen Strukturen entmachten?



    Womit wir bei der Frage sind: wie genau funktioniert die Herrschaft im Kongo heute? Viele Regionen wirken als wäre die Staatsmacht weit weg. Doch sind die Verhältnisse wohl Ergebnisse des langjährigen Kriegs.



    Die EU und die GIZ stabilisieren also wiedermal die Kriegsgewinner. Wie beim Daytoner Abkommen.