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Junge Muslima in DeutschlandLasst uns an einem „Wir“ arbeiten!

Als junge muslimische Frau in Deutschland erfährt man oft, dass man nicht wirklich dazugehört. Es ist an der Zeit, die Gesellschaft differenzierter zu denken.

„Einen Raum gestalten, in dem es egal ist, ob jemand Schweinefleisch isst oder sich vegan ernährt“ Foto: Oliver Zimmermann

Mashallah, „wir“ werden mehr. Zur Zeit leben etwa 5,5 Prozent Muslime in Deutschland. Dem „Pew Research Center“ zufolge könnte dieser Anteil bis zum Jahr 2050 auf 11 Prozent steigen. Muslimtendenz steigend also.

Doch wer ist dieses von Anführungszeichen umklammerte Wir? Zunächst einmal allzu oft ein „Ihr“ voller Fremdzuschreibungen. Eine verbreitete Vorstellung innerhalb der westlichen Welt ist die von „dem Islam“ als eines monolithischen Blocks. Damit einher geht der Blick auf „die Muslime“ als „die Anderen“ schlechthin.

Was für ein schlichtes, falsches Weltbild. Meine Aufforderung wäre: Denken wir differenzierter. Gestalten wir in Deutschland gemeinsam einen Raum, in dem „wir“ und „ihr“ zueinander finden. In dem man als junge muslimische Frau nicht automatisch als unterdrückt, rückwärtsgewandt und ungebildet wahrgenommen wird.

Ich zum Beispiel trage Kopftuch, aber ich bin die größte Almanin überhaupt. Vor sieben Jahren bin ich mit meiner Familie aus Ägypten nach Deutschland eingewandert, gerade mache ich mein Abitur. Ich bin überpünktlich, sehr organisiert und trenne zu Hause unseren Müll. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin besser integriert als der Bundespräsident – und ich nehme mir dennoch die Freiheit heraus, ein Kopftuch zu tragen. Es ist dieses, oft als Symbol der Unterdrückung gelesene Stück Stoff, das den Blick vieler Menschen auf mich determiniert. Das mich reduziert – auf meine Kleidung, auf meine Religion.

Geboren am 11. September

Schon eine 2010 durchgeführte Studie des Soziologen Detlef Pollack kam zu dem Ergebnis, dass der Islam von den Befragten in Deutschland überwiegend mit negativen Eigenschaften wie der Benachteiligung von Frauen (82 Prozent), Fanatismus (73 Prozent), Gewaltbereitschaft (61), Engstirnigkeit (53) und Rückwärtsgewandtheit (39) assoziiert wird, während positive Eigenschaften wie Toleranz (5), Friedfertigkeit (8 Prozent) oder Solidarität (9 Prozent) dem Islam kaum zugesprochen wurden. Es ist anzunehmen, dass diese Zahlen in den letzten Jahren eher schlimmer geworden sind.

Mit meiner Geburt am 11. September 2001 – ja, tatsächlich, 9/11 – lässt sich eine Kulturalisierung und „Islamisierung“ der Debatten beobachten, die sich in den vergangenen Jahren durch den Diskurs um geflüchtete Menschen deutlich zuspitzte. In dieser Debatte werden Fragen von Migrations- und Identitätspolitik, innerer Sicherheit oder Jugendkriminalität zunehmend als „islamische“ Themen diskutiert. Dabei werden Eingewanderte aus islamisch geprägten Gesellschaften ebenso wie deren Nachfolgegenerationen oftmals pauschal als Muslime markiert – und damit in den Topf vorurteilsbehafteter Assoziationen geworfen.

Ich zum Beispiel trage Kopftuch, aber ich bin die größte Almanin überhaupt

Diesen Prozess kann man auch als „Muslimisierung“ von Mus­­lim*innen bezeichnen, in dem türkisch- oder arabischstämmige Menschen pauschal dem „islamischen Kulturkreis“ zugeordnet werden. Die Betonung der religiösen Zugehörigkeit von Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern geht dabei mit der Konstruktion einer homogenen muslimischen Gemeinschaft einher. Diese Zuschreibungen dienen dazu, ein kollektives „Ihr“ zu erschaffen. Und sie führen im Zuge dessen dazu, dass Unterschiede unter Muslim*innen sowie Gemeinsamkeiten zwischen muslimischen und nichtmuslimischen Personen vernachlässigt werden. Damit „wir“ wissen, wer „ihr“ seid.

Ein Raum, wo wir alle Deutsche sein können

Diese Pronomen und Stereotype, das merkt man auf beiden Seiten, verfestigen sich immer mehr. Islamisches Bewusstsein und die Identifikation als Muslim sind längst nicht mehr vorrangig an Religiosität oder Glauben gebunden, sondern zunehmend Reaktionen auf Fremdzuschreibung als Muslim, Diskriminierung und Entfremdung.

Die Islamwissenschaftlerin Kathrin Klausing von der Universität Osnabrück erklärt diesen gesellschaftlichen Entfremdungsprozess. Sie arbeitet heraus, dass Selbst- und Fremdzuordnungen von Zugehörigkeit und Differenz den Identitätsbildungsprozess besonders beeinflussen, wenn sie mit gesellschaftlichen Wertungen verbunden sind. Man könnte sagen: Ein „migrantischer Raum“ wird gegeben, jedoch keiner, wo wir alle Deutsche sein können.

Endlich wieder Jugend

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Einen solchen Raum müssen wir als Gesellschaft zusammen gestalten. Einen Raum, in dem es egal ist, ob jemand Schweinefleisch isst oder sich vegan ernährt. Ob eine Frau ein Kopftuch trägt oder einen Mini-Rock.

In dem niemand davon überrascht ist, dass ich flüssig Deutsch sprechen kann, oder sich darüber wundert, dass eine Ausländerin und Muslima sich für Umweltschutz und eine bessere Klimapolitik einsetzt. Aber selbstverständlich tue ich das, denn es geht um die Welt, in der ich in Zukunft leben werde. Diese Welt sollte im Idealfall nicht nur klimatisch lebenswert sein. Sie sollte endlich zu unserem gemeinsamen Raum werden.

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7 Kommentare

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    Kommentar gelöscht. Bitte vermeiden Sie Pauschalisierungen und unsachliche Unterstellungen. Die Moderation

    • @Stefan Geiger:

      Oh, hier wurde aber kleinlich gelöscht.

  • Ich glaube manchmal, es gibt da grundlegende Unterschiede im Verständnis des Verhältnisses zwischen Gesellschaft und Individuum in einer eher individualistischen Gesellschaft: Man kann sehr wohl dazugehören und alle Rechte haben und an- oder ausziehen was man will, und trotzdem kann es Leute geben, die der Meinung sind, dass sie mit einem nicht viel gemein haben. Ohne dass das dann ein Ausschluss wäre oder dass das in irgendeiner Weise abwertend gemeint sein muss. Das ist eigentlich seit langem das Gesellschaftsverständnis von sehr diversifizierten modernen westlichen Ländern, die ja auch ihre Traumata mit sich herumtragen (wie Religionskriege oder deutsche Länder und Völker, die sich erstmal zu einer Republik zusammenraufen mussten, die vor allem ein künstliches Staatsgebilde ist und keine Nation und schon gar kein Volk).

    Auf der anderen Seite gibt es Vorstellungen einer homogenen Gesellschaft, in der man entweder ganz dazugehört oder gar nicht und wo Abweichungen und jede Art von Individualismus immer potentiell bedrohlich besetzt sind und diese Sichtweise auch bei anderen vorausgesetzt wird, die sie vielleicht gar nicht haben.

    Kurz: Ich habe nix gegen Moslems und gegen tägliches Tragen von Kopftüchern, ich kann das sehr gut tolerieren. Es ist aber nicht meine Welt und wenn nur weil mir das zu stickige Verhältnisse sind, heißt noch lange nicht, dass ich jemanden bekehren oder davon abbringen will. Ich lebe notwendigerweise an den meisten Subkulturen und Menschen eher vorbei, auch wenn ich fallweise (politisch, ökonomisch, etc.) mit ihnen solidarisch bin. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich sie ganz ins Herz schließen oder ihre (Sub-)Kultur zu meiner machen müßte.

    Diversität heißt nicht nur, andere zu tolerieren, sondern auch schmerzfrei anzuerkennen, dass man nicht überall und immer ganz dazugehört. Verschieden zu sein, ist völlig in Ordnung.

  • In dem gemeinsamen Raum gilt das Grundgesetz eines säkularen, freiheitlich-demokratischen Staats, in dem das Grundrecht auf Religionsausübung nicht mit anderen Grundrechten kollidieren darf. Wenn das _allen_ Beteiligten klar ist, kann das mit dem gemeinsamen Raum funktionieren.

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "Einen solchen Raum müssen wir als Gesellschaft zusammen gestalten. Einen Raum, in dem es egal ist, ob jemand Schweinefleisch isst oder sich vegan ernährt."

    Die Bringschuld liegt da eindeutig bei den Muslimen im Land. Was hier im Land passierte, wenn diese Postkarten der Titanic



    www.titanic-magazi...s-noch-eine-rolle/



    analog mit Mohammed veröffentlicht würden, braucht nicht viel Fantasie. Also liebe Moslems, werden erwachsen und rastet nicht gleich aus, wenn jemand den Propheten nicht so mag, nehmt die Religion und ihre Gebote als reine Privatsache.

    • @83492 (Profil gelöscht):

      Da werden sich die Muslime aber freuen, die "Bringschuld" zu haben und zu zeigen, dass sie toleranter seien als die Nichtmuslime, von denen locker 25% sie hassen. Und während die Sarrazins dieser Republik reich werden mit der Behauptung, Muslime seien dumm und faul, lassen sich taz-Kommentatoren paternalistisch dazu herab, den "lieben Moslems" zu raten , sie sollten doch endlich "erwachsen" werden und tägliche Demütigungen gelassen hinnehmen (was sie übrigens schon lange tun...).

  • "...und ich nehme mir dennoch die Freiheit heraus, ein Kopftuch zu tragen. Es ist dieses, oft als Symbol der Unterdrückung gelesene Stück Stoff, das den Blick vieler Menschen auf mich determiniert. Das mich reduziert – auf meine Kleidung, auf meine Religion."

    Natürlich tut es das. Abgesehen davon, daß m.E. jede mir bekannte Religion mit Unterdrückungsmechanismen arbeitet (ich empfehle "Der Herr ist kein Hirte" von Christopher Hitchens) unterstelle ich Kopftuchträgerinnen eine der folgenden Motivationen:



    - Entweder ist sie nicht so frei von Traditionen/Wertvorstellungen/Zwängen wie sie behauptet



    - oder sie fällt Ihren Geschlechtsgenossinnen, die Kopftuch/Hijab/Burka tragen _müssen_ bewusst in den Rücken



    - oder sie will provozieren

    siehe auch:



    www.taz.de/Gastkom...-Fashion/!5582010/



    www.taz.de/Kolumne...nslation/!5568763/