Nach Anschlägen auf Kirchen in Sri Lanka: Rache für Christchurch? Eher nicht
Der sogenannte „Islamische Staat“ bekennt sich zu den Anschlägen in Sri Lanka. Die sieben Selbstmordattentäter waren allerdings Bürger des Landes.
Beweise für die Urheberschaft der Tat wurden nicht angeführt, und die Echtheit des Bekennerschreibens lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Es erfolgte über die üblichen Kanäle, über die bereits in der Vergangenheit nicht überprüfbare Bekenntnisse der Terrorgruppe zu Anschlägen verbreitet wurden.
Es liegt im Interesse des nach den Niederlagen in Irak und Syrien militärisch geschwächen IS, sich mit einem Sri-Lanka-Benntnis als omnipotent und global agierend darzustellen. Umgekehrt galten die Anschläge in Sri Lanka als technisch zu anspruchsvoll, um von einer unerfahrenen kleinen lokalen Gruppe wie der von den Behörden beschuldigten National Thowheeth Jama’ath (NTJ) allein durchgeführt worden zu sein. Zugleich ähnelt die Machart des Anschlags früheren Terrorattacken des IS.
Die sieben bei den Anschlägen getöteten Selbstmordattentäter waren laut Medienberichten sämtlich Staatsbürger Sri Lankas und gehörten angeblich zu NTJ. Ein Attentäter soll vor wenigen Monaten wegen der Beschädigung von Buddha-Statuen festgenommen worden sein. Zwei weitere seien die Söhne eines wohlhabenden Gewürzhändlers aus Colombo gewesen, die sich als Gäste der beiden Luxushotels ausgaben, in denen sie sich jeweils in die Luft sprengten. Festgenommen wurden auch neun Mitarbeiter einer Fabrik, die einem der Attentäter gehörte.
40 Personen verhaftet
Am Dienstag sagte in einer Sondersitzung des Parlamentes in Colombo der Staatsminister in Sri Lankas Verteidigungsministerium, Ruwan Wijewardene, die Attentate seien ein „Vergeltungsakt für den Angriff auf Muslime in Christchurch“ gewesen. Er nannte entsprechende Hinweise aus „vorläufigen Untersuchungen“, aber keine Details. Der IS hat in seinem Bekennerschreiben keinen Bezug zu Christchurch hergestellt.
Medienberichten zufolge waren in den letzten Wochen Postings von Muslimen in sozialen Netzwerken in Sri Lanka aufgetaucht, die Vergeltung forderten für das Massaker eines australischen Rechtsradikalen in zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch am 15. März, bei dem 50 Muslime ermordet worden waren.
Experten verweisen allerdings darauf, dass komplexe Selbstmordanschläge an mehreren Orten zeitgleich wie jetzt in Sri Lanka ein Jahr Vorbereitungszeit und einen großen logistischen Aufwand benötigen und nicht in fünf Wochen mal eben so organisiert werden können.
Am Dienstag gaben die Behörden die Zahl der Todesopfer mit inzwischen 321 an. Laut Unicef sind darunter 45 Kinder, das jüngste war erst 18 Monate alt. Die Zahl der getöteten Ausländer stieg auf 38. Bisher wurden 40 Personen im Zusammenhang mit den Anschlägen verhaftet, 20 Häuser wurden durchsucht.
Landesweit drei Schweigeminuten
Seit Dienstagfrüh ist landesweit ein Ausnahmezustand in Kraft, der den Sicherheitsbehörden weitreichende Vollmachten bei Festnahmen und Hausdurchsuchungen einräumt, wie es sie in Sri Lanka bereits während des 27-jährigen Bürgerkriegs gab. Abends und nachts gilt Ausgangssperre. Soziale Netzwerke wie Facebook bleiben gesperrt, um Gerüchte und Fake News zu unterbinden.
Am Dienstagmorgen wurde landesweit mit drei Schweigeminuten der Getöteten gedacht. Schulen und Geschäfte blieben geschlossen. Auch wurden die ersten Opfer beerdigt. In Negombo nördlich von Colombo, wo es bei dem Anschlag auf die Sankt Sebastian Kirche die meisten Opfer gegeben hatte, gab es eine Massenbeerdigung. Zum Zeitpunkt des Anschlags während der Ostermesse hielten sich mehr als eintausend Personen in der Kirche auf.
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