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Kommentar UN-BevölkerungsberichtBildung, Bildung, Bildung

In Entwicklungsländern haben Frauen oft keine Macht über die Familienplanung. Bundesentwicklungsminister Müller (CSU) reagiert unangemessen.

Familienplanung ist eine Frage der Bildung Foto: dpa

Es ist ein fataler Kreislauf: Wer arm ist, hat erst recht kein Geld für Kondome oder ein Diaphragma. Mit jedem Kind aber, das, weil Verhütungsmittel fehlen, (meist ungewollt) auf die Welt kommt, wächst die Armut. Kinder kosten nun mal Geld. Das macht einmal mehr der aktuelle UN-Bevölkerungsbericht deutlich. Fatal ist ebenso, dass die meisten Frauen, die dieses Schicksal zuvörderst trifft, gar nicht so viele Kinder haben möchten. Wehren können sie sich nicht, aus den eben genannten Gründen.

Die meisten Betroffenen leben in Afrika, auf einem ohnehin schwer ausgebeuteten und traumatisierten Kontinent. Frauen und Kinder stehen dort weit unten auf der Rangliste, wenn es um Menschenrechte geht. Das hat zur Folge, dass Mädchen seltener und kürzer als Jungen zur Schule gehen, Frauen häufiger arbeitslos sind und erwerbstätige Frauen weniger als Männer verdienen.

Grundsätzlich gelten Frauen in ärmeren und in der Regel patriarchal geprägten Ländern als wenig „wert“: Sie müssen sich nicht selten dem Willen ihres Mannes beugen und wissen erst gar nicht, wie sie eine Schwangerschaft verhindern können. Dahinter steckt nicht nur eine desaströse hegemoniale Männlichkeit, sondern eine ebenso falsch verstandene Sexualmoral: Männer dürfen tun, was sie sexuell wollen, Frauen nicht.

Gerd Müller, der Entwicklungsminister von der CSU, gibt vor, diesen Gender Gap schließen zu wollen. Aber die Länder, die dafür Unterstützung benötigen, sollen Müllers Aussagen zufolge selbst nach der Hilfe rufen. Ist das die neue Leitlinie der deutschen Entwicklungshilfe?

Wer wirklich will, dass Frauen und Mädchen die Familienplanung selbst in die Hand nehmen, dass sie sich wehren gegen männliche Gewalt und nicht mehr bei heimlichen Abtreibungen sterben müssen, muss vor allem investieren: in Bildung, Bildung, Bildung. Das hat nichts mit autoritärer und von außen aufgedrückter Entwicklungshilfe zu tun. Im Gegenteil: Das ist ein zutiefst humanistischer Ansatz.

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9 Kommentare

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  • Was Simone Schmollack schreibt, ist nicht ganz richtig. Frauen sind in vielen ländlichen Regionen ökonomisch wesentlich produktiver als Männer, die oft arbeitslos sind und sich von ihren Frauen aushalten lassen. Viele Oragnisationen bauen deshalb mehr auf die Frauen, was die Entwicklung angeht. Wieweit nun die Kenntnis über Verhütungsmittel und deren Verbreitung realisiert wird, dürfte durchaus unterschiedlich sein. Ein Mittel haben die Frauen schon immer angewendet, sie stillen möglichst lange. Die Forderung nach Bildung ist ja gut gedacht, aber es gibt eine andere wirksamere Methode zur Nachwuchsverringerung, wachsender Wohlstand. Aus unserer eigenen Geschichte wissen wir doch, dass mit wachsendem Wohlstand die Konderzahl pro Familie zurückging. deshalb ist die Steigerung des Wohlstandes durch fairen Handel, Beendigung mancher desaströsen EU-Exporte auf afrikanische Märkte besser geeignet als die abstrakte Forderung nach Bildung. Meine Großmutter hatte 12 Kinder, meine Mutter nur noch2.

  • Jedes Kind hat Anspruch darauf, von seiner Mutter gewollt zu sein. Ohne dieses Startkapital ist eine positive Entwicklung so gut wie ausgeschlossen.

  • Danke, Frau Schmollack, Bildung ist neben Gesundheit, Nahrung und Sicherheit ein essentieller Pfeiler einer selbstverantwortlichen Gesellschaft. Und beim Thema Bildung sollten wir mal in den Zielländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) anfangen, Lehrer, Studenten und andere gebildete Menschen nicht als Dolmetscher zu missbrauchen oder sie als nationale Kräfte anstellen und damit eine zweite Infrastruktur aufbauen. Denn diese Menschen fehlen dann in ihrem Land. Die Mitleidsindustrie hat auch hierfür eine Lösung: Deutsche Lehrer bilden nationale Analphabeten zu Lehrern aus. Diesen Unsinn habe ich in Afghanistan erleben müssen. Die EZ der Industrieländer schafft Armut. Ich empfehle die Lektüre der niederländischen Journalistin Linda Polman "Die Mitleidsindustrie".

  • Kommentar entfernt. Bitte verfassen Sie sachlich-konstruktive Kommentare und verzichten Sie auf pauschale Diffamierungen. Danke, die Moderation

    • @Thomas Friedrich:

      Kommentar entfernt, bitte bleiben Sie beim Thema. Danke, die Moderation

    • @Thomas Friedrich:

      Es wäre besser, so eine Prämie für alle weltweit und sozial gestaffelt auszuschreiben.



      Dann wäre es auch nicht mehr menschenverachtend.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Thomas Friedrich:

      Sehr wahr die Menschheit muss gesundschrumpfen oder der Klimawandel wird uns massakrieren.

  • Anfänglich würde es schon recihen, nicht zu pauschalisieren, dann sich zu überlegen WARUM es "Entwicklungs"länder sein müsen (u.a. um uns vorzugaukeln "im Vergleich ginge es uns gut", dann aufhören failed states zu erzeugen um in Ruhe Rohstoffe auszubeute, dann mal anderen Ländern die selbe zeit geben, die wir in europa gebraucht haben, dann dazu zu sagen daß viele der Länder keinerlei ÖFFENTLICHE Hilfen Sozialsystem etc etc. gibt, dann darüber nachzudenken, ob es bei uns nicht auch bald so kommen wird (denn diese Staaten sind Investors Lieblingsstaaten, und dann erst mal fragen, was man dort WILL...... PS: Ich darf erinnern, daß Mali HEUTE dafür bluten muß daß es 1980 deutsche "Hilfsgelder" (die zum Waffenkauf in D. hätten verwendet werden sollen lt. Vertrag) der damalige Präsident aber zum Aufbau eines Schulsystems hernahm...

  • Ach herrje, das sind ja abenteuerliche Vorwürfe, die da künstlich konstruiert werden. Hauptsache, der CSU bei jeder Gelegenheit eins mitgeben, oder wie? Ein bisschen lachhaft ist das schon.