Weniger Klimagase in Deutschland: Kaum Freude über gute Zahlen
Erstmals seit vier Jahren ist der CO2-Ausstoß in Deutschland deutlich gesunken – und zwar nicht nur wegen des milden Winters.
Es sind die ersten positiven Klimazahlen seit Jahren: Der Ausstoß von Treibhausgasen ist in Deutschland im letzten Jahr um 41 Millionen Tonnen zurückgegangen. Damit lag er um 4,5 Prozent niedriger als im Vorjahr, teilte das Umweltbundesamt am Dienstag auf Grundlage einer Prognoserechnung mit. Vor allem bei der Stromerzeugung und in privaten Haushalten gab es einen deutlichen Rückgang. Doch auch im Verkehrssektor, wo die Werte zuletzt sogar gestiegen waren, sanken die CO2-Emissionen erstmals um 2,9 Prozent. Auch in der Landwirtschaft gab es mit 4,1 Prozent einen deutlichen Rückgang.
Bei Umweltverbänden sorgte diese Meldung allerdings nicht für Begeisterung. Ihrer Ansicht nach ist die Entwicklung vor allem auf das Wetter des letzten Jahres zurückzuführen. „Die Deutschen haben schlicht weniger geheizt“, erklärte Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. „Ein warmer Winter kann keine erfolgreiche Klimapolitik ersetzen.“ Auch die Deutsche Umwelthilfe behauptete, der Rückgang der Treibhausgase sei „mehrheitlich der milden Witterung“ zu verdanken. Ähnlich äußerte sich der WWF.
Von den Zahlen ist diese Kritik aber nur zum Teil gedeckt. In Privathaushalten, wo sich der milde Winter durch geringeren Heizbedarf besonders bemerkbar macht, sanken die Emissionen nur um rund 11 Millionen Tonnen. Beim Verkehr, wo die Emissionen um 5 Millionen Tonnen sanken, dürfte das Wetter ebenfalls eine Rolle gespielt haben, weil das Niedrigwasser auf den Flüssen die Kraftstoffpreise verteuert hat.
Größer war aber der Rückgang in der Energiewirtschaft, wo 14 Millionen Tonnen eingespart wurden. Das lag zum einen am weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Zum anderen ist vor allem die Steinkohleverstromung stark zurückgegangen, weil sie durch die gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate weniger wirtschaftlich ist.
Doch auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) war trotz der guten Zahlen bemüht, keine allzu große Euphorie aufkommen zu lassen. Der Rückgang der Emissionen liege „zum Teil an Witterungs- und anderen Sondereffekten“, erklärte sie. Zugleich zeige die Entwicklung aber auch, dass Klimaschutzmaßnahmen wirken, sagte Schulze – und fügte hinzu: „Es ist vollkommen klar, dass wir noch mehr Tempo aufnehmen müssen.“
Streit um Klimaschutzgesetz
Hintergrund ihrer Äußerungen ist der laufende Streit um ein Klimaschutzgesetz, das alle Ressorts zu verbindlichen Einsparungen verpflichten und ihnen die finanzielle Verantwortung für deren Verfehlung übertragen soll. Obwohl dieses Gesetz im Koalitionsvertrag vereinbart ist, laufen Teile der Union dagegen Sturm. Auch den Stichtag zum Vorlegen von Klimaschutzmaßnahmen ließen Verkehrs- und Innenministerium verstreichen. Schlichten soll den Streit das neue „Klimakabinett“, in dem alle beteiligten Ressorts vertreten sind und das voraussichtlich am 10. April erstmals zusammentritt.
Umweltministerin Svenja Schulze
Dass die Emissionen nun erstmals wieder gesunken sind, könnte die Union als Argument gegen das Gesetz nutzen. Doch dafür gibt es keinen Anlass. Denn der Rückgang im letzten Jahr ändert nichts daran, dass Deutschland sein Klimaziel für 2020 krachend verfehlen wird. Vom geplanten Rückgang der Emissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 sind erst 30,6 Prozent erreicht. Um wenigstens das Ziel für 2030 zu erreichen, muss in den nächsten Jahren jedes Jahr fast so viel eingespart werden wie 2018 – und zwar ohne Witterungseffekt.
Dieser Text wurde am 5.4.2019 aktualisiert, weil das Umweltbundesamt (UBA) seine Zahlenangaben korrigiert hat. Statt wie zunächst gemeldet um 38 Millionen Tonnen sind die Emissionen demnach um 41 Millionen gesunken; der prozentuale Rückgang liegt damit statt 4,2 bei 4,5 Prozent. Grund waren falsche Angaben zum landwirtschaftlichen Sektor: Während das UBA zunächst mitgeteilt hatte, dass die Emissionen hier um 0,7 Prozent gestiegen seien, gab es tatsächlich einen Rückgang um 4,1 Prozent. Einen Grund für den Fehler nannte die Behörde nicht.
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