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Aufgeschreckte CouchpotatoesDie Ausweitung der Warenzone

Edith Kresta
Kolumne
von Edith Kresta

Je weniger Regeln umso besser, so das Credo App-verwöhnter Modernisierer. Auch die Bundesregierung plant Fahrdienste zu liberalisieren.

Zuletzt demonstrierten am 28.3 die Taxifahrer in Hannover gegen die Liberalisierungspläne der Bundesregierung für die Fahrdienste Foto: imago/localpic

F reiheitsfeindlich, hinterwälderlerisch, altersreaktionär.“ Georg, angehender Architekt und passionierter Umweltschützer, verteidigt mit harten Bandagen seine Uber App gegen kritische Einwände. Seit seinem Aufenthalt in New Orleans ist er völlig begeistert davon. „Ein Klick, und schon kommt ein Wagen und holt dich ab. Die Fahrer superfreundlich, der Preis kalkulierbar. Einfach bequem!“ Wie in der Steinzeit komme ihm das Warten in vielen deutschen Städten auf ein Taxi vor. Die Zukunft, das ist für ­Georg auch Uber.

Fehlende Lizenzen, keine Versicherung, prekäre Solo-Selbstständigkeit ohne Tariflohn, Arbeits- und Gesundheitsschutz. „Moderne Sklaverei“ sagen die Gewerkschaften. Georg ficht das nicht an. Er findet Uber eine prima Einkommensquelle für Jedermann, „selbst die ganz unten: „Ungelernte, Flüchtling, Schulabbrecher“. Das Thema Steuerschlupflöcher rührt ihn nicht. Die Plattformen selbst betonen, Vermieter und Fahrer seien verpflichtet, ihre Einkünfte ordnungsgemäß zu versteuern. Doch die Kontrolle überlassen sie gänzlich dem Staat. „Peanuts“, so Georg.

Die Taxifahrer, die in Madrid, Wien, Berlin, Rom gegen Uber auf die Barrikaden gehen, sind für ihn „interessengesteuerte Platzhirsche“. Dass alte Geschäftsmodelle und ihre Standards zerschlagen werden, findet er „konsequent, völlig normal“. Das bringe Innovation so mit sich. Sein beharrlichstes Argument: Uber und andere Plattformen wie Airbnb seien die Vorreiter einer neuen, nachhaltigeren Gesellschaftsordnung, in der alle alles teilten. Am Ende sollen wir dadurch weniger Ressourcen verbrauchen. Und das Beste sei: Von dieser Share Economy profitiere vor allem der Kunde: dank der Entrümpelung gewachsener Standards, Auflagen und Anforderungen sei alles günstiger.

„.Je weniger Regeln, desto besser“, ist Georgs Credo. Fürs Geschäft mag das stimmen, aber Georg nennt es „Freiheit“. Die freiheitliche Ausweitung der Warenzone weltweit ist in vollem Gang. Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) strebt eine zügige Liberalisierung des Taxi- und Fahrdienstmarktes bis 2020 an. Uber ist ein Erfolgsmodell.

Dank der Entrümpelung gewachsener Standards, Auflagen und Anforderungen wird alles günstiger!

Der US-Fahrdienstvermittler baut vor seinem erwarteten Börsengang seine Position im Nahen Osten aus. Uber-Chef Dara Khosrowshahi kündigte an, den in Dubai ansässigen Konkurrenten Careem für 2,7 Milliarden Euro zu übernehmen. Zu den Investoren gehört neben dem chinesischen Konkurrenten Didi Chuxing, dem saudi-arabischen Investor Kingdom Holding von Prinz Al-Walid bin Talal und dem japanischen E-Commerce-Unternehmen Rakuten auch Daimler.

Georg liegt im Trend – global, neoliberal, unsozial.

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Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
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1 Kommentar

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  • Ich kenne keinen Taxifahrer, der im Tessin eine Villa hätte; wie von da her die 'Neuen' billiger und Besser werden sollen ist mir schleierhaft, zumal sich in die USA, Kernland der Kannibalisierung durch Marktwirtschaft , vermehrt die wirtschaftlichen Errosionsschäden der Uber-Kultur zutage treten.



    Ich schätze, diesem so offensichtlich kurzsichtigen Architekten würde ich kein Projekt anvertrauen...