piwik no script img

Kommentar Spionageverdacht bei HuaweiTechnik lieber selbst entwickeln

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Deutschland und Europa täten gut daran, weder auf die Technik der Amerikaner zu setzen noch auf die der Chinesen. Nur das gewährleistet Kontrolle.

Belege für eine Überwachung durch Chinas Führung sind westliche Geheimdienste bis heute schuldig Foto: reuters

D ie USA haben es mal wieder dreist geschafft: Aus ihrem eigenen Markt hat die US-Regierung den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei mit allen nur erdenklichen Behauptungen bereits verdrängt. Nun hat sie die Verbannung von Chinas erfolgreichstem Unternehmen auch in ­anderen Ländern in Angriff genommen. Und die Chancen stehen gut, dass die USA erfolgreich sind.

Denn es sind nicht mehr nur die anderen vier der „Five Eyes“ (Australien, Neuseeland, Kanada und Großbritannien), die engsten Verbündeten Washingtons, die mit den USA mitziehen und die Behauptung übernehmen, Huawei könnte chinesischen Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Netze im Ausland ermöglichen. Auch in Deutschland wächst der Druck auf Bundesregierung und Mobilfunkbetreiber, auf Huawei-Technik zu verzichten.

Belege für eine Überwachung durch die kommunistische Führung oder gar eine unmittelbare Einflussnahme Pekings auf die digitale Infrastruktur in Europa oder Nordamerika sind die westlichen Geheimdienste der Öffentlichkeit bis heute schuldig geblieben. Dass es technisch möglich ist, über Netzwerke die Daten der Nutzer unbemerkt abzugreifen, haben bislang allein US-Geheimdienste bewiesen. Edward Snowden hat 2013 enthüllt, dass es die amerikanische NSA war, die sich genau dieses Mittels bedient hatte. Sie baute bei Systemen des US-Netzwerkausrüsters Cisco sogenannte Hintertürchen ein, um fremde Daten auszuspähen.

Dass sogar die US-Justiz politisch instrumentalisiert wird, hat Trump selbst zugegeben, als er andeutete, die Anklage gegen die Huawei-Finanzchefin wegen angeblicher Umgehung der Iran-Sanktionen könne als Teil einer Einigung im Handelsstreit mit China fallen gelassen werden. Doch so unfair das Vorgehen der Amerikaner gegen das chinesische Unternehmen derzeit ist – Deutschland und Europa tut die Kontroverse um Huawei dennoch gut. Denn sie hat auch hierzulande das öffentliche Inte­resse an der Sicherheit von Netzwerktechnologie deutlich gesteigert.

Huawei richtig aussprechen

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Welt steht vor ihrer nächsten technologischen Umwälzung. Das 5G-Netz wird keineswegs nur für ein noch schnelleres Streamen von kleinen Filmchen unterwegs sorgen. 5G wird die Grundlage für die künftigen Produk­tionsprozesse sein, in denen Maschinen und Roboter selbstständig miteinander interagieren können. Selbstfahrende Autos werden ebenso auf dieser Technik basieren wie künftig unser Stromnetz und sämtliche Formen der Kommunikation.

Deutschland und Europa tun gut daran, weder auf die Technik der Amerikaner zu setzen noch auf die der Chinesen, sondern eigene Entwicklungen zu forcieren. Nur das gewährleistet die Kontrolle über die Technologie der Zukunft, die unausweichlich kommen wird und auch ohne Bedrohung aus den USA oder China genug Anlass zur Sorge bietet.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • An quelloffener Software ist kein Mangel. Sie muss nur eingesetzt werde, zwingend in Behörden, Schulen, Uni's, Versorgern, Krankenhäusern usw.



    Die Chips für die Netz-Infrastruktur und die Waffensysteme müssen wir uns, in Ermangelung offener Alternativen, selbst bauen. Alles Andere ist blauäugig bis grob fahrlässig.

  • "Belege für eine Überwachung durch die kommunistische Führung oder gar eine unmittelbare Einflussnahme Pekings auf die digitale Infrastruktur in Europa oder Nordamerika sind die westlichen Geheimdienste der Öffentlichkeit bis heute schuldig geblieben."

    Klar, denn meistens reichen Behauptungen, um das Ziel (hier: China durch Handelskrieg zu schaden) zu erreichen. Hat auch bei der Skripal-Affäre (dort: Russland durch Verschärfung von Sanktionen zu schaden) gut funktioniert.

    "Dass es technisch möglich ist, über Netzwerke die Daten der Nutzer unbemerkt abzugreifen, haben bislang allein US-Geheimdienste bewiesen"

    Und der britische GHCQ durch Anzapfen der Internet-Überseekabel von Europa nach USA. Und das gesamte Sillicon Valley und Microsoft mit "Telemetrie" in Windows10 und Hersteller von Smart-TVs ... alle, wann immer es technisch möglich ist.

    Durch das Verbiegen von Verschlüsselungsverfahren (USA) und durch Staatstrojaner (DE) forcieren staatliche Stellen diese Entwicklung weiter.

    Es gibt nach jahrzehntelanger gewollter Fehlentwicklung keine einfache Lösung.

    Ohne den Willen eines Richtungswechsels auf politischer Ebene ist alles andere müßig. Den mal angenommen, bekommen Nachprüfbarkeit und Rechenschaftspflicht Priorität, und folgendes könnte Abhilfe schaffen:

    - Quelloffener Code in kritischer Infrastruktur, verpflichtend



    - vertragliche Zusicherung, dass keine Backdoors etc enthalten sind, bei hohen Strafen wie bei der DSGVO (4% des weltweiten Jahresumsatzes)



    - Aufbau und Unterstützung eigener Technik (Lancom, ein deutscher Hersteller von Netzwerktechnik, hat früher explizit damit geworben, keine Backdoors zu verbauen)



    - Schadensersatz für unbewiesene Behauptungen, die zu wirtschaftlichen Schäden führen (der Ersatz aller Chinatechnik in DE durch US-Technik dürfte so teuer wie die Bankenrettung sein)

    Dann kommen wir vielleicht einen zivilisatorischen Schritt weiter, dass weder Markt noch Technik für die Weltherrschaft missbraucht werden.

    • @uvw:

      Es ist ja schon interessant, wie die Amerikaner und ihre europäischen Vasallen im Namen der Sicherheit, die sie selbst zur Stützung ihrer Oligarchien vorantreiben, andere aus den Märkten werfen.

      Der Werte-Westen kann sich augenscheinlich nur nich mit repressiven Mitteln den benötigten Profit verschaffen.

  • Tja. Das ist vermutlich ein Fall von "beides". Ich glaube nicht, dass ein Telekom-Unternehmen in China erfolgreich ist, wenn es nicht "mitmacht". Genauso aber auch in den USA.

    Made in Germany also? Wenn ich sehe, wie ungeniert sogar das Bundesverfassungsgericht mit unserer Privatsphäre umgeht [1], dann wird mir nicht gerade warm ums Herz. Zwingen sie doch ein Unternehmen dazu, "auf Vorrat" ihre Kunden auszuspionieren.

    Mag sein, dass die Firmengeheimnisse von Siemens, Airbus, Bayer, oder vielleicht Heckler und Koch sicherer sind mit Chips "made in Germany". Ich fürchte, dass meine Geheimnisse (und die meiner Liebsten) *unsicherer werden*, da sich China für uns wenig interessiert. Und die o.g. Konzerne sind mir genau so wichtig, wie ich es ihnen bin -- also praktisch null.

    Ich schliesse daraus (mit einer Prise bitterer Enttäuschung, zugegeben), dass ich momentan mit Chips "made in China" besser aufgehoben bin.

    [1] taz.de/Kommentar-U...or-China/!5567408/