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Forderungen an FlüchtlingsbürgenDoch nicht zur Kasse gebeten

Menschen, die für Flüchtlinge gebürgt haben, müssen nun nicht ans Jobcenter nachzahlen. Die taz hatte zuvor berichtet.

Die taz hatte zuvor über den Apotheker und Bürgen Jonny Neumann (rechts) berichtet Foto: Christian Mang

Berlin taz | Es ist eine gute Nachricht für Menschen, die für die Einreise von Flüchtlingen gebürgt haben: Sie werden vom Jobcenter nicht mehr rückwirkend zur Kasse gebeten, um für den Aufenthalt der Geflüchteten zu zahlen. Der Bund und die Länder wollen die finanziellen Forderungen der Jobcenter an Flüchtlingsbürgen übernehmen, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Donnerstag. Er werde die Jobcenter anweisen, von den Rückforderungen abzusehen.

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hatte zuvor schon in der ARD angekündigt, dass eine Lösung gefunden sei. Bei den Bürgen handele es sich um „Menschen, die Verantwortung übernommen haben“, sagte Stamp. Es „geht hier um Kriegsopfer, die hier aufgenommen worden sind“. Der Sender hatte einen Artikel der taz über den Berliner Apotheker Jonny Neumann aufgegriffen und ebenfalls berichtet. Neumann hatte für einen jungen Syrer gebürgt und sollte 14.000 Euro an das Jobcenter zahlen.

Hintergrund des Konflikts sind Bürgschaften, die Menschen auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise übernommen haben. Die Leute hatten in den Ausländerbehörden Erklärungen unterzeichnet, in denen sie sich verpflichteten, für Aufenthalt und Wohnung von einreisenden Flüchtlingen aufzukommen.

Rund 7.000 Menschen sollen in Deutschland für Geflüchtete gebürgt haben

Die Rechtslage war damals unklar. Laut Gesetz sollte die Verpflichtung so lange gelten, bis der Aufenthaltstitel „zu einem anderen Aufenthaltszweck“ erteilt wurde. In vielen Beratungsstellen vertrat man damals die Auffassung, dass die Anerkennung als Flüchtling die Unterhaltsverpflichtung des Bürgen beendete. Dann wechselten die Flüchtlinge meist in den Hartz-IV-Bezug. Allein 2013 und 2014 haben Schätzungen zufolge rund 7.000 Menschen in Deutschland Verpflichtungserklärungen abgegeben.

„Vielzahl von Einzelentscheidungen“

Die Jobcenter, die den Unterhalt der Geflüchteten finanzierten, verschickten Briefe an Bürgen mit Rückforderungen. Die Bundesagentur für Arbeit hat insgesamt 2.500 solcher Bescheide registriert. Die Rückforderungen sollen sich auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbeitrag belaufen, sagte Heil. Bis 2018 wurden nach Auskunft des Arbeitsministeriums rund 670.000 Euro der Forderungen beglichen.

Kommen Bund und Länder jetzt für die Forderungen auf, gilt dies aber nur für Verpflichtungserklärungen, die vor dem August 2016 unterschrieben wurden. Denn im Integrationsgesetz von August 2016 wurde der entsprechende Paragraf 68 im Aufenthaltsgesetz erweitert und klar festgelegt, dass die Verpflichtung des Bürgen für fünf Jahre gilt und auch durch die Gewährung des Flüchtlings­status „nicht … erlischt“.

Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, weist allerdings darauf hin, dass auch Verpflichtungsgeber, die nach dem Sommer 2016 unterschrieben hätten „juristische Beratung“ in Anspruch nehmen sollten. Es gebe eine „Vielzahl von Einzelentscheidungen“, in denen Gerichte etwa moniert hätten, dass die Informationen in den Formularen nicht eindeutig waren, die Ausländerbehörde ihrer Auskunftspflicht nicht ausreichend nachgekommen sei oder die Zahlungs­fähigkeit des Verpflichtungs­gebers nicht ausreichend geprüft hätte. Dies kann unter Umständen eine Unterhaltsverpflichtung im Nachhinein in Frage stellen.

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18 Kommentare

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  • H. Neumann sieht deutlich fröhlicher aus als im letzten Artikel.

    Ist mir gleich aufgefallen.

    Zufall oder Auswahl?

    • @Sonntagssegler:

      Beide haben dieselben Klamotten an.



      Foto also am selben Tag.

  • 8G
    87233 (Profil gelöscht)

    Einen Sieg der jeder offene und ehrliche Person freuen muss.



    Alleine die Reaktion von Gauleiter Gauland zeigt wie richtig es ist.

  • Die Versichungswirtschaft wird es freuen. Falls einmal unerwartet große Forderungen aus einem Schadensfall auftreten sollten (klar ist da auch jeder Versicherer hinterher uninformiert und überfordert. die Konsequenzen zu verstehen, wenn es der Sache hilft - einen überlasteten und unterbezahlten Sachbearbeiter findet man sicher), gibt es jetzt einen Präzedenzfall, dass so etwas grundsätzlich aus dem allgemeinen Staatssäckel bezahlt wird, und nicht aus dem privaten Firmenvermögen.

    • @TheBox:

      Interessant... so viele Klone.

      Eine Antwort auf Ihren Einwand finden Sie weiter unten: hätten Sie den Artikel wirklich durchgelesen, hätte es Ihren (und die vielen ähnlichen) Kommentar gar nicht gebraucht.

      Was geht hier vor? Besorgte Sockenpuppen?

  • Wow...Bürgen heisst eigentlich Bürgen. Jetzt werden Menschen zur Übernahme der Kosten herangenommen und diejenigen die dafür garantiert haben entstehende Kosten zu übernehmen werden aus der Verantwortung entlassen!



    Kann ich ebenfalls meinen Kredit abwälzen? Oder die Bürgschaft von Mietzahlungen der eigenen Kinder? Wozu gibt es dann den Vorgang der Bürgschaft wenn es eh am Ende auf alle abgewälzt wird? Es wurde doch grad dafür gebürgt,dass der Gemeinschaft keinerlei Kosten entstehen würden! Politik führt hier Regelungen ad absurdum!

    • @Norman Nennman:

      Niemand ist "aus der Verantwortung entlassen" worden. Die Bürgen haben bereits große Summen aufgewendet, um den Unterhalt der Flüchtlinge bis zum positiven Abschluss des Asylverfahrens zahlen. Es geht hier, wenn Sie bitte mal diesen und vorangegangene Artikel genau lesen wollen, bevor Sie den Menschen etwas unterstellen, um eine unklarer Rechtslage zur der Zeit, als die Bürgschaften übernommen wurden, sowie eine teilweise irreführende Aufklärung über den tatsächlichen Umfang der Verpflichtungen und Risiken von Seiten der Länder bis 2016.

  • Gewinne privatisieren, Kosten verstaatlichen. Gilt ja auch auf anderen Gebieten.

    • @TazTiz:

      Staat und Gemeinschaften haben gerne in Anspruch genommen, dass die Bürgen bereits viele Millionen von Euro aus eigener Tasche aufgewendet haben, um den Unterhalt bis zum Asylverfahren zu erbringen und auf diese Weise Flüchtlingen mit bestehendem Anspruch auf Asyl eine legale Einreise zu ermöglichen. Wären diese Flüchtlinge auf illegalem Wege über Flüchtlingsrouten nach Deutschland gelangt, wäre der Staat für ihren Unterhalt aufgekommen.

  • Einfach nur unfassbar.



    Verantwortung zu übernehmen heißt auch, die Konsequenzen zu tragen und nicht die übernommenen Verpflichtung auf den Steuerzahler abzuwälzen.

    • 8G
      87233 (Profil gelöscht)
      @Tabus überall:

      Das was Du schreibst ist Fakenews vom feinsten. Eine Lüge bleibt eine Lüge egal wie häufig es vorgetragen wird.

      • @87233 (Profil gelöscht):

        Wenn das alles nur Fakenews und Lügen wären, hätte es wohl kaum diverse Prozesse mit teilweise sich widersprechenden Urteilen gegeben. Und auch Bund und Länder wären sich wohl viel früher einig gewesen, dass es gar keine andere Möglichkeit gebe, als die Kosten vollständig zu übernehmen. Dem war aber offensichtlich nicht so!

    • @Tabus überall:

      Manchmal hilft es, den Artikel zu lesen und zu erfassen. Es geht nicht darum, ob übernommene Verpflichtungen abgewälzt werden, sonden in welchem Umfang Verpflichtungen überhaupt übernommen wurden.

      • @Peter Osten:

        Dann könnte man das gerichtlich klären. Wenn tatsächlich etwas rechtlich falsch gelaufen wäre, würde ein entsprechendes Urteil ergehen. Manchmal hilft es, zu lesen und zu erfassen, was man unterschreibt.

        • @Tabus überall:

          Die Sache ist rechtlich nicht so einfach, es existieren bereits zahlreiche Urteile unterschiedlicher Gerichtsbarkeiten und Instanzen (Überblick auf fluechtlingspaten-...-asylanerkennung/). Der Punkt ist, dass nicht nur diejenigen Bürgen, die vor 2016 Erklärungen unterschrieben haben, im Irrtum über den Umfang der Verpflichtungen waren, sondern (teilweise) auch die verantwortlichen Behörden, die im Rahmen der humanitären Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern entsprechende Kostenübernahmeverpflichtungen eingeholt haben.

          Generell ist die Versorgung von Flüchtlingen, denen internationaler Schutz zuerkannt wird, eine öffentliche Angelegenheit, keine private. Insofern ist fraglich, ob die bisherigen nationalen Regelungen mit geltendem europäischen Recht überhaupt vereinbar sind, und es ist angemessen, dass diese bestehende rechtliche Unsicherheit nicht allein zulasten der Bürgen und ihrer wirtschaftlichen Existenz geht. Die Ermessensentscheidung durch Bund und Länder, die unvorhergesehenen Mehrkosten zu übernehmen, ist also vollkommen legitim.

          • @mats:

            Es gibt aber auch ein eindeutiges Gerichtsurteil, das die Zahlungsverpflichtung der Bürgen ohne Befristung bestätigt hat. Ein Durchsetzen wäre also rechtlich ebenso vollkommen legitim.

            • @Tabus überall:

              Darum schrieb ich von "Ermessen". Und nach Ermessen wurde es anders entschieden.

              Von "Verantwortung abwälzen" jedenfalls kann keine Rede sein.

              • @mats:

                Ich rege an, diese Ermessensentscheidungen mal vom Bundes- bzw. den betroffenen Landesrechnungshöfen überprüfen zu lassen. Im Rahmen des Ermessensspielraums bestünde auch die Möglichkeit eines Vergleichs statt der Vollständigen Kostenübernahme durch den Staat. Aber ich gehe nicht davon aus, dass tatsächlich jemand in Regress genommen wird. Allenfalls gibt es ein strenges "DuDu" und das wars.