Politikberater über Social-Media-Nutzung: „Schnell zu agieren geht nur allein“
Schnell agieren und Themen setzen: Für Politikberater Martin Fuchs ist Twitter das wichtigste Instrument der politischen Kommunikation in Deutschland.
taz: Herr Fuchs, Robert Habeck gibt seine Social-Media-Accounts auf. Eine gute Idee?
Martin Fuchs: Er wird nicht ganz ohne Social Media sein. Er hat weiterhin Instagram, kann weiterhin auf seinen Blog zugreifen und ab und zu die Partei-Accounts nutzen. Ich finde es aber ein spannendes Experiment, es mal ohne persönlichen Twitter-Account zu probieren.
Was bringt einem Politiker so ein Account?
Twitter ist für mich das wichtigste Instrument in der politischen Kommunikation in Deutschland. Es gibt keinen anderen Kanal, auf dem Politikerinnen und Politiker so schnell agieren und Themen setzen können. Natürlich wird man dort nur von einer kleinen Diskurs-Elite wahrgenommen, von Journalisten zum Beispiel, aber das sind die Leute, die den Diskurs treiben.
Bei Facebook ist das wahrscheinlich anders?
Das ist ein ganz anderes Instrument. Dort funktionieren ganz andere Formate. Das geht mehr Richtung Breitenwirkung, Mitgliederinformation oder Wahlkampfkommunikation. Das ist weniger ein Instrument, auf dem man politische Debatten hochziehen kann.
Welche Politiker nutzen die sozialen Medien Ihrer Meinung nach am besten?
Das ist pauschal schwer zu sagen. Was heißt denn „am besten“? Es gibt aber schon ein paar Leute, die das sehr geschickt genutzt haben, um aus der zweiten oder dritten Reihe sichtbar zu werden. Dazu gehörte auch Robert Habeck, der durch seine Social-Media-Äußerungen schon als Landespolitiker eine bekannte Figur war. Digitalministerin Dorothee Bär und Kanzleramtsminister Helge Braun machen sich aktuell sehr gut. Kevin Kühnert von der SPD hat sich viel von seiner Macht über Social Media aufgebaut. Und Katharina Schulze von den Grünen ist ein gutes Beispiel für Best Practice. Der Hype um sie und ihre Partei in Bayern basierte sehr stark darauf, dass sie sich über Jahre hinweg eine Community aufgebaut hat, die sie dann im Wahlkampf getragen hat.
Macht es einen Unterschied, ob die Leute persönlich twittern oder ob das ihr Team macht?
Es werden vor allem die Politiker wahrgenommen, die es selbst machen. Ich bin großer Freund davon, Teile der Arbeit zu delegieren. Aber selbst zu senden, selbst zu formulieren und schnell zu agieren, das geht nur allein. Falls jetzt die Frage nach dem Vieraugenprinzip kommt …
Was ist mit dem Vieraugenprinzip?
Eines der Argumente von Robert ist, dass er zweimal den gleichen Fehler gemacht hat und den nicht ein drittes Mal machen will. Aber in diesem Fall haben ja viele Augen versagt: Sein Video hat jemand Fremdes aufgenommen und über einen fremden Kanal ausgespielt. Da waren sehr viele Menschen beteiligt. Natürlich würde ein Vieraugenprinzip manche Fehler verhindern. Aber Fehler zu machen gehört zu Social Media dazu. Und medienkompetent wird nur, wer das mal selbst erlebt hat.
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