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Proteste der GelbwestenAngriffe auf Medien in Frankreich

Bei den französischen Gelbwesten-Protesten wurden soziale Netzwerke und Journalisten attackiert. Auf Twitter kursieren Fotos verletzter Reporter.

Kriegsszenen in Paris: Polizei geht gegen Gelbwesten vor Foto: dpa

BERLIN taz | Bei den Protesten der Gelbwesten-Bewegung am Samstag in Frankreich gab es offenbar zahlreiche Übergriffe auf JournalistInnen. Wie der in Berlin ansässige Fotograf Björn Kietzmann per Twitter mitteilte, sei er bedroht und gezielt mit Steinen beworfen worden, als er in Paris die Ausschreitungen fotografieren wollte. Zudem habe er Kollegen gesehen, die geschlagen wurden. Ähnliche Situationen hatten etwa der Journalist Yann Foreix vom Parisien sowie der Radioreporter Boris Kharlamoff erlebt. Beide veröffentlichten Fotos von ihren Verletzungen. Offenbar waren sie von Gummigeschossen getroffen worden. Unklar ist, wer hinter den Angriffen steckt. Auch der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen lagen bei Redaktionsschluss keine weiteren Informationen von Reportern vor, die in Frankreich über die Demonstrationen der Gelbwesten berichtet hatten.

Nach den erneuten Ausschreitungen am Wochenende sucht der französische Staatspräsident Emmanuel Macron nach Lösungen, um eine schwere und dauerhafte politische Krise zu lösen. Bereits am Montag sprach er mit Vertretern aus der Wirtschaft im Élyséepalast. Unternehmer fürchten nach den Krawallen um Einnahmen und Aufträge. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnte davor, dass die Proteste ausländische Investoren verschrecken könnten. „Ich sehe die Auswirkungen, die das auf Ausländer hat, offensichtlich ist das nicht gut für die Attraktivität unseres Landes“, sagte der Minister dem Sender RTL. Auch Gewerkschaftsvertreter lud der Präsident in seinen Amtssitz ein, sowie Arbeitgeberverbände und führende Politiker der Nationalversammlung und des Senats. Macrons Dilemma: Wie soll Frankreich auf die Bewegung der Gelbwesten reagieren? Der Präsident setzt auf Vorschläge aus der ganzen Republik. Am Montagabend wollte sich Macron an die Bevölkerung wenden und eine Erklärung zur Lage abgeben.

Mehr als 100.000 Menschen sind am Samstag auf die Straße gegangen, rund 10.000 davon demonstrierten in der Hauptstadt Paris. Ihre Wut richtet sich nicht nur gegen die hohen Energie- und Treibstoffpreise, sie fordern mehr Steuergerechtigkeit und höhere Löhne. Mitte November hatte sich die Protestbewegung der Gelbwesten formiert. Die Mitte-Regierung hatte die geplanten Steuererhöhungen auf Treibstoffe wegen der Proteste auf Eis gelegt. Die Forderungen der Demonstranten reichen jedoch viel weiter.

DieTimes berichtete, dass russische Fake-Profile den Protest unterstützen und zu Aktionen aufrufen

Während die Regierung nach Lösungen sucht, brodelt die Gerüchteküche, wer den Protest der Gelbwesten groß gemacht hat. Die britische Tageszeitung Times berichtete, dass offenbar von russischer Seite Hunderte Fake-Profile in verschiedensten Onlinenetzwerken veröffentlicht wurden, die den Protest unterstützen oder zu weiteren Aktionen aufriefen. Angeheizt wurde die Debatte auf über Twitter verbreitete Fotos, die Gelbwesten-Demonstranten zeigen, die angeblich von Polizisten schwer verletzt wurden. Die Zeitung beruft sich auf eine Analyse von „New Knowledge“, einem Unternehmen für Cybersicherheit.

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14 Kommentare

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  • Aha, die Gelbwester haben also Waffen mit Gummigeschossen - so kann man jedenfalss den Text verstehen. "Unklar ist, wer hinter den Angriffen steckt" - gibt's bei Euch keine Endredaktion? Und das Journalisten auf Demos angegriffen werden, das gab es schon während militanten linken Demos in den 80er Jahren. Schon damals wurde in der Szene darüber kontrovers gestritten. Aus den Vorfällen jetzt zu schließen, es handele sich bei den Gelbwesten um Rechte ist gelinde gesagt fahrlässig. Oder ist es gar Teil einer 'schwaren PR', mit der die Bewegung diskreditiert werden soll?!

  • Der Express titelte bereits einen Tag vor diesem Artikel: "Journalisten durch Sicherheitskräfte verletzt"...



    www.lexpress.fr/ac...ordre_2052562.html

  • Nach den erwartbaren und unterirdischen Kommentaren Cohn-Bendits der nächste Artikel hier, der versucht, die Protestierenden durch vage Assoziationen zu diskreditieren. Und aus England raunt man, die Russen stecken hinter den Gelbwesten. Den hab ich neulich noch als Gag gebracht.

    Was ist eigentlich los? Wenn Protest nicht vom grünen Parteivorstand beschlossen wurde, sinds immer gleich rechte Horden oder Gewaltbereite. Die Niedriglöhner, die ihr Ökoliberalen schon lange als irrelevant wegdefiniert habt, sind überraschend doch da und melden sich mal zu Wort. Na sowas.

    Tip: Niedriglöhner haben wir hier in D ca 20%, dabei gut über 30% im Osten, und über 40% in atypischer Beschäftigung. Die sind selbst mit rumgedrehtem Fernglas noch zu erkennen.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @uvw:

      Habe ich was verpasst und Frankreich wurde zwischendurch ökoliberal regiert? Welche*n Präsident*in meinen Sie?

  • Die Gelbwespen wirken nicht gerade wie ein Haufen von Pazifisten.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Dorian Müller:

      Gelbwespen, guêpes jaunes? Ist das ein witziges Wortspiel Ihrerseits oder eine fehlerhafte Übersetzung? Also ich übersetze gilet jaune mit gelbe Weste, woraus Journalisten Gelbwesten gemacht haben, weil unsere einfallsreiche Sprache uns viele Möglichkeiten zur Wortbildung lässt.



      Die Gelbwesten und nicht Gelbwespen - warum nicht gleich Schädlinge, die man mit Pflanzenschutzmittel sonderbehandeln muss? - sind mehrheitlich Menschen wie Sie und ich, Arbeiter, Angestellte, Handwerker, KrankenpflegerInnen, Lehrer, Schüler, Kleinunternehmer usw...die genau wie Sie und ich sehr ärgerlich werden können, wenn ihnen Unrecht angetan wird und man sie dabei noch für dumm verkauft. Das ist genau das, was die Regierung Macron seit 18 Monaten Tag für Tag tut mit diesen Menschen.



      Die soziale Gewalt erzeugt natürlich Gewalt auf der Strasse, das war in der Geschichte immer so und wenn dann die Repression Ausmasse eines Polizeistaats annimmt - ich habe das selber in Toulouse gesehen, die Stadt, in der ich seit über 30 Jahren lebe - nimmt die Gewalt nicht ab, sondern zu.



      Aber und das ist das wichtigste, die Gewalt geht nur von einer Minderheit aus, die im Lupeneffekt der Fernsehkamera schnell zur Mehrheit wird und der brave Biedermann oder Lieschen Müller lässt sich schnell von den sich ständig wiederholenden Bildern der immer gleichen Gewaltaktionen ins Bockshorn jagen.

    • @Dorian Müller:

      Auf dem Foto ist Polizei zu sehen...

  • "Offenbar waren sie von Gummigeschossen getroffen worden. Unklar ist, wer hinter den Angriffen steckt."



    Für wen ?

  • Na klar, die Russen stecken dahinter...

  • Der Radioreporter Boris Kharlamoff schreibt ausdrücklich, dass er von einem POLIZISTEN beschossen und verletzt wurde! Im Text der taz klingt es hingegen so, als ob er ebenfalls mit Steinen beworfen wurde, was eine Täterschaft der Protestierenden nahelegt.

    • @Peer:

      Wenn die gegen Dieselautos protestieren würden hätten sie hier eine Lobby. Aber als zum Mindestlohn arbeitendes Prekariat sind sie finanziell einfach nicht die Zielgruppe der Grünen und der neuen Taz.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Peer:

      Hallo die Polizei legt fest wer Täter ist nicht das Opfer wo kämen wir den da hin? Als nächstes wollen dann die Leute ihre eigene Meinung haben und mit der Regierungslinie nicht übereinstimmen, ne ne das geht so nicht.

    • @Peer:

      Sind Sie aber pingelig...

      Man sollte wirklich nicht die Polizei des heiligen Macron in Verruf bringen :-)

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @Peer:

      Dass eine Täterschaft der Protestierenden nahegelegt werden sollte, habe ich auch so empfunden.



      Was soll das?