Fußballvereine gegen die AfD: Die Liga bekennt sich
„Ist es ein Widerspruch, Ihren Verein gut zu finden und die AfD zu wählen?“ Die taz hat sich in der Fußball-Bundesliga umgehört.
„Borussia Dortmund ist zutiefst politisch“, schreibt der Pressesprecher des Ruhrpott-Vereins. „Vielen Dank für Ihre wichtige Anfrage“, schreibt der Hoffenheimer Kollege. Alle Bundesligavereine schreiben zurück. Allein das ist schon bemerkenswert.
Denn wenn es um Politik geht, werden Mailanfragen von Fußballvereinen gern in den virtuellen Papierkorb verschoben. Man fühle sich dafür nicht zuständig, hieß es in der Vergangenheit des Öfteren. „Fußball muss versuchen, sich aus politischen Positionen herauszuhalten“, hat Ralf Rangnick, der Trainer von RB Leipzig, erst unlängst gefordert.
Werder Bremens Präsident Hubertus Hess-Grunewald allerdings hat eine politikfreie Zone im Stadion für ein Ding der Unmöglichkeit erklärt. Rassistischen Äußerungen kann man mit Schweigen oder Protest begegnen. Beides ist politisch, weil es als Akzeptanz oder Missbilligung verstanden werden muss. Und Hess-Grunewald hat in diesem Zusammenhang jüngst einen klaren Standpunkt bezogen, den die taz zum Anlass genommen hat, eine Umfrage in der ersten Liga vorzunehmen.
„Es ist ein Widerspruch, Werder gut zu finden und die AfD zu wählen“, hat Hess-Grunewald gesagt. Die taz hat alle anderen Klubs gefragt: „Ist es ein Widerspruch, Ihren Verein gut zu finden und die AfD zu wählen?“
Mit einem schlichten „Ja“ hat lediglich Hertha BSC geantwortet. Der Hauptstadtverein machte schon vergangene Saison von sich reden, als man kollektiv vor dem Anpfiff den Kniefall amerikanischer US-Sportler imitierte, der dort zu einer populären symbolischen Protestgeste gegen Rassismus wurde.
Auswärts ist besser
Etwas ausführlicher, aber dennoch ebenso deutlich bejaht Borussia Mönchengladbach die Frage: „Davon ausgehend, dass sich Fans mit den Leitlinien und dem Auftreten ihres Vereins befassen, muss man klar sagen: Ja, das ist ein Widerspruch.“ Und Mainz 05 verweist auf eine Aktion, die aus Sicht des Klubs Antwort genug ist. Als der AfD-Parteivorsitzende Alexander Gauland im Mainzer Schloss einen Auftritt hatte, am Tag des Auswärtsspiels von Mainz 05 in Nürnberg, schaltete der Verein eine Zeitungsanzeige: „Wenn auswärts an diesem Samstag die bessere Alternative in Deutschland ist.“
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Mit einer kleinen beigefügten Präzisierung zeigt auch der 1. FC Nürnberg klare Grenzen auf: „Jemand, der rechtsextreme Ansichten vertritt oder aus rechtsextremen Motiven die AfD wählt, kann keinen Platz beim 1. FC Nürnberg haben.
Aufgeworfen hatte die Frage „Wie hältst du es mit der AfD?“ der Präsident von Eintracht Frankfurt. Peter Fischer sagt im Dezember 2017 in einem FAZ-Interview: „Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und menschenverachtende Tendenzen gibt.“ Und wenige Monate später bedauerte er, dass in der Bundesliga niemand seinem Beispiel gefolgt war. Er wünsche sich, sagte er, dass auch andere Vereine klar Stellung gegen die AfD bezögen.
Auffällig ist, dass fast alle bislang nicht erwähnten Bundesligavereine in ihren Statements zur AfD-Frage der taz ungefragt ein Bekenntnis gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Ausgrenzung ablegen, ohne den Namen der AfD auch nur zu erwähnen. Die „zutiefst politischen“ Dortmunder betonen, wie viele andere, parteipolitisch neutral zu sein.
Politisierung des Fußballs
Peter Fischer hatte geargwöhnt, die Vereine würden sich aufgrund ökonomischer Interessen mit Anti-AfD-Statements so auffällig zurückhalten. Schließlich würden 13 Prozent der Wähler Energiedrinks, Tabletten oder Autos kaufen. Ein Verweis auf die Hauptsponsoren der Vereine.
Die Angelegenheit ist aber indes komplizierter. Es fängt bereits damit an, dass die Forderung nach einem Ausschluss von AfD-Wählern bei Eintracht Frankfurt lediglich eine symbolpolitische Bedeutung hat. Rechtlich gesehen wäre das bei einer nicht als verfassungswidrig eingestuften Partei ein aussichtsloses Unterfangen. Werder Bremens Präsident Hubertus Hess-Grunewald ficht in dieser Hinsicht mit feinerer Klinge.
Seine Erklärung vom Widerspruch zwischen Werder und der AfD hat er im Weser Kurier wie folgt erläutert: „Das heißt nicht, dass er (der AfD-Wähler, Anm. der Redaktion) nicht ins Stadion kommen soll, aber er sollte sich mit unserer Haltung auseinandersetzen und sich vielleicht überzeugen lassen, sich doch für eine offene, tolerante Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Populismus einzusetzen.“
Die mit den Erfolgen der AfD spürbare gesellschaftliche Spaltung in Deutschland hat fraglos auch zu einer Politisierung des Fußballs geführt. Beim Rekordmeister Bayern München lässt man sogar den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge auf die AfD-Frage der taz antworten: „Fußball ist ein Spiel für alle, und Fußball hat Werte. Der FC Bayern tritt unmissverständlich für Weltoffenheit, Integration, Toleranz und Respekt ein.“
Politische Wachsamkeit gefordert
Es ist abzusehen, dass die Klubs sich mit diesem Thema künftig noch intensiver auseinandersetzen müssen. Beim FC Augsburg kam es kürzlich auf der Jahreshauptversammlung zu einem kleinen Eklat, weil eine Person lautstark schimpfend gegen die Anwesenheit von Vereinsmitglied Markus Bayerbach, dem Vorsitzenden der Augsburger AfD, protestierte. Der Präsident Klaus Hofmann erklärte, bei einem entsprechenden Antrag könne man überprüfen, ob ein Ausschluss rechtlich möglich sei und ob es dafür eine Mehrheit gebe.
Die Parteimitgliedschaft bei der AfD ist gewiss nicht ausreichend dafür. Wenn aber Bayerbach ausländerfeindliche oder rassistische Äußerungen nachzuweisen sind, würde die Augsburger Vereinssatzung wie die Statuten anderer Klubs eine Handhabe für einen Ausschluss bieten.
Beim 1. FC Nürnberg heißt es zum Beispiel: „Wer sich durch rassistische oder ausländerfeindliche Gesinnung innerhalb und außerhalb des Vereins unehrenhaft verhält, kann ausgeschlossen werden.“ Die politische Wachsamkeit der Bundesligaklubs wird in Zukunft noch mehr gefordert sein.
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