piwik no script img

Kommentar Neonazi-AufmarschDer Mob von Köthen

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Ganz nüchtern und sachlich betrachtet waren die rechtsextremen Hetzer vor allem eins: ein Mob. Oder sollen wir Maaßen mal fragen?

Ein Mob ist ein Mob ist ein Mob: rechter Aufmarsch in Köthen nach einem Todesfall Foto: dpa

S ollen wir am besten gleich noch mal die Begriffsfrage klären? War es ein Mob, der am Sonntag in Köthen unterwegs war? Wurde gehetzt? Sollen wir in einer Woche dann auch noch mal Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen fragen, wie er die Sache so sieht?

Im Prinzip ist die Antwort einfach: Es handelte sich bei der Demonstration von Köthen am Sonntagabend um eine gewöhnliche Demonstration, geschützt vom deutschen Recht auf Versammlungsfreiheit. Eine Fascho-Demonstration, wie es sie schon hundertfach in Deutschland gab. Man muss sich darüber nicht aufregen, aber einordnen darf man es schon. Denn ein Mob war es trotzdem. Das ist, meinetwegen, ein politischer Begriff, aber es ist richtig, die Dinge so zu benennen, wie sie sind.

Die Sprache der Klarheit zu sprechen heißt einerseits, präzise und sachlich zu bleiben. Andererseits heißt es aber auch, unmissverständlich auszusprechen, welche Menschenfeinde unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit zusammenkommen, um anschließend darüber zu lamentieren, dass sie unterdrückt werden. Es sind Leute, die Journalisten auch dann als Lügenpresse bezeichnen und verjagen, wenn diese nichts anderes tun, als live und ungeschnitten abzubilden, was genau sie überhaupt sagen.

Am Sonntagabend in Köthen rief ein vorbestrafter rechtsextremer Volksverhetzer ungehindert dazu auf, die politischen Gegner „zu Hause zu stellen“, „vor ihren Türen auf sie zu warten“. Man konnte ihn hören, wie er von einem „Rassenkrieg gegen das deutsche Volk“ sprach, wie er schrie: „Wollt ihr weiterhin die Schafe bleiben, die blöken, oder wollt ihr zu Wölfen werden und sie zerfetzen?“ Daraufhin, und das ist viel beachtlicher, klatschten und johlten Hunderte Menschen.

Sie mögen sich wohl wie Opfer vorkommen, wenn sie so frei und ungehindert ihren Hass verbreiten. Aber sie sind es nicht. Sie profitieren von einem zum Glück freiheitlichen politischen System, das sie verachten. Es sind lächerliche, bemitleidenswerte Hetzer, über die man durchaus in Ruhe und großer Gelassenheit sagen darf, dass sie Teil eines Mobs sind, den wir betrachten. Und dass sie einer jämmerlichen, faschistoiden Ideologie anhängen, die wir natürlich und aus besten Gründen stets bekämpfen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Kaul
Reporter
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wikipedia schreibt zu "Mob":

    Der negativ besetzte Begriff Mob bezeichnet eine mehr oder weniger bestimmte Gruppe von Personen, die ohne erkennbare Führung zusammen agiert. Der von sich aus, gruppendynamisch handelnde Mob hat kurzfristige destruktive Ziele (Plünderung, Zulauf zu öffentlichen Hinrichtungen und dergleichen), seine radikale Äußerung ist der Aufruhr, die Emeute. Unter Kindern bildet sich dergleichen (ohne als „Mob“ bezeichnet zu werden) zum Beispiel als anfeuernde Ansammlung um eine Schlägerei auf dem Schulhof.

    Weniger drastisch diese Definition (auch Wikipedia):

    Der Ausdruck Mob (englisch mob „aufgewiegelte Volksmenge“, von lateinisch mobile vulgus „reizbare Volksmenge“) bezeichnet pejorativ eine Masse aus Personen des einfachen Volkes bzw. eine sich zusammenrottende Menschenmenge mit überwiegend niedrigem Bildungs- und Sozialniveau (abwertend auch gemeines Volk, Pöbel, Plebs, Gesindel, Pulk, Schar genannt).

    Man könnte fast denken, dass die Bezeichnung einer Demonstration als "Mob" eine Beleidigung der Demonstrierenden ist. Gerade wenn nicht gesagt wird, dass der Mob mitdemonstriert hat, sondern dass alle die dort demonstriert hätten, zum Mob gehören würden.

    Wer die Achtung vor den Menschen verliert und diese abfällig behandelt, verliert die Legitimation sich als etwas besseres als die AfD zu sehen, sondern stellt sich auf die gleiche Stufe.

  • "Denn ein Mob war es trotzdem. Das ist, meinetwegen, ein politischer Begriff, aber es ist richtig, die Dinge so zu benennen, wie sie sind."

    Mob



    Mób/



    Substantiv, maskulin [der]abwertend

    1.



    Pöbel



    2.



    kriminelle Bande, organisiertes Verbrechertum

    In der Einleitung schreiben sie, eine angemeldete Demonstration sei ein Grundrecht, nur um die, die auf einer Demo eine andere Weltsicht als die Ihre verbreiten weiter unten zu kriminalisieren?



    Sie stehen nicht auf dem Boden des Grundgesetzes!

    • @Jens Frisch:

      Dort wurde von einem erwachenden Deutschland geschwafelt und dass man zum reißenden Wolf werden müsse.



       

      Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich.

      Die Moderation