Buddha-Trend in Europa: Und wo steht Ihrer?
In Asien wird die Platzierung eines Buddhas genaustens durchdacht. In Europa steht er schonmal auf dem Klo. Das befremdet unsere Autorin.
Buddha fühlt sich natürlich an jedem Ort unter der Sonne wohl. Aber ob er sich auch gerne in Ihrem Badezimmer aufhält? Einer meiner ersten Eindrücke als Asiatin in Europa war der Folgende: Die Leute hier stellen ihre Buddhas wahrhaftig an die absonderlichsten Orte! Die erste Buddhafigur, die mich aufmerksam machte, lebte in einem privaten Badezimmer. Der Blick des spirituellen Führers und Lehrers war auf die Badewanne gerichtet.
Das sei ganz normal hier in Berlin, erklärte man mir auf meine Nachfrage. Immerhin stehe der Buddha ja für „Frieden und Entspannung“. Ich zog also los und machte mich auf die Suche nach Buddha in Europa.
In München fand ich ihn in einem japanischen Restaurant. Sein Kopf in der Mitte einer Drehscheibe mit Sushitellern. Eine eigenartige Vorstellung: Der Buddha, der Vegetarier ist, weil er jedes Tier in der Schöpfung als seinesgleichen respektiert, sieht den ganzen Tag tote Fische an sich vorbeifahren.
Meine Freund*innen, denen ich Fotos von meinem kleinen ethnologischen Forschungsprojekt schickte, waren nicht weniger erstaunt als ich. Wo ich herkomme, überlassen es Buddhist*innen selten dem Zufall, wo bei ihnen im Haus der Buddha steht.
Wenn Sie unsere Autorin bei ihrer Feldforschung unterstützen wollen, dann posten Sie ihr Buddhafoto auf Twitter oder Instagram mit dem Hashtag #BuddhabeidieFische.
Der Buddha, eigentlich Siddhartha Gautama, soll irgendwann zwischen dem sechsten und dem vierten Jahrhundert vor Christus in Indien gelebt haben. Im heutigen Buddhismus gibt es etliche verschiedene Traditionen und Vorstellungen davon, wer oder was Buddha ist. Gemeinsam ist aber so viel: Buddha ist eine Respektperson, kein Gott zwar, aber ein spiritueller Lehrer, dem man mit einem gewissen Maß an Ehrerbietung begegnet, wenn er zu einem nach Hause kommt.
Einen Lehrer stellt man natürlich nicht einfach irgendwohin. Viele asiatische Buddhist*innen machen extra einen Termin mit einem Fengshui-Berater. Dieser kommt vorbei und lädt den Buddha feierlich ins Haus ein.
In einem Berliner Designschaufenster hingegen sah ich einen Buddha als Dekorationsstück für den Esstisch. In Europa, das schloss ich aus dieser Entdeckung, kommen die Gäste nicht an, sondern gleich mitten auf den Tisch.
Ist der Buddha erst einmal offiziell eingeladen, ist es damit aber noch nicht getan. Viele asiatische Buddhist*innen befolgen eine Reihe von Regeln, wenn sie Buddhafiguren aufstellen. Die Anzahl der Buddhas muss ungerade sein, drei ist eine beliebte Zahl. Die Buddhas sollten sich allerdings im Aussehen unterscheiden, denn verschiedene Buddhas stehen für verschiedene Aspekte. Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wohin mit dem Buddha.
Ein respektierter Gast
Der Buddha gehört normalerweise in die Mitte der Wohnung (hat man drei Figuren, dann kommt der Wichtigste in die Mitte, die anderen beiden links und rechts davon). Der Buddha sollte höher stehen als die Köpfe der Menschen, die in der Wohnung leben. Wie gesagt: ein respektierter Gast. Und wie bei jedem Gast ist es üblich, dem Buddha etwas zu Essen hinzulegen, für gewöhnlich Früchte oder Süßigkeiten. Kein Sushi.
Die Regeln sind beinahe endlos. Der Buddha muss an der Wand lehnen, er sollte nach Osten schauen und nicht gegenüber von oder unter einem Fenster stehen – und ganz bestimmt nicht auf einem Kühlschrank oder der Klimaanlage. In streng buddhistischen Gesellschaften wie etwa Thailand könnte der falsche Umgang mit dem Buddha zu ernsten Problemen führen.
Buddha, was tun sie dir nur an?
Natürlich werden nicht alle diese Regeln von allen asiatischen Buddhist*innen gleich streng befolgt. Aber sehen Sie diese Angelegenheit mal so: Sie würden es wahrscheinlich auch befremdlich finden, wenn der gekreuzigte Jesus Christus Sie beim Duschen oder Urinieren anschauen würde.
arbeitet bei der „Wen Wei Po Daily News“ in Hongkong. Sie war einige Zeit als Austauschjournalistin zu Gast bei taz zwei.
Seien Sie also nicht überrascht, falls Sie mal jemanden aus China oder Thailand einladen und Ihr Gast verstimmt von der Toilette zurückkommt. Sollten Sie sich unsicher sein, verstecken Sie den Buddha lieber vorsorglich!
Aber keine Sorge, wenn Sie nicht alle Regeln befolgen und keinen Fengshui-Berater bezahlen möchten. Es gibt es eine einfache Lösung: Tragen Sie Buddha in Ihrem Herzen, brauchen Sie keinen in Ihrer Wohnung.
Übersetzung: Peter Weissenburger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin