Doping bei der Fußball-WM?: Super, hier ist alles negativ
Bei Dopingkontrollen lässt die Fußball-WM Transparenz vermissen. Das ist im Interesse der Fifa und der Veranstalter.
Es läuft alles wie am Schnürchen bei dieser WM für den Fußballweltverband. Was soll jetzt noch schiefgehen? Gewiss, da gäbe es theoretisch etwas. Ein oder gar mehrere positive Dopingtests wären fatal für die WM, das Image der Fifa und den Fußball.
Da fügt es sich doch gut, dass sich die Fifa selbst kontrolliert. Sie entscheidet, wie oft wer wann auf welche Substanzen getestet wird und ob die Öffentlichkeit über Dopingfälle informiert wird. Wer will dieses Pfund schon aus der Hand geben?
Als der DFB-Präsident Reinhard Grindel vor einem Jahr auf diesen verwegenen Gedanken kam und für die Weltmeisterschaft in Russland unabhängige Kontrollen vorschlug, konnte Infantino seinen Spott nicht zurückhalten: „Er hat jeden Tag eine neue Idee, und das ist großartig.“
Wirkliche Argumente weiß die Fifa auf die Frage, warum man an dieser zweifelhaften Praxis der Selbstkontrolle festhält, nicht vorzubringen. Das sei bei allen Fifa-Turnieren bislang so Standard gewesen, heißt es aus der Zentrale in Zürich. Und gern verweist man darauf, man halte sich an die Empfehlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) und nutze ausschließlich von der Wada akkreditierte Labore.
Nach der WM-Vorrunde in Russland präsentierte der Weltverband ein wenig überraschendes Ergebnis. Die 2.761 Proben, die man vom 1. Januar bis 13. Juni Teilnehmern dieses Turniers abgenommen habe, seien alle negativ ausgefallen. Genauere Angaben, wie viel Tests es während der WM gab und nach welchen Substanzen man gefahndet hat, gab es nicht. Die Fifa bemüht sich nicht einmal, den Eindruck zu erwecken, dass man seriös vorgeht bei der Selbstkontrolle.
„Alles getan, was wir tun konnten“
So bemängelte in Deutschland die Vorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur Andrea Gotzmann die fehlende Transparenz und sagte: „Gerade beim größten Sportereignis der Welt erwarte ich, dass endlich professionell und vollumfänglich gearbeitet wird.“ Und noch schärfer kritisierte Richard McLaren, der Sonderermittler der Wada: „Die Fifa will nichts, aber auch gar nichts aufklären. Sie agiert einzig mit PR-Maßnahmen und eigener Meinungsmache.“
Wenig transparent waren jedenfalls auch die Nachforschungen der Fifa, die sie im Zuge der russischen Staatsdopingaffäre anstellte. Anlass war der McLaren-Bericht, bei dem die Namen 34 verdächtiger Fußballer auftauchten. Und eine Razzia der Wada in Moskau im Dezember 2014, bei der 154 Proben von Fußballern sichergestellt wurden. Nach einer über mehrere Monate sich erstreckenden Untersuchung, teilte die Fifa knapp vor der WM mit, alle Proben seien noch einmal überprüft worden. Bei keinem der aktuellen Spieler aus dem WM-Kader habe es Auffälligkeiten gegeben. Die Ermittlungen seien eingestellt worden. Auf welche Substanzen gesucht hat, teilte die Fifa wieder einmal nicht mit.
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In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung erzählte jüngst der frühere Chefmediziner der Fifa, Jiří Dvořák, er habe sich vergeblich für biologische Pässe von Spielern in der russischen Liga eingesetzt. Das sei ein „rationeller Vorschlag“ gewesen, nachdem die Strukturen des systematischen Dopings in Russland enttarnt worden seien. Im November 2016 wurde Dvořák, der auch ein Freund des früheren Fifa-Chefs Sepp Blatter war, nach 22 Dienstjahren entlassen. Der Verband erklärte: „Wie in jeder Organisation verlassen einige Leute die Fifa, neue Leute kommen.“
Vor der Weltmeisterschaft hat deren Präsident Gianni Infantino noch einmal beteuert: „Wenn es um das Thema Doping geht, haben wir alles getan, was wir tun konnten.“ Das ist schon eine dreiste Behauptung. Allein wenn man daran denkt, dass Infantino dem ehemaligen russischen Sportminister und Fifa-Funktionär Witali Mutko noch die Treue hielt, als der bereits vom Internationalen Olympischen Komitee wegen seiner Mitverantwortung am russischen Betrugssystem lebenslang gesperrt wurde.
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