: Hardliner soll Flüchtlings-Bundesamt leiten
Seehofer will Abteilungsleiter aus dem bayerischen Innenministerium zum Chef der Behörde machen
Von Sabine am Orde und Christian Jakob
Der bisherige Leiter des Sachgebiets Ausländerrecht im bayerischen Innenministerium, Hans-Eckhard Sommer, soll neuer Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) werden. Der promovierte Jurist hat früher als Referent für Bayerns damaligen Innenminister Günther Beckstein und als Büroleiter für Edmund Stoiber gearbeitet. Er ist der Kassenprüfer der CSU.
Im Innenministerium machte sich Sommer einen Namen als Architekt einer restriktiven bayerischen Linie. Er sei „ein kluger Kopf“, aber „politisch ein Hardliner“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Franz Schindler. Der bisherige Ministerialrat habe ganz fein ziselierte Regelungen entwickelt, um den bundesweit geltenden Gestaltungsspielraum bei Arbeits- und Ausbildungsgenehmigungen einzuschränken, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Christine Kamm, die Sommer einen „außerordentlich streitbaren Gegner“ nennt. Wenn etwa Baden-Württemberg eine Regelung liberaler als Bayern handhabt, dann habe Sommer „hundertmal erklärt, warum das falsch ist“.
Sommer stehe dafür, dass alle Ermessensentscheidungen so restriktiv wie möglich genutzt werden, heißt es auch beim bayerischen Flüchtlingsrat. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Flüchtlinge habe er bereits 2014 bei einer Anhörung grundsätzlich abgelehnt. „Sommer darf nicht Bamf-Präsident werden“, fordert der Flüchtlingsrat.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die bisherige Amtschefin Jutta Cordt am Mittwoch entlassen. Das war am Freitag nach der dritten Sondersitzung des Innenausschusses bekannt geworden, in dem es um die Aufarbeitung der „Bamf-Affäre“ ging. Der Zeitpunkt der Entlassung war überraschend, zwei Wochen zuvor hatte Seehofer sich noch vor die Amtschefin gestellt.
Auslöser der Affäre waren Unregelmäßigkeiten in der Außenstelle des Amts in Bremen, die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen die ehemalige Leiterin vor Ort. Doch die Vorwürfe schrumpfen, ob sie am Ende überhaupt strafrechtlich relevant sind, müssen die Ermittlungen noch zeigen. In den Fokus geriet aber auch das Bamf insgesamt – die schlechte personelle Ausstattung, mit der die Behörde in den Flüchtlingsherbst 2015 ging, die mangelnde Schulung der MitarbeiterInnen und die mangelnde Qualität der Asylverfahren, die unter dem hohen Fallzahlen litt.
Druck in Richtung „Quantität vor Qualität“ hatte vor allem Cordts Vorgänger Frank-Jürgen Weise entfaltet, der das Amt im September 2015 übernahm. Cordt aber hatte, nachdem sie Anfang 2017 auf Weise folgte, dessen Kurs fortgesetzt. Der Gesamtpersonalrat des Bamf reagierte erleichtert auf die Entlassung der Juristin. Der nötige Neuanfang sei mit Cordt schwer möglich gewesen.
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