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Debatte Autoritärer NationalismusFührertypen in der Trutzburg

Kommentar von Helmut Däuble

Orbán, Erdoğan & Co: Der globale Erfolg des autoritären Nationalismus ist vor allem eine Reaktion auf einen aggressiven Kapitalismus.

Die Ansage der autoritären Nationalisten ist nicht, die kapitalistische Globalisierung zu stoppen. Sie wollen die Globalisierungsgewinne nur nicht mehr teilen Illustration: Eléonore Roedel

S eit geraumer Zeit raufen sich Gelehrte die Haare, um eine Erklärung für den vermeintlich weltweiten Siegeszug autoritärer Herrschaften zu finden. Sie beschränken sich dabei häufig auf den Rechtspopulismus als Erklärung. Damit können sie die Vielfalt und die Zeitgleichheit rigoros bevormundender Systeme jedoch kaum begreiflich machen. Putins Russland, Xis China, Trumps USA, Orbáns Ungarn, Modris Indien und Erdoğans Türkei – um nur einige zu nennen – sind mit dem Deutungsmuster „globalisierter Rechtspopulismus“ jedenfalls nicht hinreichend zu verstehen.

Eine umfassendere Interpretation beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen radikalökonomischer Globalisierung und autoritärem Nationalismus. Demnach schafft die spezifische Form, in der sich in den einzelnen Staaten die Globalisierung vollzogen hat, einen idealen Nährboden für den Erfolg „charismatischer“ Führertypen. Diese inszenieren eine Wehrhaftigkeit gegenüber „anstürmenden Gefahren“ und stimmen mit ihren Anhängern darin überein, dass nur ein starker Mann die Trutzburg schützen kann.

Um eine solche Entwicklung besser verstehen zu können, muss man die (nach wie vor dominante) Idee der nationalen Souveränität näher betrachten: Der Nationalstaat lebt von der Vorstellung, politische Angelegenheiten – auch im wirtschaftlichen Bereich – selbstbe­stimmt zu gestalten. Seit Langem wird diese Idee jedoch ausgehöhlt. Klimawandel und Migration sind keine rein ­nationalstaatlich lösbaren Angelegenheiten, und technische Globalisierung schert sich nicht um nationale Souveränität. Smartphones plus Social Media haben noch alle nationalen Grenzen überschritten, und die autonom fahrenden Autos werden folgen. Genauso wird die Digitalisierung zügig alle Volkswirtschaften durchdringen, ganz egal, ob in Chile oder in Südafrika, in Portugal oder in Vietnam.

Der Nationalstaat mit seinem Souveränitätsanspruch bemüht sich zwar darum, auch hierfür Regeln zu generieren, doch häufig sind diese von bescheidener Wirkung und können die von dem Ökonomen Joseph Schumpeter treffend als Grundprinzip des Kapitalismus beschriebene „schöpferische Zerstörung“ nicht aufhalten. Betroffene Menschen fühlen sich, bei allen auch positiven Änderungen, der kalten Zugluft dieser ökonomischen Globalisierung oft schutzlos ausgeliefert. Die extreme Beschleunigung der technologischen Entwicklung, etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung, versetzt viele in Schrecken und führt zu Ver­lust­ängsten und einer existenziellen Verunsicherung. Wo werde ich morgen stehen, wo meine Kinder, wo die Gesellschaft? Die Unplanbarkeit der Zukunft hat sich in ihren Augen ins Extreme gesteigert und wird als ungebremste Fahrt in einen dunklen Tunnel wahrgenommen.

Helmut Däuble

lehrt Politikwissenschaft und -didaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Er studierte Soziologie und Politik an der FU Berlin und der New School for Social Research in New York.

Arbeitsplatz- und Standortabbau

Doch nicht nur die Geschwindigkeit der Veränderung verängstigt die Menschen, sondern auch die aggressive Form wirtschaftlicher Globalisierung. Globale Konzerne bekämpfen sich zusehends bis aufs Messer, um einem Konkurrenten Paroli zu bieten. Sie scheuen nicht davor zurück, die Produktion dorthin zu verlagern, wo sie die kostengünstigsten Strukturen vorfinden, und ziehen wie moderne Nomaden heute von Bangladesch nach Äthiopien und morgen nach Kuba. Die Globalisierung hat seit den 1980er Jahren ein alles beherrschendes und vielfach beschriebenes „Hemd“ an: das des ungezügelten Kapitalismus. Diese kapitalistische Landnahme hat unterschiedliche Formen, im Westen etwa ist es der Neoliberalismus, in China hat sich die paradoxe Form des kommunistischen, besser gesagt: des von einer Partei gelenkten Staatskapitalismus durchgesetzt. Gerade durch diesen Wettstreit verschiedener kapitalistischer Varianten ist die Welt jedoch zu einem Ort geworden, in dem immer rücksichtsloser um Marktanteile gerungen wird.

Eine große Anzahl von Menschen erlebt diese Auseinandersetzungen in den wirtschaftlichen Kampfzonen am eigenen Leib. Wenn ein internationaler Konzern Arbeitsplätze an einem Standort abbaut, um an anderer Stelle zu für ihn günstigeren Konditionen neue Produktionsstätten hochzuziehen, ist die viel beschworene „soziale Verantwortung“ oft nur Teil von Sonntagsreden. Und man unterschätze nicht, welche disziplinierende Wirkung die Schließung eines größeren Werks auf Hunderttausende von Arbeitnehmern hat – nicht nur auf die Blue Collar, sondern auch auf die White Collar worker, also auf den Großteil der Mittelschichten. Denn diese wissen damit: Der Nächste kann ich sein. Das Beispiel Siemens in Görlitz findet sich sozusagen in allen Ländern.

Der jeweilige Nationalstaat ist diesem „globalen Spiel“ nahezu machtlos ausgeliefert. Es ist für jedermann erkennbar, welchen „allgemeinen Verlust der ökonomischen Souveränität“ Nationalstaaten zu erdulden haben, so der indische Ethnologe und Globalisierungsforscher Arjun Appadurai. Die Übernahme eines 10-prozentigen Anteils an Daimler durch einen chinesischen Milliardär illustriert diese Entwicklung als Pars pro Toto.

Der alte Chauvinismus

Und genau in diesen Zeiten, in denen eine weltumspannende, als kriegerisch zu betrachtende Rivalität ausgetragen wird und alle Gesellschaften deswegen unter Druck stehen – nicht zuletzt deshalb, weil sich Ungleichheiten erheblich verschärfen –, in diesen Zeiten treten zunehmend „Anführer“ auf die politische Bühne. Sie behaupten, dass auch ökonomische nationale Souveränität wieder gestärkt werden kann. Ihre Ansage ist nicht, die kapitalistische Globalisierung zu stoppen, ihre Beteuerung ist vielmehr, die daraus resultierende Dynamik auf nationaler Ebene steuern und Globalisierungsgewinne nicht mehr teilen zu wollen. Das Wasser der Globalisierung soll sozusagen über die Mühlen des Protektionismus ins eigene Gefolgschaftslager fließen. Trump liefert dafür gerade die besten Beispiele.

Was dabei in modernen Gewändern daherkommt, ist jedoch der alte nationalistische Chauvinismus. Angeführt in aller Regel von einer narzisstischen Persönlichkeit, deutbar als Verkörperung einer In-Group, wird eine autoritäre Politik verfolgt, bei der „Demokratie“ zum Lippenbekenntnis verkommt und instrumentalisiert wird. Das Versprechen lautet, dass von nun an die Privilegien und der (relative) Wohlstand der sich als etabliert Wahrnehmenden – der „Ureinwohner“, der „wirklichen Gläubigen“ oder des „wahren Volks“ – wiedergewonnen beziehungsweise geschützt werden. Der französische Publizist ­Alexis de Tocqueville würde hier von der klassischen Tyrannei der Mehrheit sprechen.

Doch darf man sich diese Gefolgschaft nicht als passives Objekt, geblendet und verführt von einem Rattenfänger, vorstellen. Was wir in aller Regel sehen, ist eine Übereinstimmung zwischen Angeführten und Anführer. Er ist es, der die als berechtigt wahrgenommene Bevorzugung der Anhänger aufrechterhält oder wiederherstellt. Getreu der Devise „Halte mir die Welt vom Leibe!“ haben sie kein Problem mit einer radikalökonomischen Globalisierung, solange sie ihnen von Nutzen ist und negative Konsequenzen in andere Länder ausgelagert werden. Leidtragende eines „Raubtierkapitalismus“ sind also simultan durchaus oft auch Leidverursachende, die ihre Sonderrechte konservieren wollen. Die Zuweisung von Opfer- und Täterrollen entbehrt daher häufig der Eindeutigkeit.

Ein weiteres Versprechen ist die „Rückgabe des gerechtfertigten Stolzes“ und die Betonung der Großartigkeit der jeweiligen Nation. Niemand solle es mehr wagen, einen Russen, Chinesen, Türken, Polen etc. auch nur scheel anzuschauen. So atavistisch und archaisch dieses aggressive Stammesdenken – inklusive ausgeprägten Führerkults – erscheinen mag, so modern und wirkmächtig ist diese Strategie nach wie vor.

Äußere und innere Feinde

Des Weiteren werden zwei Arten von Feinden bestimmt: Zu inneren Feinden werden in aller Regel die erklärt, die sich nicht einfügen in die Gleichschaltungspolitiken, wie wir sie in all diesen nationalistischen Harte-Hand-Regimen gegenwärtig beobachten können. Dazu genügt es bereits, die Politik des „Gebieters“ zu kritisieren. Entsprechend ausgebaut sind dort die oft sehr modernen Überwachungs- und Kontrollsysteme. Das gilt in unterschiedlichen Graden für China und Russland ebenso wie für Ungarn oder die Türkei, durchaus aber auch für die USA. Ein äußerer Feind ist den majestätisch Auftretenden immer hilfreich, weil er die Binnengruppe der Gefolgsleute zusammenschweißt. Das können die „vergewaltigenden Mexikaner“ genauso sein wie Kurden in Syrien. Eine Kriegsdrohung oder die tatsächliche Anwendung militärischer Gewalt ist eine probate Möglichkeit der neuen rigiden Machtherrscher, zu beweisen, dass sie nationale Souveränität aufrechterhalten können. Dass damit die Kriegsgefahr, global gesprochen, deutlich ansteigt, wird hierbei billigend in Kauf ge­nommen.

taz am wochenende

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Als Fazit lässt sich feststellen, dass die beschriebenen Muster auch bei vielen Analysen des Rechtspopulismus auffindbar sind, dass sie aber in einen breiteren Erzählrahmen integriert gehören: den eines nationalistischen Hardlinertums in kapitalistischen Gewändern. Der nun auf Lebenszeit zum Autokraten gemachte Xi Jinping etwa lässt sich kaum als Rechtspopulist deuten, als ein autoritärer kapitalistischer Nationalist jedoch allemal.

Die Prognose des US-amerikanischen Politologen Francis Fukuyama von 1989, liberale Demokratien und kapitalistisch organisierten Wirtschaftssysteme hätten sich als Paar dauerhaft durchgesetzt, hat sich als falsch erwiesen. Doch auch die Symbiose zwischen autoritärem Nationalismus und verschiedenen Spielarten des Kapitalismus wird nicht das Ende der Geschichte sein. Eine solche Regression lässt sich jedoch nur verhindern, wenn wir, die Anhänger liberaler Demokratien und offener Gesellschaften, diese mit aller Vehemenz verteidigen.

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27 Kommentare

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  • Autoritären Nationalismus war zu GröFaZ Zeiten keine Reaktion auf einen aggressiven Kapitalismus und ist es auch heute nicht. Er ist Bedingung FÜR einen ungezügelten Kapitalismus.

     

    Autoritären Nationalismus ist nicht das Ergebnis von aggressiven Wirtschaften er ist Bedingung für aggressive Wirtschaftshandlungen nach innen wie außen. Er schwächt i.d.R. eine auf internationalen Verträgen, nationalem und internationalem Recht basierende Wirtschaft.

  • Die Antwort auf das Problem der regredierenden und teilweise ja auch im Inneren zerfallenden Nationalstaaten kann nur in der Stärkung und im Aufbau von internationalen Strukturen liegen.

    Die Linke hat nur dann eine Chance, wenn sie als Alternative und Ergänzung zu den geschwächten und zunehmend agressiven Nationalstaaten aktiv auf die Stärkung internationaler politischer Strukturen hinarbeitet. Nur internationale Strukturen können die Probleme wie Klimawandel, Fluchtbewegungen und Steuervermeidung durch internationale Konzerne sinnvoll bearbeiten. Ausserdem können sie, wenn sie den stark genug sind die Konflikte zwischen den Nationalstaaten dämpfen.

  • Die westlich geprägten Demokratien, so viel oder wenig relativen Wohlstand sie auch gebracht haben mögen, haben in den letzten Jahren unter dem Vorwand der internationalen Konkurrenzfähigkeit, die arbeitende Bevölkerung arg gerupft. Lohndumping und Entrechtung (Streikrecht, Hartz IV etc.) haben einen Großteil der Menschen in eine logische Abwehrhaltung gebracht. Es gab nichts Positives. Nichts, wofür man sich einsetzen konnte. Keine fortschrittlichen Vision, keine sozialen Verbesserungen. Die Demokratie funktioniert nur noch für Gut- und Besserverdienende, weil sie gekapert wurde durch eine konservativ reaktionäre Meinungs- und Machtelite, die sich einen Dreck um Demokratie kümmert. Aber diese Elite schreit jedes Mal auf, wenn Menschen nicht die tragenden Säulen der Eliten wählen. Für viele Menschen "lohnt" sich Demokratie nicht mehr, weil sie damit Niedrigrenten, Niedriglöhne und eine gewisse Rechtlosigkeit verbinden.

    Die damalige Schröder-Fischer-Regierung leitete die radikale Wende ein und machte mit der Agenda 2010 einen erheblichen Teil der Menschen zu Rechtlosen, für die das Art. 1 des Grundgesetzes keinen Sinn mehr ergab.

    Dass heute ausgerechnet die rotgrüne Keimzelle des Neoliberalismus am meisten über den Rechtsruck klagt, ist eine Posse. Andererseits bestätigt das nur die These, dass der Staat der ideelle Gesamtkapitalist ist.

  • Zitat: "Eine solche Regression lässt sich jedoch nur verhindern, wenn wir, die Anhänger liberaler Demokratien und offener Gesellschaften, diese mit aller Vehemenz verteidigen."

     

    In diesem Satz steckt das ganze Dilemma der "linken" Besserwisser. Wir (die Guten) müssen abstrakte Dinge (liberale Demokratie, offene Gesellschaft) gegen "die Anderen" (die Schlechten), "mit aller Vehemenz verteidigen". Bleibt nur die Frage, wie das gehen soll. Sicher wieder mit Gewalt.

     

    Erfolgversprechend scheint mir das nicht. Regression ist nämlich ein psychologischer Abwehrmechanismus. Sie dient der Angstbewältigung. Dass die Angst weg geht, wenn man Menschen, die sich fürchten, bekämpft, glaube ich kaum. Wenn aber die Angst bleibt, bleibt auch die Regression.

     

    EL-AHRAIRAH hat recht: Es ist nicht (nur) der Kapitalismus. Alle Herrschaftssysteme verursachen die selben Psycho-Probleme. Wo Herrschaft ausgeübt wird, verlieren Menschen ihre Handlungs- und Gestaltungs(spiel)räume. Im Interesse der Privilegien Weniger werden sie Regeln unterworfen, die nicht zu ihrem Leben passen. Werden die Regeln gebrochen, drohen Strafen. Werden sie eingehalten, droht das Totalversagen.

     

    Beide Optionen einzeln und auch der Umstand, dass es Alternativen dazu nicht gibt, verursachen Ängste. Auf die wird reagiert. Zum Einen durch Selbstüberhöhung und Schaffung eines imaginären Wirs (Nationalismus), zum Anderen durch Agressionsverschiebung (an Stelle der mächtigen Problemverursacher werden imaginäre „Feinde“ attackiert). Helmut Däuble schlägt nichts anderes vor. Vermutlich, weil er nie was anderes gelernt hat. Von wem auch?

     

    Übrigens: Das Gegenteil der Regression heißt Progression. Dabei entwickelt sich die Persönlichkeit von einer unreifen Position (hier: Ruf nach einem starken „Über-Vater“, der alle Probleme quasi „auf einen Schlag“ löst) hin zu einer reiferen (Offenheit, Solidarität) - und erwirbt dabei Fähigkeiten, die das Leben in Gemeinschaft erleichtern. Der Schlüssel heißt: Eigenverantworung, denke ich.

  • Nur mal als kleiner Gedankenanstoß: wie sieht denn die reale Wirtschaftspolitik all dieser Staaten aus?

  • Ich glaube, das ist viel einfacher: Die Komplexitäten einer medial aufgestachelten Welt schaffen Verwirrung, den "liberalen Demokratien" fehlen jegliche breit vermittelbaren Utopien, Unzivilisiertheit bis hin zum Gewalteinsatz und (so verstandener) "ausgleichender Ungerechtigkeit" wird zu einem Sinnbild für Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit - das sind vortreffliche Voraussetzungen, um Rechtspopulismus zu einem sehr gut funktionierenden Machtinstrument zu machen.

     

    Man könnte das auch so sagen: das leichtfertig ausgerufene "Ende der Geschichte" nach dem Zusammenbruch des Ostblocks hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht und wird nun mit etwas Vermittlung zu einem Ende der Zivilisation. Viele verstehen das Ende der Rücksichtsnahme und der Rückgriff auf Egoismus jeder Art als Befreiungsschlag in einer als unkontrollierbar empfundenen Welt.

     

    Das ist schon ein Versagen der Demokratien, kann man nicht anders sagen. Schuldzuweisungen (wie dieser Artikel) beschleunigen diesen Prozess nur noch.

  • Der aggressive Nationalismus Putins dient wohl kaum der Abwehr eines agressiven Kapitalismus.

    Er dient vielmehr der Steuerung der Bevölkerung

    * um durch Nationalismus die Menschen hinter Putin zu scharen,

    * Kritikiker mundtot zu machen,

    * Medien steuern zu können,

    * der Ablenkung vom wirtschaftspolitischen Unvermögen Putins,

    * Oligarchien zu stützen

    • @Rudolf Fissner:

      Analogien:

       

      Der aggressive Nationalismus Trumps dient wohl kaum der Abwehr eines agressiven Kapitalismus.

      Er dient vielmehr der Steuerung der amerikanischen Bevölkerung

      * um durch Nationalismus die Menschen hinter Trump zu scharen,

      * Kritikiker mundtot zu machen,

      * Medien steuern zu können,

      * der Ablenkung vom wirtschaftspolitischen Unvermögen Trumps,

      * Oligarchien und und persönlich leistungslose Dividenden-Milliardäre zu stützen

       

      Analog, so auch in Germany.

      • @Reinhold Schramm:

        Stimmt! ;-)

         

        Aber was hat Trump wohl mit Putin zu tun ....

         

        Aber was der Satz "Analog, so auch in Germany" da soll, ist mir schleierhaft. Höre ich da "Lügenpresse" Herr Schramm?

    • @Rudolf Fissner:

      Abwehr vielleicht nicht, denn das würde ja bedeuten, dass dem "Gebieter" die "Untertanen" etwas bedeuten würden. Hier werden eher die durch die aggressive Globalisierung entstandenen Existenzängste skrupellos für die eigene Bereicherung ausgenutzt. Und das Traurigste ist, dass es die Leute nicht mal merken. Wenn Trump nach einer Mauer schreit, weil die USA angeblich von Mexikanern überrannt werden, während man in Deutschland von Flüchtlingsobergrenzen spricht, dann gibt es statt Realitätsprüfung Beifallklatschen, und all überall wird kollaboriert, weil man glaubt, das Monster für seine Zwecke ausnutzen zu können (oder, wenn man ihnen kleine Zugeständnisse macht, reicht das bereits, um sie zu besänftigen). Das hat früher ja auch schon so gut funktioniert.

       

      Wie Maya Angelou so treffend sagte: "Wenn dir jemand zeigt, wer er ist, glaube ihm das erste Mal."

  • Nachtrag.

    Teil II.

     

    Beispielsweise sind die 30 größten (bundesdeutschen) DAX-Unternehmen -mit Hauptsitz in Deutschland- allesamt Weltmarktkonzerne, bzw. Multinationale Konzerne. Selbst wenn ihr Umsatz im Ausland größer ist als im Herkunftsland, bspw. der BRD, FR, GB etc., fühlen sich alle bürgerlichen Lobbyisten-Parteien, in Landesparlamenten, in Bundesparlament und Bundesregierung, die Staats- und Beamtenadministration, auf allen Ebenen der Gesellschaft und insbesondere im national-staatlichen Gewaltapparat, den [deutschen, französischen, britischen etc.] Kapitalinteressen verpflichtet. So auch zur Anwendung internationaler militärischer Gewalt.

     

    Wer würde den heute noch ernsthaft behaupten, der internationale Einsatz der deutschen Bundeswehr erfolgt aus christlicher Nächstenliebe und für die Durchsetzung von Mädchenschulen und Frauenrechten? - und nicht aus geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen. - So auch im Interesse der deutschen BDA-Wirtschafts- und BDI-Monopolverbände!

     

    Das nationale Finanz- und Monopolkapital, als Teil des internationalen Finanz- und Monopolkapitals, die nationalen und internationalen Welt-Konzerne, sie bedürfen ihrer Nationalstaaten und deren national-staatlichen -militärischen- Gewaltapparate, zur Durchsetzung ihrer profitablen Interessen auf dem (globalen) Weltmarkt!

     

    Bspw. führen heute die Vereinigten Staaten von Amerika, gegen die Volksrepublik China, einen (wechselseitigen) Handelskrieg. Dabei keineswegs für die amerikanischen Kleinkapitalisten und -Unternehmer und auch nicht für die amerikanische Arbeiterklasse ["Arbeitsplätze"].

     

    Die USA auf der einen Seite, die VR China auf der anderen, führen z.Z. einen Handelskrieg zur Durchsetzung der (langfristigen) Zukunfts-Interessen ihrer jeweiligen (welt-größten) Welt-Konzerne! Es geht um die weitere ökonomische Aufteilung der Welt. - Was im Ergebnis, früher oder später, auch im regionalen Krieg oder im (internationalen) Weltkrieg enden kann! (?) - mit allen Waffensystemen.

    • @Reinhold Schramm:

      Sie wollen sagen, dass die ganze Stahlverarbeitende Industrie, die von den höheren Stahlpreisen nach Trumps Maßnahme lediglich in die Kategorie "Kleinkapitalisten" fällt? Ja selbst die Rüstungsinsdustrie, die ja ebenfalls Stahl verarbeitet? Steile These! Manoman!

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @Reinhold Schramm:

      Zusammenfassung: "Alle sind böse, nur ich nicht. Und der Kapitalismus ist der Satan". Du solltest Pfarrer werden, die haben auch immer so einfache Erklärungen parat.

       

      Aber: So allzu kompliziert ist die Erklärung des Despotismus gar nicht. Nur dass das ganze Kapitalismus-Gefasel (wo durchaus was dran ist) bei der Suche nach der Grundsätzlichkeit zu kurz springt.

       

      Demokratie ist nun mal nicht (ur-)menschlich, Demokratie ist eine Kopfgeburt. Demokratie setzt voraus, dass man sich mit permanenten Machtwechseln abfindet. Sie setzt Toleranz gegenüber Andersdenkenden voraus. Sie setzt voraus, sich nicht um eine Führungspersönlichkeit zu scharen und diese quasi sakrosankt zu erklären.

      Das alles ist aber nicht (ur-)menschlich. Der Mensch als Evolutionsgewinner ist maximal auf Sieg seiner Gruppe programmiert und der Sieg soll dauerhaft konserviert werden. Echte und/oder vermeintliche Gegner haben permanent Unrecht und ihnen wird nichts gegönnt.

      (Beweisangebot: Schau Dich mal um in den meisten afrikanischen Staaten, in den im Artikel aufgezählten Gebilden bei Hooligans, Rockergruppen oder auch nur hier im Forum.)

      Der Mensch ist ein Hordentier, dass sich nach Hierarchie sehnt. Nach jemandem, der ihm sagt, was er tun soll. Jemand, der für ihn sorgt und im Gegenzug von ihm Macht erhält.

       

      Ich weiß, das alles klingt recht pessimistisch. Aber es bringt auch nichts, sich die Welt schön zu malen. Erkenntnis und dann Handeln: Darauf kommt's an.

       

      Auf diese Weise schaffen wir es vielleicht doch noch, die Demokratie zu retten.

      Wenn sie erst einmal verloren ist, wird sie schwer zurück zu gewinnen sein. Und bei all ihren Schwächen ist sie doch die beste ,weil menschenfreundlichste Regierungsform.

      • @2730 (Profil gelöscht):

        Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten das man sich mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Kapitalismus "abfindet"?

         

        Sie wollen doch auch nicht ernsthaft behaupten, das es zwischen der Putzfrau und Frau Klatten [Quandt-Erbin] "Demokratie" gibt?

         

        In allen bisherigen Gesellschaftsformationen hat es für die Bevölkerungsmehrheit keine "Demokratie" gegeben! Wollen Sie etwa behaupten zwischen den Lohnarbeitern und den Monopolkapitalisten und Hauptaktionären in Europa existiert etwa "Demokratie" und Gleichberechtigung?

         

        Sind sie von der 'Jungen Union' oder von den Kapitalliberalen?

        • @Reinhold Schramm:

          Sie wissen aber schon dass der ganze Reichtum von Frau Klatten gerade mal für die Finanzierung von 8 Stunden BGE reicht?

  • Bemerkungen.

     

    Alle multinationalen Konzerne –„globalen Konzerne– verfügen mit dem staatsmonopolistischen Kapitalismus –„autoritären Nationalismus“– über ein nationalstaatliches Instrument zur Durchsetzung ihrer ökonomischen Interessen bei ihrer –„kapitalistischen Globalisierung“– imperialistischen Globalisierung.

     

    Die größten multinationalen Konzerne der Vereinigten Staaten verfügen mit ihrer ökonomischen, ideologischen, politischen und militärischen Administration –in den Vereinigten Staaten von Amerika– über ein wirksames nationales und internationales Instrument für die Durchsetzung ihrer „globalen“ wirtschafts-, handels- und geopolitischen Interessen, einschließlich der Anwendung militärischer und (heute) atomarer Gewalt. Der gesamte nationalstaatliche und staatsmonopolistische Gewaltapparat der USA, bzw. So auch Chinas, Japans etc., dient diesen Interessen, sowohl in deren nationalen wie internationalen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik.

     

    Die aggressiv geheimdienstlich-militärisch aufgerüsteten staatsmonopolistischen Nationalstaaten sind ein wirksames Instrument ihrer jeweiligen Finanz- und Monopolbourgeoisien und ihrer jeweils größten -multinationalen- Weltkonzerne, so in den USA, China, Japan, Südkorea, Indien, Südafrika, Saudi-Arabien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland etc. In diesem Sinne ist auch das militärische NATO-Bündnis von Nationalstaaten, ein militärisches Bündnis zur Durchsetzung ihrer (gemeinsamen und widersprüchlichen) wirtschaftlichen, handelspolitischen, geopolitischen Interessen auf dem kapitalistischen -imperialistischen- Weltmarkt.

     

    Nachtrag: II.

  • Der Kapitalismus ist kein "Prinzip", sondern ein konkretes Herrschaftssystem einer gut vernetzten Elite über den Rest der Gesellschaft zum Erhalt ihrer eigenen Machtposition und Verfolgung der eigenen Interessen. Das neoliberale Eierkopf-Narrativ von effizienten Märkten und heilsamen Wettbewerb ist 2007 zusammengebrochen. Seitdem herrscht die oligarchische Elite ohne legitimierendes Narrativ.

     

    Der regressive Rollback ist jedoch keine ungeplante "Gegenbewegung", sondern folgt der Doktrin Irving Kristols und der ihm nachfolgenden Neokonservativen. Es fordert die macchiavellistische Nutzung von vormodernen kulturellen Ressourcen zur Stabilisierung der kapitalistischen Herrschaft. Die Regression der linken Bewegungen zu ethnisch-biologistischer Identitätspolitik, die Rückkehr des Nationalismus und der Religionen, der Aufstieg des sunnitischen Salafismus aus dem arabischen Sozialismus, alles folgt der Strategie der Herrschaftsstabilisierung durch primordiale Kulturressourcen nach der Selbstkompromittierung des neoliberalen Narrativs.

    • @El-ahrairah:

      Leider ist der Kapitalismus doch ein Prinzip. Ohne eine Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse die ihn immer wieder neu herstellen wird es nicht gehen. viele der im Beitrag genannten Führer üben auch Kritik an der "kapitalistischen Elite" bzw. den Globalisten. Eine solche Kritik an Einzelpersonen oder Gruppen beseitigt aber nicht den Kapitalismus!

      Wer den Kapitalismus besiegen will muß zunächst verstanden haben, daß in der kapitalistischen Wirtschaft jedes Kapital bei Strafe seines Unterganges nach dem Maximalprofit streben MUß und zwar unabhängig davon wer gerade über dieses Kapital verfügt. Nur wenn dieses Verständnis weltweit verbreitet ist kann sich eine Internationale Gegenbewegung bilden, die Aussicht auf Erfolg bei der Überwindung des Kapitalverhältnisses hat.

      • @Thomas Dreher:

        Neineinein. Gerade diese verschwurbelnde Abstrahierung hat den Marxismus in jene quietistische Erlösungslehre verwandelt, die er bis auf seine Leninsche Eskapade geblieben ist. Man muss GERADE die konkret herrschenden Akteure betrachten, um zu begreifen wie sie herrschen und wie man diese Herrschaft abbauen kann. Und man muss es publik machen, um die breite Masse dafür zu mobilisieren.

  • 9G
    97796 (Profil gelöscht)

    Als Grund für Nationalismus wurde das Totalversagen linker Politik vergessen.

  • "Eine solche Regression lässt sich jedoch nur verhindern, wenn wir, die Anhänger liberaler Demokratien und offener Gesellschaften, diese mit aller Vehemenz verteidigen."

     

    Verteidigen kann man nur etwas, wofür es sich lohnt, sich einzusetzen.

    Was soll das sein eine liberale, offene demokratische Gesellschaft? Neoliberaler Turbokapitalismus? Das Beharren auf Besserwisserei? Die demagogischen Narrative der Transatlantiker? Wir die Guten, die anderen die Bösen?

    Reicht es wirklich, mit dem Finger auf die Despoten dieser Welt zu zeigen? Und dann darauf zu hoffen, dass die Menschen bei uns denken, dass ihnen die Pest lieber ist als Cholera?

     

    Warum meidet der Mainstream wie der Teufel das Weihwasse eine Diskussion darüber, was die Menschen wirklich wollen? Stattdessen nebulöses Gerede von liberaler Demokratie. Was ist denn das? Hartz IV? Niedrige Steuern auf Kapitaleinkünfte und hohe Steuern für die Arbeitenden? Wieso wird "liberal" immer nur in Richtung der Privilegierten gedacht?

     

    Momentan, so mein Eindruck, reiten die Flachdenker der liberalen, offenen Demokratie, ohne sie zu definieren, Europa in den rechten Sumpf. Und ich habe keine Hoffnung auf Umdenken. Im Gegenteil.

    • @Rolf B.:

      Lieber Rolf B.

      möchtest Du lieber eine autoritäre Durchsetzung dessen was uns "geniale Führer" oder eine alles umfassende Bürokratie als das "was die Menschen wirklich wollen" vorschreiben.

      Du wirst an einer liberalen Demokratie nicht vorbei kommen, wenn Du möglichst Vielen ihr Wollen und Streben selber überlassen möchtest.

      Bildung hilft, Sozialwesen hilft, internationale Vereinbarungen zum Finanz(-un)wesen helfen.

      • @Bernhard Schmelmer:

        Lieber Bernhard Schmelmer,

        ich möchte genau das Gegenteil von dem, was momentan läuft. Ich möchte einen Diskurs darüber, was die Menschen in diesem Land wollen und nicht wollen. Ich möchte, dass Menschen an Ziele glauben und an deren Verwirklichung mitwirken, an mehr Demokratie, mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Solidarität.

        • @Rolf B.:

          Sind "die Menschen" denn alle gleich, so dass man herausfinden könnte, was "die Menschen" wollen? Das ist das doch genau der homogene "Volkswille", den alle Faschisten immer vor ihre Karre spannen.

           

          Interessengegensätze sind unvermeidbar. Um hier einen Ausgleich finden zu können, mit dem alle irgendwie zufrieden sein können, auch wenn sie nicht genau das kriegen, was sie wollen, braucht man halt Demokratie, Rechtsstaat und ja, auch Liberalität. Denn sonst wird aus dem "was die Menschen wollen" halt sehr schnell eine Diktatur.

        • @Rolf B.:

          klingt schon besser!

          genau das geht aber nur mit einer liberalen Demokratie

      • @Bernhard Schmelmer:

        Lieber Bernhard Schmelmer, wenn in einer liberalen, d.h. selbstbestimmten Demokratie die Menschen entscheiden, dass sie keine Zuwanderung, keine Genderquote und kein TTIP wollen (als Beispiel), wäre dann die liberale Demokratie für Dich ok?

  • Alle Probleme die wird jetzt haben und in Zukuft bekommen werden, resultieren aus einem ausufernden Kapitalismus. An dessen Stelle muss etwas Neues gesetzt werden.

    Das heißt aber auch, dass der Wirtschaft Grenzen gesetzt werden müssen. Das heißt, Beschränkung der Liberalität. Denn diese hat uns seit der industriellen Revolution erst dahin gebracht, wo wir jetzt sind. Menschenrecht und Menschenwürde waren da sekundär. Das muss total umgekehrt werden.