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Afrikanische SchweinepestTod den Wildschweinen

Der Bauernverband bläst zur Jagd, damit die Seuche nicht nach Deutschland kommt. Abschussprämien und weniger Schonzeiten sind geplant.

Peng, paff, puff! Foto: dpa

Berlin taz | Knapp 600.000 Wildschweine wurden in der vergangenen Jagdsaison nach Angaben des Deutschen Jagdverbands erlegt. Nicht wenig, könnte man meinen. Doch der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert mehr. Der Bestand müsse um 70 Prozent reduziert werden, sagte Werner Schwarz, DBV-Vize am Freitag in Berlin. Wieviele Tiere das betreffe, erklärte er nicht. Weil Wildschweine den Erreger der Afrikanischen Schweinepest übertragen können, erhöhe der große Bestand die Gefahr, dass die Viruskrankheit auch in Deutschland ausbricht.

Seit 2014 geht die Virus-Krankheit in osteuropäischen Ländern um. Anfang Januar wurden in Tschechien sechs infizierte Wildschweine gefunden – rund 300 Kilometer ist der Erreger damit noch von Deutschland entfernt.

Sollte er es über die deutsche Grenze schaffen, drohten hohe Schäden für die Fleischindustrie, sagt Schwarz. Sobald ein Stall betroffen ist, müssten alle dort lebenden Schweine getötet werden. „Für Schweinezüchter können Kosten bis zu drei Milliarden Euro entstehen.“

Der hohe Wildschweinbestand sei ein „hausgemachtes Problem“, kritisierte dagegen der Umweltverband WWF. Auf den vielen Mais- und Rapsfeldern fänden Wildschweine „jede Menge energiereiches Futter und gute Deckung“. Um den Bestand dauerhaft zu senken brauche es „mehr Vielfalt in den Anbauflächen und deutlich weniger Mais- und Rapswüsten“, sagte Moritz Kloos, Wildtierexperte beim WWF.

Schweine-Export wichtig

Knapp 24.000 Betriebe halten nach Angaben des Bauernverbands hierzulande rund 25 Millionen Hausschweine. Der Schweinefleisch-Export in Nicht-EU-Länder sei wichtig, „da diese vor allem die Teile vom Schwein nachfragen, die der deutsche Verbraucher nicht verzehrt, wie Pfötchen, Ohren und Schweinespeck“, sagte Schwarz. 2016 seien über 800.000 Tonnen Schweinefleisch und Nebenprodukte exportiert worden. Bei einem Ausbruch der Seuche drohe auch hierzulande ein Preisverfall von Schweinefleisch.

Daher forderte der Bauernverband vor allem Menschen, die die Ostgrenzen zu Deutschland überqueren, zu verstärkter Vorsicht auf. Unter anderem Reisende, Pflegekräfte und Saisonarbeiter aus osteuropäischen Ländern sowie Lkw-Fahrer sollten dringend darauf achten, keine Wurst und Fleischwaren nach Deutschland mitzubringen.

Essensreste dürften an Raststätten nicht einfach in der Natur entsorgt werden, da Wildschweine sich sonst anstecken könnten. Der Bauernverband rief dazu auf, an allen Parkplätzen und Raststätten vor Tieren verschlossene und sichere Mülltonnen anzubringen und diese regelmäßig zu entleeren.

„Den Jagddruck erhöhen“

Schwarz erklärte, die Tötung eines Großteils des Wildschweinbestands würde die Ansteckungsgefahr verringern. „Um Jagddruck zu erhöhen“, forderten die Bauern daher eine bundesweite Prämie, die Jäger bekommen, welche die getöteten Wildschweine vor dem Verkauf erst auf den Erreger untersuchen müssen. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gebe es bereits eine solche Prämie von 25 beziehungsweise 50 Euro je Tier. Brandenburg kündigte am Freitag ebenfalls eine Prämie von 30 Euro pro erlegtem Tier an.

Auch bestimmte Schonzeiten bei der Jagd sollten aufgehoben werden. Bislang ist etwa die Jagd während bestimmter Monate oder die Jagd auf Muttersäue nicht erlaubt. Natürlich solle auch weiterhin kein Muttertier erschossen werden, deren Nachwuchs sich nicht selbst versorgen könne, betonte Bauern-Vizepräsident Schwarz.

Die Tierseuche breitet sich schon seit einigen Jahren über Russland und das Baltikum in Richtung Westeuropa aus. Auch in der Region Warschau in Polen gab es jüngst Infektionsfälle. Für Menschen ist sie nicht ansteckend. Einen Impfstoff und Medikamente gibt es nicht. (mit dpa)

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19 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Stadmenschen die um ein paar abgeschossene Keiler und Bachen heulen...

  • Au fein, kostenlosen Wildschweinbraten für alle. In Zukunft wähl ich CSU, um endlich die Jäger zu fördern.

  • "Schweine-Export wichtig"

    Für wen?

    Kapitalismus wichtig, Tierausbeutung wichtig blablabla

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Der grüne "Umweltminister" und Medienstar von S-H bläst da ganz gut mit.

    Die Bauern dort dürfen ihre Gülle auf leeren Äckern verklappen, das war sonst verboten.

    Und jetzt will er Geld locker machen, damit die Jägerschaft möglichst viele Muttertiere abschießt und pro Bache 25€ Prämie bekommt.

    Wenn das nicht Grüne Umweltpolitik ist, dann weiß ich auch nicht ...

    • 6G
      64938 (Profil gelöscht)
      @64938 (Profil gelöscht):

      Muß mich bzgl der Gülle-Ausbringung korrigieren: Die Ausbringung ist nur im Rahmen der Gülleverordnung gestattet (dh nicht auf leeren Böden), per Einzelfallgenehmigung nun schon ab 16.1, wenn der Boden nicht gefroren oder nass ist.

  • die wildschweine gelten als gefahrquelle, nicht die monokulturell gestaltete umwelt in der sie leben.

    und deren designer sind wir.

     

    wildschweine sind waldtiere.

    wieviel lebensraum geben wir ihnen ?

    auf jeden fall keine weitere existenzberechtigung.

     

    den wölfen auch nicht.

    den bienen nicht, den vögel nicht, den kleininsekten nicht und vielen anderen auch nicht.

     

    jedoch ein hoch auf das schlacht-schwein und auf uns. prost !

  • Mal angenommen, es ginge nicht um Wildschweine und Schweinepest, sondern um Menschen und Cholera:

     

    Sollte man dann vorsorglich alle gesunden Menschen vorsorglich dezimieren, damit sich die Krankheit nicht weiter ausbreitet?

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @wxyz:

      Im Bezug auf die Tiere ist das doch noch "human". Seine Mitglieder seiner eigenen Spezies hat der Mensch vorsätzlich mit Krankheiten ermordet, siehe u.a. amerikanische Ureinwohner.

    • 9G
      95692 (Profil gelöscht)
      @wxyz:

      Sind Sie damit einverstanden, das wir mit Ihnen anfangen ?

  • Irgendwie faszinierende Tiere diese Wildschweine, obwohl sie in einer der, wenn man Berichten so glaubt, Lebensfeindlichen Umgebung auf diesem Planet leben ( Glyphosat, Nitrat, usw.) vermehren sie sich. Vieleicht ist doch nicht alles so schlimm, wie manche es haben möchten.

  • Vor dem Jagddruck den Fressdruck erhöhen! Grenzwerte für radioaktiv belastetes Wildschweinfleisch nach oben setzten und die Seuche einfach auffuttern lassen. Mit Grenzwertanpassung lässt sich prima Politik machen.

    • @lions:

      Ist auch viel schöner, wenn das Fleisch auf dem Teller leuchtet!

  • Merke: Es sollen 600.000 Wildschweine getötet werden damit ungefähr 60.000.000 Schweine* geschlachtet werden können.

     

    Was für ein Wahnsinn!

     

    *so viele werden jährlich in Deutschland geschlachtet

    • @Uranus:

      "Merke: Es sollen 600.000 Wildschweine getötet werden ..."

       

      Im Artikel steht, dass bisher ca. 600.000 Wildschweine pro Jahr getötet werden.

       

      Die Anzahl der zusätzlich zu tötenden Wildschweine ist nur mit "Der Bestand müsse um 70 Prozent reduziert werden" beschrieben. Wie viel das sind, weiß keiner wirklich.

       

      Dass es am Mais liegt ist übrigens ein Gerücht. Wildschweine breiten sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts in ganz Eurasien (wieder) aus und erobern Gebiete zurück, in denen sie zeitweise ausgerottet waren. Das hat angefangen, da gab´s noch kein EEG.

       

      Wildschweine brauchen auch keinen Mais. Wenn die auf dem Acker nicht genug Nahrung finden, dann gehen die auch in die Großstädte und dort nicht nur in die Grünbereiche.

      • @Martin74:

        Ah, Danke für den Hinweis.

         

        "Die Anzahl der zusätzlich zu tötenden Wildschweine ist nur mit "Der Bestand müsse um 70 Prozent reduziert werden" beschrieben. Wie viel das sind, weiß keiner wirklich."

        Daraus lässt sich schließen, dass jedenfalls von einer großen Zahl die Rede ist. Insofern ändert das nichts an meinem Hinweis auf die tierausbeuterischen Verhältnisse.

         

        Eine "natürliche" Begrenzung wäre das Zulassen einer weiteren Verbreitung des Wolfes...

        • @Uranus:

          Haben Sie schon mal einen Keiler angreifen sehen?

          Wölfe greifen ein Wildschwein oder eine Rotte erst an, wenn es keine einfachere Beute mehr gibt. Schafe, Rinder, und sogar ein (unbewaffneter) Mensch, sind für einen Wolf ein geringeres Risiko als so ein Wildschwein.

          Aus dem Grund waren die ja auch in nahezu ganz Europa vorhanden ... bis der Jagddruck durch den Menschen zu groß wurde.

          • 4G
            4845 (Profil gelöscht)
            @Martin74:

            "Schafe, Rinder, und sogar ein (unbewaffneter) Mensch, sind für einen Wolf ein geringeres Risiko als so ein Wildschwein."

             

            In Bezug auf die Beutetiere sicher richtig. Aber ein Wolfsangriff auf einen Menschen ist ebenfalls höchst unwahrscheinlich. Sehr selten, außer vielleicht unter Tollwut.

  • Schweinefleisch ist sowieso ungesund. Und echt, 25 Mio Schweine in 24.000 Betrieben? Meine Fresse.

     

    Warum kommen kranke Schweine überhaupt über die Grenze? Müssten die nicht viel zu schlapp sein? Ich finde ja immer noch, man müsste so eine Krankheit einmal durchrasen lassen, dann sind alle Überlebenden immun und gut is. So wie bei der Geflügelpest oder Vogelgrippe oder was auch immer das war.

  • Die Raps- und Maiswüsten gibt es wegen dem EEG, und Wildschweine gibt es nicht nur auf dem Land sondern auch in Städten.