Kommentar zu Parkgebühren in Berlin: Das Auto ist noch nicht teuer genug
Verkehrsexperten haben „flächendeckende Parkgebühren“ in Berlin gefordert. Tatsächlich ist das Auto für Innenstadtbewohner ein viel zu billiger Luxus.
N atürlich ist das ein kalkulierter Aufreger: Ein Verkehrsexperte fordert am Wochenende „flächendeckende Parkgebühren“ für Berlin. Der stets gegen das Auto und für mehr Bus, Bahn und Fahrrad kämpfende Verkehrsclub Deutschland sprang dem Professor sogleich zur Seite: 10 Euro Parkgebühren für NichtanwohnerInnen, derzeit sind es maximal 3 Euro pro Stunde, warum nicht? Die Botschaft: Fahrt mehr Bus (oder macht wenigstens Carsharing)! Die Autolobby stöhnte via Berliner Kurier sogleich gequält auf: Immer wird bloß alles teurer!
Leider ist das Autofahren in Berlin noch nicht teuer genug – und zwar vor allem auch für die Gruppe der autofahrenden AnwohnerInnen. Die zahlen für eine zwei Jahre gültige Parkvignette in ihrer Straße rund 20 Euro.
Das sind Kosten, aber die meisten trifft das längst nicht empfindlich genug. Lieber noch dreimal um den Block fahren, als ernsthaft überlegen, ob ein Leben mit S-Bahn und Fahrrad vorstellbar wäre. Zur Not parkt man eben zweite Reihe auf dem Gehweg und kassiert ein Knöllchen, kostet mit maximal 35 Euro auch nicht viel mehr als die Spritkosten und Nerven beim Weitersuchen. In meiner Straße eine Einstellung, die man täglich beobachten kann.
Die Forderung nach „flächendeckenden“ Parkgebühren mag zwar Aufmerksamkeitshascherei eines grünen Lobbyverbands sein – ob 10 Euro Parkgebühren draußen in Spandau noch zu vertreten sind, sei mal dahingestellt. Aber den Zwischenruf kann man zum Anlass nehmen, um den grün mitregierten Senat daran zu erinnern, was im Koalitionsvertrag Ende 2016 beschlossen wurde: „Umverteilung des Straßenraums zugunsten des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs“. Bis 2021 wollte man die Parkraumbewirtschaftung – also das gebührenpflichtige Parken – auf das gesamte Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings ausdehnen.
Mag sein, dass manch InnenstadtbewohnerIn ihr Auto wirklich braucht. Für alle anderen wären höhere Gebühren – für AnwohnerInnen könnte man sie ja nach Einkommen staffeln – ein Anreiz, genau darüber kritischer nachzudenken: Ist das Auto Luxus oder kann das weg?
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