: Was ändert sich 2018?
Mehr Kindergeld, weniger Steuern, endlich Netflix im Urlaub – aber an die DAX-Kurve reicht das alles nicht ran. Was uns nächstes Jahr erwartet
Von Barbara Dribbusch
Was wird schlechter im Jahr 2018? Und was besser? Das kommt auf die persönliche Lebenslage an. Und auf die Perspektive.
Hartz-IV-EmpfängerInnen zum Beispiel bekommen ab 1. Januar einen Regelsatz von 416 Euro statt bisher 409 Euro im Monat. Für Paare und Kinder im Hartz-IV-Bezug steigen die Leistungen entsprechend. 7 Euro mehr im Monat, das sind zwei Brote vom Biobäcker, einerseits. Andererseits: Es sind nur 1,7 Prozent mehr, und genauso hoch ist leider auch die Inflationsrate, die aktuell gilt und auch für 2018 erwartet wird: 1,7 Prozent. Die Kaufkraft der Hartz-BezieherInnen steigt also nicht.
Ähnlich sieht es aus für die EmpfängerInnen von Kindergeld. Das monatliche Kindergeld wird erneut um 2 Euro angehoben. Für die ersten beiden Kinder gibt es nun jeweils 194 Euro pro Monat, für das dritte sind es 200 Euro und für jedes weitere Kind 225 Euro. Das bedeutet etwa 1 Prozent mehr Kindergeld, deutlich weniger als die herrschende Inflationsrate.
An der bescheidenen Bilanz ändert sich auch wenig, wenn man die sinkenden Sozialversicherungsabgaben bedenkt. Der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherungsinkt vom 1. Januar an von 18,7 auf 18,6 Prozent des Bruttolohns. Da die Hälfte davon die Arbeitnehmer zahlen, sparen sie also ab Januar Abgaben in Höhe von ganzen 0,05 Prozent des Bruttolohns.
Dazu kommt noch ein minimal geringerer Krankenversicherungsbeitrag. Der Zusatzbeitrag, den die Kassenpatienten allein zahlen müssen, sinkt wahrscheinlich im Durchschnitt von 1,1 auf 1,0 Prozent des Bruttolohns. Wer also 3.000 Euro brutto verdient, spart an Beiträgen für Rente und Krankenkasse ganze 4,50 Euro im Monat – dafür bekommt man einen größeren Latte Macchiato mit Caramel Shot. Prost auf den Sozialstaat!
Für Besserverdiener steigen die Sozialabgaben sogar etwas. Das liegt an den Beitragsbemessungsgrenzen. Das sind die Grenzen im Bruttoeinkommen, bis zu denen prozentuale Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind. In der Rentenversicherung (West) steigt diese Grenze im Westen von 6.350 Euro auf 6.500 Euro, in der gesetzlichen Krankenversicherung bundesweit auf 4.425 Euro brutto. Ein Arbeitnehmer mit mehr als 4.425 Euro Verdienst muss wegen der höheren Grenze zum Beispiel 5 Euro mehr an seine gesetzliche Krankenversicherung zahlen.
Für Steuerzahler gibt es Erfreuliches: Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer steigt von 8.820 Euro auf 9.000 Euro im Jahr. Außerdem wird die Steuerkurve etwas verändert, um zu verhindern, dass steigende Löhne durch die Progression aufgezehrt werden. Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine errechnet für einen Alleinstehenden mit 30.000 Euro Bruttoeinkommen im Jahr 2018 eine Steuerersparnis von 71 Euro.
Wer Arbeit hat, muss vor allem darauf hoffen, dass der Lohn im nächsten Jahr steigt. Wer nur den gesetzlichen Mindestlohn verdient, bekommt im nächsten Jahr allerdings nicht mehr, denn der Mindestlohn wird nur alle zwei Jahre erhöht und ist schon 2017 auf 8,84 Euro die Stunde gestiegen. Tarifliche Erhöhungen aber gibt es in vielen Branchen.
Mehr Rente
RentnerInnen können sich im nächsten Jahr immerhin über eine etwas höhere Rente freuen: 3 Prozent mehr Rente werden prognostiziert, die kommen allerdings erst zum 1. Juli kommenden Jahres, dem Stichtag für Rentenerhöhungen.
Mit der DAX-Kurve vergleicht man all diese Zuwächse aber besser nicht. Die Deutsche Bank erwartet Zuwächse beim DAX bis Ende des Jahres 2018 in Höhe von 9 Prozent. Die Unternehmensgewinne sollen weltweit um 10 Prozent zulegen – mit diesen Zahlen wirbt die Deutsche Bank derzeit um Anleger.
Bescheidenere Rechnungen machen Kleinverdiener auf. Das betrifft auch die Riester-Rente. Der Staat zahlt ab dem kommenden Jahr eine höhere Grundzulage von 175 Euro (bisher 154 Euro). Wer später nur eine kleine gesetzliche Rente zu erwarten hat und aufstockende Grundsicherung beantragen muss, darf künftig Erträge aus der Riester-Rente und aus einer Betriebsrente zumindest in Höhe eines Sockelbetrags von 100 Euro monatlich behalten. Das macht das Sparen für die Riester-Rente auch für Kleinverdiener attraktiver. Denn im Alter kommt dann möglicherweise ein monatliches Einkommen in Höhe von Hartz IV plus 100 Euro aus der Riester-Rente zusammen. Sozialberatungsvereine empfehlen daher künftig wieder den Abschluss einer Riester-Rente.
Was aber tun, wenn man das Gefühl hat, man verdient einfach zu wenig? Nagend wird das Gefühl, wenn der Verdacht besteht, der Kollege kriegt deutlich mehr. Ab 2018 gilt das Gesetz zur Lohntransparenz. Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 MitarbeiterInnen dürfen dann bei ihren Arbeitgebern erfragen, wie viel ihre Kollegen für eine gleichartige Tätigkeit in der Firma erhalten. Namentliche Auskünfte über KollegInnenverdienste gibt es natürlich nicht. Inwieweit das Gesetz besonders Frauen hilft, ein ungerechtes Lohngefüge aufzudecken, bleibt abzuwarten.
Weniger Belege
Aber es geht ja nicht nur um Geld, sondern auch um Bequemlichkeiten. 2018 ist es zum Beispiel bei der Steuererklärung nicht mehr erforderlich, Belege, also Quittungen, zusammen mit der Erklärung beim Finanzamt einzureichen. Es gibt keine Belegevorlagepflicht mehr, wohl aber eine Belegvorhaltungspflicht. Das heißt, auf Nachfrage muss man sie dann aber doch noch vorweisen können, die Quittungen über Geschäftsessen, Computeranschaffungen.
Bequemer wird es auch beim Streaming während des Urlaubs im EU-Ausland. Niemand muss im Hotel mit WLAN auf Netflix verzichten. Ab 20. März soll die Nutzung von Streamingdiensten im EU-Ausland ohne Extragebühren möglich sein.
Fairer wird es immerhin für Mütter, die noch zur Schule gehen oder studieren. Auch für sie gilt aber 2018 der gesetzliche Mutterschutz, der bislang nur Arbeitnehmerinnen vorbehalten war. Der Mutterschutz umfasst sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt. Studentinnen und Schülerinnen haben ein Recht auf die Freistellung von Studium, Prüfungen oder Praktika in dieser Zeit.
Ob es für Hartz-IV-EmpfängerInnen bequemer wird oder nicht oder eine neue Diskriminierung droht, ist hoch umstritten: Für die Leistungsbezieher soll es 2018 möglich werden, sich bei einem fehlenden Bankkonto das Arbeitslosengeld II im Supermarkt auszahlen zu lassen. Die Bundesagentur für Arbeit will ihre Kassenautomaten in Jobcentern nach und nach abbauen und Auszahlmöglichkeiten bei Rewe, Penny und in anderen Ketten schaffen.
Das Leben wird auch härter, etwa für Großdealer oder Steuerhinterzieher, die noch mit dem Geldkoffer die Grenzen überqueren: der 500er Scheinwird zum Ende des nächsten Jahres nicht mehr ausgegeben. Neue werden nicht mehr gedruckt.
Ehrlicher sollen Gastronomen werden: Finanzämtern ist es ab 2018 erlaubt, die Kassen in Geschäften und Gastronomiebetrieben unangemeldet zu prüfen. Die Kassen-Nachschau soll Steuerbetrug eindämmen, weil die Unternehmer oft niedrigere Umsätze angeben als tatsächlich zusammenkommen.
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