Kommentar Frauen- und Männerpreise: Das teure Geschlecht
Frauen verdienen weniger als Männer und zahlen für viele Produkte mehr. Die Gesellschaft scheint sich mit der Ungleichbehandlung arrangiert zu haben.
F rauen zahlen drauf. Beim Friseur, für Rasierklingen, in der Reinigung, auch für manches Duschgel und für Parfüm. Und für Bratwurst. Ja, richtig. Edeka bewarb vor einiger Zeit mal eine „Frauen-Bratwurst“, die pro Kilo 2,02 Euro mehr kostete als die „Männer-Bratwurst“.
Dass es diese Preisunterschiede gibt, war schon vor der Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bekannt. Ihre Existenz ist auch nicht erstaunlich: Wenn ich als Unternehmerin zwei Shampoos pro Haushalt, zwei Packungen Bratwurst pro Grillabend und an Sohn und Tochter des Kunden ihr je eigenes Bobbycar verkaufen kann – eins in Rot und eins in Rosa –, dann mache ich das doch. Und wenn ich für eins der Produkte mehr Geld nehmen kann, um so besser. Warum darauf verzichten, wenn ich nicht muss?
Nun ist es so, dass die Unternehmen müssten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet es, gleichwertige Produkte aufgrund des Geschlechts der Verbraucher unterschiedlich teuer zu verkaufen. Da greift auch das Argument, ein Frauenhaarschnitt sei in der Regel aufwendiger oder eine Bluse komplizierter zu bügeln als ein Hemd, nur bedingt – zumindest wenn selbst eine Frau mit schlichter Bluse und einfachem Kurzhaarschnitt mehr zahlt als ein langhaariger Mann mit Rüschenhemd. Und das ist zurzeit Realität. Nur: Als Einzelperson dagegen zu klagen lohnt nicht. Die Möglichkeit einer Verbands- oder Sammelklage gibt es nicht.
Damit, dass Frauen in vielerlei Hinsicht finanziell stärker belastet sind, scheint sich diese Gesellschaft ganz gut arrangiert zu haben. Höhere Preise trotz eines Gender Pay Gap von 21 Prozent – als sei das naturgegeben. Die Bösen in diesem Spiel sind allerdings nicht nur Unternehmen – auch der Staat macht fleißig mit. Frauen zahlen 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Tampons und Binden, während für Klopapier, Schnittblumen und Schokolade der reduzierte Steuersatz von 7 Prozent für „notwendige Produkte“ gilt. Wie wäre es, wenn dieser Missstand mal behoben würde?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik an der taz
Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
Bilanz der Ampel-Regierung
Das war die Ampel
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?
SPD nach Ampel-Aus
Alles auf Olaf
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!