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Kommentar Trumps SteuerreformTaktischer Volltrottel

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

US-Präsident Donald Trump macht einen riesigen Fehler: Mit seiner Steuerreform kann und wird er sich nur selbst schaden.

Schadet sich mit seiner Steuerreform nur selbst: US-Präsident Trump Foto: AP

U S-Präsident Donald Trump vergleicht sich gern mit seinem einstigen Amtsvorgänger Ronald Rea­gan, um die eigene Steuerreform als „historisch“ zu preisen. Wahr ist: Auch Reagan hat die Reichen entlastet und riesige Defizite im Staatshaushalt verursacht. Trotzdem hinkt der Vergleich, wie Trump bei den nächsten Wahlen leidvoll erfahren dürfte. Denn Reagan war taktisch viel schlauer als der Twitterer im Weißen Haus.

Reagan ist es 1986 nämlich gelungen, seine Steuerreformen als „überparteiliches Projekt“ gemeinsam mit den Demokraten durchzuziehen. Die Geschenke an die Reichen taugten daher nicht zum Wahlkampfthema. Anders bei Trump: Die Demokraten haben diesmal geschlossen, ohne Ausnahme, gegen den „Beschiss“ an den Arbeitnehmern gestimmt.

Trump hat den größten denkbaren Taktikfehler gemacht: Unverbrämt führt er einen Klassenkampf von oben. Er versucht gar nicht erst, zu vertuschen, dass es allein um die Selbstbedienung der Milliardäre geht. Diese Arroganz wird sich bei der nächsten Kongresswahl im November 2018 rächen.

Sogar konservative Staaten kippen, wie die Senatswahl in Alabama vor einer Woche gezeigt hat. Der demokratische Kandidat siegte souverän, weil alle Trump-Gegner an die Urnen eilten – während viele Republikaner von ihrem Präsidenten so enttäuscht waren, dass sie lieber zu Hause blieben.

Trump verkennt die Gefahr, weil er nicht versteht, warum Reagan zum Mythos wurde: Dieser hatte damals schlicht das Glück, sein Amt während einer Wirtschaftskrise anzutreten. Mit der Konjunktur konnte es nur aufwärtsgehen – und hinterher glaubten viele Wähler irrtümlich, Reagans Steuerreformen wären die Rettung gewesen.

Bei Trump ist es genau andersherum: Seine Präsidentschaft begann im Boom. Es kann nicht mehr aufwärtsgehen. Stattdessen ist ein Abschwung wahrscheinlich. Die Chancen stehen daher bestens, dass Trump Gerechtigkeit widerfährt – und er als taktischer Volltrottel in die Geschichte eingeht.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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16 Kommentare

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  • Mehr Ausgaben für Rüstung bei weniger Staatseinnahmen. Dollars kann die USA unbergrenzt drucken aber irgendwer muss den ganzen Spaß am Ende bezahlen. China wird sich die Entwertung seiner Devisen auf Dauer nicht gefallen lassen.

     

    Die zweite Amtszeit ist Trump vermutlich egal. Er ist mit einer Amtszeit persönlich saniert und freut sich dann als elder statesman seines Lebensabends. Ein Volltrottel ist er sicher nicht.

  • Zumindest hat er sich mit dem Klassenkampf von oben die Eigentümer der großen Medienkonzerne gewogen gemacht, was nicht zu seinem Schaden verlaufen wird.

  • Den Nachrichten nach scheint der benannte "Volltr...l" die deutschen Unternehmerspitzen inspiriert zu haben, die jene Steuerreform auch in D haben wollen bitteschön. Als Superreicher ist man dem Nehmen weiterhin näher als dem Geben, das Fach "gesellschaftliche Verantwortung" wurde nie eingeführt und in Internaten zweimal nicht.

  • Allgemeiner Konsens, aber ich schreibs trotzdem nochmal:

     

    Trump ist doof, die Amis sowieso...

    Nur die deutsche Mainstreamlinke die ist die Krönung der Schöpfung, die wusste halt schon immer wie der Hase läuft.

    Toller Job beim Staat und vom Opi noch ne schöne arisierte Eigentumswohnung geerbt, da kann man sich doch auch mal um die ganz grossen moralisch-ethischen Probleme der Welt kümmern.

    • @ackatonne:

      hart aber gerecht....

  • Ich schätze diesen Gegenentwurf zum allgemein grassierenden Trump-Defätismus aber die Autorin sollte realistisch bleiben und sich an die Tatsachen halten :

     

    Jones´Sieg war alles andere als souverän bei wenigen tausend Stimmen unterschied und das vermutlich auch nur auf Grund der massiven Vorwürfe gegen Moore, auf deren Wiederholung bei rep. Kandidaten in anderen Staaten zu den nächsten Wahlen man wohl nicht unbedingt hoffen kann.

     

    Zu früh, um jetzt schon in Jubel auszubrechen!

  • "Die Demokraten haben diesmal geschlossen, ohne Ausnahme, gegen den „Beschiss“ an den Arbeitnehmern gestimmt."

     

    Nun, die USA haben in etwa die gleiche Steuerquote (Steuern/BIP) wie Deutschland - etwa 20%.

     

    Die Top1% zahlen hierzulande etwa 25% an LSt/ESt-Aufkommen, in den USA ca. 24%.

     

    Bei Einkommen (vor Steuer) allerdings kommen die unteren 60% in Deutschland an ca. 40% Anteil am Gesamteinkommen, in den usa erreicht diese Gruppe bloß ca. 21% Anteil am Gesamteinkommen.

     

    Der Markt scheint also 2/3 der Amerikaner nicht gerade fair zu behandeln und da stellt sich die Frage nach Handelsverträgen und Zuwanderung.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Was Sie sich erlauben, Frau Herrmann! Der Mann ist demokratisch gewählt und setzt nur um, was er seinen Wählern versprochen hat. Dann wäre ja auch ein Großteil der Amerikaner Volltr...el.

    Und damit würden Sie die Netiquette der taz schon nicht mehr erfüllen. Passen Sie auf, daß Sie nicht gefeuert werden. Es geht hier schließlich um das kluge und weise Volk der Amerikaner, die moralische und militärische Instanz auf dieser Erde.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Ja, diese Konsequenz haben sie schön erkannt.

      Ein Volk, welches sich gegenseitig und ohne Not 10 mal jährlich den 11.9.2001 durch eigenen Waffenbeschuss liefert, muss zu einem erheblichen Teil aus Volltrotteln bestehen.

      Ähnliches kennen die Deutschen Volltrottel auch, jedoch mit "nur" 4.000 Toten und 350.000 Verletzten p.a. durch "Freie Fahrt für freie Bürger"

      • @Thomas Elias:

        Es wäre mir neu, dass 4000 Verkehrstote und 350000 Verletzte das Ergebnis von knapp 30% deutschem Autobahnnetz ohne Tempolimit sind.

  • Ich denke auch, dass diese Reform aus taktischer Sicht für Trump zum richtigen Zeitpunkt kommt. Bis wieder gewählt wird, vor allem bis zur nächsten Präsidentschaftswahl, ist es noch lange hin. Bis dahin wird er schon von dieser Reform, ablenken können.

  • Bei der Beschreibung als "taktischer Volltrottel" könnte man Zweifel anmelden. Zwar ist es richtig, dass, Stand jetzt, die Demokraten Stimmengewinne erwarten können. Anderseits könnte das Programmpaket weiter die Börse beflügeln, damit auch die Pensionsfonds und die Steuererleichterungen - ausser in den Dem Staaten - könnten für die Leute ausreichen. Je nach wirtschaftlicher Entwicklung, könnte es so für ihn kurzfristig gut ausgehen, vielleicht sogar über die nächste Präsiwahl. Dann wird es allerdings umso härter zuschlagen, wenn dann die Steuererleichterungen für Kleine wieder wegfallen, wenn das Defizit voll durchschlägt.

    Also, eher ein "strategischer Volltrottel". Aber welcher Poiliter denkt schon über die nächste Wahl hinaus?

    • @fly:

      Ja, ich halte Ihr Szenario auch für wahrscheinlicher.

      Das Strohfeuer Konsum wird mind. ein Jahr (midterms) bis drei Jahre lodern. Aktienboom bei gleichzeitig 60% Aktionären in der US Bevölkerung tun ihr übriges.

      Clever gemacht, denn das sad desaster kommt dann ggf. erst bei seiner zweiten Amtszeit. Bis dahin sind aus seiner Sicht genug andere Schuldige identifiziert.

      • @Tom Farmer:

        Ein Präsident ist nicht dazu da Macht aus zu üben, sonder von ihr abzulenken.

        Haben wir vielleicht nur die "Taktik" dahinter noch nicht kapiert ???