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Ende der Vorratsdatenspeicherung?Noch ein Knackpunkt für Jamaika

Die Jamaika-Sondierer schmieden einen „Pakt für den Rechtsstaat“. Ihr Hauptproblem bleibt: die Vorratsdatenspeicherung.

Darf anlasslos gespeichert werden oder nicht? Jamaika streitet sich Foto: dpa

BERLIN taz | Die Liste der Problemthemen der Jamaika-Sondierer ist um einen Punkt reicher. Am Dienstag scheiterten die Verhandler von Union, Grünen und FDP auch an einem Kompromiss in puncto Vorratsdatenspeicherung. Von einem „hart streitigen Punkt“ ist die Rede.

Bereits jetzt schiebt das mögliche Jamaika-Bündnis mehrere Großkonflikte vor sich her, darunter die Asyl-, Klima- und Europapolitik. Am Dienstag trafen sich die Parteien zu einer weiteren Sondierungsrunde. Die Zeit drängt: Bis Freitag soll ein gemeinsames Papier stehen, ob Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden – oder nicht.

Nachts zuvor sollen alle noch strittigen Themen abgeräumt werden. Dazu gesellt sich nun auch die Vorratsdatenspeicherung. Bei keinem anderen Thema im Bereich innere Sicherheit prallten die Verhandler so diametral aufeinander. Die Union beharrt darauf, Kommunikationsdaten massenhaft zu speichern – wer telefonierte wann mit wem wie lange oder schrieb sich SMS? Für die Union ein zentrales Werkzeug im Kampf gegen Kriminalität und Terror. Für Grüne und FDP ist es hingegen ein „nicht zu rechtfertigender“ Eingriff in die Bürgerrechte. Beide Parteien klagen derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen.

Auch drei Stunden Sondierungen am Dienstag brachten keinen Kompromiss. FDP und Grüne drängen auf eine nur „anlassbezogene“ Datenspeicherung. So sollen nicht Verbindungsdaten generell erfasst werden, sondern nur die eines bestimmten Personenkreises, wenn es einen konkreten Verdacht gibt. Möglich wären auch eingegrenzte Orte und Zeitpunkte, wie etwa das G20-Treffen in Hamburg. Die Union aber bleibt bisher hart.

„Massive Probleme“

Grüne und FDP üben nun harte Kritik. Es gehe um „das zentrale Rechtsstaatsthema der letzten Jahre“, sagt Grünen-Verhandler Konstantin von Notz. „Dass es bei der Vorratsdatenspeicherung bislang keine Einigung gibt, ist sehr ärgerlich und birgt die Gefahr massiver Probleme und großen Streits in den nächsten Jahren.“ Auch FDP-Sondierer Stephan Thomae benennt die Vorratsdatenspeicherung als „für uns sehr wichtigen Punkt“. Prominente Parteinamen seien mit dem Widerstand dagegen verbunden. „Das ist kein Nebenkriegsschauplatz.“

Die Maßnahme ist bereits seit Jahren hoch umstritten. Nach gerichtlichen Niederlagen hatte die Große Koalition die Vorratsdatenspeicherung 2015 wiedereingeführt. Zehn Wochen sollen nun eigentlich Telefonverbindungsdaten gespeichert werden, die Standortdaten von Handygesprächen für vier Wochen aufbewahrt werden. Umgesetzt wird das indes nicht: Ende Juni hatte die Bundesnetzagentur die Vorratsdatenspeicherung drei Tage vor dem Start ausgesetzt, nachdem das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die anlasslose Speicherung als unvereinbar mit EU-Recht bezeichnet hatte.

Das birgt die Gefahr großen Streits in den nächsten Jahren

Konstantin von Notz, Grüne

In ihren Sondierungen schmiedeten die Jamaika-Parteien nach taz-Informationen inzwischen einen „Pakt für den Rechtsstaat“. Mehr Stellen für Polizei und Justiz soll es demnach geben. Für die Kontrolle der Nachrichtendienste soll die „G10-Kommission“ des Bundestags gestärkt werden. Erstmals soll es ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern geben, die Missstände in Konzernen aufdecken. „Wir wollen die bestmögliche Sicherheit für unser Land und bürgerliche Freiheitsrechte in eine neue Balance bringen“, heißt es im Sondierungspapier.

Bereits zuvor hatten sich Union, Grüne und FDP auf eine Zentralisierung der Sicherheitspolitik geeinigt. Die Abwehr von Cyberangriffen soll bundesweit geregelt werden. Auch sollen die gemeinsamen Extremismus- und Terrorabwehrzentren von Bund und Ländern gestärkt werden: Dort sollen nicht mehr nur Informationen ausgetauscht, sondern auch „verbindliche Absprachen“ getroffen werden. Beim Verfassungsschutz soll zudem das Bundesamt die Möglichkeit bekommen, Landesämter zu übernehmen – „auf freiwilliger Basis“.

„Grundlegend“ neu soll auch das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ gefasst werden. Dies war gerade erst eingeführt worden, um soziale Netzwerke zu verpflichten, strafbare Internetpostings schneller zu löschen. Die FDP kritisiert eine „Zensurbürokratie“. Auskunftsansprüche von Betroffenen oder die Pflicht der Anbieter, einen Ansprechpartner für Behörden zu benennen, sollen nun erhalten bleiben. Weiteres aber, so heißt es, stehe zur Disposition.

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5 Kommentare

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  • Am Ende werden die Probleme keine Probleme mehr sein.

     

    Egal wer hiner was steht, was ablehnt und wie groß die Unterschiede sind. Letzendlich wird es Koalitionsverhandlungen und eine schwarz-schwarz-schwarz-schwarz-geld-sehrhellgrüne Regierung geben...

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Pakt für den Rechtsstaat", mit der Betonung auf 'Rechts'.

    Ich habe den Eindruck, die Grünen werfen alles, was Merkel und der CDU/CSU/FDP nicht zusagt, über Bord, nur um im Bund regieren zu können.

  • Na Servus.

     

    "Die Jamaika-Sondierer schmieden einen „Pakt für den Rechtsstaat“. Ihr Hauptproblem bleibt: die Vorratsdatenspeicherung"

     

    Na da kann einem ja auch ohne Knackpunkt - Angst&Bange werden!

    Si'cher dat. Da mähtste nix. Normal.

    Vereinigte Staatliche Gefährder.

    &

    exIM Mielke auf Rädern van Zéro noir

    Als BT.-Zeremonienmeister.

     

    Na Mahlzeit.

     

    have a look at ~> http://www.zeit.de/2007/33/Schaeubles_Nachtlektuere https://amp.welt.de/amp/welt_print/article1418727/Schaeubles-schauderhafte-Nachtlektuere.html

    Von unserem FrozenThomas

    "…das Glasauge blickte menschlicher Mal ganz ab!" Newahr.

  • Auch bezüglich der Vorratsdatenspeicherung ist so ziemlich alles am wirklichen Problem vorbeigeredet - per Weglassung.

     

    Es geht nicht nur um Internetkram und Telefonate. Es geht um Kameras und sonstige Erfassungsgeräte, die sich überall befinden, im öffentlichen Raum, in Supermärkten, Tankstellen, Bahnen, Bussen und wer weiß wo sonst noch. Und es geht auch um die unüberschaubar vielen Datenbanken, die vollautomatisch nahezu jedes und alles miteinander abgleichen, ergänzen, hochrechnen und daraus Profile erstellen, die eine bunte Mischung auch zutreffenden Infos und Kaffeesatzleserei sind.

     

    Man beachte die auffällig "unauffälligen" entlarvenden Spuren. Kriminalitätsbekämpfung tut Not. Doch das, was dabei zunehmend gehäuft als Fahndungshilfsmittel zum Vorschein kommt, sind u. a. auch "rein zufällig entdeckte" Videoaufnahmen aus öffentlichen Verkehrsmitteln, Supermärkten, Aufzeichnungen aus Verkehrsüberwachungen und ... und ... und ....

     

    Interessant ist dabei, daß derartige angeblich neu entdeckte Aufzeichnungen teilweise schon viele Jahre alt sind, also zu einem Zeitpunkt entstanden sind, in dem derartige Aufnahmen noch streng verboten waren und/oder schon längst hätten gelöscht sein müssen - und alle diese Dinge landen dann stets passgenau beim BKA und/oder anderen Behörden, zwangsläufig einschließlich der dabei mit aufgezeichneten unbeteiligten Personen.

     

    Angesichts solcher Dinge lediglich ein paar Sachen zu diskutieren, die zwar brisant sind, aber im Vergleich zum verschwiegenen Rest doch nur Banalitäten sind, ist ein Maximum entweder an Blauäugigkeit/Denkunfähigkeit oder aber ein haltet-den-Dieb-Geschrei, um von sich selbst abzulenken.

     

    An anderen Stellen versage jedoch die methoden komplett. Korruption, Seilschaftenbildung, Unterwanderung der Politik, Steuergeldverschiebung ..., warum wohl?

     

    Wir brauchen keinen Kampf um die Erhaltung des Rechtsstaats, sondern wir brauchen Intensivmaßnahmen, damit auch Deutschland irgendwann ein Rechtsstaat wird.

  • Es wird mit jedem Tag klarer, dass es Jamaika nur ohne Bayern geben kann, ohne Seehofer, Söder, Dobrindt. Weißblau passt nicht zu Schwarzgelbgrün. Für die Grünen muss gelten: Regieren ist Mist, wenn nichts Grünes dabei herauskommt.

     

    Nach der Wahlkatastrophe wäre auch eine CDU-FDP Minderheitsregierung möglich, die in den ersten zwei Jahren nur jene Programmatik umsetzt, die von Teilen der Opposition halbwegs und gegen die AfD mitgetragen werden könnte. Dann wird neu gewählt. Die Angststarre in diesem Land kann nur durch Bewegung und Konfliktfähigkeit aufgelöst werden: Ein permanenter Krisenmodus könnte Nähe zu jenen Nachbarn schaffen, die das wie Südeuropa seit der Finanzkrise erleben, in Frankreich die alte politische Klasse begraben haben, in Rumänien gegen die korrupte PSD und in Polen gegen die Übernahme der Justiz auf die Straße gehen.

    Durch Nachgeben bei Rechtsstaatsthemen wie bei der Abschaltung der Kohlekraftwerke und dem Einhalten der CO2 Ziele für 2020 würde die grüne Partei jede Existenzberechtigung verlieren. Weil die anderen Parteien auf diesem Gebiet jahrzehntelang versagt haben (wobei zuletzt Hendricks gegen Gabriel in Schutz genommen werden muss), kommt es auf die Grünen an.