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Kolumne NachbarnWas machst du gerade?

Auf der Suche nach Lebenszeichen meiner Freunde in Damaskus, fragt Facebook, was ich so treibe. Ich erzähle ihm von Damaskus.

Ein Autowrack in Damaskus Foto: SANA/dpa

D em Mitbewohner oder besser dem neugierigen Nachbarn gab ich die Gelegenheit, in mein Privatleben einzudringen, nachdem ich ihm das Passwort dazu gegeben hatte. Er fragte mich: „Was machst du gerade?“

Es ist, mein lieber Freund, schon 22.40 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Denkst du, jetzt sei die passende Zeit, dir nach einem langen Arbeitstag zu erzählen, was ich gerade treibe? Ich habe jetzt keine Lust zu reden. Ich durchforste deine Seiten mit einem einzigen Ziel: Ich suche auf Facebook nach Lebenszeichen von Freunden, die noch in Damaskus leben. Dabei suche ich lieber hier, um die Freunde mit meinem Schmarotzerverhalten nicht auch noch zu belästigen.

Ich denke an die Krähe

Inzwischen sind schon zwanzig Minuten vergangen, doch noch immer sticht mir deine Frage ins Auge: Was machst du gerade? Na gut! Glaubst du mir, dass ich an die Krähe von heute Morgen an der Spree denke, die ziemlich tief auf der Höhe meines Fahrrads neben mir herflog? Es schien, als flöge sie auf meinem Weg zur Arbeit mit mir um die Wette.

Aber nicht nur das. Ich denke nämlich auch an den schwarzen Hund, der sich von der Leine in der Hand seines Herrchens löste und hinter der Krähe herrannte. Die Krähe flog weiter neben mir her, und der Hund wollte womöglich nur spielen. Die Krähe verstand das und flatterte weiter im Tiefflug dicht vor dem Hund am Wasser entlang.

Als der Hund mich einholte und auf einer Höhe mit mir rannte, flog die Krähe vor uns beiden her. Ich musste kräftig in die Pedale treten, um mit dem Hund Schritt zu halten, der inzwischen die Nase etwas vorn hatte. Als der Hunde merkte, dass er zwar mich schlagen konnte, aber keine Chance gegen die Krähe hatte, blieb er stehen, drehte um und tappte mit hängenden Ohren und eingezogenem Schwanz zu seinem Herrchen zurück.

Meine Erinnerung führt mich nach Damaskus

Ich weiß nicht, warum mich dieses Erlebnis meine Erinnerungen nach Damaskus führte. Ich muss es auch gar nicht erklären. Mich führt offensichtlich alles nach Damaskus. Und Damaskus führt mich stets zu meinen Freunden, die trotz der schwierigen Lebensumstände im Krieg noch immer dort ausharren.

Einst sagte mir ein Freund: „Die altvertrauten Straßenhunde der Altstadtgassen von Damaskus sind verschwunden. Die Hunde, die den Hunger überlebten, wurden später von den Soldaten an den Sicherheitssperren erschossen. Tagsüber beeinträchtigen die Sperren und die Soldaten den Alltag der Bewohner, wenn sie von A nach B wollen, und nachts wird sogar auf Hunde und Katzen geschossen.“

Daran dachte ich, Facebook, bevor ich meinen Rechner hochfuhr. Bist du jetzt glücklich und ist deine Neugierde damit befriedigt?

Aus dem Arabischen von Mustafa Al-Slaiman

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Kefah Ali Deeb
Kefah Ali Deeb wurde 1982 in Latakia, Syrien, geboren und ist 2014 nach Berlin geflohen. Sie ist bildende Künstlerin, Aktivistin und Kinderbuchautorin, außerdem Mitglied des National Coordination Committee for Democratic Change in Syrien.  
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