piwik no script img

Nachruf auf Rumäniens letzten KönigDer „Russenknecht“ ist tot

Michai erlag mit 96 Jahren einem Krebsleiden. Trotz normalisierter Beziehungen nach der Wende wurde er in Rumänien häufig angefeindet.

Ex-König Michai bei einem seiner letzten Auftritte in Bukarest Foto: dpa

Berlin taz | Der frühere rumänische König Mihai aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen ist im Alter von 96 Jahren im Schweizer Ort Aubonne an den Folgen einer schweren Krebserkrankung gestorben. Mihai wurde am 30. Dezember 1947 von den kommunistischen Behörden, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Rumänien mit Hilfe der Sowjets an die Macht gekommen waren, zur Abdankung gezwungen.

Als junger Monarch hatte Mihai am 23. August 1944 einen wesentlichen Beitrag beim Sturz des faschistischen Militärdiktators und Hitlerverbündeten Ion Antonescu geleistet. Antonescu beteiligte sich mit Deutschland am Überfall auf die Sowjetunion und ist für den Mord an mehr als 300.000 rumänischen und ukrainischen Juden verantwortlich.

Zusammen mit den historischen Parteien, der Bauern- und Liberalen Partei, sowie der sozialdemokratischen und kommunistischen Partei, veranlasste Mihai die Verhaftung Antonescus und dessen Helfershelfern, die 1946 als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt wurden. Rumänien, das bis dahin den faschistischen Achsenmächten angehörte, wechselte die Fronten und schloss sich den Alliierten an.

Höchste sowjetische Auszeichnung

Mihai, der 1940 den Thron bestiegen hatte, erhielt für seine Verdienste die höchste sowjetische Militärauszeichnung, den Orden Pobeda. Aus diesem Grund wurde er von der prokommunistischen und –sowjetischen Regierung von 1944 bis 1947 weiter als rumänisches Staatsoberhaupt toleriert. Ab 1948 lebte Mihai zuerst in England, danach im Schweizer Exil, in Versoix. An bestimmten Feiertagen wandte er sich über westliche Rundfunksender regelmäßig mit Botschaften an seine Landsleute.

In den ersten Jahren nach der Wende von 1989 wurde ihm die Einreise in seine Heimat verweigert. Mehrere Organisationen plädierten damals für die Wiedereinführung der Monarchie. 1997 erhielt er seine aberkannte Staatsbürgerschaft wieder zurück und konnte Rumänien ohne Einschränkungen besuchen.

Anfang der 2000-er Jahre wurde ihm und seiner Familie auch ein Teil des beschlagnahmten Besitzes zurückerstattet. Seither residierte er in einem Schloss in Bukarest, gab aber seinen Wohnsitz in der Schweiz nie auf.

Symbolischer Aussöhnungsakt

Eine im Oktober 2011 gehaltene Ansprache im rumänischen Parlament wurde als ein symbolischer Aussöhnungsakt zwischen Republikanern und Monarchisten angesehen. Trotz dieser normalisierten Beziehungen zwischen dem früheren König und dem postkommunistischen Staat, kam es immer wieder zu Anfeindungen. Ex-Präsident Traian Băsescu bezeichnete Mihai im Juli 2011 als einen „Russenknecht“ und „Verräter“.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte der frühere Bürgermeister von Klausenburg und ultranationalistische Politiker der Großrumänien-Partei (PRM), Gheorghe Funar, einen Artikel, in dem er Mihai als Abkömmling jüdischer Vorfahren beschimpfte, die über Rumänien nur Unglück gebracht hatten.

Der Tod von Mihai wurde in Rumänien mit Bestürzung und Trauer aufgenommen. Präsident Klaus Johannis bezeichnete Mihai als „eine der großen Persönlichkeiten Rumäniens“. Zur Erinnerung an den verstorbenen König, schlug die Bukarester Oberbürgermeisterin vor, den zentralen Victoria-Platz in König-Mihai-Platz umzubenennen.

Die rumänischen Behörden planen offizielle Trauerzeremonien und die Ausrufung einer Staatstrauer. Der Leichnam Mihais wird in den nächsten Tagen nach Rumänien überführt und dann in neben seinen Vorfahren in Curtea de Arges beerdigt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Carte de Arges? Curtea de Argeș meinen Sie wohl.