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Korruption in der PolitikRumänien bremst Justiz

Das rumänische Parlament hat zwei Gesetze gebilligt, die Korruption Vorschub leisten könnten. Die Opposition wird behindert, Bürger demonstrieren.

Demonstrant vor dem Parlamentsgebäude in Bukarest am 26. November 2017 Foto: dpa

Bukarest dpa | Trotz massiver Proteste, Kritik von Experten sowie Warnungen der EU und der USA hat das Abgeordnetenhaus (untere Kammer) in Rumäniens Hauptstadt Bukarest am Montag zwei Gesetzesprojekte gebilligt, die die Justiz bremsen und korruptionsverdächtigen Politikern Vorteile verschaffen. Nun muss noch der Senat (das Oberhaus) diese Gesetze beschließen, dann benötigen diese nur noch eine Unterschrift des Staatschefs, um in Kraft treten zu können. Vor dem Parlament versammelten sich am Montagabend erneut Demonstranten, um gegen die Gesetze zu protestieren.

Einer der umstrittenen Gesetzesentwürfe, die die regierenden Sozialdemokraten (PSD) und Liberalen (ALDE) eingebracht haben, regelt den Status der Richter und Staatsanwälte neu. Kritisiert wird daran vor allem, dass Richter und Staatsanwälte mit ihrem persönlichen Vermögen für Justizirrtümer zur Haftung verpflichtet werden. Dies wird als Einschüchterung der Strafverfolger und der Gerichte gewertet. Bislang haftet für Justizirrtümer nur der Staat. Ob Richter oder Ankläger zur Kasse gebeten werden, lässt eine Kann-Regelung offen.

Beschlossen wurde zudem, dass Parlamentarier, die sich wegen Interessenkonflikten verantworten müssen, die von der Integritätsbehörde ANI zwischen 2007 und 2013 festgestellt wurden, nicht mehr bestraft werden. Dies bedeute eine „Massen-Reinwaschung“ vieler Abgeordneter und Senatoren, hieß es aus der bürgerlichen Oppositionspartei PNL.

Die Opposition beklagte zudem, dass die Regierungsparteien diese Gesetze mit unfairen Methoden durchgepeitscht hätten. PSD und ALDE hätten zu wichtigen Punkten Hunderte Änderungsanträge im Paket über Nacht eingebracht, um zu verhindern, dass die Opposition Zeit hat, diese überhaupt zu lesen.

Bereits Ende November hatten Zehntausende gegen die geplanten Gesetze und Korruption demonstriert. Im Oktober waren drei Minister wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten.

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2 Kommentare

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  • Entwicklung ist übel, Nacht-und-Nebel-Aktion trieft von Autoritarismus und das soviel ohne Draufsicht der Opposition (wie auch in Polen) geht, sollte eine Negativ-Sensation sein.

     

    Dennoch: Einer der Ansätze ist zumindest als Grundsatzfrage von Belang, gerade da rum. Sicherheitsdienste der aktuellen Opposition evtl. 'too close for comfort' stehen: Braucht es den zweiten Justizzweig über die Antikorruptionsbehörde noch oder steigt die Fallzahl unbegründeter Hexenjagden? (plus Zwang für journ. Unternehmen zu kooperieren und V-Männer "anzustellen")

  • Die Entwicklungen in Rumänien sind schlecht - keine Frage. Wir sollten jedoch von unserem hohen Ross herunterkommen. Die Korruption hat Deutschland fest im Griff. Nicht im Kleinen. Die einfachen Beamten sind kaum bestechlich und dass jemand auf dem Amt Bakschisch zahlen müsste, ist unüblich und wird auch - wenn dies passiert - konsequent strafrechtlich verfolgt.

    Die Korruption existiert in Deutschland auf der höheren Ebene. Sie ist da so sehr etabliert, dass sie gar nicht mehr als solche wahrgenommen wird. Es beginnt bei den schwarzen Kassen Kohls, die ohne strafrechtliche Folgen blieben und sogar dazu führten, dass der Schwarzgeldträger Schäuble Finanzminister wurde. Es geht weiter über die verschiedenen Industrien, die sich Abgeordnete und Parteien kaufen, im Bundeskanzlerinamt ein- und ausgehen, im Parlament Hausausweise haben, in den Ministerien als parteiische "Leihbeamte" sitzen und der Regierung die Gesetzesentwürfe diskutieren. Es hört auch in Europa nicht auf. Dort werden Abkommen nicht von den Parlamentariern sondern der Industrie verhandelt. Das Parlament darf nur noch zustimmen, hat aber kein Recht Änderungen zu bewirken. Die Geheimdienste sind ebenfalls unkontrolliert. Sie unterstützen mit kriminellen V-Leuten Terroranschläge. Die Bundesregierung vertuscht und die Staatsanwaltschaft übt sich in Strafvereitelung statt in Strafverfolgung.

    Man fragt sich, wie ist das möglich? Haben wir nicht einen Rechtstaat? Sind vor Gericht nicht alle gleich? Vor Gericht schon - wer aber überhaupt vor Gericht kommt, entscheidet bei uns die Regierung. Sie weist die Staatsanwaltschaft an, wer verfolgt wie ernsthaft verfolgt werden soll.

    Das lässt sich ändern. Unterstützt die Petition für eine unabhängige Staatsanwaltschaft: https://www.change.org/p/parlament-einf%C3%BChrung-einer-unabh%C3%A4ngigen-staatswanwaltschaft-in-deutschland?recruiter=24880619&utm_source=share_petition&utm_medium=copylink&utm_campaign=share_page&utm_term=triggered