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Kolumne Die CouchreporterAtmosphäre und Sex statt Handlung

„The Deuce“ erzählt vom Aufstieg der Pornoindustrie im New York der 1970er-Jahre. Die Handlung steht dabei nicht im Vordergrund.

James Franco in einer Doppelrolle: hier als netter Barkeeper Foto: HBO

W as waren das für Zeiten, als die Städte noch so schön räudig und verdreckt waren und auch der Sex noch so richtig schmutzig. Viele Bücher und Filme sind in den vergangenen Jahren erschienen, die das (West-)Berlin der 1970er und 80er Jahre abfeiern. In Oskar ­Roehlers „Mein Leben als Affenarsch“/„Tod den Hippies! Es lebe der Punk“ verdient sich der Held sein Geld, indem er in einer Peepshow am Zoo die Spermafluten von den Scheiben wischt.

Das war wohl noch vor diesem drastischen Rückgang der Spermienanzahl der Männer. So etwas sieht man auch in der HBO-Serie „The Deuce“, bei einem Pornodreh der Prostituierten Candy (Maggie Gyllenhaal). Es stellt sich dann heraus, dass hier mit kalter Kartoffelsuppe aus Konservendosen getrickst wird.

Forty-deuce war einmal Slang für die Peepshows in der 42nd Street in Manhattan, als es sie noch gab. Seit dem Film „A Most Violent Year“ wissen wir, dass New Yorks Niedergang zur Gewaltmetropole Nummer eins seinen, nun ja, Höhepunkt 1981 erreichte. Fünf Jahre nachdem „Taxi Driver“ De Niro die schöne Cybill Shepherd beim ersten Date mit ins Pornokino nehmen wollte.

„The Deuce“ soll jetzt also (in acht Folgen – zweite Staffel aber schon bestellt) vom Aufstieg der Pornoindustrie erzählen. Auf dem Asphalt liegt dekorativ der dampfende Müll. Die Frauen tragen kurze Röcke, wenn überhaupt, und die Männer breite Pornobalken. James Franco in einer Doppelrolle als netter Barkeeper und dessen zockender Zwillingsbruder. Wegen der breiten Pornobalken muss man schon genau hingucken, um sie zu unterscheiden.

Atmosphäre, Dialog, Musik, Prostituiere, Autos und Sex

Das Beste an der Serie: Die Macher scheren sich wenig darum, eine Handlung voranzutreiben. Die Macher David Simon, George Pelecanos und Richard Price haben alle an der Überserie „The Wire“ geschrieben; Simon auch an „Show Me A Hero“ und Price an „The Night Of“. Statt Handlung also: Atmosphäre. Dialoge. Musik. Prostituierte. Autos. Pimps. Cops. Mafiosi. Eine Journalistin, die aussieht wie Angela Davis. Eine Studentin, die ihr Studium schmeißt, und Sex natürlich.

Auf Arte lief bereits eine Doku über das wirklich allerletzte Pornokino in Manhattan und Berlin duldet am Zoo nicht einmal mehr Beate Uhse. Sexshops sind heute umweltfreundlich und vegan wie der am Mehringdamm: „Bring deine Mutter mit.“ So weit ist es gekommen. Da hilft nur noch die nächste Folge: „The Deuce“.

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