piwik no script img

Die WahrheitWerden Promis bespitzelt?

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: In Aotearoa posieren Stars gern vor unberührten Landschaften. Die einheimischen Stars aber zeigen ganz andere Bilder.

W ir sind nicht Hollywood, wir sind nicht Cannes, und auch in der Gala kommen wir selten vor. Dabei tauchen hier genug Stars auf, die dem kleinen Aotearoa etwas internationalen Schein und Schleim verleihen. Besser als jede Werbung sind all die Promis, die dank Reiselust und Dreharbeiten im Land der Hobbits und Schafe auftauchen. Tom, Reese & Co. – haere mai, wir grüßen euch!

Michelle Monaghan postete letztens 21 Instagram-Bilder von ihrem Urlaub. Man sieht sie nicht nur mit Schäfchen auf dem Arm, sondern vor dem ultimativen Absturz: einem Bungy-Sprung! Schöner wurde noch nie mit Todesmut in eine Kamera gelächelt. Reese Witherspoon, die im April mit Oprah Winfrey für eine Disney-Produktion nach Neuseeland kam, lag mit 20 Instagram-Posts nur knapp dahinter. Es sei „das beste Land, in dem ich je gearbeitet habe“. Dafür einen Nasenkuss! Im Juni folgte Tom Cruise, der den sechsten Teil von „Mission: Impossible“ in der gleichen Kulisse drehte, die ihm schon für „Der letzte Samurai“ gefiel. TomKat waren damals total verzaubert vom Wakatipu-See.

So viele gute Vibes hat es seit dem Hype um „Herr der Ringe“ nicht mehr gegeben. Als die Filmtrilogie anlief, war Social Media noch nicht das, was es heute ist, und Marketingkampagnen wie „100 % Pure Middle-Earth“ verkauften das Tolkien-Reich als letztes Paradies auf Erden. Hundertprozentig pur ist es dagegen schon lange nicht mehr: Flüsse und Seen kippen gerade um, weil zu viel Gülle ins Wasser läuft. Das Land der guten Milch und Butter hat ein Ökoproblem. Heute könnte Frodo aus kaum einem Bach mehr trinken.

Aber wen juckt das, solange alles so grün aussieht. Rund 12 Prozent aller Touristen, die nach Queenstown kommen, wollen sich dort Drehorte von „Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ anschauen. Tourism New Zealand errechnete im letzten Jahr, dass sich 292.000 internationale Besucher allein wegen der Hobbit-Trilogie fürs Land interessierten. Seit ein paar Jahren kommt als lokales Zugpferd auch noch „Top of the Lake“ dazu, die geniale Miniserie von Jane Campion.

Und was ist mit den Stars, die hier leben und nicht nur auf Besuch sind? Die posten ganz andere Bilder. So wie Lucy Lawless, einst Kriegerprinzession Xenia und so was wie unser Mädchen in Hollywood, falls Keisha Castle-Hughes mal gerade frei hat. Lawless ist seit Langem Greenpeace-Aktivistin und ließ sich in der Barentssee mit einem Poster ablichten, um dort gegen Ölbohrungen zu protestieren.

Im letzten Monat erfuhr Greenpeace in Neuseeland, dass sie im Auftrag der Firmen Statoil und Anadarko bespitzelt wurden. Zuvor waren Mitglieder verhaftet worden, die vor einem Schiff der Ölgesellschaft ins arktische Wasser gesprungen waren. Lucy Lawless befürchtet, dass sie sogar zu Elternabenden und Treffen mit Freunden verfolgt wurde. Aber sie lässt sich von Privatdetektiven nicht einschüchtern: „Meine Güte, wenn Statoil wissen will, wo ich mich aufhalte, brauchen sie mir nur auf Twitter zu folgen.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Zitat: „Meine Güte, wenn Statoil wissen will, wo ich mich aufhalte, brauchen sie mir nur auf Twitter zu folgen.“

     

    Ich fürchte, das wäre nicht da selbe. Man will sich ja doch als Herr der (Augen-)Ringe fühlen, wenn man schon hasst. Man will sich dann meistens beweisen, dass man alles menschenmögliche - und einiges menschenunmögliche dazu - getan hat für die eigne Sicherheit. Man will Macht demonstrieren, die man gefühlt nicht (mehr) sicher zu haben meint, will wenigstens einer Armee von Dedektiven gebieten können, wenn man schon keiner Troll-Armee befehlen kann. Einfach auf Twitter zu gehen, wäre zu leicht. Und gleichzeitig zu schwer. Schließlich: Wer schafft es schon, darauf zu vertrauen, dass er von seinen Feinden nicht belogen und betrogen wird?

     

    Nein, die Statoil-Chefs sind keine Fans. Dazu sind sie einfach zu direkt betroffen von den Aktionen der wasserspringenden TV-Helden.