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Kommentar Steigender ButterpreisDas Kartell ist überall

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Milch ist knapp, Butter wird teurer, kostet in Discountern aber gleich viel. Ein Preiskampf zwischen den Konzernen wäre denen zu ungemütlich.

Dick Butter auf's Brot – lecker, lecker Foto: dpa

I n den Supermärkten zeigt sich ein seltsames Phänomen: Butter kostet überall fast gleich viel. In den Kühlregalen ist von Wettbewerb nichts zu sehen.

Konkret: Bei Aldi kostet das Päckchen jetzt 1,99 Euro. Denn Milch ist knapp, also wird Butter teurer. So weit, so normal. Aber es frappiert, dass die Preise in allen Supermärkten gleichzeitig anziehen – und fast deckungsgleich sind. Wo bleibt die Konkurrenz, die angeblich in einer Marktwirtschaft herrscht?

Die meisten Kunden haben sich längst daran gewöhnt, dass Benzin an jeder Tankstelle gleich viel kostet und dass es auch bei Lebensmitteln oft keinen Unterschied macht, ob man seine Tüten bei Lidl, Netto oder Aldi füllt. Die Bürger wissen instinktiv, dass ihr Leben von Kartellen durchsetzt ist. Nur die Ökonomen tun in ihren Theorien noch immer so, als sei der Wettbewerb der Normalfall – und Absprachen die Ausnahme. Stattdessen ist es genau anders herum: Das Kartell regiert.

Die Lebensmittelkonzerne agieren wie das jüngst aufgeflogene „Diesel-Kartell“, bei dem VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler in etwa 60 Arbeitsgruppen abgesprochen haben, wie sie ihre Coupés oder Abgasanlagen gestalten. Einziger Unterschied: Die Ware Butter ist technisch so einfach, dass man sich Arbeitsgruppen sparen kann. Aber implizite Absprachen gibt es genauso.

Das Kalkül der Konzerne ist schlicht: Ein Preiskampf wäre zu teuer. Für alle ist es gemütlicher, die Preise so zu gestalten, dass jedes Unternehmen sein bequemes Auskommen hat. Das Gesetz untersagt zwar Preisabsprachen, aber dieses Verbot ist leicht zu umgehen – indem man sich nicht abspricht, sondern einander „folgt“. Bei Milchprodukten hat vor allem Aldi die sogenannte „Preisführerschaft“: Steigen oder fallen dort die Preise für Butter, steigen oder fallen sie überall.

Ökonomen sollten öfters ins Kühlregal gucken, dann wären ihre Theorien nicht so weltfremd.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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8 Kommentare

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  • Auf dieses Phänomen stieß ich zufällig 2013 bei Fruchtsäften, genauer bei Traubendirektsäften. 7 verschiedene Sorten, bei 7 verschiedenen Supermärkten kosteten je Liter € 1,29! Konkret: Fruchtstern(Netto), Vitafit (Lidl), Hardthof (Tegut), Paradeiso (Penny), Trimm (Norma), Rio d’Oro (Aldi), Gut&Günstig (Edeka). Diese totale Preisgleichheit ist in der Tat dubios. Schließlich sind sowohl die Verpackungen (mal Plastik, mal Getränkekarton), als auch die Erzeuger (einer allein kann derartige Mengen garnicht produzieren) und somit auch die Lieferwege verschieden. Momentan liegt der "Einheitspreis" für dieses Produkt bei € 0,99, glaube ich. Werde morgen mal nachschauen.. ;)

    • @Weiss Ralph-M.:

      In der DDR hieß es "EVP", Endverbraucherpreis (wenn ich mich nicht irre).

  • Selten einen so flachen und inhaltsarmen Artikel gelesen.

    • @Strolch:

      nicht flach, sondern zutreffend. Die Lebensmittelindustie wird von nur wenigen dominiert, die aufgrund ihrer Marktmacht machen können was sie wollen. Damit ihnen dabei keiner in die Suppe spuckt werden halt die Preise synchronisiert. Die Erzeuger werden auch unter druck gesetzt.

    • @Strolch:

      Allerdings. Seit Jahrzehnten wird schon in VWL-Bachelor-Studiengänge auf oligopolistischen Wettbewerb und "sticky prices" (mir fällt der deutsche Begriff gerade nicht ein, pardon) eingegangen, aber Frau Herrmann rittert unentwegt gegen ihre von Strohmännern betriebenen Windmühlen. Das ist einfach nur lächerlich und angesichts immer wieder mal ganz guten Ausgangsanalysen, irgendwie auch traurig.

  • Die Butter ist sozusagen ein „gefundenes Fressen“ für alle, denen überhaupt alles nicht passt (gilt übrigens auch für andere Lebensmittel, z. B. Schweinefleisch).

    Erinnert sich noch jemand an das laute Wehklagen, als die Butter noch 1,29 € (Stand: Mai ‘17) kostete? Kein Bauer könne damit überleben!

    Ich warte nur noch auf die erste „seriöse“ Recherche, wonach sich nun Hartz4-Empfänger nicht mal mehr die Butter aufs Brot leisten können!

     

    Ich fasse zusammen: Preis ‘runter = falsch, Preis hoch = falsch, Preis konstant = vermutlich ebenfalls falsch. Na wat denn nu?

    • @Pfanni:

      Oh, den Bauern scheint es ja jetzt gerade prima zu gehen und Aldi sollten nun die Verbraucherherzen zufliegen. Aber eine Konsequenz kann lauten: Die Biobutter ist gerade nicht weit weg von der konventionellen; Mal die kaufen und wenigstens den Rindern geht´s dabei schon mal besser.

    • @Pfanni:

      haben Sie sich mal überlegt, dass das Geld der Preiserhöhung nicht unbedingt beim Erzeuger ankommt. es gibt in D bei den Lebensmitteln Dumpingpreise. Das führt verstärkt zu Exporten. Wie sonst könnte z.B. die D H-Milch auf den Philippinen billiger angeboten werden als die einheimische H-Milch?