Gute Defensive gegen Bayern: Werder nimmt Robben aus dem Spiel
Gegen die Bayern zeigt Werder eine starke Defensivleistung. Aber wieder zeigt sich, dass das ohne Entlastungsangriffe gegen diesen Gegner nicht reicht
Viel ist in den letzten Wochen über den Videobeweis in der Fußball-Bundesliga diskutiert worden. Kurz nach der Halbzeitpause des Spiels Werder Bremen gegen Bayern München trauten über 40.000 Zuschauer ihren eigenen Augen nicht. Der Stadionsprecher vermeldete die Auswechslung des Münchners Arjen Robben – doch der 33-jährige Holländer mit dem schütteren Haar stand unübersehbar weiter auf dem Platz.
Verschwörungstheoretiker könnten denken, dass der Sprecher den Gästen damit einen Hinweis geben wollte. Zehn Minuten später vollzog Carlo Ancelotti tatsächlich den gemeldeten Wechsel – und leitete damit den Sieg der Bayern ein.
Bis dahin hatten die Bremer die Münchner Angriffswellen überraschend sicher im Griff. Sie ließen die Münchner vor dem Strafraum die Bälle hin und her schieben, um auf den Abwehrflügeln umso präsenter zu sein. Die Abwehrmitte war aufgrund der von Trainer Alexander Nouri bevorzugten Dreierkette sowieso eng besetzt.
Die Massierung auf den Flügeln beraubte die Münchner ihrer stärksten Waffe: mit den Flügelpaaren bis zur Grundlinie vorzustoßen und von dort scharfe Bälle vors Tor zu spielen. Die Außen Franck Ribéry und Arjen Robben sahen sich teilweise drei Gegenspielern gegenüber. Insbesondere Robben, den es meist mit dem Ball am Fuß nach innen zieht, machte das Münchner Spiel statisch und leicht auszurechnen. So gelang es den drückend überlegenen Bayern bis zur 73. Minute nicht, einen Spieler so freizuspielen, dass man von einer zwingenden Torchance sprechen könnte. Es gab zwar brenzlige Situationen – aber die kreierten die Bremer ab Mitte der ersten Halbzeit auch, als sie sich aus der Umklammerung lösten und sich etwas weiter vorn positionierten. Bei zwei abgeblockten Schüssen von Thomas Delaney und Ludwig Augustinsson konnte man sogar von Torchancen sprechen.
Vor dem Spiel war auf Bremer Seite oft das Wort „Mut“ gefallen. Mutiger als bei der 0:1-Niederlage in Hoffenheim wollten sie sein, mehr nach vorne spielen und für Entlastung sorgen. Aber wie in Hoffenheim verlegten sie sich nach einer starken Viertelstunde vor der Pause ab dem Wiederanpfiff demütig aufs Verteidigen. Die wenigen Entlastungsangriffe prallten an den im Zweikampf schier unüberspielbaren Innenverteidigern Mats Hummels und Niklas Süle gefahrlos ab.
Wenn es eine gesicherte Erkenntnis der letzten Bundesliga-Jahre gibt, dann die, dass man gegen Bayern München nicht auf ein 0:0 spielen kann. Dafür ist allein ihre Ersatzbank zu stark, von der Ancelotti in der 64. Minute Kingsley Coman auf den rechten Flügel beorderte. Dem gelang es anders als Robben einmal, an der Grundlinie in den Rücken der Bremer Abwehr zu gelangen und ungehindert vor das Tor zu flanken, wo der bis dahin wirkungslose Robert Lewandowski einmal kurz den Fuß rauszucken ließ. Aus dem energiegeladenen Stadion wich die Spannung, als hätte jemand den Stecker gezogen – der zweite Lewandowski-Treffer kurz danach fiel fast ohne Gegenwehr.
Nach dem Spiel teilten sich die Bremer Stimmen in zwei Lager, die die Spieler nebeneinander in ihrer Brust trugen: „Wir haben hinten richtig gut kompakt gestanden“, sagte Theodor Gebre Selassie, um gleich hinterherzuschieben: „Wir müssen vorne die Bälle besser behaupten.“ Wie das hätte gehen können, zeigte in der Schlussphase der für den defensivstärkeren Jérôme Gondorf eingewechselte Florian Kainz in einigen starken Umschaltaktionen. Dennoch wird Werder bis zum Ende der Transferperiode am Donnerstag wohl noch einen zweikampfstarken Strafraum-Stürmer verpflichten.
Wie in den beiden vergangenen Halbserien startet Werder wieder mit Niederlagen gegen Topmannschaften. Die Spiele gegen Hoffenheim und München erinnerten aufgrund der gut organisierten Spielanlage an den Start der Rückrunde im Winter. Damals ließ Werder eine beeindruckende Siegesserie folgen, als es gegen die Klubs ging, die auf Augenhöhe spielen. Das ist auch jetzt wieder der Plan. Aufgehen wird er nur mit deutlich verbessertem Offensivspiel.
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