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Linksautonomes Zentrum in HamburgDas ist die Rote Flora

Nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel gibt es Forderungen nach der Schließung des linken Zentrums. Aber was ist die Flora eigentlich?

Protest gegen den G20-Gipfel vor der Roten Flora (Bild vom 5. Juli 2017) Foto: ap

Hamburg taz | Die Schließung der Roten Flora in Hamburg „wird zu prüfen sein“, sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) am Montag der Bild. Und er ist nicht der Einzige, der angesichts der Ausschreitungen im Zuge des G20-Gipfels nun das Ende des linksautonomen Zentrums fordert. Nur: Wer und was steckt eigentlich hinter der Roten Flora?

Klar ist: Das autonome Kulturzentrum im Schanzenviertel spielt eine wichtige Rolle in der linken Szene in Hamburg. Die Flora ist Deutschlands am längsten besetztes autonomes Zentrum. „Der Kasten“, wie die Flora in Szenekreisen heißt, sieht sich auch als letzte Bastion des Widerstands in einem hochgentrifizierten Viertel.

Das ehemalige Varieté-Theater ist seit 1989 besetzt und gehört seit 2014 der Stadt Hamburg. Die Lawaetz-Stiftung übernahm die Immobilie zu deren 25. Besetzungsgeburtstag in Treuhänderschaft für 820.000 Euro. Der vormalige Eigentümer, ein insolventer Immobilienbesitzer, hatte mehrmals mit dem Verkauf gedroht und damit einen Konflikt befeuert, den die SPD mit dem Kauf befriedete. Keine Hamburger Regierung wollte bisher die Krawalle riskieren, die eine Räumung zur Folge hätte.

Am Status der Besetzung hat sich seit 1989 nichts geändert. Der ehemalige Eigentümer hatte zeit seines Besitzes Hausverbot. Auch mit der Lawaetz-Stiftung gibt es keinen Mietvertrag. Die Rotflorist*innen mögen ohnehin keine Eigentumsverhältnisse. Theoretisch könnte die Stadt also jederzeit räumen.

Abgrenzung von Mai-Krawallen

Der autonomen Struktur entsprechend gibt es keine*n Chef*in. Es gibt Vollversammlungen und man stimmt sich ab, was Raumnutzung und Veranstaltungen betrifft. Darunter sind Sportgruppen, Fahrrad- und Motorradwerkstätten, eine Siebdruckwerkstatt, verschiedene Bar- und Café-Veranstaltungen, eine Vokü (Volxküche) und das Archiv der sozialen Bewegungen. Die Flora finanziert sich selbst aus Spenden und Soli­-Veranstaltungen.

Anders als häufig angenommen wird, grenzen sich die Aktivist*innen von den traditionellen Krawallen am 1. Mai gezielt ab. In den letzten Jahren setzten sie sich auch dafür ein, dass das Schanzenfest, bei dem es immer zu Konfrontationen zwischen Polizei und Krawalltourist*innen kommt, aus der Umgebung der Flora weg verlegt wird.

Die Rote Flora hatte auch am Freitag des G20-Gipfels die Türen geschlossen, als draußen die Barrikaden brannten. Nur Sanitäter*innen und Verletzte durften rein. Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt, der selbst der Ansicht ist, es sei legitim, auf gewalttätige Verhältnisse mit Gewalt zu antworten, distanzierte sich von den Gewalttaten, sie seien unpolitisch und bezögen sich nur auf sich selbst.

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8 Kommentare

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  • Mich erinnert das "Gewese" um die rote Flora ein wenig an Erdogan und die Gülen-Bewegung. Es handelt sich aus meiner Sicht in beiden Fällen um dubiose Leute, mit denen ich nichts zu tun haben möchte. An allem schuld, was ihnen vorgeworfen wird, sind sie dennoch nicht.

    Vor einer Schließung müsste klar nachgewiesen werden, welche Gewalt konkret von dort ausging. Kann den Verantwortlichen in einem rechststaatlichen Verfahren etwas nachgewieden werden, habe ich nichts gegen eine Schließung der roten Flora. Eine Vorgehensweise wie von Erdogan gegenüber der Gülen-Bewegung reicht jedoch nicht.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Vor ein paar Wochen habe ich mich mit einem Bekannten über die bevorstehenden G20 Auschreitungen unterhalten.

     

    Die Polizei wird im Vorfeld massiv provozieren und will es kontrolliert eskalieren lassen, die Krawalle werden sich irgendwann auf die Schanze konzentrieren weil; dort will die Polizei die Krawalle auch haben und dann wird man im Nachhinein versuchen, alles auf die Flora zu schieben, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

     

    So verlogen, hinterhältig wie absehbar, das Ganze.

    • @6474 (Profil gelöscht):

      „Die Polizei wird im Vorfeld massiv provozieren und will es kontrolliert eskalieren lassen, die Krawalle werden sich irgendwann auf die Schanze konzentrieren weil; dort will die Polizei die Krawalle auch haben und dann wird man im Nachhinein versuchen, alles auf die Flora zu schieben, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.“

       

      Wenn das also schon im Voraus bekannt war, dann hätte ich doch eine ganz ausgekochte Gegenstrategie empfohlen: KEINE Müllbehälter und Autos anzünden, KEINE Fensterscheiben einwerfen, KEINE Läden plündern, sondern, wie die meisten Anderen, friedlich demonstrieren!

       

      Da hätte die Polizei aber blöd aus der Wäsche geguckt!

      • @Pfanni:

        Joh, der war gut. LOL

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @Pfanni:

        "Wenn das also schon im Voraus bekannt war, dann hätte ich doch eine ganz ausgekochte Gegenstrategie empfohlen: KEINE Müllbehälter und Autos anzünden, KEINE Fensterscheiben einwerfen, KEINE Läden plündern, sondern, wie die meisten Anderen, friedlich demonstrieren!"

         

        ^^Stell dir vor, genau so habe ich mich verhalten. Da staunst du was?

         

        Es ist aber schwierig, bei hundertausend Demonstranten zu vermeiden das dort auch Idioten anreisen, die keine Verbindung zu Hamburger Linken haben, aber mal im Fernsehen gesehen haben, das man zum Krawallmachen in die Schanze geht.

         

        Noch schwieriger wird es, wenn die Polizei im Vorfeld derart provoziert, das selbst friedliche Menschen wie ich einen Hass bekommen.

         

        Und jetzt stell dir vor; selbst die schwarzgekleideten Autonomen sind keine durchstrukturierte Armee die von oben Befehle erteilt bekommen.(und die Befehlskommandozentrale sitzt in der Flora, lol)

         

        Jeder kann sich was schwarzes anziehen und Steine schmeissen und jeder andere Nachweis einer Mitverantwortung muss in einem "Rechtsstaat" gelifert werden.

         

        Das diese Krawallmacher dort ihren Krawall ungehindert veranstalten konnten, war übrigens mein Punkt.

         

        Ach egal...Interessiert dich eh nicht

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @6474 (Profil gelöscht):

      Das sehe ich auch so!

      In diesem Zusammenhang bekommt das Nichteingreifen der Polizei eine ganz andere Deutung.

      Nach den Erfahrungen mit dem politischen Spektrum, jeglicher Farbgebung, ist das keine Verschwörungstheorie.

  • 3G
    39756 (Profil gelöscht)

    Die rote Flora kaufen!!!!

    Wenn es nicht genug Leute gibt, die sich die rote Flora tausend Euro ( wieso schreib ich das eigentlich gross?) euro kosten lassen, dann hat es keinen Sinn, das es sie gibt. Macht sie Kommun. Wir kaufen das Teil- der Hammer!!!!! Was kostets ?? 800 mille. Pfff Wenn jeder 100 gibt, wird das Teil Eigentum. Los Mannn- macht das. Jetzt gleich. DAS wär eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die Rote Flora so Sinn macht . Eigentlich ganz einfach und so schön wirklich... Voll Deutsch lol.

  • Scholz + Co wollen sich überlegen, wie es mit der Roten Flora weitergeht.

    Eigentlich sollten sie doch wissen, was dort vor sich geht, da sie ja mindestens zwei verdeckte Ermittlerinnen eingeschleust haben, und zwar rechtswidrig.

    Insofern kann ihr Geschwätz diesbezüglich ja wohl nur als Ablenkungsmanöver vom Druck auf sich selbst gewertet werden.