: Ein Platz für den Breitensport
Freizeit Wie fast überall in der Stadt fehlt es auch in Pankow an Sportflächen. Der neu eröffnete Peter-Panter-Park soll nun zeigen, wie sich freie Flächen im Kiez kreativ für den Sport nutzen lassen. Noch dazu ist er der erste inklusive Sportpark Berlins
von Alina Schwermer
Zu sehen ist noch nicht viel beim ersten Besichtigungstermin im Mai. Eine Grünfläche, die man eher Wiese nennen würde als Sportplatz, zwei Tore ohne Netze, ein versteckter Korb für Frisbee-Golf. Das sichtbarste Zeichen ist der frisch gepflanzte Rasen. Trotzdem hat sich schon einiges getan hier. „Das war ein richtiger Acker“, sagt Marc Schmid. „Die Fläche lag zehn Jahre brach. Wir haben erst mal vierzig Kubikmeter Sand aufgeschüttet.“ Schmid ist beim inklusiven Sportverein Pfeffersport tätig und Projektleiter für diesen Acker, auf dem Neues entsteht. Gemeinsam mit der benachbarten Kurt-Tucholsky-Oberschule und unterstützt von über hundert Spendern eröffnet Pfeffersport hier den Peter-Panter-Park, laut Initiatoren der erste inklusive Sportpark in Berlin.
Inklusiv, das soll heißen: verknüpfend für alle. Kinder mit und ohne Handicap, mit und ohne ausländische Wurzeln, mit und ohne Sporttalent, Jungs und Mädchen, alle eben. Ab heute wird der Park verschiedenste Sportangebote für rund 400 Kinder und Jugendliche bereithalten. Vier Jahre lief die Planung, seit April 2016 wurden Spendengelder gesammelt. „Wir haben uns überlegt: Wie können wir die Themen Handicap, Mädchensport, Kiez und Migration mit einem Projekt mitnehmen?“, so Schmid. Der Peter-Panter-Park in Pankow ist die Idee, Breitensport direkt im Kiez zu verankern. Pfeffersport will hier Fußball mit Schwerpunkt auf Mädchensport und Inklusion anbieten, aber auch Trendsport wie Parcours oder Frisbee-Golf, dazu Kinder-Yoga, eine Hüpfburg, einen Soccer Court und spezielle Angebote wie Rollstuhlfußball. Kinder ab drei Jahren bis ins Teenager-Alter können mitmachen, und irgendwann sollen sogar die Eltern hier Sport treiben können.
„Wir müssen die Bewohner in den Kiezen mit einbinden“, so Schmid. Denn der Peter-Panter-Park entstand natürlich auch aus einer Mangelsituation. Wie fast der gesamte Rest der Stadt hat der Bezirk Pankow viel zu wenig Sportflächen. Nach einer Studie von 2013 fehlen Anlagen vor allem in Mitte und im Nordosten von Berlin. Pankow ist einer der Problemkieze: Laut Berliner Sportanlagenstatistik 2015 liegt der Bezirk bei der Versorgung mit Sportplätzen 24 Prozent unter dem Orientierungswert; bei der Versorgung mit Hallen 19 Prozent darunter. Der Orientierungswert, das ist die Ausstattung von 2014 zuzüglich zehn Prozent. Schon damals reichten die Anlagen nicht aus. Und nicht zuletzt war Pankow einer der Bezirke mit den meisten Hallenbelegungen durch Flüchtlinge.
Sportstättenmangel ist in ganz Berlin ein Problem. Um die Versorgungslage allein auf dem ohnehin schon schlechten Niveau von 2011 zu erhalten, bräuchte Berlin nach Angaben des Senats etwa 60 zusätzliche Großspielfelder und ungefähr 115 Hallenteile mehr. Die Verteilung von Sporthallen ist in der Stadt einigermaßen ausgewogen, weil sie oft an Schulen gebunden sind. Große Differenzen zwischen den Bezirken gibt es vor allem bei den Sportplätzen.
Pfeffersport ist Berlins größter Kinder- und Inklusionssportverein mit über 4.600 Mitgliedern. Der Verein bietet rund 50 verschiedene Sport- und Bewegungsarten an und ist unter anderem in Pankow, Kreuzberg und in Prenzlauer Berg aktiv.
Der Peter-Panter-Park ist laut Initiatoren der erste inklusive Sportpark in Berlin. Der Park wurde mithilfe von 30.000 Euro Spendengeldern in Pankow errichtet und bietet verschiedenste Sportarten für Kinder ab drei Jahren an. Die Fläche gehört der Kurt-Tucholsky-Oberschule.
„Der Mangel an Sportflächen im Kiez wird immer schlimmer“, sagt auch Schmid. „Der Bezirk hat Zuzug ohne Ende, aber die Sportstättenplanung wurde jahrzehntelang verschlafen.“ Vor allem in den zentralen Bezirken gibt es wenig Platz für neue Anlagen. Viele Sportvereine klagen außerdem über den intransparenten Vergabeschlüssel für Sportplätze und Hallenzeiten. „Man muss innovativ denken“, fordert Schmid. „Es gibt so viele Parks und Grünanlagen in Berlin. Wir müssen leer stehende Flächen besser nutzen.“ Der Peter-Panter-Park soll Vorbild sein, wie man dem Platzmangel kreativ begegnen kann. Die Fläche gehört seit Langem der Kurt-Tucholsky-Oberschule, wurde aber kaum noch genutzt. Nun wird sie erst gemeinsam in Stand gebracht, dann gemeinsam belegt: Von der Schule vormittags, von Pfeffersport ab 16 Uhr. Sportvereine und Schulen an einen Tisch setzen, Berliner Grünflächen besser nutzen – Schmid ist optimistisch, dass man das Problem so „in den Griff kriegen kann“.
Dafür wird es allerdings weiterhin viel Kreativität brauchen: Nicht immer kooperieren Schulen so gern, und Freiflächen gibt es auch nicht in Massen. Schmid fällt keine andere brachliegende Sportfläche in Pankow ein. Dafür aber viele brachliegende Flächen, die für Sport genutzt werden könnten, sagt er. Pfeffersport schätzt, dass allein in ihrem Kiez 2.000 Kinder gern Sport treiben würden, aber aufgrund des Platzmangels nicht können. Der Verein selbst hat rund 1.000 Kinder und Jugendliche auf der Warteliste. „Von Bezirk und Senat kommt bei dem Thema leider zu wenig Engagement.“ Die 30.000 Euro für den Peter-Panter-Park mussten durch Spendengelder aufgetrieben werden.
Kein Mangel an Kindern
Dabei wurde in der Gegend durchaus investiert, zumindest in Sanierung. Über das Sportanlagensanierungsprogramm (SSP) wurden in Pankow laut Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU) 2016 insgesamt 1,32 Millionen Euro ausgegeben; außerdem rund 1,4 Millionen über das Schul- und Schulsportanlagenprogramm. Hinzu kommt noch etwa eine halbe Million für Sanierungen außerhalb dieser Programme. Neubauten gab es in den letzten beiden Jahren allerdings keine. In einem ersten Schritt soll es nun einen Sportentwicklungsplan geben, um „im Rahmen der finanziellen und personellen Möglichkeiten“, so Kühne, den Sportstättenmangel besser anzugehen.
„Sie schauen zu viel auf Leistungssport“, kritisiert derweil Projektleiter Schmid. „Wir müssen darauf achten, dass wir den Breitensport und die Inklusion nicht aus den Augen verlieren.“ Der Berliner Sport sollte wieder näher an die Basis rücken – die 999 Kinder fördern statt nur das eine Toptalent.
Zwei- bis dreimal im Jahr soll es im Peter-Panter-Park ein Sportfest geben, zu dem die Anlage dem gesamten Kiez offen steht. Ansonsten muss, wer den Park außerhalb der Schulzeit nutzen will, an einem der Angebote von Pfeffersport teilnehmen. Etwa hundert Kinder, so Schmid, werde man im ersten Jahr voraussichtlich im inklusiven Park bewegen. 400 sollen es irgendwann sein. „Das Problem ist, dass man genügend Übungsleiter braucht.“ Trainermangel, noch so eine Baustelle bei vielen Vereinen. Zumindest in einer Hinsicht aber wird es keinen Mangel geben. „Kinder“, sagt Schmid, „werden wir genügend finden.“
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