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Umstrittene Konferenz in FrankfurtDeutsche pro und contra Israel

Volker Beck und der Zentralrat der Juden protestieren gegen eine Konferenz. Streitpunkt ist vor allem die Unterstützung einer Boykott-Bewegung.

Auch Volker Beck will gegen die Konferenz in Frankfurt am Main demonstrieren Foto: dpa

Berlin taz | Am Freitagabend prallen deutsche Israel­kritiker und Israelunterstützer in Frankfurt am Main aufeinander. Vor Beginn der Konferenz „50 Jahre israelische Besatzung – Unsere Verantwortung für eine friedliche Lösung des israe­lisch-palästinensischen Konflikts“ werden beide Seiten de­mons­trie­ren.

Auf der Konferenz sprechen renommierte linke israelische Historiker wie Moshe Zuckermann und Ilan Pappe sowie die frühere palästinensische Ministerin Madschida al-Masri. Veranstalter ist der „Deutsche Koordinationskreis Palästina Israel“ (Kopi). Vor einigen Wochen hatte das Frankfurter Ökohaus, in dem die Tagung stattfindet, nach Protesten der Frankfurter Jüdischen Gemeinde die Veranstaltung zunächst abgesagt. Das Frankfurter Amtsgericht entschied jedoch, dass das Ökohaus seine Räume an den Kopi vermieten muss.

Hauptkritikpunkt der Gegendemonstranten ist die Unterstützung der BDS-Kampagne durch den Kopi, also des Boykotts Israels aufgrund der Besatzungspolitik. „Die BDS-Bewegung erinnert mit ihren Boykott­aufrufen zu israelischen Waren an das ,Kauft nicht bei Juden' der Nazis“, heißt es in dem Aufruf, der unter anderem von Volker Beck (Grüne) und der Ex-Grünen Jutta Ditfurth unterschrieben ist.

Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland, das American Jewish Committee und die Prozionistische Linke Frankfurt haben sich angeschlossen. Die Kundgebung soll um 18.30 Uhr vor dem Ökohaus in der Kasseler Straße beginnen.

Schon um 17 Uhr sammeln sich Unterstützer der Konferenz am Westbahnhof. Die Gruppe „Free Palestine Frankfurt“ schreibt in ihrem Aufruf: „Wir lassen uns Antizionismus nicht verbieten.“ Seit Monaten werde von „Israel-Lobbyisten“ versucht, die Konferenz zu verhindern. Ihnen gehe es am Freitag „offenkundig darum, den „Eingang zur Veranstaltung zu blockieren. Das wollen wir nicht zulassen.“

In den letzten Monaten sind wiederholt Veranstaltungen abgesagt worden, die sich mit der israelischen Besatzungspolitik im Westjordanland beschäftigten. So wurde eine Tagung an der Evangelischen Akademie in Tutzing kurzfristig verschoben.

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26 Kommentare

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  • Wer mit einem riesigen Banner rumläuft wo drauf steht "Palästina halt's Maul" diskreditiert sich selbst - und bei sowas macht Volker Beck mit.

    • @Martha:

      Wenn Deutsche zum Boykott von Juden produzierter Waren aufrufen, stört Sie das nicht? http://www.n-tv.de/politik/Als-aus-Nachbarn-die-Juden-wurden-article11690481.html

      • @Günter:

        1.

        Zu Ihrem Link: All die Photos mit "Deutsche wehrt Euch - kauft nicht bei Juden" stammen vom 1. April 1933, nicht vom 9. November 1938 ('Reichskristallnacht'). Da sah die Sache allerdings nicht mehr so harmlos.

         

        2.

        BDS Leute sind nicht eine Art Nazis. Die Presbytarian Church of America z. B. hat im letzten Jahr beschlossen bei Firmen ihr Geld abzuziehen, die in den von Israel besetzten Gebieten arbeiten.

      • @Günter:

        @GÜNTER Wer ruft denn zum Boykott "von Juden produzierter Waren" auf?

         

        Vieles, was aus Amerika kommt, sind 'von Juden produzierte Waren' z.B. die New York Times. - Von einem Aufruf zum Boykott der NYT habe ich noch nie gehört.

         

        Ich kenne im übrigen nur eine Ware, die komplett von Juden produziert wird. Das ist koscherer Wein. Aber von einem 'koscher Wein Boykott' habe ich auch noch nie was gehört

  • Hitlers lachhaftes 'Kauft nicht bei Juden' (1. April 1933) wurde schon am Abend des ersten Tages wieder abgeblasen. - BDS ist schon jetzt erfolgreicher.

     

    Wenn man schon was mit den Nazis vergleicht, sollte man wenigstens wissen, was das war.

  • Die leider eingestellte publikative.org hatte eine wunderbare Antwort von David Greenfield verlinkt. Die auch den deutschen „Israelkritikern“ zusteht. https://publikative.org/tag/antisemitismus/page/3/

  • Ein "Boykott des BDS" wäre es, wenn die Kritiker nicht hingehen würden.

     

    Hier geht es aber um weitaus mehr, es geht um ein eher faktenfreies, emotionales Diskreditieren, Tabuisieren und letzlich um die Zensur einer politischen Problemanalyse und der daraus abgeleiteten Lösungsansätze.

     

    Niemand ist verpflichtet, irgendeinem privaten Boykottaufruf zu folgen, es gibt kene Sanktionen für jene, die das nicht wollen. Allein deshalb ist es vollkommen unangemessen, diesen Aufruf mit der staatlicherseits ausgegebenen Parole "Kauft nicht bei Juden" gleichzusetzen. Zudem werden Waren und Dienstleistungen aus einer bestimmten Region boykottiert, nicht Menschen, die hier leben, aber mit Herstellung, Transport und Handel dieser Güter nichts zu tun haben. Das macht den Vergleich mit der Repression in der Nazi-Diktatur zu einer rein politisch motivierten, faktisch aber substanzlosen Diffamierung.

     

    Aber einige finden es offenbar ganz normal, schon die Idee eines Boykotts mit gesellschaftlicher Ächtung zu belegen. So, als gäbe es die zugrundeliegende Problematik des Landraubes, der völkerrechtswidrigen Besatzung, Entrechtung und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung einfach gar nicht. Diese Strategie dient dazu, die Probleme zu leugnen oder zu marginalisieren, anstelle sich sachlich und fair mit ihnen auseinanderzusetzen, werden einfach nur pauschale und verlogene Ressentiments gegen die Befürworter eines Boykotts gepflegt und diese kriminalisiert.

    • @cursed with a brain:

      Von einem Boykott spricht die BDS.

      Ihre Form des protests wäre also einfach mal zuhause bleiben ? Zu ihrer politischen Problemanalyse und der daraus abgeleiteten Lösungsansätze wäre ich sehr gespannt.

  • "Wenn der BDS das Ende der »Kolonisation arabischen Landes« fordert, was ist gemeint? Westbank, Gaza, Ostjerusalem oder nicht eben doch das ganze Israel?"

    https://de-de.facebook.com/Jutta.Ditfurth/posts/1156499087813041

     

    "Man kann Israel, wie jeden Staat auf der Erde, von morgens bis abends kritisieren. Zum Beispiel

    so: Israel hält die Westbank völkerrechtswidrig besetzt und muss sie freigeben. Die israelische Gesellschaft ist, wie jede kapitalistische, auch rassistisch. Wer sich aber, statt zu kritisieren, antisemitisch äußert, muss damit leben, Antisemit genannt zu werden, »denn Antisemitismus ist das Gegenteil von Kritik« (Salzborn). Wer Fakten leugnet und sein Interesse zum Glauben erhebt, wird nur die eigenen Ressentiments füttern. Moderne Antisemit*innen leugnen ihren Judenhass, sie raunen und sie manipulieren die Fakten und die Geschichte."

    • @Anarchie-Jetzt:

      . . . dann hasse ich mich wohl selbst!

  • Fatal ist die Meinung, dass in Israel alles mit guten jüdischen Perspektiven funktioniert. Ich , J.P. als DEUTSCHER mit j ü d i s c h e n Wurzeln kämpfe seit meinem 17. Lebensjahr für Freiheit und Demokratie und legte mein Staatsexamen über die SS-Politik mit dem "Lebensborn" ab, der anderen Seite der NAZI-Ausrottungspolitik. Hitler war mit Himmler zusammen der grösste Verbrecher aller Zeiten. Danach kam Stalin.

    Die Verfolgung aus rassistischen Gründen wurde von allen fortschrittlichen Experten und Wissenschaftlerinnen - oft mit jüdischen Vorfahren - wie Wilhelm Reich, Rebecca Hopfner (http://privat.margarethahopfner.net/juedvorf.htm ), Noam Chomsky, Janusz Korczak und alle, die mit der Sozialwissenschaft arbeiteten - vollkommen infrage gestellt.

    Wirtschaftliche, kulturelle und geistige Errungenschaften sind von allen Völkern der Erde ausgegangen. Verbrechen und Mord wurden von allen mythologischen Glaubensrichtungen wie vom Buddhismus absolut verurteilt. Wenn Stéphane Hessel, den ich in den 80er Jahren kennen lernte, die Verfolgung der Palästinenser verurteilte, so kann nur noch die UNO für Menschenrechte und Friedenspolitik eintreten. DEUTSCHLAND ist auch als Mitglied der Staatengemeinschaft dazu gefragt und kann sich nicht hinter einem "Antisemitismus-Vorwurf" verkrümeln.

  • Hier ein sehr guter Vortrag zum Thema. https://www.youtube.com/watch?v=eNC0QxKAlWA

    • @tinn:

      Eben nicht.

      Ein wirklich guten Beitrag zum Hintergrund/Ziele der BDS findet man hier: https://youtu.be/wQF_lYviK-4

      • @Ninetto:

        Israel mit den Nazis gleichsetzen, wie ich es liebe, weil so komplett falsch ist und weil es antisemitisch ist!

  • Der künftige Ex-MdB Beck, der sehr verdienstvoll für die freie Meinungsäußerung in der Türkei kämpft, hat anscheinend ein großes Problem mit derselben, wenn es um Kritik an der Besatzungspolitik des Staates Israel in Palästina geht. Man kann ja durchaus der Ansicht sein, ein Boykottaufruf gegen Israel sei aus historischen Gründen unpassend und geschmacklos, aber als Meinunngäußerung ist der Boykottaufruf genauso legitim wie dessen Ablehnung.

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Kunz:

      Kritik ist Kritik und Boykott ist Boykott, aber Kritik ist nicht Boykott. Boykott als Kritikform zu etablieren wäre m.E. gefährlich und das ganz unabhängig vom Nahostkonflikt. Eskalationen semantisch zu verharmlosen war noch nie Teil einer erfolgreichen Konfliktlösung sondern immer nur der Versuch eine Eskalation zu legitimieren.

       

      Btw, irgendwie beschleicht mich ein fahles Gefühl wenn ich lese wie Sie "historische Gründe" mit "freier Meinungsäußerung" aufwiegen. Das gehört so nicht zusammen.

       

      Ferner ist ein Boykottaufruf keine Meinung sondern eine Aufforderung zu konkreten Handlungen. Genau das ist höchst problematisch. Die Nazi-Parole "Kauf nicht beim Juden!" war eben auch keine "Meinungsäußerung", schon gar keine die irgendwie legitim war, es war ein rassistische Handlungsanleitung.

       

      Ob der Boykottaufruf gegen Israel legitim ist, da bin ich mir selbst nicht sicher, aber um eine bloße "Meinungsäußerung" handelt es sich hier sicher nicht.

       

      Der Kopi hatte übrigens Glück, das Amtgericht verhinderte den Boykott an BDS nämlich. Wo kämen wir auch hin wenn jene die zum Boykott aufrufen ihrerseits boykotttiert würden? Ich finde es herrlich grotesk wenn der BDS sich gegen Boykott wehren muss. Ist das jetzt ein "Meinungsaustausch"?

      • @32795 (Profil gelöscht):

        Sie haben recht: Kritik und Boykott sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Und eine Aussage „Wir lassen uns Antizionismus nicht verbieten.“ ist Rassismus in Reinstform.

        Dass Israels Politik, z.B. die Siedlungspolitik sehr kritikwürdig ist, dürfte wohl unbestritten sein. Das gilt allerdings auch für die Seite der Palästinenser, die ja auch nicht Mahatma Gandhi nacheifern.

        • @Eichet:

          Irrtum, liebe® Eichet: Antizionismus kann gar kein Rassismus sein - Zionismus ist eine Denkrichtung, keine Rasse. Es stimmt zwar, daß viele Israelis Zionisten sind, aber anti-Zionismus ist noch lange keine Judenfeindlichkeit!

    • @Kunz:

      Wenn mir nun noch jemand erklären mag, weshalb ich den israelischen Erntehelfer für die Siedlungspolitik Netanjahus strafen soll - bitteschön.

       

      Als ob ich mir wegen Putin kein russisches Gebäck mehr kaufen würde. Unglaublich, welche Blüten das Schwarz-Weiß-Denken so treibt. Aber wen's glücklich macht....

    • @Kunz:

      Die Moderation: Der Kommentar wurde entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      • @danny schneider:

        "es gibt kein Volk Israel. Genetisch sind die - Verzeihung für den Ausdruck - reinrassige Pälestineser" -

         

        fast richtig, nur gibt es eigentlich keine Palästinenser - dies sind eigentlich Araber. Palästina oder die "Palästinenser" sind quasi eine Erfindung der Engländer.

      • @danny schneider:

        Hallo Danny,

        ihre Überzeugungen und Argumente in allen Ehren, aber dass sie die als widerlich bezeichnen, die eine andere Überzeugung haben, das ist der Hammer! Dann interessieren mich ihre Gründe leider nicht mehr. Wie sie mit Menschen umgehen sagt mehr aus, als welche Meinung sie vertreten.

        LG

        • @tazzelwurm:

          Vor allem wenn man bedenkt, dass die Einstellung von Danny Schneider an Fakten etwas arm, und auch im Schluss äußerst fragwürdig ist.

           

          Weder sind Juden "reinrassige" irgendwas, sondern immer genetisch vermischt mit dem Rest der Bevölkerung, mit dem sie über Jahrhunderte hinweg ihr jeweiliges Herkunftsland geteilt haben.

           

          Noch ließe sich aus der behaupteten, falschen, Nähe zu Arabern ein "Bürgerkrieg" herleiten. Wir sind doch nciht mehr im 19 Jahrhundert, in dem solcher Mist von rassisch reinen Völkern und deren Missionen und Zusammengehören noch guten Gewissens geglaubt werden darf!