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Kolumne „Minority Report“Digga, wer bist du eigentlich?

Der Überjournalist Henning Sußebach weiß ganz genau, was Rassismus ist. Deshalb klärt er uns in der „Zeit“ endlich auf.

Der Überjournalist ist eine Kartoffel Foto: joto/photocase

H enning Sußebach ist einer dieser Namen, die ich ständig höre, aber mir nie merken kann. Vielleicht weil er so unfassbar deutsch ist. Jedenfalls höre ich den Namen ständig von Kolleg*innen jüngeren Jahrgangs, die davon träumen, mit Magazinjournalismus viel Asche zu verdienen. Sie sagen, er sei „der Überjournalist“ (kann ich mir schon besser merken). Jetzt habe ich zum ersten Mal einen Text von ihm gelesen in der Zeit. Und ja, er schreibt echt okay. Für eine Kartoffel.

Das mit der Kartoffel ist wichtig. Das mit der Kartoffel ist nämlich der Kernpunkt, um den sich seine Argumentation in besagtem Text dreht. Unter der Überschrift „Wo kommst du eigentlich her?“ beschäftigt sich der Überjournalist mit der Frage, warum Menschen mit Migrationshintergrund eben diese Frage als rassistisch empfinden und kommt zu dem Schluss: weil sie keine Ahnung haben.

Ich musste den Text nicht mal zu Ende lesen, um auf diese Folgerung zu stoßen. Sie steht nämlich schon im ersten Absatz. Sinngemäß so: „ICH BIN KEIN RASSIST. ICH FRAGE WAS ICH WILL DU OPFER!“ Und so geht es zehntausend Anschläge weiter.

Natürlich gibt es triftige Gründe, die dagegen sprechen, dass der Überjournalist ein Rassist ist, und er zählt sie auf (aber in vollem Bewusstsein darüber, dass genau das der alte Rassistentrick ist! Ha! Raffiniert!). Ich dagegen habe nachgezählt, wie oft der Überjournalist in diesem einen Artikel den syrischen Flüchtling erwähnt, den er bei sich zu Hause aufgenommen hat. Fünfmal.

Dankbarer Syrer

Er hat sein Arbeitszimmer für den SYRER frei gemacht. Der SYRER ist immer dankbar, wenn man ihn fragt, woher er kommt. Weil er dann auch mal was erklären darf. Alle anderen Kanaken im Land sollen sich also bitte nicht so anstellen.

Redakteur*innen beschreiben gelungene Texte manchmal als „unerwartbar“. Ich bin auch Redakteurin, und gehöre somit zu den Kanaken, die es „geschafft“ haben, und die laut dem Überjournalisten besonders empfindlich auf seine Frage reagieren („Dönerverkäufer antworten immer“ – vielleicht weil sie dir einen Dürüm andrehen wollen?).

Und ich frage mich: Was ist erwartbarer als ein weißer Dude, der sich darüber lustig macht, dass er ein weißer Dude ist, aber trotzdem beansprucht, besser zu wissen, was verletzend oder ausgrenzend oder nervig ist, als die von Rassismus betroffenen Personen selbst, die bei seiner Frage regelmäßig kotzen müssen?

Der rebellische Überjournalist wird seine Frage natürlich weiterhin stellen, und auf diese „Sprechverbote“ in Hamburg-Ottensen scheißt er sowieso. Übrigens, for the record: Nein, die Frage ist nicht per se rassistisch. Die Annahme, uns darüber belehren zu müssen, was wir als rassistisch empfinden dürfen, ist es schon.

Dass diese Frage die tollsten Gespräche eröffne, bleibt dennoch eine einseitige Einschätzung. Der Überjournalist mag es romantisch finden, Fremde auf der Straße zu fragen, warum ihr Haar so kraus ist. Er spitzt die Ohren. Wir greifen nach der Brechtüte. Und die brennende Frage lautet irgendwann nicht mehr: Wo kommst du eigentlich her? Sondern: Digga, wer bist du eigentlich?

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Fatma Aydemir
Redakteurin
ehem. Redakteurin im Ressort taz2/Medien. Autorin der Romane "Ellbogen" (Hanser, 2017) und "Dschinns" (Hanser, 2022). Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift "Delfi" und des Essaybands "Eure Heimat ist unser Albtraum" (Ullstein, 2019).
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58 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)
  • In Bayern werde ich auch gefragt, wo ich herkomme. Ich sehe das auch eher als freundliches Interesse. Dass ich dort auffalle (Mundart) ist ja eh nicht zu ändern. Man sollte daher zu seiner Herkunft stehen.

  • "Ich frage, was ich will" ist eine Variante von "Ich sage, was ich will." - Das ist etwas, was Radikale nicht ertragen können: Freiheit.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Laurenz Kambrück:

      Dann frage ich doch einfach mal:

       

      ^^Hast du einen dicken Bauch und schonmal Sex mit der Cousine gehabt?

       

      Einfach mal so zum Einstieg ins Gespräch.

       

      Oder frage doch mal deinen Vorgesetzten, ob seine Frau für Sex mit anderen offen wäre.

      Oder den Polizisten, ob er nicht seinen Beruf verfehlt hat.

       

      Kann man ja angeblich alles fragen. In der Regel fragen die Leute nirgendwo was Sie wollen, sondern halten sich weitesgehend an gewisse grobe Anstands- und Gesprächsregeln.

       

      Was dich doch stört: das eine Migrantin Ansprüche stellt

      • @6474 (Profil gelöscht):

        "Oder den Polizisten, ob er nicht seinen Beruf verfehlt hat."

         

        Dem Polizisten sagt man traditionell das man ihn bezahlt mit den Steuern. Das mögen die am Liebsten.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Ja. Gute und wahre Replik.

  • Ich finde es durchaus problematisch, wenn sich Identitäre aus ihrer vermeintlichen Opferposition heraus der Mittel zu bedienen glauerbn müssern, die sie den "Tätern" gerne ankreiden, eine fragwürdige Standardstrategie, die wohl als tricksterische Dekonstruktion verstanden werden soll, aber leider nur Klischeesprech produziert. Es ist genauso dämlich zu glauben, man könne als Empfänger die Intention eines Sprechers eindeutig bestimmen als es ist anderen zu erklären, von was sie beleidigt zu sein haben oder nicht. Dialog heisst jemadem ernsthaft zuzuhören, statt sofort zu verurteilen und jeder Mensch der noch ein Quentchen Empathie besitzt sollte in der Lage sein einzuschätzen, ob "Wo kommst Du her?" Interesse an seiner/ihrer Geschichte signifiziert oder einen Ausgrenzungs versuch ("von hier kommst Du nicht"). Jede ernstgemeinte Frage ist eine Chance zur Kommunikation, oder? Ich kann nachvollziehen, dass es nervig sein kann mit dieser Frage etwa aufgrund der Hautfarbe laufend konfrontiert zu werden, gerade wenn man mit Rassismus aufgewachsen ist, ähnlich wie Weiße oft verletzt und empöort reagieren, wenn man sie auf ihr "white privilege" hinweist - daher fällt mir keine bessere lösung ein als echter dialog, also einander zuhören und bereit zu sein, eigene Positionen aufgrund des zugehörten ernsthaft zu überdenken und ggfs. zu verändern, also am Dialog mit anderen zu wachsen.

  • Wer Menschen auf ihre "Herkunft" reduziert, verneint jede Möglichkeit der Emanzipation!

  • Ich bin gebürtiger Münchner.

    Da meine Eltern aus Hamburg und Berlin kommen hört man mir das nicht unbedingt an.

    Die Frage wo ich denn herkommen würde, da ich ja wohl nicht aus München wäre, hat mich mein ganzes Leben lang wahnsinnig genervt.

    Wenn man in einer Stadt oder einem Land geboren wird, dort auf aufwächst und die Orte aus denen die Eltern kommen nur von Besuchen kennt, ist man es leid irgendwelchen Leuten ständig erklären zu müssen, dass man tatsächlich in seiner Heimatstadt geboren wurde.

    In meinen jungen Jahren gab es dann z.B. auf der Wiesn für den einen oder anderen "einheimischen" Fragesteller auch mal ganz traditionell ein paar Watschn.

  • Hier sieht man mal wieder, wie stets versucht wird, durch Einnehmen der passenden Opferrolle eine Art moralische Überlegenheit zu demonstrieren. Was die "Rasse" angeht, wäre zu fragen, was Frau Aydemir dazu veranlasst zu glauben, einer anderen anzugehören als der von ihr kritisierte "Kartoffelautor". Wenn einen schon die Frage nach der Herkunft auf die Palme bringt, kann es mit dem Selbstbewusstsein nicht allzu weit her sein. Im Gegenteil, es zeigt dass man die Viktimisierung voll verinnerlicht hat. Begriffe wie Rassismus oder Islamophobie etc. etc. sind die Totschlagargumente der regressiven Linken. So erspart man sich die Diskussion.

    • @Prof :

      ...oder mensch spart sich jegliche Diskusssion indem er ganze Themenkomplexe ("Rassismus oder Islamophobie etc. etc.") ausschließt und sein Gegenüber als Opferrollen bedienend und mit geringem Selbstbewusstsein ausgestattet disqualifiziert.

       

      Übrigens, ein geringes oder gesteigertes Selbstbewusstsein entscheidet ja nicht darüber, ob eine Erfahrung, Aussage, Handlung, Unterlassung etc. rassistisch wirkt - sondern höchstens darüber wie der oder die Betroffene damit umzugehen versteht. Mal abgesehen davon eine Polemik gegen einen "Zeit"-Autoren zu verfassen, aus Perspektive einer gesellschaftlichen Minderheit, sich vermutlich darüber im Klaren welche Reaktionen, dass so mit sich bringt, ich weiß ja nicht ob das gerade für ein geringes Selbstbewusstsein spricht...

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Prof :

      Dein Kommentar erinnert an eine Copy and paste Standartphrase von desinteressierten Zukunfsverweigerern.

       

      In dem Artikel ging es überhaupt nicht um den Islam.

      Nur darum, das eine in deutschland geborene ehemalige Germanistik-Studentin davon genevt ist, nicht als vollwertiger Teil dieser Gesellschaft wahrgenommen zu werden

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Sender und Empänger.

     

    Ich frage: "Woher kommst du?"

    Er: "Also mein Vater ist aus dem Iran und"...

    Ich: "Nein, ich meinte eigentlich deinen Dialekt. Du bist nicht aus Hamburg, oder?"

    Er: "Nee, aus dem Ruhrpott"

     

    Ansonsten stimme ich Frau Aydemir weitestgehend zu. Die Wahrscheinlichkeit das ein nicht Mensch unter 40 Jahren in Deutschland geboren wurde und Migrationshintergrund hat, ist echt nicht so klein und es wird Zeit, das sich die Menschen hier auch mal daran gewöhnen, das es auch Deutsche gibt, die weder blond noch blauäugig sind.

     

    Das ganze eloquente Gerede von Sußebach ändert daran nichts, das eine Frage wie "Wo kommst du her?"für einen Deutschen mit Migationshintergrund mindestens furchtbar plump wirken muss.

     

    Was mich an dem Artikel von Sußebach aber am meisten stört: Hamburg-Ottensen war mal ein migrantisch geprägtes Arbeiterstadtteil und nun ist es also zusammen mit dem Prenzelberg ein "Viertel wo es die Leute geschafft haben"....

    ?!

    Wirklich?-Hau ab!

    • @6474 (Profil gelöscht):

      Was mich nervt, ist das an Kleinigkeiten immer wieder ein Migrationshintergrund festgemacht wird. Mein Stiefsohn ist eine schwarze Kartoffel, in Deutschland geboren. Trotzdem wird an ihm immer wieder ein Migrationshintergrund festgepamt. Als wenn so etwas vererbbar ist.

  • Kartoffel kommen aus Perú.

  • Ob jetzt der andere Typi ne Kartoffel oder nicht ist, keine Ahnung, ob ich das alles so gut heißen kann.

     

    Was ich allerdings sagen kann:

    "Die Annahme, uns darüber belehren zu müssen, was wir als rassistisch empfinden dürfen, ist es schon." -danke! Find ich gut, sehe ich auch so, dieses ganze "ich bin doch kein Rassist, aber..." Gelaber nervt mega.

  • 7G
    75026 (Profil gelöscht)

    Liebe Frau Aydemir, schreiben Sie doch Ihren Lesern zuliebe auch mal was Unerwartbares! Dieser Kommentar war jedenfalls sowas von erwartbar, erwartbarer und somit langweiliger geht es überhaupt nicht.

  • "Ich bin auch Redakteurin, und gehöre somit zu den Kanaken, die es „geschafft“ haben"

     

    Frau Aydemir

    vielleicht ein bisschen zu Sensibel in den eigenen Befindlichkeiten?

     

    Ich habe den Zeit Artikel gelesen und fand den interessant.

     

    Vor allem diese These

     

    Ist es nicht denkbar, dass mehr als 60 Prozent der Türken in Deutschland für Erdoğans Staatsreform gestimmt haben, weil sie zu selten gefragt wurden, wo sie herkommen? Dass man mit Offenheit mehr erreicht als mit Verdruckstheit?

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Justin Teim:

      Von den 3,5 Millionen in Deutschland lebenden Türken haben lediglich 1,5 Millionen einen türkischen Pass und waren somit wahlberechtigt.

       

      Von denen haben sich 750.000 an der Wahl beteiligt und von diesen haben 60% für Erdogan gestimmt.

       

      Also sind das auf alle in Deutschland lebenden Türken oder türkisch stämmigen 13 %.

  • Die Überschrift ist sinnentstellend. Beim Überjournalisten ging nur es darum, ob ich Menschen in einem persönlichen Gespräch die Frage stellen darf, woher sie sind, was von einigen Richtungen verneint wird. Von unhöflichem Umgang alla "Digga" war da nicht die Rede.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Und was machen die Kartoffeln?

     

    Sie spielen beleidigte Leberwurst und mähren sich aus.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Haben Sie den Artikel von Herrn Sußebach nicht gelesen? Er lohnt sich durchaus. Die Kartoffel ist sehr entspannt. Frau Aydemir ist die beleidigte Leberwurst.

  • Zwei ein wenig wichtigtuerische Artikel (der erste in der ZEIT von Sußebach, die Replik in der taz von Aydemir), beide mit ein paar Stärken und Schwächen, beide auf ihre Art peinlich und zum Fremdschämen, aber, wie jeder Einblick in andere Gedankenwelten auch lehrreich, daher mein aufrichtiger Dank an beide Autoren.

     

    Mein Dank vor allem deshalb, weil sie ihre Geschichte aufgeschrieben haben und ich beide Artikel mangels gescheiterer Beschäftigung freiwillig lesen konnte, erleichtert durch einen lobenswerterweise eingefügten Link.

     

    Wären die beiden mir persönlich damit zuleibe gerückt, hätte vielleicht mein Fluchtreflex eingesetzt, ähnlich, wie wenn beim Essen plötzlich Leute wortreich erklären, dass und warum sie dieses und jenes nicht essen oder eben dies und das selten/ manchmal/ häufig/ immer/ mit schlechtem Gewissen/ usw./ usf./ ... verspeisen.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Was für ein absurder Artikel!

    Warum, Frau Aydemir, sehen Sie sich als Opfer?

    Das nervt mich ungemein bei unseren Mitbürgern, allen voran diejenigen, mit türkischer Abstammung.

    Sobald irgendetwas nicht so läuft, wie sie es gerne hätten, sind die anderen Rassisten, ausländerfeindlich und sie das bedauernswerte Opfer.

    Ich (wir) weiss wo von ich spreche, wir haben türkische Nachbarn im Haus. Das ist eine große Herausforderung.

    • @39167 (Profil gelöscht):

      Ich versteh nicht, wie man taz lesen kann und doch so komplett unreflektiert bleibt.

      Von Kartoffel zu Kartoffel: check ma deine Privilegien.

    • @39167 (Profil gelöscht):

      Tut mir leid, dass Sie mit "Türken" Tür an Tür wohnen müssen.

       

      Haben Sie schonmal Rassismus am eigenen Leib erfahren?

      Haben Sie ihre Nachbarn schon einmal gefragt, ob sie Rassismus erlebt haben? Oder vor welchen Herausforderungen sie stehen?

       

      Für viele Menschen ist offenbar immer wieder die größte Herausforderung, sich selbst nicht zum Maß aller Dinge zu machen.

      • 3G
        39167 (Profil gelöscht)
        @Soungoula:

        Ja, Rassismus begegnet mir oft.

        Ich sehe nicht biodeutsch aus, wie es so unschön heisst.

        Deshalb kenne ich diese Gefühle sehr genau, möchte mich aber nicht als Opfer fühlen. Diese Haltung ist mir nicht sehr sympathisch. Das ist aber meine ureigenste Sache.

        Ich brauche Ihnen nicht leidzutun, ich lebe auch mit sehr netten Griechen Tür an Tür, meine beste Freundin kommt aus Bulgarien.

        Eine syrische Familie lebt auch im Haus, dreimal dürfen Sie raten, wer für ihren Auszug aus diesem Haus kämpft, weil die Kinder dieser Familie zu laut sind.

        Kleiner Tipp, ich bin es nicht.

        • 6G
          6474 (Profil gelöscht)
          @39167 (Profil gelöscht):

          Diese Unterstellung, Frau Aydemir würde sich gerne als Opfer fühlen, finde ich dreist. Auf mich wirkt sie einfach nur genervt und das zu Recht.

           

          Ich habe einen Freund, in Hamburg geboren, deutsche Mutter, algerischer Vater. Er hat studiert, ist gebildet und hat einen gut bezahlten Job, ist redegewandt und schnackt hamburgisch.

           

          Habe es schon miterlebt wie irgendwelche Zugezogenen mit süddeutschem Akzent genau diese Frage gestellt haben. "Woher kommen Sie denn eigentlich?"

          Er:"Schon länger aus Hamburg als du"

           

          und das es auch dämliche Türken gibt, beweist jetzt was? Ich habe auch schon neben extrem spießigen Polen gelebt.

          • 3G
            39167 (Profil gelöscht)
            @6474 (Profil gelöscht):

            Wenn sie genervt ist, ist das ihr gutes Recht.

            Muss Frau darüber einen Artikel schreiben. Meiner Meinung nach, nein.

            Wenn ich unterwegs bin, werde ich auch oft gefragt, wo kommst du denn her.

            Nervt mich das, nein! Warum auch, die Frage kann doch auch aus Interesse gestellt werden.

            Man lernt sich kennen und kommt ins Gespräch, wenn man dies möchte.

            Ein guter Freund von uns kommt aus China.

            Als wir uns kennenlernten, stellte er mir die Frage, wo ich denn herkomme.

            Ich habe die Umrisse einer Deutschlandkarte gezeichnet und meinen Wohnort darin markiert und ihm was dazu erzählt.

            Er hat es mir dann nachgemacht, mit den Umrissen von China ,und es gab viel an Fragen und Lachen.

            Niemand war genervt.

            Wäre ich auch nicht gewesen, wenn er seinen Wohnort auf der Deutschlandkarte eingetragen hätte.

            • 6G
              6474 (Profil gelöscht)
              @39167 (Profil gelöscht):

              Das sind doch Äpfel und Birnen.

               

              Es ist das eine, Menschen die offenkundig gebrochenes Deutsch sprechen und noch nicht lange im Lande oder Touristen sind, zu fragen woher sie kommen.

               

              Es ist etwas anderes, einer in Deutschland geborenen Germanistik-Studentin die jetzt als Journalistin bei der TAZ tätig ist und fleißend deutsch spricht und schreibt, solche Fragen zu stellen. Oftmals noch als Eingangsfrage zu einem Gespräch.

               

              Das Sie sowas nicht erfindet, weiß ich von meinen Freunden mit Migrationshintergrund

        • @39167 (Profil gelöscht):

          Ich rate mal: die Türken!

          (Achtung Rassismus)

          Ich kann Sie übrigens gut verstehn.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @39167 (Profil gelöscht):

      " wir haben türkische Nachbarn im Haus. Das ist eine große Herausforderung."

       

      Sie armes Opfer.

  • Warum nur muss ich bei solchen Artikeln mit identitätspolitischer Ausrichtung immer an Jürgen Elsässer denken?

    Zur Erinnerung: Elsässer schrieb in diversen linken Zeitungen wie taz, Junge welt etc, bevor er weit nach rechts abdriftete. So war z.B. seine -an sich richtige- Kritik am Westen während der Jugoslawien-Kriege schon damals reichlich rassistisch grundiert - verkürzt :"der gute Serbe gegen den bösen Kroaten". Nur ging das damals wohl allgemein als antiimperialistisch / links durch, obwohl er damals schon in seinem Denken strukturell ein Rechter war.

    Und so kommt mir auch der identitätspolitisch argumentierende Antirassismus vor.

    Zum Glück kann ich mich noch daran erinnern, dass es mal einen nicht-identitären Antirassimus gab .... seufz!

    In diesem Sinne: was würde die Redakteurin davon halten, wenn ihr Name als "unfassbar türkisch" gedisst würde, und die für einen Döner ja doch recht gut schreiben kann- das klingt doch schon reichlich bescheuert, oder?

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Wunder Wunder:

      Was für eine unglaubliche Ignoranz.

       

      Wenn eine in Karslruhe geborene, in Deutschland aufgewachsene Journalistin die GERMANistik studiert hat, zu Recht davon genervt ist, aufgrund ihres Äusseren als undeutsch zu gelten und sich weigert von einem Bio-Deutschen Journalisten Rassimus erklären zu lassen, indem sie ihm ihm mit Klischees (Kartoffel) den Spiegel vorhält; dann kommst du an und fragst dich wie sie es fände "Döner" genannt zu werden.

       

      Kleiner Hinweis: Genau das hat die Bild-Zeitung bei den NSU-Morden getan(Döner-Morde)

    • @Wunder Wunder:

      Danke, dass Sie meinen Glauben an einen nicht-identitären Antirassismus stärken. Manchmal fühlt man sich damit aus der Zeit gefallen.

      • @rero:

        Ach was, nicht kirre machen lassen. Die identitären „Anti-“ RassistInnen sind zwar lautstark aber bislang, so mein Eindruck, eher ein szeneinterner Spuk. Ich nehme sogar an, dass ein Großteil der aufrechten AntirassistInnen hierzulande von ihrer Existenz allenfalls eine vage Ahnung hat.

        Taz allerdings trägt kräftig zur Verbreitung ihrer Ideen bei. Gar nicht schön. Ich frage mich ob das in 20 Jahren vielleicht irgendjmd. als Skandal wieder ausgräbt.

  • 3G
    38057 (Profil gelöscht)

    Der Artikel von Herrn Sußebach ist tatsächlich sehr gut... gefällt mir!

  • Frau Aydemir, das lobenswerte an Ihrem Artikel ist, dass Sie den, über den Sie schreiben, verlinkt haben. So war es mir möglich zu sehen, dass Ihre Kritik hier sich nicht mit dem deckt, was der Artikel aussagt. (Aber klar, als Kartoffel muss ich natürlich den Mund halten!)

    Allerdings erinnert Ihr Kommentar mich an die typische Stimmung einer Gesamtschule mit einem hohen Anteil an Schülern mit türkischem Migrationshintergrund - die ziehen auch immer gern die Opferkarte und dissen dabei andersartige Schülerinnen.

    • @Artur Möff:

      Warum denn "Mund halten" müssen? Sie haben doch fein kommentieren dürfen! Ich sehe auch nicht, an welcher Stelle Frau Aydemir die sog "Opferkarte" gespielt haben soll. Sie polemisiert gegen Herr Sußebachs Anmaßung für alle Betroffenen beurteilen zu können, dass die Frage "Woher mensch denn komme?" nicht als rassistisch aufgefasst werde/werden könne. Und seine Behauptung, dass der fragliche Rassismus hinter dieser Fragestellung nur in den Oberstübchen vermeintlicher Gesinnungsmilleus vermutet wird. Das hat nichts mit "Opferkarte" zu tun.

      • @Muehsam:

        Ja, schonn klar. Meine Meinung darf ich schon sagen. Nur ist`s die Falsche, wie Sie ja so schön darlegen.

        • @Artur Möff:

          Herr Möff, statt zu schmollen, dass in einem Diskussionforum tatsächlich diskutiert wird, könnten Sie einfach Gegenargumente liefern.

          Sie könnten z.B. mal erklären, was diese ominöse "Opferkarte" eigentlich Ihnen zufolge ist und wo genau sie sich zeigt. So finde ich Muehsam doch deutlich überzeugender.

        • @Artur Möff:

          Naja, der "Vorwurf" ließe sich ja leicht zurückgeben, dass Ihrer Ansicht nach Frau Aydemir, oder ich, oder wer auch immer die "falsche Meinung" vertritt, nur weil es eben sich nicht mit Ihrer Auffassung deckt. Von "richtiger" oder "falsche" Meinung halte ich jedoch nicht viel. Nur finde ich es durchaus naheliegender, dass Menschen, welche wiederholt diskriminierende Erfahrungen machen müssen, etwas zu der Wirksamkeit der Frage "Woher mensch denn nun eigtl stamme?" beitragen, als ein Mensch, wie Herr Sußebach z.B., der diese Frage wohl oft stellen mag, nur eben selten selbst gestellt bekommt. Das ist ja nicht gleichbedeutend mit einem "Meinungsverbot" für Herr Sußebach oder andere, sondern eher als ergänzende Erwiderung zu sehen

          • @Muehsam:

            Fahren Sie doch einfach mal ins Ausland, vielleicht erfahren Sie da eher, wie Sie sich fühlen, wenn Sie nach Ihrer Herkunft gefragt werden und ob das wirklich so diskriminierend ist.

            • @Artur Möff:

              ...naja...es liegt schon ein Unterschied darin ob ich für 2-6 Wochen ins Ausland fahre - und dass dann als Touri gefragt werde - oder ich hier lebe - und ob ich selbst, oder eben meine Großeltern immigriert sind - und immer noch tagtäglich auf meine vermeintliche "Herkunft" reduziert werde - da existiert zumindest ein Spannungsbogen. Sowie eben ein Spannungsbogen von Sußebachs "emotionalste und erkenntnisreichste Momente" und Aydemirs "Brechtüte" bestehen dürfte. Mag schon sein, dass oftmals kein Problem angesichts dieser Fragestellung besteht, aber eben nicht immer und nicht für alle. Dass jetzt Frau Aydemir - oder wie Sußebach "den" linksliberalen Milleus allein in die Schuhe schieben zu wollen...naja

              • @Muehsam:

                Also, ich bin sicher, Sie können als Europäer so lange in Afrika leben wie Sie wollen. Sie werden auch nach 50 Jahren noch auf Ihre Herkunft angesprochen, Ihre Kinder ebenso.

                • @Artur Möff:

                  ...und dann würden Sie meinen Kindern das Recht absprechen sich dadurch augeschlossen zu fühlen? Obwohl dort geboren, aufgewachsen, den Pass des Landes innehabend, dort lernend und arbeitend und nie etwas anderes er-lebt zu haben? Mal abgesehen davon, dass die historische Ausgangslage eine etwas andere wäre, weshalb der Vergleich ein wenig hinkt. Durch die Kolionalisierung des afrikanischen Kontinets stellten bis zu den Unabhängikeitserklärungen der 50er und 60er weiße Europäer die politischen und wirtschaftlichen Eliten dar. In nicht wenigen afrikanischen Staaten ist nach wie vor ein nicht unerheblicher Teil der europäisch-stämmigen Minderheit, Teil der Oberschicht. D.h. meine Fremdheit und die meiner Kinder, hätte eine priviliggierte Assoziation inne, wovon ja türkische, syrische, afghanische, oder eben nord-,ost-, oder sonstwie afrikanische Einwander*Innen in Europa nicht sprechen können...

                  • @Muehsam:

                    Oje, oje: " In nicht wenigen afrikanischen Staaten ist nach wie vor ein nicht unerheblicher Teil der europäisch-stämmigen Minderheit, Teil der Oberschicht. D.h. meine Fremdheit und die meiner Kinder, hätte eine priviliggierte Assoziation inne, wovon ja türkische, syrische, afghanische, oder eben nord-,ost-, oder sonstwie afrikanische Einwander*Innen in Europa nicht sprechen können..." - Was vor allem Ihr vorurteilsbeladenes Denken beweist. Genau das ist die Opferhaltung, die gerade Türken hier gerne einnehmen, obwohl sie schon seit Generationen hier leben und genau die gleichen Chancen haben wie jede/r Deutsche. Aber wurschd, die Diskussion endet hier, macht kein Sinn.

  • Wie eine Frage aufgenommen wird, hängt doch sehr stark vom Kontext ab. Das gilt auch für die Frage woher man kommt.

     

    In Bayern müssen Sie im übrigen noch nicht mal Ausländer sein, um diese Frage gestellt zu bekommen. Die Abweichung vom regional üblichen Dialekt reicht vollkommen aus, um als Migrant zu gelten.

  • Ich feier den Artikel von Frau Aydemir! Habe seit Monaten das erstemal wieder ´taz.zahl ich´benutzt.

    Polemisiert ihr Artikel, klar. Aber a) ist das ein zulässiges Stilmittel in einer Kolummne und b) Herrn Sueßenbach sparte ja auch nicht gerade mit pauschalen Rundumschlägen, darüber wer wo wie dann ja eine überdrehte Gesinnungssensorik hat usw.

    und @ AMANDAS: Klar ist es problematisch Rassismus allein daran festzumachen, dass ein Mensch in der Begegnung etwas Gesagtes, Getanes oder Unterlassenes rassistisch empfindet. Aber noch viel schwieriger wird es Rassismus über das Urteil dessen zu definieren, der ausgerechnet aus Perspektive der Merhetisgesellschaft festlegt was dann "rassistisch" ist oder nicht. Denn ja, so kompliziert das unsere Welt auch macht, auch etwas das nicht rassistisch gemeint ist, kann rassistisch wirken (und hier "wirken" bitte im doppelten Wortsinn zu verstehen, den Eindruck erwecken, aber auch erzeugen im Sinne von sich aus-wirken)

    • @Muehsam:

      Liebe® Muehsam,

       

      Mehrheitsgesellschaft?

       

      Die gibt es doch gar nicht mehr ...

       

      Jed*e noch so mehrheitsgesellschaftsfähige Person in diesem Land - von "rechts bis links" - betont doch täglich in allen Kommentarspalten, Stammtischen etc. pp. wo er Opfer ist, Minderheit usw.

       

      Diskriminierte Gruppen tribalisieren sich noch mehr als früher ... Oft ist zu befürchten, dass der Begriff LGBTI*Q (...) nicht mehr Facetten einer Gruppe von Menschen beschreibt, die sich ähnlichem Hass gegenübersehen (-phobie), sondern 7-11 Gruppen die auch unterienander nicht miteinander reden können ... weil Homophobie gegen Lesben oder Schwule oder Bisexuelle ja so unterschiedlich ist.

       

      Einheit macht stark, Tribalisierung schwächt!

      • @Christoph Stolzenberger:

        Mhmm, jetzt wo Sie mich darauf stoßen, finde ich den von mir gewählten Begriff der Mehrheitsgesellschaft ebenfalls ein wenig problematisch...weil er natürlich einen gemeinsamen Kern beschwört, der so nicht vorhanden und mehr noch, so nicht erfahren wird. Aber natürlich gibt es durchaus Gefälle zwischen jenen Kategorien, die sich als Kern-Gesellschaft suggerieren und jenen die als nicht dazugehörig suggeriert werden. Stichwörter sind da bundeutscher Pass vs. alle anderen oder gar keinen Pass, weiß vs. nicht-weiß, heterosexuell vs. homo-bi-transsexuell, vermögend vs. verschuldet, erwerbstätig vs. arbeitslos etc etc.

        Das mit der Tribalisierung müssen Sie mir bitte näher erklären

  • Jetzt ist die Fatma über die Kartoffel ausgesprochen!

     

    (Lustig dann auch der Taz.shop Tip: Der Potato Pot sorgt auf clevere Art für eine größere Ernte als die konventionellen Gefäße. Den Innentopf kann man immer wieder vorsichtig herausnehmen und fertige Kartoffeln ernten. Dann produziert die Pflanze neue Knollen, und Sie haben den ganzen Sommer über was davon.)

  • Hoppla! Die Annahme, „darüber belehren zu müssen“, was andere „als rassistisch empfinden dürfen“, ist also rassistisch nach Ansicht von Fatma Aydemir. Und trotzdem belehrt sie ihre Lerser*innen darüber, was „Kartoffeln“ als rassistisch empfinden dürfen. Vor allem aber auch darüber, was genau nicht.

     

    Wie kann das sein? Ist das vielleicht die kindliche (oder besser: kindische) Trotzreaktion einer gerade mal 31-jährigen Dauer-Jugendlichen, die glaubt, wenn sie den Spieß einfach mal umdreht, hält man sie ebenfalls für eine „Superjournalist[in]“? Hat Henning Sußebach womöglich recht und es liegt am „Erfolg“, an der Vermutung also, man hätte sich quasi ganz allein und eigenhändig aus dem Nichts erschaffen und sei nicht auch irgendwie geprägt ist von jener Welt, in der man aufgewachsen ist? Oder irrt Henning Sußebach sich? Steckt die Erklärung im konkreten (Einzel-)Fall womöglich in dem kleinen Wörtchen „wir“, nicht im Erfolg? Immerhin steigt Fatma Aydemir ja hier nicht nur als Fatma Aydemir in den Ring, sondern als Vertreterin aller „von Rassismus betroffenen Personen“, die bei einer bestimmten Frage „regelmäßig kotzen müssen“ – die aber offensichtlich grade keine Zeit haben oder zu doof sind, sich selbst zu artikulieren.

     

    Ich weiß nicht, wie es sein kann, dass Fatma Aydemir sich derart selber widersprechen musste öffentlich. Ich habe nämlich nicht gefragt. Ich habe es nicht mal versucht. Schließlich habe ich über Jahre hinweg Erfahrungen gesammelt mit der Auskunftsfreudigkeit diverser taz-Journalisten. In meinem Fall geht sie erkennbar gegen Null. Und zwar aus Richtung minus eins. Wer nicht bezahlt, vermute ich, erfährt rein gar nichts von der taz. Zumindest wenn er ich ist.

     

    Inzwischen hab ich keine Lust mehr, anderen Machtgefühle zu verschaffen. Wer mir nicht sagen möchte, wer er (abgesehen von seinem Job) ist, der soll es einfach bleiben lassen. Für mich ist nämlich mittlerweile nichts erwartbarer als genau das.

    • @mowgli:

      "Wer mir nicht sagen möchte, wer er (abgesehen von seinem Job) ist, der soll es einfach bleiben lassen."

       

      Das ist eh die vernünftigste Einstellung. Die, die das so wollen drücken einem sowieso alle erdenklichen Facetten ihres "struggle" auf's Auge. Und wer das nicht tun will - nun, Leute zur Preisgabe von Informationen zu drängen ist irgendwie unhöflich, oder?

  • Also, habe ich das richtig verstanden?

    Die Frage nach der Herkunft ist nicht per se rassistisch. Sie wird es allerdings genau in dem Moment, in dem der Gefragte sie als rassistisch empfindet. Jeder Versuch, darzulegen, warum die Frage nicht "per se" rassistisch ist, wäre in diesem Falle ein schlagender Beweis für den Rassismus der Fragerin.

    Gift und Galle, Polemik, Contra-Rassismus und Brechtüte.

    Ich muss mich mittlerweile zwingen, diese Art von Artikel überhaupt bis zum Ende zu lesen.

    Aber da ich es nun mal getan habe, for the record:

    1) Es besteht ein Unterschied zwischen "nervig" und "rassistisch".

    2) Das Postulat, dass alles, was als rassistisch empfunden wird, wenn es denn von einer selbst definierten PoF empfunden wird, per definitionem auch rassistisch ist, ist nichts weiter als eben das: ein Postulat. Man kann es akzeptieren oder eben nicht. Und wenn man es nicht tut, stürzt das Kartenhaus der Selbstgerechtigkeit in sich zusammen.

    • @Amandas:

      Das Problem sind ja auch nicht unbedingt die Worte an sich, sondern die meistens mitschwingende Erwartungshaltung, wenn die Frage jemandem gestellt wird, der nicht so aussieht, als hätte sein Urahn mit Arminius im Teutoburger Wald gelegen.

       

      Denn auch in den seltesten Fällen wird die Antwort hingenommen, wenn sie wider Erwarten "Wanne-Eickel" lautet. Dann wird noch einmal nachgebohrt, woher man denn -eigentlich- komme, wenn das nichts hilft, woher die Eltern kommen. Und wenn dann endlich ein Ort im Ausland genannt wird, ist der Frager erlöst und kann endlich den Satz "Dafür sprichst du aber gut deutsch." von sich geben.

       

      Und wenn Sie mal genau darauf achten, werden Sie auch den Unterschied feststellen, wie gefragt wird. An besagte Teutoburger-Wald-Nachkommen gerichtet, lautet die Frage, ob man hier aus der Gegend komme o.Ä. Damit man gefragt wird, wo man denn eigentlich herkommt, muss man schon die falsche Hautfarbe haben.

  • Liebe Fatma Aydemir,

     

    Ihr Vorname erinnerte mich an einen "Faupax" in meiner Hauptschulzeit.

     

    Ich liebte nur ein Fach wirklich: Geschichte. Und als ich in der 6. oder 7. Klasse einen Artikel über den Völkermord an den Armenieren im 1. Weltkrieg gelesen hatte, erwähnte ich diesem gegenüber meiner Klassenkameradin Fatma. Diese schrie (wirklich) auf und beschmimpfte mich als Lügner, Rassist undsoweiter ...

     

    Ich bin als Arbeiterkind ( die gab es ja in den 1960er/70er-Jahren noch) mit all den Menschen aufgewachsen, die später von den arroganten Abiturienten "Migranten usw." getauft wurden, ohne dass diese ausserhalb ihrer Studien welche kannten.

     

    Wir haben den Nazi in der Klasse links liegen gelassen (der im Übrigen weniger gegen "Kanaken" in der Schulklasse vorging, sondern gegen mich) haben kopftuchlose türkische Mädchen kennengelernt, mit kurdischen Holligans gegen Graue Wölfe gefightet, ich habe als vom Religionsunterricht befreiter Schüler (Nichtchrist) in "Deutsch für Ausländer" mit den Mohammedanern gesessen, gelebt und nie gestritten.

     

    Und die Frage "Woher kommst Du" war Alltag!

     

    Ich aus Issum, deswegen Altbier und kein Bit! Aus Hamburg, aus den USA (och, dort würde ich auch gerne leben, obwohl mein Englisch ...), aus Izmir - der tollsten Stadt der Welt (Fatma).

     

    Vielleicht könnten wir Rassist*innen, Antisemit*innen oder Arschlöcher* weiter bekämpfen, und an der größten Lüge unserer Verfassung arbeiten: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

     

    Die Würde des Menschen wird nämlich bekanntlich jeden Tag angetastet.

     

    Ihr Artikel tastet im Übrigen die Würde mindestens eines ! Menschen öffentlich an.

     

    Das ist Scheiße!

     

    Und zwar nicht, weil Sie Fatma heißen, sondern weil Sie ein Mensch sind, dem ich zu traue, zu wissen, was Sie tun.