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Stromversorger Care-Energy ist pleiteBankrott mit Billigstrom

Der umstrittene Stromanbieter Care-Energy ist pleite. Der Insolvenzverwalter will die Firma umstrukturieren – doch die Firmenstruktur ist dubios.

Abwarten, was das Insolvenzverfahren bringt: Care-Enery Mitarbeiter. Foto: dpa

Hamburg taz | Erst wollte das Unternehmen nicht, nun kann es nicht mehr zahlen: Der umstrittene Stromanbieter Care-Energy aus Hamburg ist endgültig pleite – und das nur einen Monat nach dem Tod des Firmengründers Martin Kristek. Die Insolvenzverfahren über die Care-Energy AG, die Care-Energy-Holding GmbH und die Care-Energy Management GmbH laufen seit Freitag.

Damit sind zumindest schon einmal alle relevanten Firmenteile für das Verfahren benannt. Das ist bei dem undurchsichtigen Geschäftsmodell des Billigstromanbieters keine Selbstverständlichkeit. In der Vergangenheit sind ganze Gerichtsverfahren geplatzt, weil die Gegenseite das falsche Unternehmen der Firmengruppe verklagt hatte. Die Übertragungsnetzbetreiber verlangten von Care-Energy Nachzahlungen von mehr als 80 Millionen Euro, da der Betrieb die EEG-Umlage nicht abgegeben hatte. Diese müssen Verbraucher zur Förderung der Erneuerbaren Energien zahlen.

Doch Care-Energy argumentierte, dass es kein Stromversorger sei, sondern Dienstleister für Wärme, Kälte und Licht. Das Oberlandesgericht hielt die Auslegung zwar für unzulässig, gescheitert ist der Prozess trotzdem. Denn Care-Energy benannte die Unterfirmen mehrfach um und änderte ihre Zuständigkeiten, sodass der Stromnetzbetreiber zunächst den falschen Firmenteil verklagte – und das Verfahren von vorn beginnen musste.

Trotz des Insolvenzverfahrens soll der Betrieb nun vorläufig weiter gehen. Care-Energy versorgt nach Angaben des Unternehmens noch rund 12.500 Kunden in Deutschland mit Strom, 2.000 mit Gas sowie 12.900 Kunden in Österreich mit Strom. Diese sollen weiter beliefert werden: „Vorrangiges Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, einen Geschäftsbetrieb im Energiebereich auf Basis der Zusammenarbeit der drei Unternehmen fortzusetzen“, drückt es der vorläufige Insolvenzverwalter Jan Wilhelm recht formell aus. Das Unternehmen solle restrukturiert werden.

Der Billigstromanbieter

Care-Energy ist ein Hamburger Energieversorgungsunternehmen. Gründer war Martin Kristek.

Im Mai 2013 mahnte der Bundesverband der Verbraucherzentrale Care-Energy wegen unzulässiger Geschäftsbedingungen und unlauterer Werbung ab.

Im Juli 2013 verhängte das Bundesjustizamt Ordnungsgelder, weil die Unternehmensgruppe ihrer Bilanzierungspflicht nicht nachgekommen war.

2014 verhängte die Bundesnetzagentur ein Bußgeld in Höhe von 400.000 Euro gegen das Unternehmen.

Das ist auch nötig, sollen die Jobs der mehr als 100 Mitarbeiter in Deutschland und Österreich erhalten werden. Die meisten davon arbeiten in den Standorten Hamburg und Bremen.

Nach dem Tod des erst 44-jährigen Kristek hatten Marc März und Abdelmajid Tareq die Geschäfte des Unternehmens übernommen. Zunächst gaben sie sich zuversichtlich: Die Unternehmensgruppe sei voll handlungsfähig. „Der laufende Geschäftsbetrieb geht uneingeschränkt weiter“, hieß es. Sogar eine neue Tageszeitung für Hamburg wollte Care-Energy herausbringen – das Morgenblatt. Die Zeitung sollte mit seinen Dumping-Anzeigenpreisen wohl vor allem der Mopo Konkurrenz machen. Doch wenig später verkündete die Geschäftsführung, dass die „Pläne auf Eis“ gelegt worden seien.

Für viele Kunden könnte das Insolvenzverfahren nun Grund sein, um den Stromanbieter endgültig zu wechseln. Insbesondere die Verbraucherzentralen kritisieren Care-Energy für den einschüchternden Umgang mit Kunden. Auf Facebook beklagten viele Betroffene Fälle von verschleppten Kündigungen oder nicht erstatteter Rückzahlungen.

Mit Material von dpa

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