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Klassengesellschaft in DeutschlandRückkehr nach Flörsheim

Unsere Autorin las Didier Eribon – und fühlte sich zum ersten Mal verstanden. Sie weiß, was es bedeutet, den gesellschaftlichen Aufstieg zu wagen.

„Piepmatz, guck einmal!“ Papa, Doris und Johnny, 1975 Foto: alamy/mauritius images

Berlin taz | „Wie? Nicht mal Religionslehrerin wirst du?“ Das ist einer von meinen Gespenstersätzen. Er stammt von meiner Mutter und steht in meinem Erinnerungsregal mit ihren Sinnsprüchen gleich neben „Du glaubst wohl, du bist was Besseres.“ Erwachsen ist man, wenn man feststellt, dass die Gespenster der Vergangenheit keine weißen Bettlaken tragen, nicht fliegen und nicht „Hui“ sagen. Sondern wenn man feststellt, dass die Sätze der Eltern die Gespenster sind, die man nicht los wird.

Den Satz mit der Religionslehrerin sagte meine Mutter zu mir, als ich versuchte, ihr zu erklären, was ich an der Uni treibe. Zugegeben, mit Religionswissenschaft habe ich es ihr nicht gerade leicht gemacht. Selbst Leute mit bürgerlichem Hintergrund und Hochschulabschluss in Germanistik wissen nicht, was das ist. Wenn ich meine Mutter an ihren Satz erinnere, lacht sie und sagt: „Stimmte doch auch.“ Stimmte ja auch. Ich bin keine Religionslehrerin. Sie versteht nur bis heute nicht, warum ich den Satz trotzdem schlimm finde. So wie sie bis heute nicht versteht, dass ich Karlheinz Böhm nicht mag.

„Was magst du eigentlich? Hauptsache dagegen“, hatte sie mir immer gesagt, wenn ich irgendwas, was sie gut fand, nicht so gut fand. Vielleicht hatte sie Recht. Ich war ein Papakind. Meine jüngere Schwester das Mamakind. Alles, was Mutter tat, dachte, mochte, war mir suspekt. So wie ihr suspekt war, was ich tat, dachte, mochte.

Aber wie soll sie mich auch verstehen. Mich, der ich ihren Satz „Nicht einmal Religionslehrerin wirst du“ in den Stand eines Kronzeugen berief. Dort repräsentiert er das komplette Unverständnis einer Mutter aus der Arbeiterklasse für das, was ich mit meinem Leben anstellte. Und das stellte ich so an, wie ich es später bei dem Schriftsteller Saul Bellow gelesen hatte: „Ich gehe die Dinge im Freistil an, so wie ich es mir selbst beigebracht habe.“ Ohne Rücksicht auf Kontostand und Rente.

Ätzende Enge in Arbeiterhaushalten

Als ich diesen Sommer „Rückkehr nach Reims“ las, das autobiografische Buch des französischen Soziologen Didier Eribon, hatte ich ein Gefühl, das derzeit wohl vor allem AfD-Wähler haben: „Endlich sagt mal jemand, wie es ist.“ Und nicht nur, weil mich der Satz seiner Mutter – „Soziologie? Hat das was mit der Gesellschaft zu tun?“ – an meine Mutter erinnerte. Ich bin weder homosexuell noch Universitätsprofessorin, und auch in vielen anderen Details unterscheidet sich meine Familie deutlich von der Eribons.

Trotzdem: Es war das erste Mal, dass jemand in meiner linken, bürgerlichen Filterblase über seine Herkunft aus einer Arbeiterfamilie so über diese redete, wie es Linke nicht so gern hören: wie ätzend eng es in Arbeiterhaushalten ist, räumlich, ökonomisch, geistig und emotional. Er thematisiert, was für bürgerliche Linke kein Thema ist: Dass man als Exot mit proletarischer Herkunft keinen profitablen Sonderstatus in der bürgerlichen Welt hat, sondern einen hohen Preis zahlt: den radikalen Bruch mit der eigenen Herkunft, die man dennoch nicht los wird.

Als Klassenflüchtling musste ich alles neu lernen: wie man denkt, spricht, sich benimmt. Das heißt lernen, was es überhaupt bedeutet, sich mit einem Gegenstand auseinanderzusetzen. „Ach, du immer mit deinen Ideen“, beendete meine Mutter jedes Gespräch, das meine Fragen an die Welt, an sie, an mich zum Gegenstand hatte. Als Lohnabhängige hatte sie nichts zu verschenken und zu verschwenden. Auch keinen Gedanken an Weltsichten, an denen sie vielleicht auch festhielt, damit sie wenigstens irgendein Kapital hatte, das sicher war.

„Von dir erwarte ich sowieso nichts mehr“, lautete das Fazit meiner Mutter schon zu Zeiten, als ich lieber in den Bücherbus stieg, um in der Erwachsenenabteilung Thomas Manns „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ auszuleihen, anstatt mit meiner Mutter die Prospekte vom Supermarkt nach Angeboten zu durchstöbern. Ich hatte keine Ahnung, wer Thomas Mann war. Aber das Wort „Hochstapler“ klang halt aufregend und erinnerte mich an die Sendung, von der meine Mutter keine Folge verpasste: „Aktenzeichen XY … ungelöst“.

Ich hatte keine Ahnung, wer Thomas Mann war. Aber das Wort Hochstapler klang halt aufregend und erinnerte mich an die Sendung, von der meine Mutter keine Folge verpasste: „Aktenzeichen XY … ungelöst“.

Meine Mutter hatte nur ein paar Jahre auf einer Schule verbracht, war Textilreinigerin, Hausfrau, Putzfrau, Küchenhilfe in dem Kleinstadtkrankenhaus im Südhessischen, in dem sie mich geboren hatte. Ich hatte nichts dagegen, dass sie an SOS-Kinderdörfer spendete. Dass sie mir bis ich 14 war, nur 5 Mark Taschengeld im Monat gab. Aber, dass sie ich die von der Nachbarstochter abgelegten Winterjacken aus Kunstschaffell tragen musste und sie mir in den Spendenbriefumschlag für die Schule nur ein 50-Pfennig-Stück legte, fand ich unmöglich.

„Bei den anderen Kindern klimpert es nie im Briefumschlag.“ „Die sind ja auch reich.“ Was mir damals total peinlich war, wofür ich mich schämte und wofür ich meine Mutter hasste, kann ich heute als souveränen Klassenstandpunkt betrachten. Aber erzählen Sie mal Sechstklässlern was von Klassenstandpunkten.

„Du bist doch so schlau“

Meine Mutter hatte keine Ahnung, was Klasse bedeutete. Sie sprach von „den kleinen Leuten“, so wie sie auch von „den Ausländern“ sprach, obwohl sie selbst mit einem verheiratet war und eine ihrer Töchter, ich, eine Aufenthaltsgenehmigung brauchte.

„Was soll nur aus dir werden?“ Diese rhetorische Frage stellen Mütter und Väter klassenübergreifend. Auch meiner Schwester stellte meine Mutter diese Frage. Die aber hatte sich irgendwann entschieden, eine Ausbildung zur Hotelfachfrau zu machen. Mutter gefiel das. Wenn ich sie allerdings fragte, was denn ihrer Meinung nach aus mir werden solle, antwortete sie: „Das musst du doch wissen. Du bist doch sonst so schlau.“ Ihr einziger Vorschlag für meine Karriereplanung lautete: „Warum gehst du nicht ins Fernsehen. Zu ‚Wer wird Millionär?‘. Wozu bist du denn sonst so schlau?“

Wie wenig schlau ich wirklich war, wusste sie nicht. Ein Selbstversuch: Ich scheitere auf der Website der Sendung schon bei der 1.000-Euro-Frage. Zum Schlaumachen hielt man sich bei uns zu Hause vor allem einen Fernseher. Samstags wurde das Programm erweitert, meine jüngere Schwester und ich in den „Lottoladen“ geschickt, um die Bild-Zeitung zu kaufen und den Lottoschein mit Spiel 77 abzugeben.

Auf dem kleinen Bücherregal (Möbelhausware, Eiche rustikal) in unserem Wohnzimmer standen: ein Atlas, zwei Bände Konsalik, ein Simmel, Putzos „Der Pate“, Falladas „Kleiner Mann was nun“ und „Der eiserne Gustav“, „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und „Nicht ohne meine Tochter“. Dann waren da noch einige Deutsch-Lehrbücher meines Vaters, ein Band kroatische Märchen und Émile Zolas „Germinal“, von dem bis heute niemand weiß, wie er überhaupt in unser Wohnzimmer kam. Ebenso unbekannt blieb bis heute dessen Inhalt, Arbeiterkämpfe in einem Bergwerk im 19. Jahrhundert.

Während die Bücher so wie die bunten Römergläser in der Vitrine vor allem als Deko fungierten, waren die Platten in den zwei Taschen aus Kunstleder mindestens so oft im Gebrauch wie der Videorecorder: Neben Beatles, Abba, jugoslawischen Chansons, Heintje, Karel Gott und Bruce Springsteen war es vor allem Miles Davis: „Porgy & Bess“, „Fahrstuhl zum Schafott“, „Sketches of Spain“.

„Zu Gast“ in Deutschland

Mein Vater verehrte Miles Davis, weil der, wie mein Vater sagte, „immer auf der Flucht“ war. Immer auf der Suche nach dem Neuen. Mein Vater war alles andere als ein Jazzkenner. Er war Baustellenarbeiter, Küchenmonteur und arbeitete für die US-Army in Hessen. Vielleicht verehrte mein Vater Miles Davis, weil er selbst als jugoslawischer Marinesoldat die neue Welt bereist hatte. Vielleicht weil er vor seiner Vergangenheit floh, in der die Nazis seine Eltern, Geschwister, Tanten und Onkel ermordet hatten, worüber er nie redete. Vielleicht wurde er deswegen zu einem großen Gesellschafter, der immer Leute um sich haben musste, immer die ganz großen Feste feiern musste, auf denen er der Unterhalter war. Nie blickte er zurück, immer nur nach vorne.

Aber auch mein Vater konnte mir nicht sagen, wo ich mich umschauen könnte, damit ich es einmal besser habe. Aber er erwartete von mir auch nicht, dass ich irgendeinen Job hatte, sondern dass ich auf Familienfesten nicht mein Lieblingsjackett vom Flohmarkt trug, sondern das grellgrüne Damenjackett mit den Schulterpolstern, das er mir gekauft hatte. Er erwartete, dass ich so schwimmen können sollte wie Esther Williams, dass ich sonntags in die Kirche ging, während er im Radio jugoslawischen Gastarbeiterfunk hörte. Und er erwartete, dass ich mich politisch nicht so vorlaut äußere, weil wir in diesem Land „zu Gast“ seien und uns nicht darüber beschweren dürften, wie wir hier behandelt werden. „Sonst schmeißen die mich hier raus, und ich werde arbeitslos.“

Mein Vater erwartete, dass ich so schwimmen können sollte wie Esther Williams, dass ich sonntags in die Kirche ging, während er im Radio jugoslawischen Gastarbeiterfunk hörte.

Anfang der 80er Jahre, Wirtschaftskrise, mein Vater wurde arbeitslos. Die große Mietwohnung mit der großzügigen amerikanischen Küche wurde zu teuer. Meine Mutter impfte mir und meiner Schwester ein, niemandem davon zu erzählen, dass unser Vater nun „schwarz arbeite“. Wir hatten beide keine Ahnung, was das überhaupt hieß, und stellten uns vor, dass er sehr dreckige, aber auch sehr geheimnisvolle Arbeit machen musste.

Als ich in der 7. Klasse ein Schülerpraktikum machen sollte, war das Geschrei dann groß. Meine Schulfreundinnen, deren Eltern Deutsch- und Kunstlehrer waren, gingen zu Verlagen und Siebdruckereien. Ich weiß bis heute nicht genau, was eine Siebdruckerei so macht, damals hätte ich gerne näher gewusst, was es mit der Schwarzarbeit auf sich hat. Aber mein Vater hatte sich schon beim Nachbarn unter uns informiert, der einen dubiosen, aber florierenden Metallhandel führte. Er kam mit der Information zurück, dass sich derzeit als Bauzeichner oder Zahntechniker gutes Geld verdienen lasse. Was ein Bauzeichner genau machte, fand ich nicht heraus, ein Internet gab es damals noch nicht, und außerdem hatte ich genug von den Baustellen, auf denen ich meinem Vater geholfen hatte, Küchen- und Werkzeugteile durch die Gegend zu tragen. Und an anderer Leute Zähne herumzufummeln, hatte ich auch keine Lust.

Stattdessen landete ich bei einem Optiker in Wiesbaden. Wie ich auf Optiker kam, weiß ich nicht, ich trug ja nicht einmal eine Brille. Auf der Suche nach einem Beruf hatte ich die Gelben Seiten durchgeblättert, und die Anzeige des Optikers hatte mir wohl gefallen.

Ich schmiss dann ein paar Wochen lang die Brillen von Heinz Schenk, von Schimanski und von Roncalli-Gründer Bernhard Paul in den Ultraschallreiniger. Danach war ich einen Schritt weiter: Optikerin würde ich nicht werden.

Meiner Mutter gefiel das nicht. Heinz Schenk und Schimanski fand sie ja gut. Was ihr auch gefallen hätte, wäre, wenn ich Gärtnerin, Tierpflegerin oder Supermarktkassiererin geworden wäre. Echte Berufe eben. Erwartet hat sie von mir nicht, dass ich mich in der Welt der anderen Leute umschaue. Und noch weniger, dass ich mir für diese andere Welt eine Aufenthaltsgenehmigung besorgte. Ich flüchtete aus ihrer Welt. Aus der Welt der Arbeiterklasse.

„Akrap droht Haftstrafe“

Ich ging auf Demonstrationen gegen die Abschaffung des Asylrechts und gründete eine linksradikale Spaßpartei. Eines morgens weckte mich mein Vater mit dem Lokalblatt in der Hand, auf dessen Titel in großen Lettern stand: „Akrap droht Haftstrafe“. Weil ich als Ausländerin bei den Stadtparlamentswahlen kandidierte, hatten lokale Politiker versucht, mir Angst einzujagen. Angst hatte nun aber vor allem mein Vater, weil nachts mehrfach jemand anrief und „Scheiß Ausländer! Euch sollte man vergasen!“ ins Telefon brüllte.

Ich bildete mir lange ein, dass ich zu den Linken und den Bürgerlichen ging, um etwas zu tun, damit meine Eltern es später mal besser haben würden. Und lange war ich der Meinung, dass nicht ich es war, die gegangen ist, sondern dass ich zu Hause unerwünscht war. „Dann geh doch, wenn es dir nicht passt“ ist noch so ein Gespenstersatz aus der unveröffentlichten Anthologie „Mutters Sätze“.

Ein Jahr vor dem Abi zog ich von zu Hause aus. Die Streitereien mit meiner Mutter waren zu heftig geworden, wir brachen den Kontakt ab. Da ich kein Geld hatte, ging ich auf einen besetzten Bauwagenplatz und putzte bei einem maoistischen Motorradhändler die Wohnung. Dann starb mein Vater, kurz bevor ich Abitur machte, und meine Mutter und ich näherten uns wieder an. Als sie hörte, dass ich putzen ging, blühte sie auf. Endlich ein Thema, über das sie mit mir reden konnte, ein Terrain, auf dem sie sich sicher fühlte, mir etwas erklären konnte. Auch sie hatte sich aus ärmlichen Verhältnissen in Mecklenburg-Vorpommern stammend, ihr ganzes Leben selbst finanzieren müssen. In ihren Augen war ich jetzt nicht mehr ein Sonderling, sondern mit ihr auf Augenhöhe oder besser auf Kniehöhe, die Fliesen schrubbend.

Als ich dann aber bei den Linken blieb und zu den Studenten ging, hatte sie erwartet, dass ich heroinabhängig werde und unter Brücken schlafe.

Als ich dann aber bei den Linken blieb und zu den Studenten ging, hatte sie erwartet, dass ich heroinabhängig werde und unter Brücken schlafe. Nicht erwartet hatte sie, dass sich mein Leben mehr oder weniger so abspielen würde wie jedes andere auch: in einer Wohnung mit Küche und Bad, an einem bezahlten Arbeitsplatz, auf Betriebsfeiern und an Urlaubsorten, die von Chartermaschinen angeflogen werden.

„Ja, ja, Madame geht zur Universität. Bildest dir wohl was drauf ein“, sagte sie mit Vorliebe dann zu mir, wenn ich versuchte, ihre Meinung über Linke – „Die reden auch viel, wenn der Tag lang ist, anstatt zu arbeiten“ – auszureden. Auf der Universität begegnete ich linken Studenten, die sich darüber empörten, dass der Studentenrabatt für den öffentlichen Nahverkehr gestrichen wurde. Wenn ich denen sagte, dass der Studentenrabatt kein Menschenrecht sei und meine putzende Mutter auch den vollen Preis für das Busticket zahlen musste, guckten die mich nur komisch an.

Als ich meinen ersten Job als Redakteurin bei einer großen Boulevardzeitung hatte, wusste ich: Meinen linken Freunden würde das überhaupt nicht gefallen. Aber ich hoffte, wenigstens meiner Mutter ein Mal imponieren zu können: Ich machte Geschichten über Pferde und Fußballer und saß bei der Schwimmerin Britta Steffen auf dem Schoß. Glücklicherweise saß Britta Steffen dann auch bald bei „Wetten, das..?“ im Fernsehen – und als ich zu Weihnachten mit ein paar Ausgaben der BZ nach Hause kam, feierten wir zum ersten Mal seit dem Tod meines Vaters wieder ein fröhliches Weihnachtsfest.

Im Überschwang hatte ich Karten für etwas besorgt, von dem ich dachte, ich würde meiner Mutter damit eine Riesenfreude machen: „Schwanensee on Ice“, dargeboten vom russischen Staatsballett in der Alten Oper in Frankfurt.

Die drei Stunden auf den billigsten Plätzen waren die Hölle. Ich strengte mich an, alles toll zu finden, sagte bei jeder artistischen Einlage „Wow“ und „Guck mal“. Meine Mutter aber war ultragelangweilt und ärgerte sich, dass sie wegen des „Gehampels“ die TV-Aufzeichnung des Konzerts von Semino Rossi verpasst hatte, ihrem Lieblingsschlagersänger, der ein paar Wochen vorher in derselben Oper aufgetreten war.

Didier Eribons Buch las ich im Sommer am Strand des kroatischen Dorfs, in dem mein Vater sich seinen kleinen Traum vom Haus am Meer selbst zusammengezimmert hatte. Meine Schwester war da. Wir stritten uns. Auch, weil die Lektüre Eribons die Erinnerungen an unsere gemeinsame Vergangenheit hochspülte. Ich warf ihr „Ressentiments“ vor. „Du und deine Ressentiments. Hauptsache, du weißt, was das ist“, antwortete sie.

Linke arrogante Kinder

Die Literaturkritikerin Elke Heidenreich befand kürzlich, Didier Eribon hätte seinen Eltern halt mal früher erklären sollen, was er so mache, dann wäre es auch nicht zu dem großen Bruch mit ihnen gekommen. Sie habe ihrer proletarischen Mutter schließlich auch immer erklärt, was sie so mache. Es sei kein Wunder, dass die Arbeiter rechts werden, wenn ihre linken Kinder so arrogant seien wie Eribon.

Arrogant? Jemandem, der versucht zu verstehen, was er lange verdrängt hat, Arroganz vorzuwerfen, ist nicht gerade das Gegenteil von arrogant. Zudem ist Heidenreich einer Meinung mit Eribon: Die Linken sind schuld daran, dass die Arbeiter heute rechts wählen. Didier Eribons These, die hierzulande vor allem von bürgerlicher Seite begeistert rezipiert wurde, teile ich nicht gänzlich. Schon allein deswegen, weil mittlerweile völlig unklar ist, was und wo „links“ überhaupt sein soll. Und, weil Deutschland nicht Frankreich ist.

Wenn ich meine Arbeitereltern fragte, warum sie eigentlich nie kommunistisch wählten und sie dann von Verbrechern sprachen, ist das auch ein Ergebnis deutscher Politik, die kriminalisierte, wer die Sache der Arbeiter radikal vertrat: Die Kommunistische Partei wurde 1933 von den Nazis und 1956 von der CDU verboten. Links war die deutsche Arbeiterklasse in der BRD vor allem in der Vorstellung bürgerlicher Linker. Aber nicht in der Realität.

taz.am wochenende

In Berlin baut ein gelernter Schweißer den größten Hindu-Tempel Deutschlands – seit mehr als neun Jahren. Große Erwartungen treiben uns an. Sie finden sich in jedem Leben, besonders in der Weihnachtszeit. Die taz.am wochenende vom 24./25./26. Dezember widmet sich ihnen. Mit dabei: eine Kunstschätzerin, ein Pfarrer und ein Alleinunterhalter, die über den professionellen Umgang mit Erwartungen reden. Und: der magische Moment, bevor das Überraschungsei ausgepackt wird. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Meinen eigenen Arbeitereltern haben nie links, sondern konservativ gewählt. Und jetzt sitze ich da und frage mich, ob ich mich fragen muss, welchen Teil ich dazu beigetragen habe, dass meine Mutter nie links wurde. Das ist absurd.

Es wird viel über den Arbeiter geredet. Aber den gibt es nun mal nicht. Auch für den Arbeiter gilt wie für jeden Bürger das Recht auf Individualität. Ich bin mir sicher, auch im Erinnerungsregal meiner Mutter gibt es einen Band „Tochters Sätze“, den sie immer wieder liest. Ich weiß, dass sie sich fragt, welchen Anteil sie daran hat, dass ich zu den anderen gegangen bin.

Wenn wir darüber wirklich reden könnten, es könnte eine schöne Weihnachtsgeschichte werden. Dazu aber müssten wir auch darüber reden, was sie bei der Bundestagswahl wählt. Und das hab ich mich bisher noch nicht getraut.

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105 Kommentare

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  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Mir ist klar wie Herrschaftssysteme funktionieren. Hier eine hervorragende Zusammenfassung des Themas: https://www.youtube.com/watch?v=rStL7niR7gs

     

    Ich denke man muss zwischen zwei Dingen unterscheiden: Dem Abbau des Sozialstaates und der wachsenden Ungleichheit.

     

    Erstmal zum Sozialstaat: Lange haben Politiker das System das sie preisen auf Pump betrieben und dann haben sich die Staatsschulden mit der Wiedervereinigung über Nacht auch noch verdoppelt. Dazu kommt ein Rentensystem das unter steigender Lebenserwartung und sinkenden Geburtenraten leidet. Schon jetzt ist der größte Posten im gesamten Bundeshaushalt die Bezuschussung des Rentensystems mit 93 Milliarden von 318 zur Verfügung stehenden, also fast ein Drittel! Deshalb schrieb ich weiter oben: Man hat aufgehört über seine Verhältnisse zu leben.

     

    Zur sozialen Ungleichheit: Deutschland hatte lange relativ wenige Probleme mit ungleichem Vermögensständen. Das war ein Nebenprodukt des Krieges, der einen Großteil des Besitzes der Bevölkerung zerstört hat. Vermögensungleichheit ist aber ansich nichts Neues. Diese Ungleichheit steigert sich über Generationen immer weiter, auch bei absolut Fairen Spielregeln. Wer etwas erbt und wer nicht hängt vor allem vom Wissen und der Disziplin der Vorfahren ab.

     

    Die steigende Ungleichheit bei Löhnen hat an erster Stelle etwas damit zu tun das viele Arbeitnehmer keine Wertvollen Leistungen mehr anbieten können. Was nützt ein hohes Maß an Kompetenz im Bereich der Buchhalterei, wenn 90% der Aufgaben von einem Server für 3000€ mit einer Software für 5000€ übernommen werden können? Genau: Nichts. Da ist der Angestellte bald zehnmal so teuer.

    Auf dieses Problem hat die Linke schlichtweg keine Antwort. Die Standard-Antwort war in der Vergangenheit immer wieder: Streik! Protest! Aber was bringt das wenn das Problem nicht mehr die Arbeitsbedingungen sind, sondern das Abhandensein eines Arbeitgebers?

  • Klassengesellschaft ist erstmal eine soziologische Grösse, Arbeiterklasse existiert auch ohne dass der/die Arbeiter Klassenbewusstsein haben.

     

    Die "Linke" bezeichnet historisch gesehen eine emanzipatorische Bewegung, inwieweit "die Linke" dem heute noch entspricht ist eine gute Frage aber eine andere Angelegenheit.

     

    Sich als Arbeiter-in zu emanzipieren heisst aus der zugedachten Existenz und den dazugehörigen Verhältnissen auszubrechen : mit dem entsprechenden Klassenbewusstsein in einem kollektiven, revolutionären Prozess - ohne dieses ist das meistens das Abstrampeln um sozial aufzusteigen, mit all den unapetitlichen Begleiterscheinungen. Das haben die oberen Klassen natürlich nicht nötig und können sich über letzteres abfällig belustigen.

     

    Die "Linke" und die Arbeiterklasse, leider oft weit entfernt von Emanzipation : Meistens stellt man sie auf einen Denkmalsockel, da sollen sie dann auch ja bleiben und zwar als das was sie sind, als Arbeiter. zwar idealisiert aber jedenfalls nicht von ihrer Existenz emanzipiert. Die Abschaffung der Arbeiterklasse wie auch der "Arbeit" ist bei den "Linken" meistens nicht zu finden.

     

    Die "Rückkehr nach Flörsheim" ist eine Ansammlung von Klischees die nicht falsch sind aber in ihrer geballten Ladung schwer nachzuvollziehen. Persönlich habe ich in der Arbeiterklasse mehr weltoffene Menschen, welche unter ziemlichen Anstrengungen ihren Horizont beachtlich erweitert haben, kennengelernt als bei den verbildeten Ständen.

  • Der Satz

    "Die Kommunistische Partei wurde 1933 von den Nazis und 1956 von der CDU verboten." ist zumindest im letzten Teil etwas missverständlich. Dazu wikipedia:

     

    "Am 23. November 1951 stellte die [CDU-geführte] Bundesregierung Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD durch das Bundesverfassungsgericht, ebenso wie bereits drei Tage zuvor gegen die Sozialistische Reichspartei, die offen neonazistisch war und bereits 1952 verboten wurde."

     

    "Der 1. Senat verbot schließlich am 17. August 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands, verbot ebenfalls die Gründung von Ersatzorganisationen..." https://de.wikipedia.org/wiki/KPD-Verbot

  • Peter Nowak, Freitag-Autor einer Rezension unter dem Titel: “Kein Herz für Arbeiter“, schreibt zum Taz-Artikel: “Klassengesellschaft in Deutschland“ - “Rückkehr nach Flörsheim“ von Doris Akrap, wie folgt:

     

    »Der Artikel in der Taz hat mir auch sehr gut gefallen, weil dort auch noch mal deutlich wurde, dass es sehr wohl nötig und wichtig ist, auch die konservativen und reaktionären Vorstellungen in Arbeiter_innenhaushalten zu kritisieren, die wie selbstverständlich immer konservativ wählten, weil das ihrer Weltsicht entsprach.«

     

    Siehe auch passend zum Taz-Thema den Blog-Beitrag von Peter Nowak auf der Freitag-Internetseite: »Kein Herz für Arbeiter. Rezension. "Proleten, Pöbel, Parasiten" will erklären, wieso Linke Arbeiter verachten. Die eigentliche Verachtung ist es, ihnen zuzurufen: "Bleibt, wie ihr seid".« http://www.freitag.de/autoren/peter-nowak/kein-herz-fuer-arbeiter

     

    26.12.2016 / R.S.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Reinhold Schramm:

      George Orwell hat um 1936 sein Werk "Der Weg nach Wigan Pier" verfasst. Darin setzt er sich mit der Arbeiterklasse auseinander und stellt sich der Frage warum der Sozialismus bei denen die vermeintlich von ihm profitieren würden so unbeliebt ist. Die Antworten sind erstaunlich aktuell. Der Wikipedia-Artikel liefert eine gute Übersicht aber wer die Zeit hat dem kann ich das Buch nur ans Herz legen.

       

      Der eigentliche Knackpunkt wird im Wikipedia-Artikel aber nicht erwähnt. Zum Ende hin stellt sich Orwell die Frage ob die Sozialisten die Arbeiter den überhaupt mögen und kommt zu dem Ergebnis das dies eindeutig nicht der Fall ist. Die Sozialisten hassen nur die Eliten und sehen in ihnen einen gemeinsamen Feind.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Als junger Tischlergeselle arbeitete ich mit einem Altgesellen in den 1970er Jahren zusammen. Er gehörte in der Weimarer Republik und im Faschismus zur (illegalen) KPD. Er verbrachte mehrere Jahre im Zuchthaus, da er in Folge eines KPD-Parteiauftrags von den Beamten und Faschisten gefasst wurde.

         

        Er berichtete mir, wie er in der Weimarer Republik mit anderen Arbeitern gegen den Kapitalismus und aufkommenden Faschismus noch den gemeinsamen Kampf führte. Und wie nach der legalen Machtübernahme sein vormaliger Mitkämpfer die Seite hin zu den NS-Faschisten wechselte. Dies war kein Einzelfall!

         

        Wer sich heute mit den historischen Quellen über die soziale und berufliche Zusammensetzung der Mitgliedschaften aller Parteien der Weimarer Republik und mit der Mitgliedschaft der NSDAP beschäftigt, der muss feststellen: die NSDAP hatte in ihrer Hochzeit, während des Dritten Reiches, einen ArbeiterInnen-Anteil von etwa 30 Prozent in ihrer Mitgliedschaft [in der Spitze um 7,6 Mio. Parteimitglieder]. Dieser Anteil unter ihrer NS-Arbeiterklasse lag damit höher als zu Spitzenzeiten in der Weimarer Republik der Arbeiteranteil von SPD und KPD zusammen-genommen!

         

        Übrigens, auch die Mitgliedschaft in der NSDAP beruhte auf freiwilliger Basis. Wohl mit Ausnahme bei den vormaligen Beamten der Weimarer Republik, deren Seitenwechsel zur NSDAP-Mitgliedschaft beruhte vor allem auf Opportunismus und Anpassung, befanden sich die übrigen Bevölkerungsschichten, sowohl aus der Arbeiterschaft und Bourgeoisie [die reale "Volksgemeinschaft"] freiwillig und aus Überzeugung in der kapital-faschistischen NSDAP.

         

        Nach Kriegsende hatten sich die ideologischen NS-Aktivisten -aus allen Schichten und Klassen der realen Volksgemeinschaft- in der Luft aufgelöst. Es gab nur noch unschuldige NS-Opfer bei den Deutschen! (?)

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Na bitte - geht doch - & a-gähn -

         

        Ne echte Doppel-Dulle.

        Aber danke für den Hinweis;

        (Fehlt im Regal - vmtl. die kids!;)

        Na die könn sich gleich was -Inquisitorisch anhören!;))

  • Frau Akrap hat ja recht, dass die deutschen Arbeiter schon in ihrer Kindheit rechts waren, als die in Frankreich noch links waren

    Aber warum? Weil Frankreich rückständig ist, und die Entwicklung in Deutschland viel früher einsetzte, nämlich in der Weimarer Zeit. Die Zusammenfassung von Bobos und Arbeitern in einer gemeinsamen Partei - das war schon um 1930 nicht mehr einleuchtend und wurde immer weniger akzeptiert.

    • @Rainer Möller:

      Mit der bitteren Pointe - daß der Gröfaz

      Leichtes Spiel hatte - Weiterhin hinter der roten Fahne herjelofen wurde &

       

      Post WK II - ? ~>

      Eine Arbeiterbewegung existierte nicht mehr - &

      In der West-Zone/BRD -

      Der komplett verlogene Sozialpartnerschaftliche Einheitsbrei - bürgerlich first - in Wirtschaft & Gesellschaft angerührt wurde -

      ( la difference france -;) &

      In der SzoffjetZone/DDR - die Rotlackierten -

      Den Realen Sozialismus auf Weltniveau installierten & den WK II im Comecon bezahlten!

      Spitzbart&Ol Conny - bedingt unisono - aber ~>

      "Das muß alles demokratisch aussehen!" & s.ä.

      "Dess müsse mer mache - dess mache mer aber nich!" (z.B. Art. 15 GG - Vorsitz Pferdmenges (Deutsche Bank). Noch Fragen?!

      So ging/geht das.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Und das in Zeiten den Inklusion!"

    Davon sind wir noch Lichtjahre entfernt und das Klassenbewusstsein ist lebendig wie eh und je, nicht nur "bei den Linken".

    • @571 (Profil gelöscht):

      "Unsere Autorin...Sie weiß, was es bedeutet, den gesellschaftlichen Aufstieg zu wagen."

       

      Sagt aber alles aus. Wer sich selbst als gesellschaftlich aufgestiegen empfindet, braucht sich nicht über Klassengesellschaften mukieren. In einer klassenlosen Gesellschaft hätte der Journalist keinen besseren Stand - der als Aufstieg empfunden wird - als ein Kanalarbeiter. Ob das Sinn macht sei dahingestellt.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @571 (Profil gelöscht):

      (Antwort an LESER77)

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Der Mottenkistenbegriff "Klasse" ist bei den Linken nicht totzukriegen. Ist die Einteilung in Klassen nicht ein Instrument der Diskriminierung? Und das in Zeiten den Inklusion! Was ist aus dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft geworden? Klingt hier die Erkenntnis durch, das letztere eine Chimäre ist?

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Keine Angst. Merkel und Schäuble mit ihrer chauvinistischen Wirtschafts- und Finanzpolitik arbeiten fleißig daran, dass die Klassengesellschaft auch morgen noch in exzellenter Verfassung bestehen wird. Und auch die Deutschland AG (Siemens, Daimler, VW, DEutsche Bank, Allianz, usw.) trägt ihr gehöriges Maß dazu bei.

      • @Nikolai Nikitin:

        Ja mei Konzerne wie Siemens, Daimler, VW usw. sorgen aber für viele Arbeitsplätze und dafür, dass sich viele Arbeiter zumindest von den Moneten her nicht als schlechtere Klasse wie andere fühlen müssen. Womit wollen Sie daß ersetzen? Etwa mit Lada? Und ist es die Schuld von VW, dass fast keine Sau Lada kauft?

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @Nikolai Nikitin:

        Klassenlose Gesellschaft, bevölkert vom Einheitsmenschen: Geschlechtslos. Unterschiedlos. Sexlos. Besitzlos. Arbeitslos. Freudlos.

        • 3G
          3641 (Profil gelöscht)
          @80576 (Profil gelöscht):

          Oh wie schön ist Kuba!

        • @80576 (Profil gelöscht):

          allen geht's gleich schlecht...

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @Nikolai Nikitin:

        Ei wie fein, der Klassenkampf lebt noch. Hübsch!

        Chauvinismus, Imperiallismus, Kolonialismus und Neoliberalismus. Was wäre das Leben ohne Ismen? Am besten gefallen mir immer noch die flammenden Ismen von Dutschke und Co, Klassiker, unerreicht seitdem bis heute! Jenseits von allem Irdischen im freien Nichts kreisend. Klamauk der irren Art.

  • Liebe Frau Karnap - nochens -

     

    Empfehle - Rauschender Beifall -

    by Paul A. Weber - http://www.artnet.com/artists/andreas-paul-weber/rauschender-beifall-5gYyWVb_d7rQHtzvFUAr1A2 - &

    "Allen zu gefallen ist unmöglich!"

    kurz - Auf ein neues!;)

    Freu mich - nachdenklich.

    • @Lowandorder:

      ;( - Sorry - …Doris Akrap

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Parka?

        • @571 (Profil gelöscht):

          Nö - 20./21. - Capra - frank or frit -

          mäh or ätsch or jof - ?!

          kurz - Film or Strick ab!;)

          Now - it's yours!

          • 5G
            571 (Profil gelöscht)
            @Lowandorder:

            Aries - ganz andere Geschichte:-)

            • @571 (Profil gelöscht):

              klar - hat ich glatt vergessen -

               

              Mit den Hörnern hamses ja im Ländle -

              Auch was gern - vorneweg die Evangelikalen -

              Das es nur so nachsichtig hubert - e.r. oder w. - egal. &

              klar - andere Geschichte ~> http://www.taz.de/!5366884/#bb_message_3440512 -;)(

              • 5G
                571 (Profil gelöscht)
                @Lowandorder:

                Hauptsache, es mäht im Ländle.

                 

                Ob Er nun mähen lässt oder die Huber es aus freien Stücken tun, hört niemand raus.

                Gruß Aries 010447:-)

                • @571 (Profil gelöscht):

                  Aha - das also ist des Bockens Kern ! & 01.04.! Wie bei Flann O'Brain

                  Brian O’Nolan, Brian Ó Nualláin -

                  Nicht sicher - Ob gestorben oder - hier Geboren!;))

                  Indeed!

                  • 5G
                    571 (Profil gelöscht)
                    @Lowandorder:

                    Flann O'Brain?

                    Schön.

                  • 5G
                    571 (Profil gelöscht)
                    @Lowandorder:

                    Egal, Hauptsache: alter Ire.

  • Liebe Les- und Schreibende,

    könnt ihr mir mal erklären, worum die Debatte geht? Ich verstehe es nicht.

    Da beschreibt eine Redakteurin ihr Verhältnis zu ihren Eltern und sortiert diese politisch ein und beschreibt, dass aus einer bestimmten sozialen Stellung keine bestimmte politische Haltung folgt, obwohl diese notwendig zu sein schieint (ist es das, was Sie meinen, Frau Akrap?).

    Und manche Lesende beschweren sich, dass Frau Akrap so eine Geschichte hat, weil sie andere Geschichten kennen, wo andere Menschen andere Schlüsse gezogen haben??

    Freue mich über Rückmeldungen, …

    Peter

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Eokdipl:

      Nun, ich sehe den Artikel nicht als bloß "eine Erzählung mit essayistischen Einsprengseln" (siehe LOWANDORDER), da Frau Akrap Bezug nimmt auf das Buch von Eribon, Kritik and dessen Aussagen und nicht bloß bei eigener Geschichte bleibt, sondern tendiert, sie als Beispiel für generelle Milieueigenschaften hinzustellen. Kurz zwar aber immerhin.

       

      Es geschieht m.E. auch nicht ohne politischen Zweck und sollte (siehe auch USA) folgendes belegen: Arbeiter (Präkariat etc) wählt zunehmend rechts/falsch, nicht weil irgendjemand, irgendetwas politisch oder aufklärerisch falsch gemacht hätte, sondern weil das Milieu grundsätzlich strohdoof oder zumindest aufklärungsresistent, bildungsfeindlich ist und prinzipiell schon immer war. Hat auch keinen Zweck, sich irgendwie um deren Belange zu kümmern, die werden's nicht verstehen, v.a. aber politisch nicht goutieren.

      Ich finde es nur verheerend. V.a. die Aussage mit Bildungsfeindlichkeit, die unterschwellig (?) dem Milieu Dummheit unterstellt.

    • @Eokdipl:

      Es geht hier nicht um Diskussion oder Erkenntnisgewinn, sondern um eine Mischung aus Rechthaberei, pseudointellektueller Schaumschlägerei und bedeutungsschwangerem Geraune. Gern auch in wissenschaftlich oder literarisch anmutenden Duktus getaucht. Jeder ist halt klüger als der andere und das gilt es zu zeigen. Und das letzte Wort soll es dann auch immer noch sein. Tja, ermüdend meist, hin und wieder wenigstens amüsant.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Eokdipl:

      Linksintellektuelle Vorstellung und reale Arbeiterwelt hatten noch nie etwas miteinander zu tun. Romantische Verklärung und Unkenntnis auf der einen Seite, rohe menschliche und materialistische Bedürfnisse auf der anderen Seite.

      Man sehe sich nur das Entsetzen und die Irritation so mancher Linker in der BRD zu Zeiten der Wende angesichts der gelebten Bedürfnisbefriedigung der DDR Bürger an.

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Sehr richtig. Im linken Elfenbeinturm Gesponnenes und richtige Arbeit bei richtigen Arbeitern sind so weit entfernt. Die Linken geben nur vor, etwas für "die Arbeiter" tun zu wollen. Das ist so eine Art Eitelkeit, die sich gern in überhöhter Moraität sonnen möchte.

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Wie wahr, Herr 77 !

  • Liebe Frau Akrap,

    Auch wenn das einige Foristen anders sehen - ich möchte ihnen herzlich für diesen Artikel danken. Ich sehe darin weder Egozentrik noch eine "Kakophonie", sondern vielmehr ein Versuch, Gefühle ehrlich zu artikulieren - und auch vermeintliche Gewissheiten zu hinterfragen. Ihr Artikel hat mich sehr nachdenklich gestimmt - auch was mein eigenes Verhältnis zu meinen Eltern betrifft (die zwar aus einem anderen Milieu stammen, aber Kommunikationsschwierigkeiten kommen auch woanders vor ;-)).

    Merci!

    • @Blacky:

      Ich hab mir auch die Zeit genommen diesen sehr langen Artikel zu lesen weil da richtig was drin steht.

       

      Bedankt!

  • @RUHIG BLUT - ;))

    Sie beginnen sich zu wiederholen ~>

    (Ja ja - das Alter - Wem sagen Sie das!;)

    Leider schon wieder wahr. &

     

    Ergänze diese Standes- & Dünkel-Soße:

    "Klar die Etagen sind doch längst unter den

    Verbindungen wie gehabt verteilt -

    Aufsichtsräte & Vorstande - Corps only -

    Darunter für das Pleps - öh - denn Rest!

    (O-Ton - Top-Lobbyist & Burschenschafter!)

     

    & "Die Fähigkeit zur Bekleidung von Lehrstühlen

    Soll sich nicht nur auf Söhne&Töchter -

    Sondern auf Schwiegersöhne&töchter vererben!"

    Diese SotTisse meiner alten Dame*04 -

    Hörte sich bei meinem Dr.Vater so an:

    " Ja diese Professorenkinder wollen den Lehrstuhl blanco serviert bekommen!")

    ps mein Bruder: Schulabbrecherautodidakt

    Per excellence - mit zwei Lehrberufen - &&& -;)

    kurz - empfehle Ari Turunen http://www.spiegel.de/kultur/literatur/ari-turunen-kann-mir-bitte-jemand-das-wasser-reichen-a-1046499.html

    pps - meine Erfahrungen a Penne - laß ich mal wech!

    • @Lowandorder:

      Hab ich mich wiederholt? Nicht mal bemerkt, Mist, wohl das Alter.

      Btw, ich hab überhaupt nix gegen die linken Oldies, Sorgen macht mir seit längerem eher der Nachwuchs. Wahrscheinlich auch eine Alterserscheinung.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Nönö, stimmt schon.

         

        Es heißt doch (seit Sokrates?) schon immer:

        Die Jugend wird immer schlimmer!

        • @571 (Profil gelöscht):

          Hieß es angeblich schon bei den Ägyptern. Aber z. Zt. isses halt besonders schlimm :-))

        • @571 (Profil gelöscht):

          …klar der Alte Brunnenwächter

          Hat sicher gerade Sie gemeint -

          Nur - mit der Jugend - öh -

          Das - mit Verlaub hab ich -

          Getzt nicht verstanden!

          Also nicht so ganz.

          In echt.;)

          • @Lowandorder:

            Verweichlicht und selbstsüchtig. Nur Vergnügen im Kopf, aber keinen Sinn für Verantwortung. Der Chef könnte das viel treffender formulieren, ich vermisse ihn wirklich.

            • @Ruhig Blut:

              Upps -;)

               

              Hör ich das Dengeln des Spenglers -

              Auf ollem Blech?!

               

              Na - & Rumgoebbelsn tun se ja nich -

              Newahr!

              kurz - Chéefe alle paletti?!

              • @Lowandorder:

                Alles halb so ernst.

                Rumgoebbeln in der Öffentlichkeit, ähm, besser nur mit deutlichem Satirehinweis. Find ich aber nicht das Schlechteste. Lächerlich machen ist doch die wirksamste Form der Dekonstruktion. Niemand entzaubert den Führer so dreckigschön wie Walter Moers, Titanic u. ä. (in lichten Momenten ist auch der Gröchefaz ein begnadeter Satiriker.)

                • @Ruhig Blut:

                  Ich leih Ihnen gern mal "Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei" - des Reichsklumpfuß -

                  Mitgehenlassen auf den Höfen meiner -

                  Altvorderen - aber bei Hans Mayer fand ich´s

                  Wieder - "Guter Redner - lausiger Schreiber."

                  Es wimmelt vom "Chef" - bis zum Abwinken &

                  (Der Vereinnahmung von Wagner!;)

                  Gröfaz - klar - gibt´s im kölschen Anarcho Kabarett -

                  Zum Lachen-im Halse-stecken-bleiben -

                  Normal & Live!;)

                  • @Lowandorder:

                    Hm, in maßvoller Dosis genau mein Geschmack ;-)

      • @Ruhig Blut:

        ;)) schon wieder wahr!;)

        Jetzt wird's langsam retundant!

        "Seine Kinder aber sagten,

        Vater du wirst alt!"

        Ein Lieblingsspruch vom ehemaligen

        Verlobten meiner Mutter!;)

        Weil er aber so wunderbar lebensklug

        Erzählen konnte - immer gern genommen.

        kurz - dito dito!;))

  • Mir ist auch noch der Gedanke gekommen, dass es andersherum auch zu erzählen gilt: Kinder aus "intellektuellem" Elternhaus, die unbedingt Abitur machen und studieren sollen, aber deren Vorstellungen ganz andere sind, wenn sie denn überhaupt eigene haben.

     

    Mich nerven diese ganzen etablierten Mittelschichtsfamilien und vor allem auch Lehrer, die nur in Abitur und anschließendem Studium die einzige Möglichkeit für die "guten" Kinder sehen. Gleichzeitig grenzen sie diese, ihre Kinder von Kindern auf anderen Schulen als einem Gymnasien ab und werten damit alle anderen auch ab.

     

    Mir würde es besser gefallen, wenn alle Ausbildungswege eine Wertschätzung erhalten würden und die Kinder auch wesentlich länger zusammen unterrichtet werden würden. Mal ganz zu schweigen, dass es auch Ausbildungsberufe gibt, bei denen man mehr und sicherer verdienen kann.

     

    Und allen zukünftigen Durchmarsch-Abiturienten allgemeinbildender Schulen empfehle ich darüber nachzudenken, vielleicht vor dem Studium eine Berufsausbildung zu absolvieren. Denn nicht für alle ist ein Studium ein Segen und mit Berufsausbildung kann man sich auch sein Studium ggfs. besser finanzieren oder eben auch abbrechen. Die Fallhöhe ist dann geringer.

     

    P.S.: Habe selbst ein "Durchmarsch"-Abitur und Studienabschluss, was auch von mir erwartet wurde. Genervt hat mich das aber schon immer - auch zu Schulzeiten. Ich bin dann wie viele andere nach der Schule auch Umwege gegangen, weil mir keine Ausbildungsalternativen vorgestellt wurden. Und anhören musste ich auch so was: "Die oder der ist kein Umgang für dich, ist doch auf der Hauptschule". Leute, die mit mir in die gleiche Grundschule gegangen sind und in der Nähe wohnten...

    • @Hanne:

      Lesen Sie meinen Beitrag weiter unten, das ist die umgekehrte Perspektive. Mein "Schluss" war aber, dass ein Milieu doch weit mehr prägt als man es glaubt und es daher immer schwer ist, sich in ein fremdes Milieu einzugliedern und voll anerkannt zu werden. Auch der Lehrersohn mit Abi wird nicht mit offenen Armen bei Leuten empfangen, die "hart arbeiten" und "keine Flausen im Kopf haben". Es gibt eine Reihe von Filmen und realen Geschichten, wo solche Leute dann aber auch ihre "Arbeiterfreunde" irgendwann "verraten" haben und in ihr Milieu zurückgekehrt sind, wenn es schwierig wurde - oft mit "Papas" Hilfe, nachdem sie sich "die Hörner abgestoßen" haben. Das prägt natürlich auch.

       

      Wichtig ist doch vor allem, dass man die Unterschiede akzeptiert und daraus nicht ein "besser" oder "schlechter", sondern nur ein "anders" liest. Selbst das fällt sehr vielen sehr schwer.

    • @Hanne:

      Oh ja, das sehe ich ganz genauso! Mit diesem immer noch allgegenwärtigen Berufsstatusdünkel ist Deutschland viel mehr Standesgesellschaft, als die meisten das nach meinem Eindruck wahrhaben wollen.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Genau.

        Wir brauchen wieder mehr Jäger und Sammler.

        Aber es geht von Generation zu Generation grad' andersrum, zumindest bei uns: Großvater Nebenerwerbslandwirt, Vater Handwerksmeister, wir (mittlerweile alten) Jungen Studierte bis zum Prof. Dr.

        • @571 (Profil gelöscht):

          Ja, ich hab dazu keine Zahlen, bin mir aber sicher, dass das der allgemeine Trend ist. Die Standesgrenzen sind auf jeden Fall durchlässiger geworden. Trotzdem lösen sich die jeweiligen Blasen dadurch nicht auf; ich habe im Gegenteil den Eindruck, dass sich oft gerade „Bildungsaufsteiger“ nach unten abgrenzen und die Spielregeln im neuen Milieu besonders konsequent befolgen.

          Und Jäger und Sammler, da sagen Sie was. Die allerletzten sterben gerade aus und das ist ein Thema, das mir wirklich ans Herz geht.

          • 5G
            571 (Profil gelöscht)
            @Ruhig Blut:

            Kann ich beipflichten.

            Meine parteigängigen Brüder: einer typischer Salonlinker, gut nach unten bis zur Unkenntlichkeit abgegrenzt.

  • Jahre später intellektuell erklären was in den Zeiten ohne jegliche Itellektualität zwischen Mutter und Tochter so alles am Dissonanzen entstand. War die Mutter voller Nichtwissen und die Tochter frei von Fehlern?

    Ist es das Wissen über das Kreuz auf dem Wahlzettel der eine Annäherung der Erklärung wahrscheinlich macht?

     

    Kann man im besagten Beispiel überhaupt von Schichten reden? Um Bildung?

    Oder redet hier nicht eher eine Geisteswissenschaftlerin mit einer Frau aus der pragmatischen Lebenspraxis? Verpackt in eine Art Aufsteiger und - Schichtverlassen Legende?

     

    Oder anders ausgedrückt mit den Worten der Mutter: Wer so schlau ist wie du sollte mich doch locker verstehen.

    Ist aber nicht so, und daher ist die Geschicht nicht stimmig sondern eine Kakophnoie verschiedner Themen. und falsch fokussiert.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Die Arbeiterklasse und die Unterschicht im Allgemeinen werden gerne romantisch als edles Bollwerk linker Weltanschauungen verklärt. Dabei wird das Opfer-Täter Denken der Linken zum Fallstrick für all jene die unter der Engstirnigkeit der Arbeiterklasse leiden. Wer den Aufstieg geschafft hat soll sich gefälligst nich über die vermeindlich Benachteiligten beklagen. Das wird als nach unten treten abgetan und missbilligt.

     

    Wäre es nach meiner Mutter gegangen wäre ich nun KFZ-Mechatroniker. Als Kind sollte ich nicht dauernd vor dem PC hängen, dass würde mir im Leben doch nichts helfen. Das man damit ein vielfaches dessen verdienen kann was man als Mechatroniker verdient war für meine Eltern undenkbar. Entsprechend darf ich mir auch jedes mal anhören wie ungerechtfertigt mein Einkommen ist und das dies keine “harte Arbeit” sei. Diese rechtfertigt scheinbar, aus einem mir nicht nachvollziehbaren Grund, ein gutes Einkommen.

     

    Wenn dann solche Menschen wie Elke Heidenreich der Meinung sind die Kinder sollten ihr Eltern unterrichten und erziehen dann fehlen einem echt die Worte. Was für eine bodenlose Frechheit!

     

    “Links war die deutsche Arbeiterklasse in der BRD vor allem in der Vorstellung bürgerlicher Linker. Aber nicht in der Realität.”

     

    Das Märchen vom revolutionären Arbeiter kann nur glauben wer Arbeiter nicht kennt.

     

    “was und wo „links“ überhaupt sein soll.”

     

    Links ist da wo man beschimpft wird weil man weiß ist und einen Penis hat aber nicht augrund der Hautfarbe oder des Geschlechts diskriminiert werden darf.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      "Das Märchen vom revolutionären Arbeiter kann nur glauben wer Arbeiter nicht kennt."

       

      Das gilt glaube ich für alles bei Linken. Es zählt mehr der Wunschglauben, das Traumbild, die Utopie, wie etwas sein könnte, auch gerne als Vision tituliert.

       

      Da ich jeden Tag mit Arbeitern zu tun hab, Metaller...:

       

      Der normale Arbeiter interessiert sich viel mehr für die Glocken seines Pinup-Girls am Spind, als für irgendeine linke Ideologie.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Da haben Sie aber einen sehr verengten Blick auf die deutsche Linke. Schon im taz-Forum wimmelt es doch von Gegenbeispielen. Ich nehme z. B. an, dass die meisten der altlinken Herrschaften hier (leicht erkennbar am nichtvorhandenen Pseudonym und dem etwas aus der Mode geratenen Vornamen) kaum mehr von der Ihnen so verhassten Identitätspolitik halten als Sie.

      Außerdem ist dieses Bashing seit Trumps Wahlsieg allseits schwer in Mode. Ich würde mal sagen, dass die Kritik schon ihre Berechtigung hat, man das Kind aber nicht mit dem Bade ausschütten sollte. Ein wie ich finde recht überzeugendes Plädoyer für die Notwendigkeit von Identitätspolitik hier; Stichwort „Identitätsfragen sind, wenn man sie so konsequent zu Ende denkt, immer auch Klassenfragen“: http://www.zeit.de/2016/52/identitaetspolitik-donald-trump-spaltung-gesellschaft-us-wahl/komplettansicht

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Ruhig Blut:

        Ich sehe die Linke selbst nicht so aber die linke Parteilandschaft sehrwohl. Grüne und SPD, die Linke nicht so sehr, haben sich vor den Karren von Sozialwissenschaftlern spannen lassen, welche in postmodernistischer umnachtung kaum mehr zwischen ihrer Ideologie und ihren Forschungsergebnissen unterscheiden können und auch keinen Grund sehen warum sie das tun sollten. Das sind natürlich nicht alle Sozialwissenschaftler aber genug damit es einen großen Einfluss hat.

         

        Der Abwärtstrend der Linken hält international seit über zehn Jahren an und geht Hand in Hand mit dem erstarken der Identitätspolitik. Wen soll das wundern wenn linke Parteien sich die hälfte der Zeit mit Fragen auseinandersetzen die 2% der Bevölkerung betreffen?

         

        Ich halte weder von identitätsbasierter Politik etwas, noch von Klassendenken. Klassen kann ich da sogar noch eher etwas abgewinnen, weil das Einkommen eines Menschen wenigstens vernünftig quantifizierbar ist und zumindest im ökonomischen Bereich eine verlässliche Aussage liefert. Die Hautfarbe oder das Geschlecht allein sagen so gut wie nichts über eine Person aus.

         

        Was mich bei beiden Systemen stört ist das Ziel: Gleiches Ergebnis statt gleiche Chancen.

        Aber selbst der Kommunismus mit all seinen Toten hatte nie die Absicht so tief in das Leben der Menschen einzugreifen wie es die Identitätspolitik möchte. Diese würde, wenn man es zu Ende denkt, dazu führen das jeder Aspekt des Lebens staatlicher Kontrolle unterliegt.

         

        Gerechtigkeit kann es einzig und allein auf einem Individuellen Level geben. Das findet sich so auch in unserem Rechtssystem wieder. Prozesse werden ja nicht gegen den weißen, jungen Mann Janus geführt, sondern gegen Janus, der vermeindlich etwas verzapft hat.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Kurz gesagt: Das Individuum lässt sich nicht isoliert von seinem sozialen Umfeld betrachten. Obwohl vielleicht gesetzlich gleichberechtigt, hat jmd. aus einem sog. bildungsfernen Milieu nicht die gleichen Möglichkeiten, zu Geld und Einfluss oder einfach nur zu seinem Recht zu kommen, wie jmd. aus reichem und gebildetem Hause. Das gleiche gilt für Leute mit andersethnischem Background und auch für Leute mit abweichender sexueller Orientierung etc.pp.

          Daher stellt sich die Klassenfrage unverändert bis heute und deshalb hat auch diese Identitätspolitik ihre Berechtigung.

          Konkret: Sie sind topqualifiziert und bewerben sich auf eine Stelle, weil Sie aber nicht Müller sondern Yildiz heißen sortiert Sie der konservative Persochef von vornherein aus. Sie sind eine brillante Wissenschaftlerin, weil Sie aber Messer und Gabel falsch halten und nicht wissen, wann man „dass“ mit Doppel-S schreibt, verweigern Ihnen die hochnäsigen Kollegen die Anerkennung und Sie bekommen nie einen Lehrstuhl. Sie sind offen schwul und bekommen auf dem Dorffest dafür auf die Fresse, es findet sich aber kein Zeuge, der für Sie aussagt.

          Diese subtilen Mechanismen lassen sich nicht einfach gesetzlich knacken, vielmehr bedarf es dazu eines umfassenden gesellschaftlichen Bewusstseinswandels. Verantwortungsbewusste linke Politik (im Großen wie im Kleinen) sollte auf eben diesen Wandel hinarbeiten.

          • @Ruhig Blut:

            “hat jmd. aus einem sog. bildungsfernen Milieu nicht die gleichen Möglichkeiten, zu Geld und Einfluss oder einfach nur zu seinem Recht zu kommen”

             

            Nehmen wir Sido. Sido ist nur ein Gegenbeispiel von vielen. Er hatte und hat hier alle Möglichkeiten zu Geld und auch Einfluss zu kommen. Der Mangel an Bildung war hierfür sogar hilfreich: er konnte sich als Rotzlöffel aus deutschem Ghetto präsentieren...

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @Ruhig Blut:

            “hat jmd. aus einem sog. bildungsfernen Milieu nicht die gleichen Möglichkeiten, zu Geld und Einfluss oder einfach nur zu seinem Recht zu kommen”

             

            Das ist zwar teilweise richtig, lässt sich aber vom Staat nicht ändern, da der Staat es nicht ist der Menschen Wohlstand zuspricht oder nicht. Er regelt das juristische System und erzwingt dieses, entsprechend kann und darf er auch nur in diesem Bereich für gleiche Verhältnisse sorgen.

             

            “Das gleiche gilt für Leute mit andersethnischem Background und auch für Leute mit abweichender sexueller Orientierung etc.pp.”

             

            Das sehe ich so nicht. Wer wenig Geld hat dem stehen manche Dinge nicht zur verfügung, okay, dass ist ein Nachteil. Wo ist der inherente Nachteil am Schwul sein oder am Asiate sein?

             

            “Diese subtilen Mechanismen lassen sich nicht einfach gesetzlich knacken, vielmehr bedarf es dazu eines umfassenden gesellschaftlichen Bewusstseinswandels.”

             

            Und genau das ist der Grund aus dem ich Identitätspolitik energisch ablehne! Sie ist der Versuch mündigen Bürgern zulässige Meinungen zu diktieren. Das ist Faschismus pur. Auch Rassisten, Sexisten, Homophobe und Sonstwas-Hasser haben ein Recht auf ihre Meinung. Solange diese Haltungen nicht zu Straftaten führen muss man sie in einem demokratischen Rechtsstaat ertragen. Identitätspolitik ist ein Frontalangriff auf die Meinungsfreiheit.

            • @33523 (Profil gelöscht):

              und @ Jens Egle

               

              Tja, was kann und darf der Staat. Große Frage. In einer sozialen Marktwirtschaft ist es z. B. seine Aufgabe, allzu großen materiellen Ungleichheiten entgegenzuwirken. Tut er bei uns immer weniger. Und eben auch, so gut wie möglich Chancengleichheit herzustellen.

               

              Dass dazu ein paar gesetzliche Gleichstellungsregelungen nicht ausreichen, ist hinlänglich belegt. Wegweisend war die Arbeit des Soziologen Pierre Bourdieu, der mit umfassenden Forschungen in Frankreich darlegen konnte, wie eine kleine gesellschaftliche Elite die Schlüsselpositionen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft unter sich aufteilt und an ihren Nachwuchs weitervererbt. Auch wenn die Situation in Deutschland nicht sie selbe ist, gleichen sich die Mechanismen. Die richtigen Seilschaften und Connections, das passende Auftreten, der „Stallgeruch“ tragen maßgeblich zum beruflichen Erfolg bei.

              Ausnahmen gibt es natürlich immer, die fallen im Großen und Ganzen aber nicht sehr ins Gewicht. Ich persönlich sehe es sehr wohl als Aufgabe des Staates an, hier regulierend einzugreifen. Wieweit diese Eingriffe im Detail gehen dürfen oder müssen, lässt sich schwerlich allgemein formulieren.

               

              Und zu den Faschos: Sicher haben die ein Recht auf ihre Weltanschauung. Wenn man sie aber zu sehr gewähren lässt, kippen sie das System womöglich irgendwann. So geschehen in der Weimarer Republik.

              • 3G
                33523 (Profil gelöscht)
                @Ruhig Blut:

                “... allzu großen materiellen Ungleichheiten entgegenzuwirken.”

                 

                Ja aber da ist dann eben die Frage was ist zu viel Ungleichheit. Ja klar der Sozialstaat wurde eingedampft. Und dennoch schaffen wir es nur grade so ohne neue Schulden auszukommen. Man könnte auch sagen: Man hat aufgehört über seine Verhältnisse zu leben.

                 

                “.... Auch wenn die Situation in Deutschland nicht sie selbe ist, gleichen sich die Mechanismen.”

                 

                Das stimmt zwar aber diese Mechanismen sind in zutiefst menschlichem Verhalten begründet und ich bestreite wehement das diese Mechanismen nur innerhalb der Eliten wirken. Sie wirken dort aber auch sonst überall. Bei den Eliten regt man sich nur besonders drüber auf.

                 

                “Die richtigen Seilschaften und Connections, das passende Auftreten, der „Stallgeruch“ tragen maßgeblich zum beruflichen Erfolg bei.”

                 

                Wie gesagt das mit den Beziehungen ist Menschlich und lässt sich kaum regulieren. Es gibt Frauen- und Behindertenbeauftragte, Betriebsratsmitglieder,... die in Bewerbungsgesprächen dabei sein müssen. Aber wenn man irgendjemanden nicht einstellen will dann findet man immer einen Grund an dem keiner der genannten Vertreter etwas aussetzen kann.

                 

                “Ich persönlich sehe es sehr wohl als Aufgabe des Staates an, hier regulierend einzugreifen.”

                 

                Wie stellen Sie sich das denn konkret vor?

                 

                “Wenn man sie aber zu sehr gewähren lässt, kippen sie das System womöglich irgendwann. So geschehen in der Weimarer Republik.”

                 

                Mit dieser Gefahr muss man in einer Demokratie leben. Der Beste weg sich vor Umstürzen zu schützen ist die Herstellung eines halbwegs stabilen, politischen Zustandes mit dem eine möglichst große Mehrheit zufrieden ist.

                • @33523 (Profil gelöscht):

                  „Ja klar der Sozialstaat wurde eingedampft. Und dennoch schaffen wir es nur grade so ohne neue Schulden auszukommen. Man könnte auch sagen: Man hat aufgehört über seine Verhältnisse zu leben.“

                   

                  Die Reichen leben über unsere Verhältnisse, die Armen nicht. Ungleichheit verringern geht auch ohne neue Staatsschulden. Die Schere zwischen reich und arm wird immer größer, weil der Staat nicht regulierend eingreift und übermäßigen Vermögenszuwachs auf der einen Seite und Vermögensverlust auf der anderen Seite zulässt.

                   

                   

                  „Das stimmt zwar aber diese Mechanismen sind in zutiefst menschlichem Verhalten begründet und ich bestreite wehement das diese Mechanismen nur innerhalb der Eliten wirken. Sie wirken dort aber auch sonst überall. Bei den Eliten regt man sich nur besonders drüber auf.“

                   

                  Richtig. Problematisch ist es eben in erster Linie bei den einflussreichen Eliten.

                   

                  „Wie stellen Sie sich das denn konkret vor?“

                   

                  Wie gesagt, ich kann ich Ihnen kein Gesamtkonzept liefern. Viele Einzelmaßnahmen. Bezogen auf Vermögensungleichheit: Natürlich v.a. Steuergesetzgebung.

                  Bezogen auf geschlechtlich, gesundheitlich, ethnisch oder sonstwie benachteiligte Gruppen: Diskriminierungen stärker ahnden. Quotenregelungen. Instanzen, die die Einhaltung gleichstellender Maßnahmen kontrollieren. Usw.

                   

                   

                  „Mit dieser Gefahr muss man in einer Demokratie leben.“

                   

                  Nein, muss man nicht unbegrenzt. Deshalb wurde die „wehrhafte Demokratie“ erfunden, deshalb haben wir ein Verfassungsgericht, deshalb gibt es strafrechtliche Beschränkungen der Freiheit zur Meinungsäußerung.

                   

                  „Der Beste weg sich vor Umstürzen zu schützen ist die Herstellung eines halbwegs stabilen, politischen Zustandes mit dem eine möglichst große Mehrheit zufrieden ist.“

                   

                  Ganz genau.

                  • 3G
                    33523 (Profil gelöscht)
                    @Ruhig Blut:

                    “Die Schere zwischen reich und arm wird immer größer, weil der Staat nicht regulierend eingreift...”

                     

                    Die Einkommens-Ungleichheit wächst und zwar völlig ohne das der Staat etwas damit zu tun hätte. Wachsende Einkommens-Ungleichheit ist ein Symptom von Wohlstandsgesellschaften.

                     

                    Einer der signifikantesten Gründe ist der Anspruch an den Arbeitnehmer. Immer mehr Menschen sind nicht zu der Ausübung eines qualifizierten Jobs in der Lage. Die Automatisierung hat ihre Fähigkeiten ab- oder entwertet. Das wird in Zukunft immer mehr Menschen betreffen, vor allem Menschen die mal relativ gut darstanden. Es wird in den nächsten 20 Jahren Rechtsanwälte, Buchhalter, Taxifahrer, Verkäufer, Chirogen,... treffen. Relativ sicher ist man als Ingenieur, Informatiker oder in sozialen Berufen.

                     

                    Das Problem ist also in zunehmendem Maße eines der Qualifikation. Da könnte der Staat in der Tat effizienter werden. Anstelle nutzloser Harz4 Fortbildungen könnte er schon mit dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit sinnvolle Schulungen bezahlen und den Zwang für Fortbildungen abschaffen. So werden nur diejenigen gefördert die auch motiviert sind.

                     

                    “Richtig. Problematisch ist es eben in erster Linie bei den einflussreichen Eliten. ”

                     

                    Das sehe ich überhaupt nicht. Was kümmerts den durchschnittlichen Angestellten was die oberen 0,1% treiben, wenn er nur 500€ mehr im Monat verdienen will?

                     

                    “deshalb haben wir ein Verfassungsgericht, deshalb gibt es strafrechtliche Beschränkungen der Freiheit zur Meinungsäußerung.”

                     

                    Nunja diese Beschränkungen sind aber eben nicht sehr weitreichend. Mit den bestehenden habe ich wenig Probleme, mit dem Maß an Regulierung das Anhänger linker Identitätspolitik sich wünschen habe ich aber ein Problem. Das sind oft sehr junge, meist überempfindliche Menschen, die dem Alltag nicht gewachsen sind und anstatt zum Psychiater zu gehen, wo sie hin gehören, von der Gesellschaft eine Anpassung an ihr krankes Weltbild verlangen.

                    • @33523 (Profil gelöscht):

                      „Die Einkommens-Ungleichheit wächst und zwar völlig ohne das der Staat etwas damit zu tun hätte. Wachsende Einkommens-Ungleichheit ist ein Symptom von Wohlstandsgesellschaften.“

                       

                      Sie ist vielmehr ein Charakteristikum von undemokratischen und/oder sehr armen Gesellschaften. Einen Sozialstaat wie in Europa gibt es fast nirgendwo sonst. Aber auch hier wird er kontinuierlich abgebaut.

                      Na sicher wächst die Ungleichheit ohne staatliches Zutun. Das ist doch genau das Problem!

                       

                      „Was kümmerts den durchschnittlichen Angestellten was die oberen 0,1% treiben, wenn er nur 500€ mehr im Monat verdienen will?“

                       

                      Es sollte ihn schon kümmern, weil ihn diese 0,1% bei weitem mehr kosten als alle Flüchtlinge zusammen. Und es geht nicht nur darum, dass diese kleine Gruppe der Reichsten weltweit mehr besitzt als die ärmere Hälfte der Menschheit, pro Kopf vermutlich tausendmal mehr Ressourcen verbraucht, die Umwelt belastet usw. (während anderswo immer noch jeden Tag Tausende verhungern). Es geht auch, wie oben aufgezeigt, um die enorme Macht dieser Klientel, ihren Einfluss auf Staat und Wirtschaft.

                       

                      „Mit den bestehenden habe ich wenig Probleme, mit dem Maß an Regulierung das Anhänger linker Identitätspolitik sich wünschen habe ich aber ein Problem.“

                       

                      Ja sicher, die Leute, die Sie da vermutlich im Blick haben, sind mir auch zuwider. Aber das ist doch eine überschaubare Szene. Meinen Sie wirklich, dass die gesamtgesellschaftlich von Bedeutung sind? Ich sehe v. a., dass da gerade auch von rechter Seite ein ziemlich haltloses Feindbild aufgebaut wird. Diese extremen Auswüchse werden benutzt, um vollkommen legitime Gleichbehandlungsforderungen zu diskreditieren. Das ist das eigentliche Problem!

                      • 3G
                        33523 (Profil gelöscht)
                        @Ruhig Blut:

                        “Sie ist vielmehr ein Charakteristikum von undemokratischen und/oder sehr armen Gesellschaften.”

                         

                        Diesem Kriterium nach sind sehr viele Länder in denen es demokratische Wahlen gibt undemokratisch. Sie vermischen hier wieder die gleichen Rechte und das gleiche/möglichst ähnliche Ergebnis.

                         

                        “Es sollte ihn schon kümmern, weil ihn diese 0,1% bei weitem mehr kosten als alle Flüchtlinge zusammen.”

                         

                        Im gegensatz zu Flüchtlingen oder Harz4 Empfängern kosten reiche Menschen den Staat überhaupt nichts. Es ist ja nicht so das der deutsche Staat reichen Menschen ein Gehalt zahlen würde.

                         

                        “Es geht auch, wie oben aufgezeigt, um die enorme Macht dieser Klientel, ihren Einfluss auf Staat und Wirtschaft.”

                         

                        Der gesamte Wohlstand eines Landes hängt einzig von der Wirtschaft ab. Der Staat schafft nichts, er reguliert mehr oder minder und behindert damit die Unternehmen mehr oder minder aus mehr oder minder guten Gründen. Linke kapieren aber einfach nicht das jeder Cent den jemand verdient von der Wirtschaft generiert wird. Krankenversicherungen, Arbeitslosengeld, Pflegeleistungen,... würde es ohne Wirtschaft alles nicht geben. Von daher ist der Staat auf die Wirtschaft angewiesen und von daher gibt es diese Einflussmöglichkeiten. Das Problem ist Systeminherent und es wird sich nie beseitigen lassen.

                         

                        “Meinen Sie wirklich, dass die gesamtgesellschaftlich von Bedeutung sind?”

                         

                        Ich fürchte mich nicht davor das diese Menschen weite Teile der Bevölkerung von ihren Ideen überzeugen könnten.

                        Das Problem ist das sie an Universitäten viel Einfluss haben und darüber auf lange Sicht Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen nehmen können. Dazu kommt das alle linken Parteien sich beim Thema Gleichbereichtigung auf radikale Feministinnin verlassen. Moderner Feminismu hat mit Gleichberechtigung nur dummerweise nichts mehr zu tun und möchte Frauen ein ähnlich enges Korsett anlegen wie es einst die Kirche tat.

                        • @33523 (Profil gelöscht):

                          „Diesem Kriterium nach sind sehr viele Länder in denen es demokratische Wahlen gibt undemokratisch. Sie vermischen hier wieder die gleichen Rechte und das gleiche/möglichst ähnliche Ergebnis.“

                           

                          Betrachten Sie einfach mal die Staaten in Afrika und Lateinamerika in Hinblick auf die Einkommensunterschiede zwischen den Reichen und der Bevölkerungsmehrheit und die Qualität der jeweiligen „Demokratie“.

                           

                          „Im gegensatz zu Flüchtlingen oder Harz4 Empfängern kosten reiche Menschen den Staat überhaupt nichts. Es ist ja nicht so das der deutsche Staat reichen Menschen ein Gehalt zahlen würde.“

                           

                          Ich habe nicht vom Staat sondern den Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen gesprochen. Einkommenshöhen, auch in einem marktwirtschaftlichen System, sind keine naturgesetzlichen Gegebenheiten. Die Vermögensverteilung in der Gesellschaft wurde und wird immer und überall sozial ausgehandelt. Das ist es, was viele unkritische Marktwirtschaftsgläubige nicht kapieren.

                           

                          Und zu ihrem letzten Punkt: Was antiliberale Trends angeht, macht mir da der europaweit fortschreitende Rechtsruck weitaus mehr Sorgen.

                          • 3G
                            33523 (Profil gelöscht)
                            @Ruhig Blut:

                            “Betrachten Sie einfach mal die Staaten in Afrika und Lateinamerika in Hinblick auf die Einkommensunterschiede zwischen den Reichen und der Bevölkerungsmehrheit und die Qualität der jeweiligen „Demokratie“.”

                             

                            Von der Tendenz her haben Sie recht aber eben auch nur von der Tendenz her. In Europa ist die Einkommensungleichheit im internationalen Verleich extrem gering. Allerdings finden sich in der gleichen Kategorie auch Länder wie Afghanistan, Kazakhstan und Etopien.

                            In Brasilien ist die Einkommensungleichheit größer als in China oder dem Kongo. Das China und der Kongo große Beispiele für vorbildliche Demokratien sind bezweifel ich jetzt mal ganz offen.

                             

                            Es gibt einen viel deutlicheren Zusammenhang zwischen Ungleicherteiltem Einkommen und durchschnittlichem Bildungsniveau als zwischen der Politischen Form des Landes und der Einkommensungleichheit.

                             

                            Es gibt übringends kein einziges Sozialistisches Land in dem es eine ähnlich geringe Einkommensungleichheit gäbe wie in Deutschland. Nur das Sie hier nicht in utopien verfallen. Im Kapitalismus kann man beides haben: Wohlstand und Gleichheit, im Sozialismus bekommt man nichts von beidem.

                             

                            “Einkommenshöhen, auch in einem marktwirtschaftlichen System, sind keine naturgesetzlichen Gegebenheiten.”

                             

                            In der Natur bekommt das stärkste Tier die meiste Nahrung. Dabei kommt es zu keinen extremen höhen, weil man nicht beliebig viel essen kann. Da der Mensch aber irgendwann Geld erfunden hat lassen sich diese Überschüsse konservieren und ansammeln. Dadurch entsteht über Generationen hinweg ein immer größerer Unterschied zwischen dem Vermögen. Warum das Einkommen auseinander geht habe ich ihnen schon erklärt, Sie haben es aber vorgezogen das mit keinem Wort zu erwähnen.

                             

                            “Die Vermögensverteilung in der Gesellschaft wurde und wird immer und überall sozial ausgehandelt.”

                             

                            Wenn es diesen Mechanismus gibt dann funktioniert er in den meisten Teilen der Welt nicht sonderlich gut. Ich habe Zweifel daran das es ihn überhaupt gibt.

                            • @33523 (Profil gelöscht):

                              Ok, ich versuchs mal so zu erklären:

                              Besitzakkumulation gibt es spätestens seit der Sesshaftwerdung der Menschheit. Sie ist aber nirgendwo unbegrenzt möglich. Es bedarf immer einer Legitimation und dem Einverständnis der anderen. Wenn jmd. viel Besitz anhäuft, ist er darauf angewiesen, dass die anderen ihm diesen Besitz nicht wegnehmen. Da gibt es viele Möglichkeiten. Z. B., dass er sich mit dem Herrscher gut stellt. Oder, dass er selbst Herrscher wird. Dann aber braucht er Leute, die ihn vor anderen beschützen. Diese Leute wiederum muss er dazu bringen, ihn zu beschützen. Sei es durch göttliche Legitimation oder dadurch, dass er sie bezahlt oder ihnen sonstwie Vorteile verschafft. Was auch immer. All diese Mechanismen sind soziale Aushandlungsprozesse.

                               

                              In vielen sog. „Kleptokratien“, besonders in Afrika aber auch in Lateinamerika, herrscht hier ein extremes Ungleichgewicht zwischen den herrschenden und extrem reichen Eliten einerseits und den bitterarmen Bevölkerungsmassen andererseits.

                              Bei uns dagegen ist der Deal folgender: Jeder hat das Recht, gemäß den Möglichkeiten der freien Marktwirtschaft Besitz zu akkumulieren. Der demokratische Staat schützt seinen Besitz und verfolgt Diebe und Räuber für ihn. Dafür muss er aber vergleichsweise hohe Steuern an den Staat zahlen, der für einen sozialen Ausgleich sorgt und die Auswüchse des Kapitalismus abfedert: soziale Marktwirtschaft. Momentan aber kippt der Deal immer mehr, indem die Reichen immer reicher werden und gleichzeitig die Anzahl der Armen, prekär Beschäftigten etc. steigt. Das vorhandene Vermögen konzentriert sich also immer stärker in den Händen von wenigen.

                              Was ich für fatal halte ist, dass das Bewusstsein für diesen Missstand, nach meiner Wahrnehmung, zunehmend schwindet. Und die sozial Schwachen dafür oft diejenigen verantwortlich machen, die noch weniger haben („Sozialschmarotzer“, Flüchtlinge etc.). Anstatt Druck auszuüben, dass der große Gesamtkuchen wieder gleichmäßiger verteilt wird.

                              • 3G
                                33523 (Profil gelöscht)
                                @Ruhig Blut:

                                Mir ist klar wie Herrschaftssysteme funktionieren. Hier eine hervorragende Zusammenfassung des Themas: https://www.youtube.com/watch?v=rStL7niR7gs

                                 

                                Ich denke man muss zwischen zwei Dingen unterscheiden: Dem Abbau des Sozialstaates und der wachsenden Ungleichheit.

                                 

                                Erstmal zum Sozialstaat: Lange haben Politiker das System das sie preisen auf Pump betrieben und dann haben sich die Staatsschulden mit der Wiedervereinigung über Nacht auch noch verdoppelt. Dazu kommt ein Rentensystem das unter steigender Lebenserwartung und sinkenden Geburtenraten leidet. Schon jetzt ist der größte Posten im gesamten Bundeshaushalt die Bezuschussung des Rentensystems mit 93 Milliarden von 318 zur Verfügung stehenden, also fast ein Drittel! Deshalb schrieb ich weiter oben: Man hat aufgehört über seine Verhältnisse zu leben.

                                 

                                Zur sozialen Ungleichheit: Deutschland hatte lange relativ wenige Probleme mit ungleichem Vermögensständen. Das war ein Nebenprodukt des Krieges, der einen Großteil des Besitzes der Bevölkerung zerstört hat. Vermögensungleichheit ist aber ansich nichts Neues. Diese Ungleichheit steigert sich über Generationen immer weiter, auch bei absolut Fairen Spielregeln. Wer etwas erbt und wer nicht hängt vor allem vom Wissen und der Disziplin der Vorfahren ab.

                                 

                                Die steigende Ungleichheit bei Löhnen hat an erster Stelle etwas damit zu tun das viele Arbeitnehmer keine Wertvollen Leistungen mehr anbieten können. Was nützt ein hohes Maß an Kompetenz im Bereich der Buchhalterei, wenn 90% der Aufgaben von einem Server für 3000€ mit einer Software für 5000€ übernommen werden können? Genau: Nichts. Da ist der Angestellte bald zehnmal so teuer.

                                Auf dieses Problem hat die Linke schlichtweg keine Antwort. Die Standard-Antwort war in der Vergangenheit immer wieder: Streik! Protest! Aber was bringt das wenn das Problem nicht mehr die Arbeitsbedingungen sind, sondern das Abhandensein eines Arbeitgebers?

                                • @33523 (Profil gelöscht):

                                  Wie gesagt, die Aufgabe des Staates wäre es, den Kräften der Marktwirtschaft, die, wie Sie richtig sagen, mehr oder weniger automatisch steigende Ungleichheit generieren, entgegenzuwirken.

                                  Sie meinten gerade, dass Sie wissen wie Herrschaftssysteme funktionieren. Weiter oben aber meinten Sie, dass Sie bezweifeln, dass es diesen Mechanismus des sozialen Aushandelns gibt. Das ist aber der entscheidende Punkt. Egal ob in einem einfachen Tauschsystem polynesischer Inselbewohner, in einer mittelalterlichen Feudalordnung, im modernen Kapitalismus oder einer sozialistischen Planwirtschaft: Herrschafts- und Vermögensverhältnisse (einschließlich deren Vererbung) sind keine Naturgesetze sondern werden immer von Menschen geschaffen und dabei eben sozial ausgehandelt. Egal ob einer fast alles oder alle gleichviel besitzen.

                                  Das bedeutet für uns: Wenn die Vermögensverhältnisse zu weit auseinanderdriften, müssen Lösungen gefunden werden, um dem entgegenzuwirken. Sei es durch höhere Steuern für die Reichen, neue Arbeitsverteilungsmodelle, bedingungslose Grundeinkommen oder was auch immer.

                                  Erstens weil es ethisch notwendig ist. Es gibt einfach keine ethisch sinnvoll begründbare Rechtfertigung für große Ungleichheit. Weder, dass irgendwelche Marktgesetze nunmal nichts anderes zulassen. Kompletter Blödsinn. Wir Menschen haben den Markt geschaffen, wir bestimmen die Ordnung in der wir leben wollen. Noch, dass die Evolution nunmal die Starken bevorzugt. Das ist reiner Nihilismus und würde in der Konsequenz zu gesellschaftlicher Anomie führen.

                                  Daraus folgt zweitens, dass letztlich alle ein Interesse an einer gleichmäßigeren Vermögensverteilung haben müssen. Denn ansonsten knallts irgendwann. Und dann ist auch die Sicherheit und Stabilität für die Reichen dahin.

                              • @Ruhig Blut:

                                Die Armen zerfleischen sich also gegenseitig, während die Reichen, die aufgrund ihres Reichtums die eigentliche Ursache der Misere sind, nicht behelligt werden. Und die Rechten treiben genau diesen Prozess voran und profitieren zugleich von ihm.

            • @33523 (Profil gelöscht):

              Wo man unweigerlich bei "Linksfaschisten" landet...

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Ungeliebte und unterschlagene Wahrheit zur Rolle der SPD und AK in der Weimarer Republik und im imperialistischen deutschen Faschismus.

       

      Während des Ersten Weltkriegs, mit Zustimmung der Mehrheitssozialdemokratie für Kaiser, Gott und Vaterland, anfangs dabei sogar noch mit Karl Liebknecht, und abschließend in der Weimarer Republik, wurde der deutschen Arbeiterklasse das Selbstbewusstsein gebrochen. Zudem war die Angst der Führer der SPD vor den Kommunisten größer als vor den Faschisten. Die SPD, selbst noch als die Stärkste der Arbeiterparteien und führend in der Weimarer Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, verweigerte den ihren Gewerkschaften den Generalstreik und vor 1933 den offenen bewaffneten Kampf gegen die Formationen der NSDAP-Kapitalfaschisten.

       

      Damit trägt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) die historische Hauptverantwortung für die legale Machtübernahme der deutschen Faschisten und für das Überlaufen der großen Mehrheit der deutschen Arbeiterklasse in die Arme des deutschen Imperialismus.

       

      Einen nennenswerten Widerstand der Arbeiterklasse gegen den Faschismus hat es nicht gegeben. Bis zuletzt, solange es noch eine ausreichende Rohstoffbasis für die Herstellung und Produktion von qualitativ hochwertigen Rüstungsgütern und Waffensystemen gab, bis ins Frühjahr 1944, produzierten die Kerntruppen der deutschen Arbeiterklasse, zusammen mit Millionen Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen, an der industriellen Front des deutschen IG Farben, Kruppschen und Quandtschen Imperialismus. Erst mit dem zunehmenden Stillstand der Rohstoffbelieferung kam auch die imperialistische Arbeitsfront der Arbeiterklasse in Deutschland zum erliegen!

       

      Übrigens, die NSDAP hatte in der Hochzeit ihrer Mitgliedschaft mehr Angehörige der AK, als die SPD und KPD in der Weimarer Republik!

       

      [- ungeschminkt.]

      • @Reinhold Schramm:

        "Während des Ersten Weltkriegs, mit Zustimmung der Mehrheitssozialdemokratie für Kaiser, Gott und Vaterland"

         

        Kein Sozi stimmte zu weil er für Kaiser, Gott und Vaterland war...das ist eine nachträgliche Geschichtsverklärung.

         

        Die Sozis bildeten sich ein:

        "Aus dieser Auffassung heraus, dass der Kapitalismus längst abgewirtschaftet hat, erklärt sich denn auch die Tatsache, dass bei Beginn des Krieges selbst manche klügeren Köpfe mit größter Sicherheit annahmen, in wenigen Wochen würde der Größe "Kladderadatsch" da sein. Alle Banken, die gesamte Indzstrie, der ganze Großhandel brächen zusammen! Illusionen über Illusionen".

         

        S.21, Heinrich Cunow (Marxist, SPD), 1915, "Parteizusammenbruch? Ein offenes Wort zum inneren Parteistreit von Heinrich Cunow".

        https://archive.org/stream/Partei-zusammenbruchEinOffenesWortZumInnerenParteistreit/cunow-parteizusammenbruch#page/n0/mode/1up

        Viele SPDler/ Sozialisten (und nicht nur in Deutschland) waren für den Krieg, in der Hoffnung, der Kapitalismus bräche zusammen, wenn kapitalistische Nächte gegeneinander Krieg führen, wovon die Sozialisten profitieren und eine sozialistische Welt hernach herbeiführen könnten. Aber für Kaiser und Vaterland waren die absolut nicht.

         

        Krieg als Mittel zum Zweck war das Gebot einiger Sozialisten...

        • @Jens Egle:

          Mächte, nicht Nächte (macht mein Handy immer draus)...

           

          Wie auch immer, auf Seiten 13- 14 kommt es nochmal gut heraus:

           

          "Ein Kampf dieser Art erschien mir gewissermaßen zunächst als ein zweckloses Zwischenspiel im Werdenden, für das die sozialdemokratische Reichstagsfraktion nicht durch Bewilligung der Kriegskredite irgendwelche Verantwortung übernehmen dürfen - bis ich dann alsbald immer deutlicher erkannte, daß Englands Bourgeoisie diesen Krieg als günstige Gelegenheit zu benutzen gedenkt, schon jetzt die große Abrechnung vorzunehmen, um die sie nach ihrer Ansicht später doch nicht herumkommen würde."

           

          Als er also für sich "die große Abrechnung " erkannte, den Zusammenstoß kapitalistischer Mächte, entschied er sich dafür zu sein. Aber bestimmt nicht aus Vaterlandsliebe (Cunow war antinational- siehe Schrift Ende) , wegen Gott und schon gar nicht für den Kaiser, den zu stürzen die versammelten Sozialisten eh alle trachteten.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Reinhold Schramm:

        Die AK glaubte an das A im Parteinamen.

        Nicht wenige davon bis heute.

      • @Reinhold Schramm:

        Stimmt leider -

        vllt. zu ergänzen - die Aufspaltung -

        Arbeiter/Angestellte - eine elende Story!

        Bis heute!

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          "Arbeiter/Angestellte"

          Letztere: die Krawattenträger unter den Proleten, aufs Schärfste "nach unten" abgegrenzt.

  • Ich war ende der achtziger Jahre LKW-Fahrer in Berlin. Das, was die Fernfahrer herankarrten, mußten wir dann in der Stadt verteilen. Sieben Uhr früh anfangen und manches mal war eben erst auch um sieben abends Feierabend. Jeden zweiten Samstag Dienst. Da die Läden damals noch am Samstagmittag schlossen, mußte ich also samstags für zwei Wochen einkaufen. Die TAZ schrieb damals die mir unvergeßlich gebliebene Schlagzeile über meinen Kiez Neukölln:"Senf, Socken, Sauerkraut". Sie kapierten uns nicht. Sie schrieben über irgendwelche Sandinistas oder Contras oder so in Nicaragua glaube ich. Was hier vor Ort schieflief, da war kein Interesse für. Die Kollegen lasen allesamt nur BILD oder Kicker und es schien auch nur Fußball für sie interessant zu sein. Die ausländischen Kollegen blieben unter sich. An irgendeine Art von Organisation wurde kein Wort verschwendet. Meistens ging es ums Saufen oder irgendwas mit "der Laube" am Wochenende. Mein dreijähriger Ausflug in die Arbeiterklasse war echt ernüchternd. Kein Verstand, kein Wille, kein Wollen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Thomas Schöffel:

      "Ich war ende der achtziger Jahre LKW-Fahrer in Berlin."

      Kenn' ich aus eigener Erfahrung:

      Stückgut- und Sammelverkehr auf MAGIRUS:-/

      Der real existierende Stumpfsinn.

  • Schön.

  • Mail zum Fescht:

    "Doris Akrap ist genau so alt wie Tochter eins. Ihre Erzählung hat mich berührt."

     

    Ja - das ging mir genauso. Danke. &

    Den aI-as mal ins Stammbuch -

    Eine Erzählung mit essayistischen Einsprengseln - ist kein

    Soziologisch-politisches ProSeminar &

    Beckmesserei - ist schlicht lächerlich.

    & Jetzt etwas Musik.

  • Andreas Kemper , Autor*in ,

    Liebe Doris Akrap,

     

    danke für den Artikel.

    Aufgrund der drohenden Faschisierung nicht nur in Deutschland sehe ich heute eine gewisse Dringlichkeit, dass Arbeiterkinder sich politisch selbstorganisieren. Es braucht eine kollektive "Rückkehr nach Eribon". Und es braucht die nachträgliche Umsetzung der "Direktive 54". Im Zuge der Entnazifizierung forderten die Alliierten mit der Direktive 54 die Einführung einer gemeinsamen Schule für alle, die Abschaffung des sozial selektiven mehrgliedrigen Schulsystems, weil dieses maßgeblich zur deutschen Untertanenmentalität beigetragen. Dass wir dieses sozial selektive System heute noch haben, liegt auch daran, dass es keine politische Kraft gibt, die diese strukturelle Diskriminierung abgeschafft hat, nämlich eine politische Organisation von den von Klassismus betroffenen Arbeiterkindern. Wir brauchen daher eine Initiative "Direktive 54" von Arbeiterkindern.

    • @Andreas Kemper:

      Es gibt doch Gesamtschulen, so ist es ja nicht. Das Ding ist nur, dass die Länder Deutschlands, die traditionell Gesamtschulen propagieren in der Regel bei Pisa & Co im Bundeslandvergleich immer auf den letzten Plätzen landen.

       

      Ich denke, es kann für Kinder nervtötend sein, wenn man mit zu vielen anderen in einer Klasse sitzt die einfach nicht mitkommen. Wo der Lehrer sich ständig darum kümmern muss das Level niedrig zu halten, dass ja jeder mitkommt. Unterforderung ist für Kinder genauso schlimm wie Überforderung.

       

      Ich finde das dreigliedrige Schulsystem kommt dem entgegen. Und wer mag kann ja später z.B Abitur nachholen.

      • @Jens Egle:

        Ich vergesse zum Beispiel nie, wie sehr ich mich auf der Schule langweilte, als meine Eltern von Bayern nach Wuppertal zogen. Egal welches Fach, ob nun Mathe, Bio, Latein oder sonstwas. Es war langweilig. Entsprechend hatte ich gar keine Lust auf die Schule, denn es gab da nichts zu entdecken. Zum Glück zogen meine Eltern nach einem Jahr wieder zurück. Gut, ich muss auch sagen, dass ich die ganze Stadt Wuppertal hässlich fand. Heute weiß ich, das ist typisch NRW...überall runtergewirtschaftete Straßen und Häuser. Der Putz bröckelt von den Wänden, hässliche braunrußige Fassaden. DDR-Style...Alles sieht scheiße aus.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Andreas Kemper:

      "Einführung einer gemeinsamen Schule für alle, die Abschaffung des sozial selektiven mehrgliedrigen Schulsystems..."

       

      Glauben Sie wirklich, dass die Aufsteiger dies wollen? Man möchte auch ja was Besonderes bleiben und die eigenen Kinder sollten auch nicht allzu lange mit irgendwem auf die Schule.

  • habe ich gern gelesen. Interessant ist für mich auch, dass es mir genau umgekehrt ging. Als Sohn von eher intellektuellen Eltern - aber eben links, wie man als junger Mensch meistens ist - strebte ich immer Richtung "Proletariat". Aber irgendwie war das nicht meine Welt, ich kannte deren Codes nicht und kam mit ihnen eigentlich nicht wirklich auf einen Nenner, den meisten jedenfalls, die sich am liebsten über Automarke u.ä. unterhielten. Irgendwann habe ich gemerkt, dass das nicht meine Welt sein wird.

     

    Es war dennoch eine interessante Erfahrung, gerade weil ich heute trotzem noch relativ gut mit Leuten aus diesem Milieu auskomme und sie oft besser verstehe als viele Kollegen, gerade weil ich auch die Unterschiede sehe - von der anderen Seite als Frau Akrap.

  • Ich lernte noch in meiner Ausbildungszeit zum Möbeltischler-Facharbeiter in den 1960er Jahren in Frankfurt/Höchst die Arbeiterklasse kennen. Meine Eltern gehörten zur Ak. Meine älteren Kollegen und Altgesellen hatten noch in der Weimarer Republik ihre Ausbildung zum Tischlergesellen abgeschlossen.

    Mit der Verfolgung der KPD und dem Verbot 1956 und der zunehmenden ideologischen Wirtschaftsliberalisierung der SPD, ebenso mit dem "Radikalenerlass", den folgenden politischen Berufsverboten, unter aktiver Federführung von Willy Brandt und BfV-Staatssicherheit, endete auch zunehmend das Klassenbewusstsein der (west-) deutschen Arbeiterklasse. Die bürgerliche Studentenbewegung und bürgerliche Emanzipationsbewegung der 1970er Jahre, bot hier keine Alternative. Mit dem Ende der ostdeutschen Republik, fand auch deren vorgebliches Klassenbewusstsein ihr baldiges Ende. Die letzten Reste wurden mit der widerstandslosen liberal- und sozialdemokratischen "Sozialpartnerschaft" -zwischen DGB-Putzfrau und Familie Quandt- beseitigt. Das Ende des Klassenbewusstseins der gesamtdeutschen Arbeiterklasse fand mit der widerstandslosen Einführung des Hartz-IV-Strafvollzugs und gesetzlichen Mini-Mindeslohn ihren historischen Abschluss. Die Kontrolle über die Köpfe üben heute Smartphone und Internet aus. Das Kapital ist zufrieden. Neue Wirtschaftskriege werden vorbereitet. Die AK steht bei Fuß.

    • @Reinhold Schramm:

      Leider wahr.

      Zwar nicht grad in den Petersdom

      Aber - doch doch - unter den 2.0 Weihnachtsbaum - ge…sungen!;)((

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Geht mir alles sehr nahe.

    Der Artikel könnte die Familie Akrap zusammenführen. Nicht sofort, aber sicher irgendwann, denn Klartext ist schwer verdaulich, aber eben verdaulich.

  • Danke!

     

    Sehr schöner, ehrlicher Artikel.

     

    "Bürgerliche Linke"... :-)

  • Ein wunderbarer Artikel. Danke Frau Akrap.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Ich könnte langsam kotzen, wenn ich diese egozentrischen Aufsteigerbeichten lese, die v.a. die geistige Distanz zu eigener Familie aufzeigen wollen. Der Fluch der Herkunft und der Segen des Aufstiegs. Zweites vielleicht leicht getrübt vom Ersten, aber im Grunde ein selbstmitleidiges Ach und Och.

     

    Ich komme selber aus so einer Familie. Für sie und fast alle anderen aus dem Milieu war der Aufstieg, auch intellektueller, der Kinder enorm wichtig und ein Grund stolz zu sein. Ich glaube auch nicht, dass es eine Besonderheit der Gesellschaften des ehemaligen Ostblocks ist/war. Ich habe hier eine ehemalige Waldbäuerin (im Ruhrgebiet ;) gekannt, die immer bei sich eine Kopie des Hochschuldiploms ihrer Tochter getragen hatte (Soziologie!), um es jedem, der es zu sehen willens war, zu zeigen.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      "Ich könnte langsam kotzen, wenn ich diese egozentrischen Aufsteigerbeichten lese"

       

      Die Beschreibung des Erlebten ist immer egozentrisch. Niemand kann die Welt durch die Augen einer anderen Person wahrnehmen. Alles was man über andere Menschen zu glauben weiß weiß man aus Erfahrung oder ist eine Projektion des eigenen Selbst auf die Person. Von daher fand ich den Vorwurf jemand sei egozentrisch schon immer etwas merkwürdig. Man könnte auch sagen: Du Mensch du!

       

      "die geistige Distanz zu eigener Familie aufzeigen wollen"

       

      Nicht die Distanzierung als Selbstzweck, sondern die Gründe für die Distanzierung. Individuelles Leid wird auch durch Wohlstand und Bildung nicht ausradiert.

       

      Klar geht das auch anders. Nicht jede Arbeiter-Familie ist so drauf wie die der Autorin aber es gibt eben auch nicht wenige Menschen die ihre Erfahrungen, zumindest partiell, teilen. Ich schließe mich da nicht aus. Das wird man ja wohl noch benennen dürfen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      "Ich könnte langsam kotzen, ..."

      "Ich komme selber aus so einer Familie."

      "Ich glaube auch nicht, dass ..."

      "Ich habe hier eine ehemalige ..."

       

      Zu viel ICH für einen, der vom Lesen egozentrischer Aufsteigerbeichten "langsam kotzen könnte".

      Entlarvend.

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @571 (Profil gelöscht):

        Sie verwechseln die Zwänge der deutschen Grammatik, die in einem selbstgeschriebenen Beitrag den Personalpronomen quasi erzwingen mit einem Text, der in jedem Satz, unabhängig vom narrativen Betrachtungspunkt immer den Fokus auf eigene Wehwehchen der intellektuellen Entfremdung richtet.

         

        BTW, glaubt jemand im Ernst, dass es irgendwie repräsentativ für das Milieu ist, dass man den eigenen Kindern Bildung und Aufstieg nicht gönnt, ja sogar diese verachtet?

        • @10236 (Profil gelöscht):

          "BTW, glaubt jemand im Ernst, dass es irgendwie repräsentativ für das Milieu ist, dass man den eigenen Kindern Bildung und Aufstieg nicht gönnt, ja sogar diese verachtet?"

           

          In gewisser Weise ja. Was Frau Akrab beschreibt, ist so eine typische kleinbürgerliche Arbeiterfamilie wo die Eltern in einer kleinen Welt mit begrenztem Horizont leben.

           

          Da die Eltern aber selbst aus sog. "kleinen Verhältnissen" stammen, können sie dafür nichts. Wahrscheinlich machte sich die Mutter nur Sorgen um ihr Kind...dass das Kind was "Gescheites" wird, sich irgendwann selbst versorgen kann usw. und wollte ihre Tochter entsprechend anstupsen. Hieraus entstanden Konflikte. Für die Mutter hätte es vielleicht Aufstieg bedeutet, wenn die Tochter Bürokauffrau, Beamtin oder so geworden wäre. Wohl auch, weil das in der Vorstellung der Mutter im Gegensatz zu Journalismus eine sichere Sache ist. Die Mutter konnte sich aus ihrer kleinen Welt nicht lösen und suchte für die Tochter etwas, dass die Mutter für sich selbst als Aufstieg empfunden hätte... Womöglich wird sie heute stolz auf ihre Tochter sein, dass die Artikel in einer Zeitung schreibt, die sogar deutschlandweit gelesen werden. Das hätte sie der Tochter halt nicht zugetraut. Aber nicht aus Boshaftigkeit sondern wenig eigenem Selbstbewusstsein und viell. mütterlicher Ängstlichkeit, dass die Tochter "nix wird" heraus, dass sie als Mutter scheitern könne usw.

           

          Ansonsten: der ein oder andere Facharbeiter wird sagen: "verdient Frau Akrab etwa mehr als ich?" und den Aufstieg in Frage stellen, weil sonst für Arbeiter nicht viel zählt.

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @10236 (Profil gelöscht):

          Zum Satzbau:

           

          Es muss in der deutschen Grammatik nicht immer S-P-O sein.

          :-)

          Zum BTW:

          Nein, das glauben nur wenige. Wäre dem so, hätte sich Frau Akrap ihre Geschichte sparen können.

        • @10236 (Profil gelöscht):

          Es kommt darauf an was der Nachwuchs macht. Studi eher bäh. Nach der plötzlichen Metamorphose zum Arzt, Anwalt oder (am allerbesten) Ingenieur, super! Kollektive soziale Aufwertung der Familie.

          Und warum? Natürlich wegen gesellschaftlichem Status und Einkommen. Aber ganz bestimmt nicht wegen irgendwelcher ominöser „Bildung“. Seltsame neue Ideen, abweichende Weltsichten, pfui Deibel!

          • 1G
            10236 (Profil gelöscht)
            @Ruhig Blut:

            Die materiellen Vorteile, die als (erwünschter?notwendiger?) "Nebeneffekt" der akademischen Bildung sich ergeben, begrüßt jeder gerne, unabhängig vom familiären Background.

             

            Ein Akademiker in der Familie, erst recht der erste, ist auch für Arbeitermilieus, ein Grund zum Stolz.

            Wenn nicht, dann sind es besondere charakterliche Schwächen der Eltern und nicht besondere "Klasseneigenschaften".

             

            Der Artikel ist insofern ungerecht verallgemeinernd, weil er unter dem Mäntelchen der eigenen Erzählung, dem Milieu, und nicht nur den eigenen Eltern, geistige Engstirnigkeit und politische Irrfahrten unterstellt.