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Kommentar CSU und RechtspopulismusMad Horst

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Die CSU kommt mit der neuen Konkurrenz von rechts nicht klar. Horst Seehofers Sowohl-als-auch-Strategie funktioniert nicht mehr.

Horst Seehofer (M.) mit zwei guten Freunden Foto: dpa

Z unächst die gute Nachricht: Aller Wahrscheinlichkeit leidet Horst Seehofer nicht unter Schizophrenie. Auf flüchtige Beobachter macht der CSU-Chef vielleicht einen wirren Eindruck, wenn er donnerstags rote Linien für Koalitionsverhandlungen aufstellt („Keine Regierungsbeteiligung ohne Obergrenze für Flüchtlinge!“) und samstags das Ende des Streits mit der CDU über eine Obergrenze für Flüchtlinge verkündet („große konkrete Schnittmengen!“). Aber keine Sorge: Der Mann weiß, was er da macht.

„Das Sowohl-als-auch rechne ich mir nicht als Schwäche an“, sagte Seehofer einmal. Für ihn selbst und die CSU als Ganzes ging die Strategie lange auf. Erst poltern die Christsozialen eine Weile herum, um Stimmen vom rechten Rand einzusammeln. Am Ende haben sie sich aber noch immer auf ihre Verantwortung besonnen und die Aufgaben einer Regierungspartei gewissenhaft umgesetzt.

Nun aber zur schlechten Nachricht: In Zukunft funktioniert diese Doppelstrategie nicht mehr. Die CSU muss im Wahlkampf 2017 erstmals gegen eine rechtspopulistische Partei mit realen Erfolgsaussichten antreten. Wähler vom rechten Rand kann sie nicht mehr mit der üblichen Rhetorik allein überzeugen, wenn die Konkurrenz mit dem Versprechen lockt, rechte Politik auch umzusetzen.

Gleichzeitig hat die CSU am Kabinettstisch in Berlin nun elf Jahre lang den Mitte-Kurs von Angela Merkel mitgetragen. Im Schlepptau der CDU hat sie eine Reihe konservativer Positionen abgelegt. Die Diskrepanz zwischen rechter Rhetorik und tatsächlichen Entscheidungen ist weiter gewachsen.

Die Konsequenz: Erstens garantiert das Sowohl-als-auch keine Wahlerfolge mehr. Zweitens fällt es der CSU schwerer als früher, widersprüchliche Signale als Ausdruck der Vielfalt einer Volkspartei zu verkaufen. Und Seehofer? Erscheint mit seinem bewährten Kalkül nicht mehr als gerissener Strategie, sondern, entgegen der Realität, als Mad Horst aus Ingolstadt.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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21 Kommentare

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  • Superhorst wartet doch schon seit Jahren auf den richtigen Zeitpunkt für den Absprung. Zurück kann er nicht, denn dann blamiert er sich und vorwärts kann er auch nicht, denn dann blamiert er sich.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Super?

      Worst Horst

      sozusagen...

      • @571 (Profil gelöscht):

        Horst die Super-Worst.

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          Bloß nicht!

          Bad, worse, ... :-)

        • @Rainer B.:

          Die Mad-Worst

          • @Rainer B.:

            Auf deutsch: Die Mett-Wurst

            • 5G
              571 (Profil gelöscht)
              @Rainer B.:

              der Horst

  • Unser ehrenwerter bayrischer Ministerpräsident ist weder ein Mad-Horst noch eine Madwurst in die man alles Mögliche hineinpresst. Ein bisschen mehr Respekt gegenüber Herrn Horst Seehofer sollte selbst die Taz aufweisen. Schließlich war es Herr Seehofer, dem die Bevölkerung heute noch zu verdanken hat, dass die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf dieses irrsinnige Kopfpauschalen-System der Big Money Lobby umgestellt wurde und es ist der CSU zu verdanken, dass die Wehrpflicht in der Bundeswehr abgeschafft wurde.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Nico Frank:

      Gottseidank gibt es den Herrn Horst Seehofer, dessen Verdienste ich doch vor lauter Obergrenzengezeter glatt vergessen habe.

      Vielen Dank,

      Nico Frank!

  • Mad Horst gefällt mir, aber mehr im Sinn von der Wütende Horst. Rechts von der CSU gab es, auch wenn das für Nichtbayern oft unglaublich scheint, schon immer Konkurrenz: Republikaner, NPD, AfD, ... tiefbraune Soße mit immer neuen Namen. Horst hat keien Doppelstrategie, Horst hat eine ganz einfache Strategie: wie tue ich am wenigsten Leuten weh/ was wollen die Leute? Die Leute haben was gegen Windräder? 10-H Gesetz! Die Leute haben was gegen Stromtrassen? Verbuddeln! Die Leute wollen Strom? Kommt aus der Steckdose! Die Leute haben was gegen Fluglärm? Keine 3. Startbahn! Die Leute wollen in Urlaub fliegen? 3. Startbahn! Die Leute wollen granteln? Gib Ihnen eine Autobahnmaut! Die Leute wollen einen Lift? Bekommen sie auch in geschützten Gebieten!

     

    Horst hat keinen größeren Plan, keine Übersicht. Sein einziges Ziel ist: Wählerstimmen! Warum? Weil in der CSU derjenige in die Geschichte eingeht, der eine gute Wahl erreichte. Früher war das anders, da ging derjenige in die CSU-Analen (sic!) ein der am korruptesten war, siehe FJS. "A Hund war er!!"

     

    Fazit: die Zeiten bessern sich sogar in Bayern (das war Ironie)

    • @OhWeh:

      @OHWEH Eine sehr gute Einschätzung, fast noch besser als die des Artikels. Ich kämpfe mit anderen gegen die 3. Startbahn und hab genau das in den letzten Jahren mehrfach erlebt.

  • Als "Mad Irgendwer" kann doch nur bezeichnet werden, wer keine Obergrenzen fordert. Angesichts noch immer belegter Turnhallen (Berlin) und des Flugplatzes Tempelhof, nachbesserungspflichtiger Tempohomes (Marzahn), einer unbekannten Größe an nachzugsberechtigten Familienmitgliedern, der Tatsache, dass unsere Nachbarn die Aufnahmekapazitäten reduziert haben (Ungarn, Polen, Österreichm Schweden, u.a.) und der Unklarheiten über die Folgen der Flüchtlingskrise aus dem letzten Jahr ist die Einführung von festen Obergrenzen allenfalls als rational zu bezeichnen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Flugplatz Tempelhof?

      Ja DIMA, in welcher Zeit sind Sie denn stecken geblieben?

      • @571 (Profil gelöscht):

        Bei dem Drama um die gesamte Thematik stören Sie sich an der Bennenung dieser Örtlichkeit? Wahnsinn. Den Fehler nehme ich sehr gerne zur Kenntnis.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Die verschiedenen Probleme des Herrn Seehofer haben Sie warscheinlich in dem Beitrag von Herrn Schulze nicht gelesen.

      Könnte es sein, daß Sie ein Bürger mit großer Flüchtlingsangst sind und warscheinlich sowieso eine andere Partei wählen?

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @4932 (Profil gelöscht):

        wahrscheinlich

      • @4932 (Profil gelöscht):

        Ich habe den Artikel sehr genau gelesen. Ich habe auch keinerlei Ängste vor Flüchtlingen (soweit diese aus bestimmten und gesetzlich anerkannten Gründen zu uns kommen, einschl. Dublin) und andernfalls unverzüglich abgeschoben oder zurück geführt werden. Tatsächlich lehne ich jede Form der Duldung nach § 60 a Aufenthaltsgesetz ab und propagiere eine Obergrenze sowie Grenzschließungen im Fall der Fälle. Ich gehe davon aus, dass wir "das nicht schaffen" und sehe arge Probleme für das Steuer- und Sozialversicherungssystem sowie das gesamtgesellschaftliche Gefüge. Die CSU kann ich zu meinem Bedauern als Berliner leider nicht wählen. Alle anderen Parteien kommen derzeit nicht in Frage.

        • 4G
          4932 (Profil gelöscht)
          @DiMa:

          Wow, dann habe ich mir ein richtiges Bild von Ihnen gemacht.

  • Nun, die Aussagen dieses Artikel entsprechen wohl der Realität.

     

    Allerdings stellt sich die Frage, ob man bei Anlegung identischer Maßstäbe genauso gut über „Mad Angela“ referieren müsste: Einerseits stilisiert sich die Kanzlerin immer noch als die lupenrein humanitär agierende Regierungschefin, wenn es um das Schicksal von Flüchtlingen geht. Andererseits sind die von ihr persönlich eingefädelten Deals mit der Türkei und einigen afrikanischen Staaten im Wesentlichen dafür verantwortlich, dass den Notleidenden fast alle Wege nach Europa versperrt bleiben.

     

    Während Merkel mit ihren warmen Worten offensichtlich sogar aktive Flüchtlingshelfern vorgaukeln möchte, sie stünde voll und ganz auf ihrer Seite, dürfte die Realpolitik der Kanzlerin bereits etliche potentielle AfD-Wähler begeistern.

     

    Wenn das keine „Sowohl-als-auch“-Strategie ist......

    • @Urmel:

      Ganz Genau! Es ist schon sehr merkwürdig, dass im Spätsommer 2015 die Grenzöffnung für ein paar Flüchtlinge in Ungarn "aus humanitären Gründen unausweichlich" gewesen sein soll, während jetzt die Menschen in Griechenland festsitzen.

  • Ach, der Horst, der ist ein Quartalspopulist.