piwik no script img

Gewerkschafter über TUIfly-Streik„Sich krank zu melden, ist richtig“

Bei TUIfly melden sich so viele Flugbegleiter krank, dass zigfach Flüge ausfallen. Schuld daran sei die Fluglinie selbst, sagt der Gewerkschafter Nicoley Baublies.

9.000 PassagierInnen wurde am Freitag der Flug ersatzlos gestrichen Foto: dpa
Tobias Pastoors
Interview von Tobias Pastoors

taz: Viele deuten die Krankmeldungen als Streik, der arbeitsrechtlich so aber nicht erlaubt wäre. Streiken die FlugbegleiterInnen?

Nicoley Baublies: Das Bordpersonal ist für die Sicherheit im Flugzeug verantwortlich. Wer sich nicht fit genug fühlt, diese Verantwortung zu tragen, meldet sich krank, das ist verantwortungsbewusst und richtig. Mit der Ankündigung, Tuifly in eine österreichische Dachorganisation unter Ethihad einzugliedern, hat die Fluglinie für große Verunsicherung unter den Mitarbeitern gesorgt.

Hätten Sie Verständnis, wenn Einzelne aus Protest krank gemacht haben?

Von den Umstrukturierungen haben die Mitarbeiter durch ein lapidares Schreiben vor dem Wochenende erfahren. Wenn sich da Menschen aus Angst, Verunsicherung oder anderen Gründen krank melden, ist das eine Reaktion, mit der die Arbeitgeber rechnen müssen.

Ufo
Im Interview: Nicoley Baublies

Nicoley Baublies, 43, ist Tarifvorstand der Gewerkschaft des Kabinenpersonals (Ufo). Ufo hat nach eigenen Angaben mehr als 10.000 Mitglieder.

9.000 PassagierInnen wurde am Freitag der Flug ersatzlos gestrichen. Was muss passieren, damit der Betrieb bald wieder normal läuft?

Damit bald wieder Flugzeuge starten können, braucht es jetzt dringend ein Zeichen von Tuifly, dass sie die Sorgen der Belegschaft wahrgenommen haben und auch ernst nehmen. Gespräche beginnen jetzt, das ist ein guter Schritt, aber noch nicht ausreichend.

Ist ein Streik zu erwarten?

Noch ist ein Streik arbeitsrechtlich nicht möglich. Es stehen ja bisher nur Befürchtungen und Ankündigungen im Raum. Sobald es konkreter wird, wird man sich das anschauen und darauf reagieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • Da wird "krank melden" missbraucht um zu streiken, da ein offizieller Streik nicht zulässig ist. Das mag die Waage zugunsten der auf einer nicht so guten Verhandlungsposition stehenden Arbeitnehmer_innen verändern. Auch werden sich die Gewerkschaften über diesen Zuspruch freuen, der ja durchaus ein nicht unerhebliches persönliches Risiko umfasst. Die Rechtfertigung durch die Gewerkschaft ist aber nicht nur ziemlich mau sondern könnte sich auch als Bumerang erweisen: Wer dazu aufruft, sich unzulässig krank schreiben zu lassen, wird mitverantwortlich für den dadurch entstehenden wirtschaftlichen Schaden. In diesem Licht wird die krude Argumentationsweise von Herrn Baublies verständlich.

  • De Jure ist da nichts zu machen - aber die Gewerkschaften waren mir schon im Vorfeld des Konfliks mindestens zwei Zehnerpotenzen zu zahm.

    Ich meine, von dem wofür unsere Väter sich haben schlagen lassen, wofür sie gekämpft haben und für das sogar einige ihr Leben gelassen haben - nämlich von den einst hart erkämpften Arbeitnehmerrechte ist eh so gut wie nichts mehr übrig.

    Ich denke angesichts der immer weiter abnehmenden Kräfte der Gewerkschaften sind kreative Aktivitäten wie Diese nötiger denn je.

    Mir fällt in diesem Zusammenhang natürlich auch die aktuelle Meldung zum Autozulieferer Dura ein (http://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/streit-autozulieferer-dura-plettenberg-100.html).

    Und Jene die hier so treffend anmerken dass der Urlaub versaut sei, die Arbeitnehmer Betrug begehen würden und und und werden sicher nicht aus dem Kreise der Arbeitnehmer kommen. Falls doch wünsche ich Ihnen auch dann noch genug Geld für einen Urlaub mit den Kindern wenn auch Ihr Arbeitgeber die so treffend vorgeschlagenen Maßnahmen erfolgreich umgesetzt hat.

    BTW:

    Und da das ja KEIN Streik war haben die Fluggäste uneingeschränkten Anspruch auf Entschädigung. Mal sehen wann da die ersten Vorderungen nach Gesetzesänderungen

    laut werden.

  • Wie toll, die Mitarbeiter streiken.

    Und wer badet es aus?

    Die Familien mit Schulpflichtgen Kindern, denen wird der einzige Familien Urlaub im Jahr versaut.

    Es ist doch immer das gleiche, ob Fluglotsen, Flugbegleiter oder Piloten, Geiseln sind die Familien mit Schulpflichtigen Kindern.

    Danke

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @Jörg 70:

      So ist das Leben. Sollen Fluglotsen, Flugbegleiter und Piloten jetzt demütig alles hinnehmen, damit Familien immer schön Urlaub machen können?

      Nur zur Info: Wer in dieser Gesellschaft nicht für seine Interessen kämpft, geht unter. Und insbesondere Flugbegleiter haben gewiss keine solche gesellschaftliche Stellung, dass sie irgendwas zu verschenken hätten.

      • @628 (Profil gelöscht):

        Wenn die Ihren Arbeitgeber in den Ruin treiben , ist nicht mein Problem. Wenn ich nur einmal in Jahr mit meinen Kindern Urlaub mache und jedes Jahr Streikt einer und versaut mir den Urlaub, habe ich dafür kein Verständnis mehr.

        • @Jörg 70:

          Die Arbeitgeber treiben sich selbst in den Ruin. Niedriglöhne zahlen, zahlt sich nur kurzfristig aus...

           

          Und was zum Teufel treibt Sie dazu ihren Jahresurlaub über das Wohl von vielen Menschen zu stellen? Ganz schon arrogant und egoistisch! Na klar ist das unangenehm, aber machen Sie dafür nicht die Streikenden verantwortlich, sondern die Arbeitgeber die kapitalistischen Idealen hinterherlaufen.

  • Der Gewerkschaftler hat mit seinen abstrusen Aussagen der Gewerkschaftsbewegung und damit den Arbeitnehmern einen Bärendienst erwiesen.

    Es ist jedem deutlich, dass die Krankheit vorgetäuscht wird, um ein Ergebnis zu erreichen, dass man - da es sich um eine unternehmerische Entscheidung handelt - mit Streiks nicht verfolgen darf.

    So etwas nennt man Umgehung - unzulässig.

    Darf man das jetzt auch bei Tengelmann erwarten, Herr Baublies?

    Im übrigen:

    Jemand ,der sich nicht fit genug fühlt, seinen Job zu machen, ist nicht notwendigerweise krank.

    U.U. muss er den Job wechseln.

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @Parisien :

      Was ist an denn Aussagen bitte so abstrus? Es handelt sich hier um Menschen, die einen sehr harten Job für wenig Geld machen. Nicht um 'High Potentials', die ohne weiteres wieder einen neuen Job finden. Insofern kann die plötzliche Information über Umstrukturierung im Unternehmen natürlich zu einer enormen psychischen Belastung führen.

      • @628 (Profil gelöscht):

        Ich gehe mal davon aus, dass sich diese Menschen diesen "sehr harten Job für wenig Geld" selbst ausgesucht haben -ich lasse mal dahinstehen, ob dieser Job so hart ist oder härter als Jobs in anderen Industriezweigen ( ich erwähnte Tengelmann ), wo es ebenfalls zu Umstrukturierungen oder gar Entlassungen kommt (aktuell Deutsche Bank, Commerzbank) .

        Dort sind keine schlagartig auftauchenden psychischen Zusammenbrüche sämtlicher Betroffener zu verzeichnen.

        • 6G
          628 (Profil gelöscht)
          @Parisien :

          "(...)dass sich diese Menschen diesen "sehr harten Job für wenig Geld" selbst ausgesucht haben."

           

          Mit diesem Argument kann man natürlich fast jede Form der Ausbeutung rechtfertigen. 'Jammer nicht rum wenn du für harte Arbeit schlecht bezahlt wirst, hättest ja auch was anderes machen können.'

          Könnte in der Form glatt vom BDA kommen.

          • @628 (Profil gelöscht):

            Es geht konkret um den Beruf als Flugpersonal, den sich die Menschen doch wohl ausgesucht haben, oder ?

            Worum es hier eben nicht geht, ist die von Ihnen angeführte Bezahlung ( dann wären Streiks rechtlich zulässig gewesen).

            Worum es aber sehr wohl geht, ist das kollektive Krankwerden - und , welch ein Wunder, die ebenso kollektive Spontangenesung, seit TUI Gesprächsbereitschaft signalisiert hat.

  • Tja, wenn die Gewerkschaften versagen, muss man das Heft halt selbst in die Hand nehmen. Das ist echter Arbeiterkampf, nicht so eine Kinderkacke wie AfD wählen... Die Menschen müssen wieder begreifen, dass SIE es in der Hand haben. Dazu braucht es keine widerlich rechte "Protestpartei".

    • @Neinjetztnicht:

      Wieso haben Gewerkschaften versagt. Wurden denn bereits Betriebsänderungen vorgenommen oder gar Kündigungen ausgesprochen?

      • @Trango:

        Na weil die Gewerkschaft es hier nicht geschafft hat, ihre Mitglieder zu konzentrieren, bzw. die Firma von den Interessen, Ängsten, Sorgen und Nöten der Mitarbeiter zu überzeugen. Sonst hätte es nicht nur ein "lapidares Schreiben" gegeben.

         

        *power in a union*

  • Der Arbeitgeber muss damit rechnen dass sich ein Arbeitnehmer NUR krank meldet wenn er auch KRANK ist. FERTIG. Alles andere ist BETRUG durch den Arbeitnehmer. Und das sage ich als Beschäftigter im UNTEREN Lohnsegment...und ehemaliger Betriebsrätler.

    • 1G
      10391 (Profil gelöscht)
      @Oachkatzlschwoaf:

      Betrug ?

      Ich nenne das eher direkte Aktion. Ist sicherlich effektiver als irgentein gewerkschaftliches Bla Bla

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Oachkatzlschwoaf:

      Betrug muss man erst einmal nachweisen, wird schwierig und teuer und mitbestimmungspflichtig, wenn Massenuntersuchungen vorgenommen werden sollen an den krankgemeldeten AN.

  • " Wenn sich da Menschen aus Angst, Verunsicherung oder anderen Gründen krank melden, ist das eine Reaktion, mit der die Arbeitgeber rechnen müssen."

     

    Ne, wer krank ist, meldet sich krank damit er wieder gesund wird. Die Mitarbeiter können sich gewerkschaftlich organisieren und dann streiken, wie es ihr Recht ist. Falsche Krankmeldungen sind jedenfalls nicht das wahre. Dafür kann man auch gekündigt werden....

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Dideldidum:

      Wird schwierig den Mitarbeiter zu kündigen, wenn der Krankenschein vorliegt, ein anerkanntes und juristisch nicht anzufechtendes Doukument. Der Arbeitgeber müsste dann schon auf seine eigenen Kosten den medizinischen Dienst einschalten, das wäre extrem kostenintensiv und da es alle AN dann betrifft mitbestimmungspflichtig.

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @2097 (Profil gelöscht):

        es gibt andere wege blaumacher loszuwerden. einfach umstrukturieren und betriebsbedingt kündigen.

  • Von Flügen mit Airlines, die dermaßen labiles fliegendes Personal beschäftigen, werde ich aus Sicherheitsgründen Abstand nehmen.

  • Echte Streiks können was erreichen. Allerdings kosten diese den Streikenden den Lohn. Dieser Bummelstreik mit Pseudokrankmeldung ist nur ein Schaufeln am Grab der Airline und damit am eigenen Job.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      Viele vermuten anscheinend sowieso den Job bald zu verlieren, wieso dann noch anstrengen und engagieren oder solidarisieren, dankt einem niemand und macht doch die vermögende Elite mit ihren unsolidarischen Steuersätzen auch nicht.