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Kommentar Republikaner-Parteitag„Make America White Again!“

Donald Trumps Krönungsparteitag war nicht nur von dessen Selbstüberhöhung geprägt. Sie hatte auch einen klaren rassistischen Subtext.

Worum es dem Kandidaten geht, steht in großer Schrift auf der Bühne Foto: dpa

So früh wie nie hat im letzten Jahr der Vorwahlkampf begonnen. Und so früh wie seit 1980 nicht mehr haben die Republikaner in dieser Woche offiziell ihren Kandidaten gekürt. Über 100 quälende Wahlkampftage stehen den USA noch bevor. Und wenn man den gerade zu Ende gegangenen republikanischen Parteitag von Cleveland als Maßstab nehmen darf, dann heißt das: mehr als drei Monate politischer Polarisierung, sektenhaften narzisstischen Geschwätzes und blanken Hasses.

Donald Trump hat es geschafft. Vom Immobilienmogul ist er unter Barack Obama zum Verschwörungstheoretiker geworden („Obama ist ein kenianischer Muslim“) und schließlich zum Präsidentschaftskandidaten der republikanischen Partei, deren Strukturen ihn eigentlich verhindern wollten.

Und so war denn auch der Parteitag weniger einer der Einigung, sondern vielmehr die Unterwerfung der Partei unter die Trump-Maschine. Die war noch dazu erstaunlich schlecht organisiert und leistete sich an jedem einzelnen Tag mindestens einen Patzer.

Wichtiger aber für die Zukunft ist die Message, die diese Zusammenkunft trotzdem hatte und die den Ton für das setzte, was kommt. In den allerdüstersten Farben malten Redner um Redner und schließlich auch der Kandidat selbst die Realität in den USA.

„Und zwar schnell, glaubt mir!“

Horden hunderttausender vergewaltigender und mordender illegaler Einwanderer und terroristischer Flüchtlinge fallen demnach derzeit über die friedliebenden US-Amerikaner her, denen eine nur durch Bestechung dem Gefängnis entgangene Hillary Clinton auch noch ihre Schusswaffen wegnehmen will. Auf den Straßen liegen Bataillone erschossener Polizisten, die vor lauter Political Correctness dem Verbrechen hilflos ausgeliefert sind. Da braucht es einen starken Führer, der das alles richtet, „und zwar schnell, glaubt mir!“: Donald J. Trump.

Es ist einzigartig in der jüngsten Geschichte US-amerikanischer Wahlkämpfe, dass ein Kandidat in seiner Parteitagsrede kein einziges Wort des Dankes und Respekts für seine unterlegenen innerparteilichen Konkurrenten oder gar seinen Gegner von der anderen Partei findet. Das ist bestenfalls mangelnde Kinderstube, vermutlich aber einfach unbeherrschbares Ego.

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Hier wurde aber darüberhinaus ein Parteitag inszeniert, bei dem vier Tage lang gebrüllt wird, man möge die andere Kandidatin einsperren – oder, wie es ein Delegierter formulierte, am besten direkt wegen Verrats standrechtlich erschießen. Um dann aber anzufügen, der Vorgängerpräsident habe das Land gespalten, das man nun einen wolle. Irrsinn.

Der Großteil der derzeitigen republikanischen Abgeordneten und Senatoren dürfte inzwischen inständig auf einen Sieg Hillary Clintons hoffen – dann bliebe die Rolle des Kongresses unverändert, man wäre den Soziopathen wieder los und könnte nach ein, zwei Jahren ein Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton einleiten.

„Gute Nachricht“: Keine Anklage gegen Polizisten

Gewinnt Trump und bleibt der Kongress republikanisch, wird die Rolle der Volksvertreter unangenehm. Seine Versprechungen sind haarsträubend, inkohärent und bestenfalls unfinanzierbar. Die Schuld an seinem Scheitern aber würde er „den Politikern“ seiner eigenen Partei geben. Unangenehm.

Noch schlimmer aber wäre ein Sieg Trumps für alle Nicht-Weißen in den USA. Das wurde allerspätestens klar, als ausgerechnet Sheriff Joe Arpaio aus Arizona als einer der letzten Redner vor Trump das Wort ergreifen durfte. Arpaio ist seit Jahrzehnten für Brutalität und Rassismus berüchtigt – und wird gerade dann als Parteitagsredner eingeladen, wenn die ganze Nation über Polizeigewalt gegen Schwarze diskutiert?

Schon am Vortag hatte Sheriff David Clarke die „gute Nachricht“ aus Baltimore überbracht, dass ein weiterer Polizist nicht wegen der Tötung des Schwarzen Freddy Gray belangt werden wird – unter großem Jubel des Saales. Das sind klare Signale, wie das Motto der Trump-Kampagne eigentlich heißen müsste: „Make America White again“.

Lausige Aussichten.

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5 Kommentare

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  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Clinton hätte die besten Aussichten, wenn sie im Rahmen einer strömungsübergreifenden Strategie Sanders für eine Vizepräsidentschaft gewinnen würde. Trump wiederum inszeniert sich, das versteht die deutsche Presse irgendwie so gar nicht, als amerikanischer Actionheld. Seine Wähler verstehen das, denen geht es um die charismatische Figur mit Superkräften. Gerade weil er sich nicht an die Spielregeln hält, auch nicht die republikanischen, funktioniert diese Imago, die er sich zusammengezimmert hat. Seine Unterstützer rufen ihn an im Stile des Appells: Bau die Mauer! Verjage sie! Rette uns! Das macht sehr deutlich, wie viele Amerikaner die Enthobenheit der politischen Klasse von ihren Bedürfnissen wahrnehmen. Und dies ja auch weitenteils zurecht.

     

    Dieser Wahlkampf und Trumps Agenda machen durchaus Sinn. Sollte er die Wahl gewinnen und das System ihn nicht einhegen und ausbremsen, was durchaus wahrscheinlich ist, wird er ein sehr gefährlicher Präsident. Am gefährlichsten vielleicht für die Politiken gegenüber China, die derzeit alleine von ökonomischen Interessen zusammengehalten werden, was im Rahmen einer protektionistischen Agenda aufgesprengt und entgrenzt werden würde.

     

    In jedem Fall ist Hillary der falsche Kandidat. Am Ende ist nämlich allein sie es, die diesen Wahlkampf spannend und nervenaufreibend halten wird. Viel wird von ihrem Vize abhängen, der für das stehen muss, wofür Hillary nicht steht.

  • Super-Tramp! Cheerio!

    Ein grandioser 10-Points-Plan, den er da stolz "präsentiert" hat.

    Fast jeder POINT wird noch teurer werden wie der andere, angefangen von Erhöhung der Militätausgaben, über "Entlastung der Studenten von den horrenden Studiengebühren......bis unendlich.....

    Wie das alles klappen soll mit dem SUPER-POINT - SteuerSENKUNG - hat er allerdings "vergesen" zu erklären.

    Wäre bestimmt der spannendeste TRUMP-SUPER-POINT" geworden......

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Soll das etwa heißen, Multikulti funktioniert nicht ...?

  • Ich gehe dann mal schwer davon aus, dass in einem "weißen Amerika" auch nur noch Weiße ihre Köpfe für Amerikas schmutzige Kriege hinhalten dürfen, nur noch Weiße die alltägliche Drecksarbeit machen werden und insbesondere Weiße die privatwirtschaftlich geführten Gefängnisse als Insassen zum Break Even Point führen. Kein Zweifel - da brechen mit Trump wahrlich paradiesische Zeiten für Weiße in Amerika an.

  • Sieht aus, als wäre es einfach nicht vernünftig, sich ein Wahlvolk zu halten, wie eine Herde Schafe, Schweine oder Kühe.

     

    Nein, es ergibt keinen gesteigerten Sinn, wenn man die Wähler alle vier Jahre an die Urnen treibt, um sie anschließend wieder für vier Jahre in irgendwelche Konsumtempel oder Hamsterräder zu verbannen. Selbst dann nicht, wenn man einigen von ihnen tatsächlich Unmündigkeit unterstellen muss. Sei es, weil es im Oberstübchen schlicht nicht langt, sei es, weil sie aus stinkautoritären Elternhäusern stammen, in denen zwar nie eine Nazi-Uniform getragen wurde, deren Führer aber gerade deshalb immer wieder durchgekommen sind mit ihren dämlichen Methoden und Überzeugungen.

     

    Wer seinen Mitmenschen aus egoistischen Gründen heraus nicht gestattet, die eigene Verantwortung zu teilen und dabei aus Erfahrung klüger zu werden, und sie statt dessen 24/7/52 mit widersprüchlichen Anweisungen beschallt/beschallen lässt, der braucht sich nachher nicht zu wundern oder aufzuplustern, wenn sie tatsächlich irgendwann mal irre werden. Dem Krokodilen glaubt man ihre Tränen nämlich nicht.

     

    Wenn Trumps "mangelnde Kinderstube" deutlich werden lässt, wie viele andere US-Amerikaner ebenfalls ein "einfach unbeherrschbares Ego" haben, dem Vernunft (die eigne eingeschlossen) rein gar nichts entgegenzusetzen hat, dann ist das sicher ärgerlich. Vor allem für all die, die gern den Schein gewahrt sehen würden. Aber so ist das halt im Leben oft: Man kann vor Konsequenzen zwar die Augen schließen, man kann sie aber nicht verbieten oder gar im Kleiderschrank einschließen.

     

    Die Schuldfrage ist schon immer eine ziemlich unbeliebte gewesen. Die Katholiken unter den Herrschenden müssten das eigentlich noch wissen. Sie könnten es den Evangelikalen, die's offenbar vergessen haben, vielleicht mal bei Gelegenheit erklären.