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Nur noch einen Koffer in Berlin

Asylpolitik Am Donnerstag will der Bundestag das „Integrationsgesetz“ beschließen. Insbesondere die Wohnsitzauflage für drei Jahre hält die Opposition für fragwürdig

Als Azubi im Minibagger: der Flüchtling Ayanie Osman Hosh (l.) auf einer Baustelle in Halle Foto: Jan Woitas/dpa

von Anna Lehmann

BERLIN | Am Integrationsgesetz für Flüchtlinge, über welches der Bundestag am heutigen Donnerstagabend abstimmt, ist zumindest ein Punkt beachtlich: das Tempo, in dem es durchgepeitscht wird. Gleich nachdem die Parlamentarier den Gesetzentwurf mit der Mehrheit von Union und SPD verabschiedet haben, geht das Konvolut aus 38 Gesetzesänderungen in den Bundesrat, der am Freitag allerdings nicht zustimmen muss, sondern nur noch Einsprüche formulieren kann. Sobald Bundespräsident Joachim Gauck unterzeichnet hat, kann das Gesetzespaket, über das gerade mal zwei Monate diskutiert wurde, in Kraft treten: recht zackig angesichts der scharfen Kritik, die aus der Opposition, aber auch von Kirchen, Verbänden und Gewerkschaften kommt.

Hauptkritikpunkt der Grünen ist die Einteilung in Flüchtlinge mit guter und schlechter Bleibeperspektive. Von den Verbesserungen bei der Ausbildungs- und Arbeitssuche, die im Gesetz stehen, profitieren nämlich nur jene, die aus den unsicheren Herkunftsländern Syrien, Iran, Irak und Eritrea kommen. Das sind, nach Berechnungen nicht nur der Grünen, weniger als die Hälfte aller gemeldeten Asylbewerber. „Ein Integrationsgesetz, das so sehr vom Geist der Ausgrenzung durchzogen ist, kann seinem Auftrag nicht gerecht werden“, meint die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer.

Die Linke reibt sich auch an der Wohnsitzauflage, die es den Ländern erlaubt, erwerbslosen Asylbewerbern ihren Wohnsitz für drei Jahre zuzuweisen. Wer sich nicht an die Auflage hält, erhält keine Sozialleistungen mehr. Die Regierungsfraktionen wollen auf diese Weise Gettobildung vermeiden und sehen darin einen Beitrag zur Integration. Nur mit diesem Zusatz kann eine solche Auflage überhaupt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und EU-Recht durchgesetzt werden, denn eigentlich gilt für alle Menschen die Wahl des freien Wohnorts.

Die Linken-Abgeordnete Sevim Dağdelen hatte die Auflage bei ihrer Bundestagsrede vor einem Monat mit der Verbannungspolitik im zaristischen Russland verglichen. In ihrem Entschließungsantrag, den die Linkspartei am Donnerstag ebenfalls zur Debatte stellen wird, heißt es nun, die Wohnortzuweisung erschwere die Arbeitssuche, sei mithin nicht mit EU- und Völkerrecht vereinbar.

Die Linke zog einen Vergleich zur Ver­bannungspolitik im zaristischen Russland

Einig sind sich Linke und Grüne in ihrem vernichtenden Urteil über die 100-000 Achtzig-Cent-Jobs, die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren sollen. „Das wird den Verdrängungswettbewerb befördern und Rassismus regelrecht schüren“, prophezeit Dağdelen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht das Programm kritisch und befürchtet Lohndumping.

Entziehen können sich Flüchtlinge den 80-Cent-Jobs kaum. Wer eine angebotene Arbeitsgelegenheit ablehnt oder den Integrationskurs schwänzt, muss damit rechnen, dass alle Geldleistungen gestrichen werden.

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