: Buntes Gedenken vor dem Brandenburger Tor
Stille Nach der Tragödie in Orlando trauern am Pariser Platz viele Menschen
Regenbogenfahnen flattern im nieselnden Regen vor der US-Botschaft am Pariser Platz. Manche der Trauernden halten ihre Flaggen fest umklammert, während andere sich darin einhüllen. Vor ihnen liegen Blumen, bunt wie ihre Flaggen. Anlass ist ein Gedenktreffen für die Opfer von Orlando. In der Nacht zum Sonntag hat der 29-jährige Omar Saddiqui Mateen in einem Schwulenclub 50 Menschen erschossen und mindestens 53 verletzt. Organisiert wurde die Gedenkfeier von dem Lesben- und Schwulenverband von Berlin und Brandenburg (LSVD).
„Wir sollten dazu stehen, wie wir leben wollen“, sagt Monika Wienbeck, eine der Trauernden. In ihrer Hand hält sie eine weiße Blume. Tanja und Jennifer Michelle, beide Trans*, binden das Ende einer Regenbogenfahne an einen Laternenmast, das andere halten sie selbst in den Händen. „Ich sehe das als Angriff auf die Menschenrechte, es muss mehr verantwortungsvolle Antidiskriminierungsarbeit geleistet werden,“ sagt Jennifer Michelle.
Politiker wie US-Botschafter John Emerson, Grünen-Bundesvorsitzender Cem Özdemir und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) kamen ebenfalls zum Gedenken. „Wir sind erschüttert, aber nicht entmutigt“, sagte Kolat. Berlin stehe an der Seite der schwul-lesbischen Szene. Auch Innensenator Frank Henkel äußerte sich zu den Ereignissen in Florida: „Der Hass wird und darf am Ende nicht triumphieren.“ Denn homophobe Taten sind auch hierzulande bekannt.
Mehr Fälle von Homophobie
Laut einem Bericht von „Maneo“ dem Berliner Anti-Gewalt Projekt für Homo- und Transsexuelle, wurden im vergangenen Jahr 555 Fälle von homophoben Übergriffen gemeldet – das sind 53 Fälle mehr als 2014. In nur 159 Fällen wurde Strafanzeige erstattet. Auch wenn eine vergleichbare Tragödie in Deutschland bisher nicht passiert ist, Angst vor homophoben Übergriffen bei Homosexuellen besteht. Wie bei Martin Kaspar: „Ich bin hier, weil ich der Opfer gedenken möchte, aber auch weil ich mich zunehmender unsicherer fühle“, erklärt er. Trotzdem, die große Mehrheit der Bevölkerung sei aufgeschlossen, sagt der Geschäftsführer des LSVD Berlin-Brandenburg Jörg Steinert. Über 70 Prozent der Berliner würden die Homo-Ehe befürworten.
Am Nachmittag löst sich die Menschenmenge auf. Zurück bleiben zwei amerikanische Studentinnen, die unter Tränen Blumen ablegen. Daryna Sterina
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen