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Protest und Repression in FrankreichDa musst du durch

In Frankreich demonstrieren die Menschen erbittert gegen neue Sozial- und Arbeitsmarktgesetze. Deutschland schaut weg. Warum?

Es gibt hier nichts zu sehen. Oder gerade doch Foto: dpa

Was ist in Frankreich los? Schauen wir den Film im Schnelldurchlauf an: Eine sozialdemokratische Regierung beschneidet Arbeitnehmerrechte, wie es vor ihr keine konservative Regierung gewagt hat. Sie klammert sich an ein Gesetz, das von drei Viertel der Bevölkerung abgelehnt wird. Da sich dafür nicht einmal im Parlament eine Mehrheit findet, setzt sie es ohne Abstimmung durch. Dafür wird ein Verfassungsparagraf angewendet, den Hollande eine „Demokratieverweigerung“ nannte, als er noch in der Opposition war.

Von Medien und Politik wird mit blanker Verachtung den Hunderttausenden begegnet, die seit drei Monaten Tag für Tag demonstrieren und öffentliche Orte besetzen. Das Innenministerium nutzt den seit den Novemberanschlägen immer wieder verlängerten Ausnahmezustand, um Grundrechte außer Kraft zu setzen. Willkürlich ausgesuchten Personen wird unter Androhung einer sechsmonatigen Inhaftierung ein Demonstrationsverbot erteilt.

Gegen Demonstranten und Streikende setzt die Polizei systematisch Tränengas, Gummigeschosse und Granaten ein. Seit Freitag schwebt ein Journalist in Lebensgefahr, nachdem ihn ein Polizist grundlos mit einer Granate beschoss. Gewerkschaftslokale werden verwüstet, Jugendliche zu haarsträubenden Strafen im Eilverfahren verurteilt. Trotz alledem nehmen die Streiks und Blockaden zu, und an der lästigen Güterknappheit, die sie verursachen, geben 62 Prozent der Bevölkerung der Regierung die Schuld.

Nun drängen sich einige Fragen auf: Wo bleiben die empörten Reaktionen aus Deutschland? Warum wird nicht vor der französischen Botschaft protestiert? Ist nicht die Bundesregierung verpflichtet, die Einhaltung der Menschenrechte in EU-Mitgliedsstaaten zu prüfen? Im Netz sind Szenen der Polizeigewalt dokumentiert, die man sonst aus Moskau oder Istanbul kennt. Sie sorgen zu Recht für Entrüstung. Aber warum nicht, wenn sie aus Paris oder Nantes stammen?

Hemmungsloser Waffeneinsatz

Nehmen wir zum Beispiel die neuen Werkzeuge der Ordnungshüter. Weil sie „nicht tödliche Waffen“ heißen (zu Unrecht, sie haben schon getötet), werden sie immer hemmungsloser eingesetzt. Und immer häufiger werden Demonstranten verletzt und verkrüppelt. In Rennes verlor ein Schüler ein Auge durch ein Hartgummigeschoss. Diese Militarisierung der Repression im liberalen Zeitalter wäre doch eine Untersuchung wert. Es sei denn, man geht davon aus, dass es im liberalen Zeitalter keinen legitimen Grund mehr gibt zu protestieren.

Überhaupt: Wie kommt es, dass alle deutschen Medien seit drei Monaten so dürftig über die Ereignisse in Frankreich berichten? Lange Zeit war im deutschsprachigen Internet so gut wie nichts über das Thema zu finden. Freunde von mir, die sonst gut informiert sind, fielen aus allen Wolken, als ich sie über diese Bewegung unterrichtete. Wenn überhaupt eine Reportage kam, dann über die folkloristischsten Aspekte der Nuit debout, damit der Leser in seinem Eindruck bestärkt wird, alle Linken seien harmlose Spinner. Neuerdings wird jedoch auf Panikmodus umgeschaltet, aber nur deshalb, weil die Fußball-EM im Streikchaos zu versinken droht.

Herablassend wird auf die Nachbarn geschaut: Sie haben gezögert, rechtzeitig die nötigen Reformen einzuleiten

Es wäre für einen Soziologen eine spannende Aufgabe zu untersuchen, welcher genaue Prozess innerhalb einer Redaktion dazu führt, dass über die größten Unruhen im Nachbarland seit Mai 1968 nicht berichtet wird. Spannender noch der Umstand, dass sämtliche Redaktionen einstimmig zum selben Schluss kommen. Nein, die Erklärung dafür ist keine vom geheimen ZK der Lügenpresse gesteuerte Verschwörung des Schweigens. Sie ist womöglich schlimmer: Es liegt an dem gleich formatierten Denkrahmen.

Im Grunde haben die meisten Journalisten, Analysten und Experten Deutschlands Verständnis für Hollande. Seine Mittel mögen nicht ganz koscher sein (ach, die Kommunikationsdefizite, die fehlende Konsenskultur!), aber sein Zweck ist heilig. Er will ja die Agenda 2010 in Frankreich endlich durchsetzen, und wer würde bestreiten, dass die schmerzhafte Kur nötig und erfolgreich ist?

Ob Mitte-links oder Mitte-rechts, alle sind davon überzeugt: Zugunsten aller siegte im Jahr 2003 in Deutschland die ökonomische Vernunft über ideologische Grabenkämpfe. Herablassend wird auf die gallischen Nachbarn geschaut: Denen geht es nicht so gut wie uns, weil sie gezögert haben, rechtzeitig die nötigen Reformen einzuleiten. Eine Agenda 2010 sei so etwas wie ein Beschneidungsritual: Sie tut weh, danach ist man aber erwachsen. Dagegen protestieren nur schwer erziehbare, veränderungsscheue Kinder. Ab und an muss die Rute ran.

Es kann nur einen geben

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass die führende Wirtschaftsposition Deutschlands der Agenda 2010 gar nichts schuldet. Sie hat vielmehr mit Merkantilismus zu tun, mit dem Deal zwischen Industrie und Gewerkschaften (wir lagern nicht aus, ihr verzichtet auf höhere Löhne), mit dem darauffolgenden Exportboom. Ohne rot-grüne Reformen wäre das Ergebnis kaum anders ausgefallen. Dumm nur, dass lediglich einer Exportweltmeister sein kann. Das Erfolgsmodell lässt sich nicht nachahmen. Wohl aber Hartz IV, 1-Euro-Jobs und prekäre Arbeitsverträge. So etwas kann immer geklont werden, vorausgesetzt, Sozialdemokraten regieren.

Es ist der seltsame und einzige Mut von Hollande wie damals von Schröder, lieber dem politischen Tod entgegenzugehen, als auf ihre Reformen zu verzichten. Wenn die Sozialdemokratie ein Insekt wäre, dann eine männliche Gottesanbeterin. Nach der Paarung wird sie aufgefressen. Ihre Funktion besteht darin, den sozialen Organismus mit wirtschaftsliberalen Maßnahmen zu bespritzen. Hinterher bleiben nur noch die leeren Hülsen der SPD und der PS.

Guillaume Paoli

Jahrgang 1959, ist ein französischer Schriftsteller und Philosoph. Er lebt seit 1992 in Berlin.

Gewiss sind hierzulande die Verarmten, Erniedrigten und Überarbeiteten anderer Meinung. Bis in die Kommentarspalte der Bild-Zeitung verkünden sie zuhauf ihre Solidarität mit Frankreich, eine Spätrache für ihre kampflose Niederlage. Sie begreifen konfus, dass es in dieser Bewegung nicht nur um Geld geht, sondern vor allem um Würde. Von dem Unmut profitieren momentan die Rechtspopulisten.

Rechts gegen die Entrechteten

Es wird oft behauptet, dass die Alternative für Deutschland ein Sprössling der Agenda 2010 sei. Das mag insofern stimmen, als die sogenannten Reformen mit dem Mantra verkauft worden waren, es gebe eben keine Alternative. Doch könnte sich diese Situation ändern. Da ist auch ein Blick auf die momentane Lage in Frankreich lehrreich. Bis dato gab sich der Front National als Hüterin der Entrechteten (vorausgesetzt, sie haben die richtige Hautfarbe).

Die Bewegung gegen das Arbeitsgesetz hat aber ihr wahres Gesicht entlarvt. Jetzt wettert der Front National gegen Demonstranten und Streikende. Ohne zu zögern, hat er sich der wirtschaftsliberalen Reaktion angeschlossen. Zweifelsohne würde eine soziale Bewegung in Deutschland (an Wunder muss man glauben) dieselbe Wirkung auf die AfD haben. Die im Kern neoliberale Partei würde sich gegen die Benachteiligten unter ihrer Klientel wenden. Immerhin das wäre nun mal geklärt.

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35 Kommentare

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  • Hier in diesen Kommentaren klangen ja immer mal wieder neoliberale Töne an: Die "Arbeitsreformen" seien berechtigt, da die Franzosen faul seien und sich den Effizienzkriterien des globalen Marktes verweigerten. - Hierzu ein für allemal: Die protestierenden Franzosen haben in der Sache recht! Die Effizienzkriterien sind asozial. Stattdessen geht es einzig und allein darum, wie eine Gesellschaft gut zusammenleben kann, indem sie, weil die Grundbedürfnisse befriedigt sind, sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern kann. Die sogenannte "Wirtschaft", welche eigentlich bloß das Kapital ist, spielt eine grundsätzlich asoziale Rolle und muß zurückgedrängt werden, wo es nur geht, aber auch - das wird bisher vernachlässigt - systematisch durch neue Wirtschaftsformen ersetzt werden. Demonstrationen und politische Streiks bis zum Generalstreik (in Deutschland übrigens verboten) sind hier die Mittel der Wahl. Und in diesem, nur in diesem Sinn: Vive la France!

  • Mir ist unverständlich, wie man sich die französische Arbeitsmarktpolitik vor der nun überfälligen Reform zum Vorbild nehmen kann. Die Folgen eines dermaßen regulierten Arbeitsmarktes sind z.B. an der dramatisch hohen Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich zu sehen. Es liegt daher schlicht die Erkenntnis nahe, dass der ganz überwiegende Teil der Deutschen sehr zufrieden ist mit der derzeitigen wirtschaftlichen Situation und daher mit großem Unverständnis auf die Proteste in Frankreich schaut.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @verflixt:

      Zum Vorbild nimmt sie sich bestimmt keiner. Die Fragen, die jetzt bezogen auf Frankreich und Deutschland aufkommen sind allerdings von allg. Bedeutung:

       

      1. Wie senkt man die Arbeitslosigkeit?

       

      2. Ist es ein zukunftsfähiger Weg?

       

      3. Ist die Arbeitslosigkeit ein alleiniger/wichtiger Gradmesser für das Wohlwollen der "Wirtschaft"/Bevölkerung des Landes.

       

      Ad 1. Bisher v.a. durch Lohnsenkungen oder Arbeitsmarktderegulierungen mit Lohnsenkungsfolge. Simple Wahrheit - es werden prinzipiell nur dann (ceteris paribus) mehr Leute eingestellt, wenn sie (signifikant) billiger werden.

       

      Ad 2. Warten wir die nächste Krise ab oder so heiß erwartete Industrie 4.0 und Dienstleistung 5.2 oder wie sie alle heißen. Dann kann man sicher davon ausgehen, dass es wie gewohnt verschrieben wird, aber es funktioniert mit Sicherheit nicht (mehr).

       

      Ad 3. Nein. Die Franzosen haben wahrscheinlich eine "echtere" Arbeitslosigkeitsquote als hierzulande. Was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, ist die deutsche (auch AT, NL, DK) Quote v.a. dem dualen System zu verdanken, der allerdings auch seine Nachteile hat.

  • Pfanni Das haben Sie wohl Ironisch gemeint.

    Macht nicht genau Deutschland mit dem Süden schon seit Jahren, und der deutsche Mainstream klatscht Beifall?

  • Ja da machen alle Medien mit, im Gegensatz in Deutschland, da wird auf Gewerkschaften verbal eingedroschen. Und eine Mehrheit in Deutschland hält das auch noch für richtig? Ganz im Gegensatz zu Frankreich. Hätte Putin sich als Präsident so verhalten wie Hollande, die gesamte deutsche Presse und Politik wäre über ihn hergefallen. Aber wenn ein französischer Präsident mit brutalsten Polizeistaatsmethoden gegen die Bevölkerung eine sogenannte „Arbeitsreform“ im wahrsten Sinne des Wortes durchprügelt und kriminell agiert, dann ist das ok. Dann schweigt unsere Presse. Das politische Establishment sowieso. Es geht ja um die Durchsetzung der neoliberalen Ideologie und Politik gegen die Bevölkerung. Also um das Interesse der Macht Eliten. Man fragt sich wirklich: Wieso wundern sich eigentlich die deutschen Medien noch darüber, dass sie keiner mehr für glaubwürdig hält? Wieso wundern sich die Volksparteien, dass ihnen die Wähler scharenweise weglaufen? Wer soll solche Journalisten und Politiker noch ernst nehmen? Gott sei dank sind die Franzosen nicht so obrigkeitshörig wie wir Deutschen und lassen sich Hollandes Politik nicht gefallen! Quelle Nachdenkseiten

  • Gratuliere zum Artikel. Dieselbe Leidenschaft muß in Deutschland auf die Straße gebracht werden. 250000 Menschen gegen TTIP in Berlin und die Politik macht weiter, als wäre nichts gewesen. Die Rechnung für ihre Ignoranz und Missachtung demokratischer Regeln wird diese Regierung noch bekommen, da bin ich mir sicher....

    • @Stefan Pahlke:

      "Die Rechnung für ihre Ignoranz und Missachtung demokratischer Regeln wird diese Regierung noch bekommen, da bin ich mir sicher...."

       

      in Form einer Wiederwahl?

      Wobei ich hoffe, dass die FDP wieder mit der CDU koaliert und das Land wieder wirtschaftlich festigt!

  • Man berichtete lieber über Stasi und VoPo-

    Prügelorgien gegen Demonstranten damal in der ehem.DDR. Nur,

    Tränengas Tonfas und

    Gummigeschosse wurden da nicht eingesetzt.

    • @Lothar Gutz:

      Ja, aber den Preis für diese Rechnung werden wir alle zahlen, nicht die gutbetuchten Eliten. Wenn gewisse Kreise in Deutschland außer Rand und Band geraten, möchte ich eigentlich nicht zugegen sein. Es wäre an der Zeit, Druck vom Kessel zu lassen und zwar in Form einer Solidaritätskundgebung vor der französischen Botschaft in Berlin!

  • @"Es ist beängstigend wie gründlich solch eine umfassende Volksbewegung medial so "ausgeblendet" werden kann...."

    Nun, es sind mächtige Leute am Werk.

    Vergleiche also diese Ausblendung mal mit der

    "Berichterstattung" pausenlos und rund um die Uhr über die "friedliche Revolution" in der ehemaligen DDR nebst Fluchtbewegungen über Ungarn , Prag , usw.

    die das Ganze extrem anheizte und Massenhysterie schürte und immensen Druck im DDR-Kessel aufbaute.

    Aber damals ging es ja gegen den Sozialismus, in Frankreich gehts wohl gegen den Kapitalismus und da ist man nicht interessiert an Berichterstattung, aus gutem Grund natürlich.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Lothar Gutz:

      "Vergleiche also diese Ausblendung mal mit der

      "Berichterstattung" pausenlos und rund um die Uhr über die "friedliche Revolution" in der ehemaligen DDR nebst Fluchtbewegungen über Ungarn , Prag , usw."

       

      Oder, aktuelleres Beispiel, Ukraine. Da konnte man am besten sehen: ist eine Bewegung (wirtschafts)politisch opportun, dann kann sie jeglicher Couleur sein, kann sie gewalttätig sein, kann sie auch so unrechtmäßig sein - sie wird medial glatt geschliffen und in Pastellfarben angestrichen.

  • Ein aktueller text zum Ausnahmezustand und zur Polizeigewalt / Repression in Frankreich: http://blog.eichhoernchen.fr/post/Notstandgesetzgebung-in-Frankreich-erneut-verlaengert

  • Auch von mir ein herzliches Danke an die taz...

     

    Und wir sollten uns eine große Scheibe von der Protestkultur dort abschneiden. Vielleicht nicht auf die gleiche Art, aber überhaupt etwas zu tun... es wär so schön, wären die Leute hier in ihrem Sumpf nicht so zufrieden...

  • „Ist nicht die Bundesregierung verpflichtet, die Einhaltung der Menschenrechte in EU-Mitgliedsstaaten zu prüfen?“

     

    Kurze Antwort: NEIN! Gegenfrage: Was würde geschehen, wenn die Bundesregierung diese Forderung erfüllen und in einem EU-Staat irgendwas „prüfen“ würde? Dann würden genau dieselben Leute laut aufschreien gegen D. im Allgemeinen und Frau Merkel im Besonderen: Wegen Missachtung der Souveränität und Einmischung in innere Angelegenheiten! Wir erinnern uns an Merkels und Schäubles Forderungen an Griechenland im Zusammenhang mit der Finanzkrise und die Reaktionen darauf.

     

    Allenfalls die EU selbst könnte tätig werden, wie sie es z. B. gegenwärtig wegen der politischen Situation in Polen tut. Ansonsten steht es Privatpersonen und nichtstaatlichen Organisationen frei, ihren Protest zu äußern.

     

    Herr Paoli sollte seine Forderungen an die Gewerkschaften und linke Parteien richten!

  • In Frankreich demonstrieren die Menschen erbittert gegen neue Sozial- und Arbeitsmarktgesetze. Deutschland schaut weg. Warum?

     

    Ganz klar - weil selbst in der taz solche selbs-&geschichtstvergessenen Laumeier wie Herr Rotherrs sich nicht entblöden - den flauen Bedenkenträger abzugeben!

    Dabei hätte ihm ja selbst ein Herr Gessler die Warnung Jesu vor - genau

    Den Lauen mal wieder ins Gedächtnis rufen können!

    Um gar nicht erst Erich Mühsams -

    "War einmal ein Revoluzzer …"

    Anzuführen - Schon dunnemals der

    Verräterischen Sozialdemokratie

    Ins Stammbuch geschrieben!

    kurz - "Aufrecht stehen, nicht auf Knien, das muss der zeitgenössische Journalismus erst üben"

    Robert Misik http://misik.at/

  • Ich bin sehr froh, dass es in Frankreich trotz der ganzen negativen Entwicklung der letzten 10 Jahre , in der sich der Front National immer mehr breit machte, doch noch diese weitere Welle des Widerstands gibt.

    Widerstand zumindest gegen Verschlechterungen.

    Ein Bekannter stimmte vor Jahren zu: Was denkst Du, könnte es so eine Bewegung wie gegen das CPE (Erstanstellungsgesetz) 2006 noch einmal geben. Er meinte, ja.

     

    Und die Widerständigen sind ja immer noch ganz verschiedener Meinungen.

    Das fehlt in unserer politischen Kultur.

    anti-AKW, Subkultur und Engagement für / mit Geflüchteten geht, aber diese klassische Art "Klassenkampf" fehlt sehr.

     

    Die Deutschen müssten jetzt ja den Niedriglohnsektor zurückkämpfen, damit er auch in Frankreich nicht durchgesetzt wird. - Also eine Aufwärtsspirale.

  • In Europa interessiert sich eben jeder nur für seine eignen meist nationalen Interessen, das gilt auch für Gewerkschaften und andere Organisationen. Zumindest darin scheinen sich alle einig zu sein.

    Was haben Franzosen denn getan als täglich tausende Asylsuchende in Deutschland ankamen? Was tun Stahlarbeiter in Frankreich oder Deutschland, wenn britische Kollegen ihre Jobs verlieren? Wo sind europaweite Demonstrationen gegen den Rechtsruck in Polen und Ungarn? Wer ist bereit in Deutschland oder Frankreich für faire Löhne und bessere Sozialleistungen in Bulgarien zu streiken? Entsprechend berichten die Medien auch kaum oder nur sehr oberflächlich über das was in anderen EU-Ländern passiert. Wir wissen will was um uns herum passiert muss sich selber informieren. Die Informationen sind vorhanden.

    • @JoWall:

      Nein, so ist es eben nicht! Ging es darum die Türkei schlecht zu reden gäbe es in ALLEN deutschen Medien eine 24/7 Live-Übertragung in der Hoffnung die Türkei zu stürzen oder mindestens zu destabilisieren. Aber in Frankreich dürfen Polizisten auf wehrlose Frauen schlagen: "Ce la Vie!"

  • Die solidarischen Aktionen sind rar, doch es gibt sie, liebe TAZ! Am letzten Wochenende protestierten in Berlin Hunderte und für Samstag, 4. Juni ruft die FAU Berlin zur Demonstration auf. 14 Uhr ab Hackescher Markt. Die französische Botschaft wird auch besucht werden.

  • ENDLICH zumindest mal ein! Artikel in der taz! Danke! Ich wähnte mich amählich im Lager der Aluhutträger. NIRGENDS in der hiesigen Medienlandschaft wird man über diese landesweite Volksbewegung im Nachbarland informiert. Das landesweite Verorten der "Journalisten" als der Elite zugehörig empfindend als Grund für dieses umfassende Totschweigen scheint mir aber eher der Ratlosigkeit des Autors geschuldet. Es ist beängstigend wie gründlich solch eine umfassende Volksbewegung medial so "ausgeblendet" werden kann. Das erfuhren wir hierzulande nur an wenigen Beispielen wie der riesigen Anti TTIP Demonstration im letzten Oktober. Wir erfahren mittlerweile mehr über die Kriegsgebiete in Syrien als über Zustände in Griechenland, Spanien und eben Frankreich. Wie kann das sein?

    • @berliner23:

      Genau das wollte ich auch gerade sagen. Taz, mach so weiter, dann klappt's auch eines Tages mit dem Abo.

  • Danke für diesen Artikel. Die Frage habe ich mir nämlich auch gestellt und bin echt irritiert, welche Themen in den Medien als wichtig erachtet werden und welche nicht.

  • Der Kommentar geht völlig an der Realität vorbei. Es ist eine Tatsache, dass die französische Wirtschaft zunehmend weniger international wettbewerbsfähig ist, sowohl was die Produktivität als auch die Innovation angeht. ich weiß aus eigener Anschauung als IT-Berater, wie wenig leistungsbereit französische Arbeitnehmer sind. Dazu kommen politische Streiks, die das Land lähmen und in Deutschland zum Glück verboten sind. Verglichen mit Deutschland gibt es kaum mittelständische Unternehmen und die wenigen Mittelständler können sich festangestellte Mitarbeiter wegen der stringenten Arbeitsgesetze kaum leisten. Leidtragende sind vor allem die Jugendlichen, die niemals einen Job finden werden. Für die wollte Hollande den Arbeitsmarkt reformieren.

    • @Victor Schmidt:

      @Victor Schmidt, Sie würden mit Ihrer Einstellung sofort in die Regierung passen. Mal ehrlich, erst durch das Lohndumping Deutschlands nach Euroeinführung, entgegen jedweder Vernunft, kommen immer mehr EU Länder in Schwierigkeiten.

       

      Oder wussten Sie nicht, dass die Verträge auch beinhaltet haben, seine Löhne jährlich gemäß seiner Produktivitätssteigerungen plus Inflationsausgleich jährlich zu erhöhen? Alle haben sich daran gehalten, nur Deutschland nicht. Deutschland machte nämlich das Gegenteil von dem was vereinbart war, und führte just nach der Euroeinführung den größten Niedriglohnsektor in Europa ein, und das fatale man ist darauf auch noch Stolz? Früher konnten sich die Länder wehren, in dem sie Ihre Währungen abwerteten, heute geht das nicht mehr, und das wusste auch Deutschland. Entweder Deutschland, erhöht seine Löhne effektiv mindestens jährlich um über 5% und das über einen Zeitraum von mehreren Jahren, damit die anderen Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder erreichen können, oder Deutschland zerstört Europa mit seiner Austeritäts Politik. Austerität hat noch nie in der Geschichte funktioniert, wurde auch schon unter Brüning unter Beweis gestellt, und wer danach kam wissen wir doch noch alle oder?

    • @Victor Schmidt:

      Der Kommentar geht nicht an der Realitaet vorbei. Teile ihres Textes zeigen mangelndes oekonomisches Verstaendnis.

      Niemand bestreitet beispielsweise, dass die franzoesische Oekonomie Wettbwerbsfaehigkeit verloren hat. dieses liegt aber daran, dass im Vergleich zu Deutschland, die franzoesischen Loehne staerker gestiegen sind. Genau dieses wird im Artikel sehr richtig beschrieben und die Agenda 2010 in das Reich der oekonomischen Maerchen geschickt. Wettbewerbs- und Innovatonsfaehigkeit muessen direkt durch geeignete wirtschaftspolitische Massnahmen erreicht werde und eben nicht durch 'Arbeitsmarktpolitik' wenn dieser Begriff richtig verwendet und verstanden wird.

      Fraglich bleibt auch ihre These warum festangestellte Mitarbeiter (und dann gerade vom Mittelstand) nicht mehr finanziert werden koennen. In einem Wirtschaftssystem mit freier Preisbildung koennen solche pauschalen Probleme entweder gar nicht auftreten, weil die hoeheren Kosten in die Preise ueberwaelzt werden und wenn dennoch das Lohnniveau zu hoch sein sollte, haben wir es eben gerade wiederum nicht mit einer 'Arbeitsmarkt' Frage zu tun.

      Wuerde die franzoesische Regierung deshalb die abwegigen Arbeitsmarktreformen aufgeben, sich auf die tatsaechlichen Probleme konzentrieren und auch gleichzeitig anstreben, dass alle europaeischen Laender gemeinsam eine solche Politik betreiben, anstatt mit eigenen relativen Lohnsenkungen die Probleme in Europa nur zu verschieben, dann koennte einiges erreicht werden. Hierzu benoetigt es aber gerade den richtigen oekonomischen Sachverstand und entsprechende strategische Weitsicht, den ihr Kommentar im Kontrast zum Artikel leider vermissen laesst.

      • @ifpw.eu:

        Frankreich verkommt immer mehr zum Armenhaus Europas, reformunwillig und global kaum noch wettbewerbsfähig.

        Ich glaube kaum, dass sich die erfolgreicheren europäischen Länder sich von Frankreich vorschreiben lassen werden, weniger erfolgreich zu sein. Ich erinnere nur an die Antwort eines amerikanischen Unternehmers, dem man angetragen hatte, ein marodes Reifenunternehmen zu sanieren.

        • @Victor Schmidt:

          Welchen Erfolg meinen Sie denn ? Die Wirtschaft brummt und die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander. Globale Wettbewerbsfähigkeit - für wen ?

        • 6G
          64938 (Profil gelöscht)
          @Victor Schmidt:

          Vielleicht kann man Deutschland nicht vorschreiben weniger brutal (=wirtschaftlich "erfolgreich) mit seinen Nachbarn in Frankreich und Österreich umzugehen. Vielleicht sollten die Bleus dann mal darüber nachdenken, Agrarprodukte von deutschen Landwirten, die ihren Rumänen keinen Mindestlohn zahlen müssen (im Gegensatz zu den französischen Landwirten) entsprechend zu besteuern. Dies wäre für alle, inkl. der Deutschen(!), besser, als den Mindestlohn anzutasten.

        • 2G
          2097 (Profil gelöscht)
          @Victor Schmidt:

          Frankreich ist immer noch die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt! Und im europäischen Vergleich ist Frankreich nicht das Schlusslicht. Die Meinung eines Unternehmers über ein Unternehmen ist nicht gerade geeignet, eine differenzierte und seriöse Expertise über eine gesamte Volkswirtschaft zu erstellen. Pauschalisierungen und Diffamierungen sind ebenso wenig tauglich, um eine seröse Expertise zu erstellen.

          • @2097 (Profil gelöscht):

            Ich habe als Berater für französische Unternehmen in Frankreich gearbeitet und kenne die französische Krankheit aus eigener Anschauung. In anderen Ländern und Unternehmen kämpft man permanent darum, besser und produktiver zu werden. In Frankreich habe ich den Eindruck gewonnen, dass alle Energie daran verschwendet wird, dass sich nichts ändert. Meine Erfahrungen sind sicherlich nicht auf alle Unternehmen übertragbar. Die französische Klassengesellschaft ist viel ausgeprägter und die Hierarchien sind viel starrer.

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Leider erwecken die Medien aufgrund der dürftigen Berichterstattung tatsächlich den Eindruck, durch die Kernelite gesteuert zu werden und nicht mehr frei zu sein.

    Sehr ärgerlich und Wasser auf den Mühlen derer, die von "Lügenpresse/ Pinocchio-Presse" sprechen.

    Der Eliteforscher Michael Hartmann hat dieses Phänomen untersucht. Leider halten sich viele Journalisten und Redakteure auch bereits der Elite zugehörig. Und setzen dadurch in der Berichterstattung entsprechende Grenzen. Eine freie Presse ist das allerdings in der Tat dann nicht mehr.

    Ja die (Kern-)Elite, die es zu verantworten hat, dass die vermögenden und oberen Einkommensschichten entlastet und die mittleren und unteren Einkommensschichten belastet wurden. Das war nicht notwendig, sondern asozial, unsolidarisch und schwächt die Solidargemeinschaft extrem. Leider hat Warren Buffett recht: „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen".