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Karriere von Anke Domscheit-Berg„Ich bin eine linke Socke“

Die Politikerin will für die Linkspartei in den Bundestag. Sie war schon mal Grüne und auch schon Piratin. Aber noch nie im Parlament.

Sie will in den Bundestag Foto: dpa

Berlin taz | Wer die Kalendereinträge auf ihrer Homepage studiert, könnte meinen, die Frau sei Ministerin. Oder wenigstens Abgeordnete. Unter dem Link „Meine Termine als Übersicht“ listet die Politaktivistin, Publizistin, Bloggerin, selbstständige Unternehmerin und Ersatzaufsichtsrätin der taz, Anke Domscheit-Berg, ihre öffentlichen Auftritte auf. Alle.

Also wirklich alle.

Am kommenden Samstag ist sie in Leipzig beim Katholikentag. Am 5. Juli trifft sie sich in Berlin mit Familienministerin Manuela Schwesig (SPD). Eine Woche später bespricht sie in der Heinrich-Böll-Stiftung deutsche Familienpolitik.

Wer wissen will, was sie früher gemacht hat, klickt die „archivierten Termine“ an. Und kann dann scrollen, scrollen, scrollen. Fernsehauftritte, Radiointerviews, Statements. Dabei ist die Frau weder Ministerin noch Abgeordnete, aber: Sie will eine werden, schon lange. Nun steigt die 48-Jährige bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr für die Linkspartei in den Ring. Das erklärte sie am Montag in Potsdam.

Parteilose sind für die Linke ein Risiko

Als Parteilose soll sie für die Partei im Brandenburger Wahlkreis 60 antreten. Darum wurde sie nach eigenen Angaben von der Linkspartei gebeten. In dem Bezirk holte Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Bundestagswahl 2013 das Direktmandat.

Hofft die Partei darauf, dass die Feministin und Transparenzaktivistin das Rennen gegen den prominenten SPD-Politiker macht? Oder haben die GenossInnen mittlerweile eingesehen, dass es ohne Strahlkraft in Sachen Internet und Digitalisierung nicht mehr geht? Vielleicht braucht die Partei aber einfach auch nur eine Kandidatur mit einer Profilkombination, die nicht gerade üblich ist bei der Linkspartei: weiblich, jung, medienaffin?

Sie kann der Partei Strahlkraft geben. Und die ihr einen Listenplatz

Domscheit-Berg will sich für einen vorderen Listenplatz bewerben. Die Chance, dass sie gewählt wird, steht nicht schlecht. „Ich habe ein gutes Gefühl und bereits positives Feedback erhalten“, sagte Domscheit-Berg zur taz. Parteilose Bundestagsabgeordnete sind für die Linkspartei aber auch ein Risiko. Einst zog etwa der frühere Bundesrichter Wolfgang Neškovićals Parteiloser auf dem Ticket der Linkspartei in den Bundestag ein. Später bezeichnete er Parteikollegen als „Fehlbesetzung“ und „Sprechblasenfacharbeiter“.

Linke Sozialpolitik, Feminismus, Asyl – alles prima

Was prädestiniert Domscheit-Berg, die bereits Mitglied bei den Grünen und bei den Piraten war und mehrfach erfolglos für politische Ämter kandidierte, nun für die Linkspartei? „Ich bin eine linke Socke“, sagt sie über sich selbst. Damit meint sie, dass sie sich mit dem Linken-Programm vollständig identifizieren kann. „Darin kann ich nichts finden, was ich ablehne.“

Sozialpolitik, Feminismus- und Genderfragen, Asylpolitik – alles prima. In der Flüchtlingsfrage sei die Linke die „mit Abstand konsequenteste Partei“. Domscheit-Berg und ihr Ehemann, der Netzaktivist Daniel Domscheit-Berg, betreuen privat Flüchtlinge, teilweise wohnen diese im Haus des Paares in Fürstenberg.

Die Gesellschaft entwickele sich gerade in eine „unschöne Richtung“, findet Domscheit-Berg: Egoismus, Fremdenfeindlichkeit, Rechtspopulismus. Ihre Kandidatur ist auch eine Kampfansage an die AfD. „Ich habe reale Angst. Und wer Angst hat, muss etwas tun.“

Aktivismus ist Domscheits Prestige. Aber der muss für einen sicheren Listenplatz erst mal reichen.

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16 Kommentare

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  • Ich vermute mal, dass Frau sich - mal wieder - profilieren will.

    Aber über ein Direktmandat gegen Steinmeier? - Chapeau LINKE, habt ihr gut hinbekommen, dass keiner eurer Kader als Verlierer nach der Wahl dasteht.

  • "... Feministin und Transparenzaktivistin...", "... Strahlkraft in Sachen Internet und Digitalisierung..." , "... weiblich, jung, medienaffin..."

     

    Warum braucht Frau Domscheit-Berg denn einen Listenplatz ? Mit diesem Traumprofil holt sie doch locker ein Direktmandat.

    • @jhwh:

      ... wohl nur in Berlin.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Man, sorry, Frau wechselt so lange die Partei bis es mit dem Bundestag klappt.

  • Schade, Frau Domscheit-Berg! Sie können mehr als sich bei der Linkspartei hinten einzureihen. Als Publizistin oder Whistleblowerin - wie Ihr Mann - könnten Sie positiv in die Schlagzeilen kommen...

    • @Sondermann:

      Nein...Aktivisten leben gefährlich (Snowden, Achange).

       

      Deutsche wollen aber Sicherheit. also geht man in eine Partei oder gründet eine mit Hilfe des Kapitals um sich vom Bürger alimentieren zu lassen.

       

      So war das schon immer mit den Idealen....Geld ist halt mehr wert, gell

       

      Siehe Grüne, Christen, Linke ebenso.

       

      Ausserdem....wenn Wahlen etwas verändern würden, wären diese verboten!!

       

      Solange das Wirtschafts-und Geldsystem NICHT verändert wird und die Massen auf die Straße deswegen gehen, solange wird sich auch NICHTS zum positiven verändern. Sonder die Gesellchaften ala USA immer mehr verwildern!

       

      Der nächste Crash steht eh vor der Türe :)....sagt Sarah auch.

      • @Frei_Denken:

        "Ausserdem....wenn Wahlen etwas verändern würden, wären diese verboten!!"

         

        Klar. Siehe Ägypten. Wird ein Muslimbruder gewählt, kommt das Militär.

  • Parteilos ist die Zukunft der Politik, denn sie sind freie engagierte Profi.Bürger (Sloterdijk), die hinschauen und selbst denken.

    Das beste aktuelle Beispiel ist Bernie Sanders, der als US Präsidentschafts Kandidat sich kurzfristig unter die Demokratische Partei aufgestellt hat. Er macht das so gut, mobilisiert viele Jugendliche und alte Nichtwähler, dass die Linke in Deutschland seinen Stil sorgfältig beobachtet.

    Solche unabhängige Kandidaten bringen zusätzliche Kompetenzen und neue creative Lösungen in die Diskussion.

    In der Philosophie wurde dies als "Platons Höhlen Gleichnis" beschrieben und heute in der Creativitäts Wissenschaft als "out of the box thinking". Den Begriff benutzt Bernie Sanders ebenfalls. This campaign is thinking outside of the box!

    The radical idea: We are working for an economy which is working for people!

    That is called getting our priorities right. We were told by the indians in this country that as human beings are part of nature! Climate change is real and threatening the planet.

    Love always trumps hatery.

    It is time for a political revolution. https://www.youtube.com/watch?v=mniX5MYB8ek Viel Erfolg - wir können es brauchen!

    • @Peter Meisel:

      Bernie Sanders rettet die Welt. Endlich.

  • Die Frau ist gescheit, weiss wovon sie redet und kann es auch noch klar rüberbringen.

     

    Nun bin ich nur noch gespannt, wenn sie denn gewählt wird (wovon ich gerne ausgehe), ob sie die Partei verändern wird oder ob die Partei sie verändert.

     

    Und was macht Sascha Lobo?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @noevil:

      "Die Frau ist gescheit, weiss wovon sie redet und kann es auch noch klar rüberbringen."

      Müsste eigentlich für eine Kandidatur reichen; fragt sich nur, warum bei den Grünen und den Piraten nichts daraus wurde.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Was zweifeln Sie? Offenbar hat Frau Schmollack die eierlegende Wollmilchsau entdeckt. Also, wenn´s jetzt nicht aufwärts geht, geht´s nie mehr.

  • Ich drück ihr beide Daumen und rate ihr, sich von Waschmaschinen fernzuhalten, denn darin soll ja schon so manche Socke unauffindbar verschwunden sein.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Macht nichts.

      Bei ihr als Politchamäleon dürften Socken aus alten Beständen untereinander beliebig kombinierbar sein.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Scheint eine vom Typus "Irgendwas mit Politik" zu sein.

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          ... & natürlich was mit Medien...