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Müllvermeidung beim EinkaufGegen Plaste ganz elastisch

Teile des Einzelhandels wollen Plastiktüten künftig nicht mehr kostenlos abgeben. Doch es gibt keine Strafen für die, die nicht mitmachen.

Plastiktütenpoesie wie man sie aus „American Beauty“ kennt. Zukünftig nur noch gegen Gebühr Foto: dpa

Es herrschte große Einigkeit am Dienstagmorgen im Bundesumweltministerium. „Plastiktüten sind oft überflüssig“, sagte Ministerin Barbara Hendricks (SPD). „Der Verbrauch kann und muss weiter gesenkt werden.“ Josef Sanktjohanser, Chef des Handelsverbands Deutschlands, sekundierte: „Es geht um den Schutz der Umwelt und den sparsamen Umgang mit Ressourcen.“ Darum sollten Plastiktüten möglichst nicht mehr kostenlos abgegeben werden.

Ebenso einig waren sich die Beteiligten aber auch, dass sie das effektivste Mittel zum Erreichen dieses Ziels nicht nutzen wollen: eine verpflichtende Abgabe auf Plastiktüten solle es in Deutschland, anders als etwa in Irland, nicht geben. Stattdessen setzt Hendricks auf eine freiwillige Vereinbarung mit dem Handelsverband. In diesem Dokument, das am Dienstag feierlich unterzeichnet wurde, verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen, Plastiktüten ab Juli nicht mehr kostenlos abzugeben. Ein Mindestpreis wird nicht vorgegeben; die Einnahmen bleiben, sofern sie nicht freiwillig gespendet werden, beim Unternehmen.

Doch selbst mit dieser recht zahmen Verpflichtung hat sich der Handel schwergetan. „Das hat bei uns zu heftigen Debatten geführt“, sagte Handelsverbandschef Sanktjohanser. Gerade im hochwertigen Textilhandel sei mit Protesten gerechnet worden, wenn KundInnen für Tüten zur Kasse gebeten werden. Diese Befürchtung war aber offenbar unbegründet.

„Die Reaktionen sind durchweg positiv“, berichtete etwa Mark Rauschen, Geschäftsführer des großen Osnabrücker Modehauses L+T. Dort kosten Plastiktüten seit Kurzem 20 Cent; begleitet wurde die Umstellung durch eine breite Informationskampagne in den Schaufenstern. „Die Zahl der Tüten ist um 75 Prozent zurückgegangen“, sagte Rauschen.

Große Ketten fehlen

Doch während einige Schwergewichte der Modebranche – darunter H&M, C&A, KiK und Adler – die Vereinbarung bereits unterzeichnet haben, fehlen andere große Ketten – etwa New Yorker, Zara und Sportscheck. Auch Peek & Cloppenburg ist bisher nicht dabei. Derzeit verstehe man „die kostenlose Zugabe einer Plastiktüte in den Verkaufshäusern als Serviceleistung dem Kunden gegenüber“, teilte das Düsseldorfer Unternehmen dazu mit. Eine Veränderung werde „ergebnisoffen“ geprüft.

Insgesamt wird bisher weniger als die Hälfte der Tüten von der Vereinbarung erfasst. Befürchten müssen solche Verweigerer allerdings nichts. Sanktjohanser kündigte lediglich an, der Verband werde „weiter Überzeugungsarbeit leisten“. Und auch Hendricks hielt sich mit Drohungen zurück. In zwei Jahren soll die Vereinbarung erstmals überprüft werden – wie und durch wen ist noch offen. Wird das Ziel verfehlt, dass bis dahin mindestens 80 Prozent der Tüten Geld kosten, sei eine gesetzliche Regelung möglich, sagte Hendricks. „Aber ich gehe davon aus, dass das nicht nötig sein wird.“

Ein Grund für die Zurückhaltung ist, dass das Problem in Deutschland vergleichsweise gering ist. Plastiktüten werden hier zum Großteil recycelt oder verbrannt. Zudem sind die Deutschen mit durchschnittlich 71 Einweg-Plastiktüten pro Jahr (ohne dünne Tüten für Obst und Gemüse) ohnehin schon recht sparsam: Der EU-Schnitt liegt derzeit bei 198 Tüten; bis zum Jahr 2025 soll er auf 40 Tüten sinken.

Besonders gering ist der Verbrauch mit 16 Tüten pro Kopf und Jahr in Irland. Dort hat die Regierung eine Pflicht-Abgabe von 22 Cent eingeführt. Das hatten Umweltverbände auch für Deutschland gefordert. Doch Hendricks sei vor den Handelskonzernen eingeknickt, kritisierte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Der Naturschutzbund bemängelte zudem, dass sich die Vereinbarung auf Plastiktüten beschränkt. Denn auch Papiertüten, auf die der Textilhandel jetzt vermehrt setze, machen ökologische Problem.

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6 Kommentare

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  • Hoffentlich kommt jetzt der Handel nicht auf die brilliante Idee jetzt Papiertüten oder Jutetaschen anzubieten, deren Umweltbilanz ist nämlich schlechter als die der Plastiktüten.

    • 2G
      27741 (Profil gelöscht)
      @FraMa:

      Ob das so ist, da bin ich mir nicht ganz sicher. Aber den wichtigsten Aspekt sollten sie nicht außer Acht lassen. Mit den "kostenlosen" Plastiktüten wird dem Verbraucher eine Wegwerfmentalität anerzogen. Das darf bei den vielfältigen Umwelt- und Klimaproblemen ein nicht zu vernachlässigender Faktor sein. Ich habe Baumwolltaschen für je 1 Euro, die schmeiß ich nicht so einfach weg. Und ob eine unbehandelte Jutetasche in einem der Weltmeere rumschwimmt oder eine Plastiktüte, dass scheint mir doch ein Unterschied.

  • Ich habe seit Jharen keine Plastiktüte beim Einkauf bekommen, mind. 0,10€ kostet eine Plastiktüte im Laden. Ob Bio-Laden, Supermarkt oder Drogerie.

    Dafür bekommt man jetzt die Gurke und Kräuter in Plastik eingeschweißt. Plastik ist doch überall, selbst im Marsriegel. Was soll man zu solchen Berichten sagen, ich kann mir nicht vorstellen dass es über die Plastiktüte noch Debatten gibt. Da ist die in Plastik eingeschweißte Gurke doch ein Thema, warum, wieso, weshalb wird die Gurke eingeschweißt, etwas überflüssigeres gibts ja wohl nicht. Wer ist dafür verantwortlich???

    • 2G
      27741 (Profil gelöscht)
      @Rita Dütsch:

      Es gibt noch jede Menge mehr Beispiele. Warum gibt es in vielen Supermärkten keine Fleischtheke mit Verkäuferin? So werden viele Wurstwaren in Plastik gehüllt und in Selbstbedienung verkauft. Der Grund wird wohl Kostenersparnis gewesen sein. Jetzt bekommen wir mit dem Müll die Probleme. Die Unternehmen haben gespart und der Steuerzahler kann für die Folgekosten aufkommen.

      Alles wie gehabt. Nehmen sie nur die "kostenlosen" Stadtzeitungen oder die Werbebroschüren. Bei uns im Hochhaus fliegen mindestens 50 % davon am Abend in den Müll. Verschwendung pur. Wir müssen dahin kommen, dass jeder nur auf Anforderung solche Sachen bekommen kann. Und selbstverständlich auch dafür bezahlen muss. Nicht wie jetzt über Werbefinanzierung, denn so werden wir kein Umdenken hinbekommen.

  • "Gerade im hochwertigen Textilhandel sei mit Protesten gerechnet worden, wenn KundInnen für Tüten zur Kasse gebeten werden."

    Ganz klar. Wenn man gerade mehrere 100 € für Klamotten ausgegeben hat, sind 20 Cent für eine Tüte auch echt zu viel verlangt.

    • @Frank N. Stein:

      @ Frank N. Stein: Aber genau da steckt doch das Verrückte. Sie sagen einfach die 20 Cent zahlen und gut ist. Also bliebe alles wie bisher, nur dass eben bei jedem Einkauf einfach ein paar Cent mehr vom Kunden zum Verkäufer wandern. Sonst ändert sich nichts. Wahrscheinlich wird es künftig auch so laufen.

      Grundsätzlich ist doch bei dem ganzen Verpackungswahn (Gemüse einzeln eingeschweißt, fast jedes Lebensmittelprodukt mit unnötig viel Verpackung versehen) die Plastiktüte die einzig sinnvolle "Verpackung". Und vor allem mehrfach einsetzbar: Leergut wegbringen und am Ende als Mülltüte verwenden.

      Die oft beworbene Papiertüte ist meines Erachtens eine wirkliche "Wegwerftüte" und schneidet in der Ökobilanz schlecht ab. Sieht halt einfach nur Öko aus.

      Einzig darf die Plastiktüte eben nicht im Meer landen. Aber wo in Deutschland tut sie das denn schon.