Champions-League-Halbfinale der Frauen: Frankfurt klagt, Wolfsburg klotzt
Frauenfußballvereine haben weniger Geld als Klubs, die auch Männerfußball anbieten. Frankfurt und Wolfsburg streiten sich, ob das ein Nachteil ist.
Jedenfalls führt der deutsche Frauenfußball eine stolze Tradition fort: Seit Umbenennung dieses Wettbewerbs 2009 schaffte es immer ein deutsches Team ins Endspiel. Erst der FCR Duisburg, 2010, und 2011 Turbine Potsdam, dann der 1. FFC Frankfurt sowie 2013 und 2014 der VfL Wolfsburg. Zuletzt im Vorjahr war wieder der 1. FFC Frankfurt an der Reihe. „Ein Champions-League-Finale zieht hohe Aufmerksamkeit und hohe Sichtbarkeit“, sagt Ness, „und ich weiß von meinen Spielerinnen, wie wichtig auch ihnen die Königsklasse geworden ist.“ Auch wenn Strahlkraft und Vermarktung nicht annähernd mit dem männlichen Pendant zu vergleichen sind. Wer das Finale am 26. Mai in der italienischen Kleinstadt Reggio Emilia, gut 150 Kilometer südöstlich von Mailand gelegen, gewinnt, wird mit vergleichsweise bescheidenen 250.000 Euro Prämie belohnt.
Die sportlichen Aspekte stehen sowieso im Vordergrund. Wie im Vorjahr muss Frankfurt die Champions League gewinnen, um sich international zu qualifizieren, denn der zweite Platz in der Bundesliga ist außer Reichweite geraten. Wolfsburg hat seinen Vorsprung unter der Woche auf vier Punkte ausgebaut. „Wir sind durch diese Spiele jetzt nicht der Favorit“, glaubt VfL-Trainer Ralf Kellermann, „es wird eine Partie auf Augenhöhe.“
FFC-Kollege Matt Ross beruft sich hingegen auf den Außenseiterstatus: „Wir in Australien lieben die Underdogmentalität.“ Außerdem habe man 180 Minuten Zeit, um eine „flexible Strategie“ zu entwickeln. „Es ist noch nichts entschieden, wer anders denkt, denkt falsch“, erklärt auch Nationalspielerin Simone Laudehr trotzig.
„Professionalität wird immer wichtiger“
Doch bei FFC-Manager Siegfried Dietrich ist immer öfter herauszuhören, dass sich die Kräfteverhältnisse zu Ungunsten der Frankfurterinnen verschoben haben. Das Investment einiger Topmännerklubs liege deutlich jenseits der Möglichkeiten der am besten vermarkteten Frauenfußballvereine, „bei denen jeder Euro mit hohem Aufwand selbst verdient werden muss“, stellte Dietrich auf der DFB-Webseite in einem Doppelinterview mit dem beim VfL Wolfsburg für den Frauenfußball zuständigen Geschäftsführer Thomas Röttgermann heraus. Sein Kollege widersprach: „Für mich sind die Lizenzvereine eine echte Chance und eine Bereicherung. Ich glaube, dass sie ein anderes Maß an Professionalität bringen, die immer wichtiger wird.“ Er gehe von einem verträglichen Miteinander zwischen profilierten Frauenfußball- und professionell arbeitenden Lizenzvereinen aus, die beides anbieten: Männer- und Frauenfußball.
Fakt ist, dass vor allem die Personalpolitik bei den Niedersachsen besser geglückt ist als bei den Hessen, bei denen die Zugänge überhaupt nicht funktionieren. Sowohl die kanadische Nationalspielerin Sophie Schmidt als auch die australische WM-Teilnehmerin Emily van Egmond ließen bislang ihre Bundesligatauglichkeit vermissen. Und die aus Wolfsburg gekommene japanische Vizeweltmeisterin Yuki Ogimi scheint völlig isoliert. So sind in Frankfurt drohende Ausfälle wie die von Kapitänin Kerstin Garefrekes (Anriss zweier Außenbänder im Sprunggelenk) und Spielmacherin Dzsenifer Marozsán (Wadenprellungen) kaum aufzufangen.
Letztere sei nicht zu ersetzen, räumt Ross ein: „Sie sieht auf dem Platz Lücken, die andere nicht sehen.“ Ihr Fehlen könnte bereits auf eine schwierige Zukunft des amtierenden Champions-League-Siegers hinweisen. Der Weggang der 24-jährigen Nationalspielerin ist nur noch nicht offiziell verkündet. Ihr Berater heißt Dietmar Ness, der sich am 1. Mai, dem Tag der Halbfinal-Rückspiele, statt nach Frankfurt lieber nach Paris begibt, um die Partie zwischen den kräftig investierenden französischen Topklubs PSG und Olympique Lyon zu begutachten. Einer von beiden dürfte Marozsans künftiger Arbeitgeber sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!