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Antifa-Sprecher über die AfD„Abschottung? Könnt ihr haben“

Die AfD hat nicht nur Wähler mobilisiert, sondern auch die Antifa. Sprecher Andreas Funk erklärt, warum die nun Brandschutt verfrachtet und Türen zuschraubt.

Kreativer Protest gegen den mecklenburgischen AfD-Funktionär Holger Arppe (sein Haus in Rostock) Foto: dpa
Martin Kaul
Interview von Martin Kaul

taz: Herr Funk, die völkische Rechte hat die Straßen übernommen und zieht in die Parlamente ein. Was lernen Sie daraus?

Andreas Funk: Dass wir den Kampf gegen sie ernster nehmen müssen. Die Antifa hat zu lange zugeschaut, wie sich völkische Projekte wie Pegida und die AfD etablieren konnten.

Wie ist das zu erklären?

Wir haben zu lange gebraucht, um zu vermitteln, worum es sich handelt. Es ist billig, die AfD an ihrem Rassismus zu überführen, indem man alle Sympathisanten platt als Nazis bezeichnet. Das ist zu wenig. Die Partei ist wichtiger Teil einer völkischen Koalition, die vom harten Neonazi-Rand bis in die großen Parteien reicht. Man darf also die anderen Rechten nicht vergessen, wenn man sich der AfD zuwendet.

Die Antifa hat also ein Vermittlungsproblem?

Dass die Antifa in der Krise war, ist ja kein Geheimnis. Als im vergangenen Herbst 5.000 AfD-Anhänger in Berlin unterwegs waren, kamen noch nicht einmal gleich viele Gegendemonstranten. Das war ein Armutszeugnis – aber es hat uns auch wachgerüttelt.

Inwiefern?

Es gibt in der Antifa wieder einen Trend zu besserer und bundesweiter Zusammenarbeit. Unsere im Januar gestartete Kampagne läuft gut. Vergangenes Wochenende haben Aktivisten in Frankfurt am Main das Büro der AfD mit einer Türplatte zugeschraubt. Motto: Abschottung könnt ihr haben. In Berlin haben Antifas vor der Bundesgeschäftsstelle der AfD eine Ladung Brandschutt aus einer abgebrannten Flüchtlingsunterkunft in Nauen abgeladen. Ihre Botschaft: Den Brandschutt zurück an die, die ihn erzeugt haben. Dahinter steckt der Versuch, die Politik der AfD bildhaft umzusetzen, mit einem Augenzwinkern, aber radikal in der Sache.

Im Interview: Andreas Funk

31, ist Sprecher der bundesweiten Antifa-Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“. Die Kampagne richtet sich gegen die AfD, Pegida und völkischen Nationalismus.

Wie lässt sich damit die AfD kleinmachen?

Das klassische Aktionsspektrum, das die Antifa hat, wird sicher nicht ausreichen. Aber wir können ja auch nicht alles wegwerfen, was wir mal gelernt haben.

Das heißt: Sie plädieren für einen neuen Aufstand der Anständigen?

Es wäre angebracht, dass sich auch die etablierteren Kräfte mal klar positionieren. Aber wir haben keinen Bedarf, im Bündnis mit Sozialdemokraten aufzutreten, die sich mit der AfD einen Nützlichkeitsrassismus teilen. Unter kaum einer Regierung wurden die Asylrechte so verschärft wie nun unter Angela Merkel. Das sind sicher nicht die Freunde, mit denen wir kämpfen. Wir streiten für eine ganz andere Alternative.

Allerdings nicht sehr erfolgreich. In den ländlichen Gegenden des Ostens ist es oft cooler, Neonazi zu sein als gegen Nazis.

Es ist nirgendwo cool, Neonazi zu sein. Aber ja, in weiten Teilen des Ostens stellen die Rechten die hegemoniale Jugendkultur. Wir steuern dagegen so gut es geht. Im April wird es in Chemnitz einen antifaschistischen Jugendkongress geben, der darauf abzielt. Da wird es wichtig, dass das keine lokale Veranstaltung bleibt. Das Problem ist ja: Alle Linken, die mal zwei schlaue Bücher in der Hand hatten, ziehen irgendwann nach Berlin, Frankfurt oder Leipzig. Daran müssen wir arbeiten.

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16 Kommentare

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  • "Es ist nirgendwo cool, Neonazi zu sein."

     

    YO!

  • Da AfD-Anhänger in der Regel weinerliche Jammerlappen sind, die sich ständig als Opfer sehen (der Medien, des Mainstreams, der bösen linksgrünen Unterdrücker), habe ich ein bisschen Bauchschmerzen, ob man mit solchen Aktionen nicht eher Menschen in die Arme der AfD treibt, nur um sich auf der anderen Seite ein bisschen freuen zu können, dass man's denen mal so richtig gezeigt hat.

     

    Sollten solche Aktionen nicht dazu dienen, diejenigen, die noch zu retten sind, zum Nachdenken anzuregen? Mit Brandschutt mag das vielleicht noch gelingen, mit zugedübelten Türen sicher nicht.

    • @Christian:

      Ich verstehe Ihre Bauchschmerzen einerseits vollkommen - andererseits denke ich, wer sich ernsthaft von zugedübelten Türen so sehr beeindrucken lässt, dass er oder sie auf das hysterischen AfD-"Opfer"-Gekreische mit einsteigt, wäre früher oder später sowieso bei irgendeinem anderen nichtigen Anlass bei dieser Partei gelandet ...

  • Für die taz sind Straftaten "kreativer Protest"!?

    Das ist wirklich eine sehr bedenkliche Auffassung davon, wie in einem demokratischen Rechtsstaat politische Auseinandersetzungen geführt werden sollten.

    Genauer gesagt widerspricht diese Auffassung den Prinzipien unserer Demokratie. Hoffentlich haben die Behörden ein Auge darauf - nicht, dass diese Haltung am Ende noch Schule macht und sich Linke, Rechte, (und jeder, der sich sonst noch dazu berufen fühlt) in Selbst(gesinnungs)justiz üben.

    • @juli123:

      Man hätte ihm ja auch die Bude anzünden können. Aber offenbar möchte man nicht auf das rechte Niveau herabsinken.

      • @cursed with a brain:

        also Straftaten sind OK, solange die Gegenseite noch Schlimmere begeht?

         

        Leider kenne ich mich mit Selbstjustiz nicht so gut aus, aber Sie können mir da sicher weiterhelfen, ich würde die Denkweise nämlich gerne verstehen:

        Wie weit bleibt man denn als Linker unter dem Niveau der rechten Straftäter?

        Ist das Niveau der Straftaten bei gegenseitiger Eskalation nach oben offen, oder beschränkt man sich grundsätzlich auf Sachbeschädigung, Drohung, Beleidungung und Nötigung?

        Nach welchen Kriterien wählt man seine Ziele aus?

        Sie schreiben, man hätte ihm (also dem AfD-Mann) auch "die Bude anzünden können", was wohl heißt, Sie machen ihn für das Anzünden von Flüchtlingsheimen verantwortlich. Auf welcher Grundlage geschieht das? Und könnte man ihn nicht auch noch für die Morde des NSU verantwortlich machen? Welche Gegenreaktion wäre in diesem Fall für Sie angemessen?

        • @juli123:

          Im Gegensatz zu Ihnen unterscheidet die Justiz in "Straftaten gegen das Leben" und in "Sachbeschädigung", im Gegensatz zu Ihnen ordnet die Justiz dem Motiv "Selbstjustiz" nur Taten der ersten Gruppe zu, und im Gegensatz zu Ihnen ist die Justiz im allgemeinen Willens und in der Lage zu erkennen, wann Straftaten der zweiten Gruppe solche der ersten Gruppe tatsächlich implizieren und wann nicht.

           

          Im übrigen erscheinen Ihre diffusen Ausführungen lediglich als linksphobistische und vermutlich antidemokratisch motivierter Versuch der Hetze.

    • @juli123:

      ein Interview spiegelt die Meinung des Interviewers nicht zwangsläufig wieder

      • @wirklich?:

        ist mir bekannt ;)

        Die Bildunterschrift, in der Sachbeschädigung als "kreativer Protest" bezeichnet wird, stammt aber aus der Feder des Redaktuers und nicht der Antifa. Jededenfalls gehe ich stark davon aus.

        Ich will es mal wohlwollend beurteilen, und es eine Verharmlosung von Straftaten nennen. Man könnte es aber auch als Anstiftung interpretieren...

        Stellen wir uns mal den Umgekehrten Fall vor: Eine rechte Zeitung bezeichnete die Beschädigung des Büros und des Wohnhauses eines Linken-Politikers als "kreativen Protest"...

        Wetten, dass die taz da nicht gerade wohlwollend urteilen würde? ;)

        • @juli123:

          Ein wesentlicher Unterschied u. a. wäre:

           

          Der rechte Politiker darf bei der Antifa mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass es bei einer Beschädigung seines Eigentums bleibt.

           

          Der Linken-Politiker darf nicht damit rechnen, dass es bei reiner Sachbeschädigung bleibt. Er bzw. sie muss bei den Rechten mit Einschüchterungsversuchen gegenüber seiner Familie und seinen Unterstützer_innen, mit Morddrohungen, mit Brand- und Bombenanschlägen, mit körperlichen Angriffen (bei denen lebensgefährliche Verletzungen oder z. T. sogar der Tod in Kauf genommen werden) rechnen ...

        • @juli123:

          Sind Sie denn "eine rechte Zeitung"? Oder übernehmen Sie nur deren Aufgabe, handeln etwa in deren Auftrag?

        • @juli123:

          "Die Bildunterschrift, in der Sachbeschädigung als "kreativer Protest" bezeichnet wird, stammt aber aus der Feder des Redaktuers"

           

          Ironieerkennung ist nicht Ihre Stärke, oder?

          • @Dorian Müller:

            Scheinbar nicht ;) Vielleicht erklären Sie es mir!?

            Ich erkenne da (leider) keine Ironie... "Kreativer Protest" ist in der Bildunterschrift weder in Anführungszeichen gesetzt, noch lässt der Kontext darauf schließen: Ein vollkommen unkritischer Beitrag, als Plattform für Linksextreme.

        • @juli123:

          Nun ja....ist ja auch eine linke Zeitung. Wenn Sie dann zum gleichen Thema die Junge Freiheit lesen ist das ja alles wieder ausgeglichen;-)

          • @Muff Potter:

            Nein Danke, das halte ich nicht aus :-P

            Ich dachte eigentlich auch, es wäre eine linke Zeitung - und keine LinksRADIKALE

            • @juli123:

              Vielleicht können Sie sich mal beizeiten entscheiden, ob Ihr Vorwurf gegen die taz nun auf LinksRADIKALISMUS oder LinksEXTREMISMUS lautet.

               

              Ach, Sie kennen den Unterschied da gar nicht? Nicht untypisch für einen rechtsdrehenden Stimmungsmacher.