Lastenfahrräder zum Ausleihen: Beim Umzug hilft das Fahrrad
Lastenfahrräder zum kostenlosen Ausleihen sind eine Alternative zum Stadtauto. Ein Projekt in Berlin zeigt nun, wie es gehen kann.
Nach Köln, München, Hamburg und Hannover soll es nun auch in Berlin losgehen. „Gerade im dichten Berliner Verkehr wollen wir Leute ermutigen, das Auto stehen zu lassen“, sagt Filip Schaffitzel, einer der Mitinitiatoren des Projekts „Freie Lastenradler Berlin“.
Der 26-jährige Student war vor drei Jahren zu Besuch in Kopenhagen und begeistert von den Einsatzmöglichkeiten der Räder. Im vergangenen Sommer hat er dann den Initiator des Münchner Lastenradverleihs auf einer Fahrradtour getroffen, seitdem sind sie in Kontakt. Das Münchner Projekt ist nun das Vorbild für das Vorhaben in der deutschen Hauptstadt.
Das Prinzip ist einfach: Über die Internetseite des Projekts können die Fahrräder für ein bis drei Tage kostenlos gebucht werden. Am Abholort zeigen NutzerInnen Personalausweis und ein Passwort vor, das sie während des Buchungsprozesses bekommen. Nach einer kurzen Einweisung in den Gebrauch des Rads kann es losgehen.
Die Fehler der 50er und 60er Jahre wiedergutmachen
Schaffitzel sieht in seinem Projekt mehr als eine nette Alternative. Für ihn ist ein funktionierendes Lastenradsystem einer von vielen Bausteinen in einem nachhaltigen und möglichst autofreien Stadtkonzept.
Dazu zählen für ihn auch die Verbreiterung von Fahrradwegen, mehr Flächen für FußgängerInnen und Car-Sharing. „Wir müssen den öffentlichen Raum zurückgewinnen und die Fehler der 50er und 60er Jahre wiedergutmachen“, sagt er. Städte wurden damals vor allem für den Autoverkehr erschlossen. Mit dem eigenen Wagen schnell von A nach B – so wünschten es sich viele zu Wirtschaftswunderzeiten.
Schaffitzel und sein Mitstreiter finanzieren die Fahrräder über Crowdfunding. 10.000 Euro sollen bis Ostern für fünf Lastenräder zusammenkommen, die dann gleichmäßig in der Stadt verteilt werden. Die Abholorte können etwa Kiezläden sein oder Wohnprojekte mit Platz. Vor Ort gibt es Personen, die sich um die Wartung kümmern. „Mittelfristig wollen wir in Berlin ein Lastenrad pro Kiez, also zwölf insgesamt“, sagt Schaffitzel. Er selbst ist Teil eines Foodsharing-Netzwerks und nutzt das Lastenrad, um von Betrieben überschüssige Nahrungsmittel abzuholen und zu verteilen.
Anstoß zum Umdenken
Ähnlich wie in München wollen die Berliner die laufenden Kosten über Anzeigenkunden decken. Die Außenflächen der Transportkiste eignen sich gut für Werbung. „Momentan sind wir in Kontakt mit mehreren sozialen Unternehmen und Bio-Supermärkten“, sagt Schaffitzel.
Eine Verkehrsrevolution werden die wenigen kostenlosen Lastenräder allerdings nicht sein, das weiß Schaffitzel auch. Aber sie können ein Anstoß zum Umdenken geben. „Die Leute sprechen mich an, wenn ich auf der Straße unterwegs bin“, sagt Schaffitzel. „Das nutze ich dann oft für ein Gespräch.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader