Manfred Kriener über die Ermittlungen im VW-Skandal: Schwarze Herde
Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen VW auf 17 Personen ausgeweitet. Das ist überfällig. Es bestätigt, dass nahezu alle mit der Motoren- und Abgassteuerung befassten Führungskräfte und Mitarbeiter in das Betrugsmanöver eingeweiht oder direkt beteiligt waren. Hier gibt es keine schwarzen Schafe. Die ganze Herde inklusive Hirten und Hunden ist rußschwarz.
Jedem Versuch, Dieselgate als individuelles Fehlverhalten darzustellen, ist damit der Boden entzogen. Die jahrelang praktizierte vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge – jedes Jahr krepieren in Europa 430.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung – war Konzernstrategie.
Der Dieselskandal köchelt also auf mittlerer Temperatur weiter – das wird noch lange so bleiben. Das zeigt auch der VW-Aktienkurs, der sich partout nicht erholen mag. Denn der große Keulenschlag kommt erst noch, wenn in den USA die hoffentlich horrenden Strafzahlungen verkündet werden. Und: VW wird auch um eine Entschädigung der europäischen Kunden nicht herumkommen. Auch wenn der erste Musterprozess schlecht für den betroffenen Dieselbesitzer – einen von 2,4 Millionen in Deutschland – ausgegangen ist.
Jetzt warten alle auf die Ergebnisse der von Verkehrsminister Dobrindt angekündigten Nachtests. Seit November liegen erste Ergebnisse in den Schubladen, aber nichts passiert. Statt brutalstmöglicher Aufklärung kommunikative Nullemissionen bei gleichzeitig ständigen „internen Abstimmungen“ mit der Autoindustrie. Weder Kraftfahrtbundesamt noch Verkehrsministerium haben bisher ein Jota zur Aufklärung beigetragen. VW sowieso nicht. Der Konzern versucht alles, den kleinen Betriebsunfall zum Marketingproblem herunterzufahren. Doch in den USA ist der Verkauf eingebrochen. In Deutschland gibt es immer noch genug Idioten – im griechischen Sinn – , die tatsächlich einen VW kaufen. Gute Fahrt!
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