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Kommentar Rekordspenden bei GrünenWas unbezahlbar ist

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Das Risiko einer direkten Beeinflussung ist in dem Fall aus Baden-Württemberg überschaubar. Also alles in Ordnung? Nicht ganz.

Alles andere als Kleingeld: Ein Unternehmer spendete den Grünen in BaWü 300.000 Euro. Foto: dpa

E s ging alles mit rechten Dingen zu: Ein Unternehmer spendete den Grünen in Baden-Württemberg 300.000 Euro. Die Summe ist zwar ungewöhnlich hoch, aber das Verfahren korrekt. Arme Parteien nutzen der Demokratie nicht. Der Schatzmeister, der Hunderttausende legal verbuchte Euro ablehnt, muss erst noch geboren werden.

Überdies ist das Risiko der direkten Beeinflussung in diesem Fall überschaubar. Falls ein grüner Staatssekretär den Ökoinvestor Jochen Wermuth irgendwann allzu freundlich behandelte, wäre das ein Skandal, der das moralische Kapital beider ruinieren würde. Also alles in Ordnung?

Nicht ganz. Man kann mutmaßen, dass der spendable Unternehmer sich von der Kretschmann-Regierung ein günstigeres Klima für Ökoenergie erhofft als von einer CDU-Regierung. Der Mann finanziert immerhin ein gutes Viertel des grünen Wahlkampfes im Ländle. Zugegeben: Für einen Wirtschaftszweig, der sympathisch ist. Aber es geht ums Grundsätzliche.

Was würden die Grünen sagen, wenn ein Kohleunternehmer den SPD-Wahlkampf in NRW oder ein Schweinemastmillionär den der CDU in Niedersachsen zahlen würde? Diese Spende verletzt das Prinzip der Chancengleichheit – ebenso wie die 150.000 Euro, die ein Stuttgarter Unternehmer gerade an die CDU überwiesen hat. Natürlich kann man in Deutschland keine Wahlsiege kaufen. Aber Wahlen sind ein Kernelement der Demokratie, da ist es nötig, korrekt bis zum Kleinlichen zu sein.

Als Opposition im Bund fordern die Grünen schon lange, Unternehmensspenden an Parteien auf 100.000 Euro pro Jahr zu begrenzen. Das ist ein vernünftiger Vorschlag. Die Grünen im Südwesten nehmen seit Jahren nonchalant Geld der Metallarbeitgeber an, zu denen auch Waffenfirmen gehören. Das ist keine vernünftige Praxis.

Wo die Grünen regieren, ist es mit ihrer Moral nicht weit her. Für das Geld, das sie einnehmen, verlieren sie etwas, das mit Geld nicht zu bezahlen ist: Glaubwürdigkeit.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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16 Kommentare

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  • Parteispenden gehören verboten weil sie offensichtlich demokratieschädlich sind.

     

    Die Grünen prangern das seit Jahren an.

     

    Die CDU kassiert 600.00 Euro von den BMW-Quants für die Blockade von schärferen Abgasrichtlinein auif EU Ebene durch die Bundesregierung.

     

    Die Ökoindustrie hat erkannt wer ihr genehme Politik macht und will, dass diese Politik fortgesetzt in BW fortgesetzt wird, währen die Automobilindustrie für sich wieder andere Ziele verfolgt.

     

    Nur eines verstehe ich jetzt nicht wirklich: Warum macht man jetzt hier vor allem den Grünen einen Vorwurf??? die sind nicht das Problem, das Problem ist die CDU die hieran nichts ändern will und die Industrieverbände die das entsprechend für sich nutzen...

    • @Grisch:

      Und vor allem: Warum eine so selektive Berichterstattung? Wie sieht es aus bei den anderen Parteien?

       

      Die Logik des Beitrags läuft darauf f hinaus, das Parteien erst dann Forderungen stellen dürfen, wenn diese bereits intern umgesetzt wurden. Sonst ist man ja noch nicht glaubwürdig. Das Lesen von Parteiprogrammen aus dieser Sicht stelle ich mir lustig vor.

  • Mit Moral funktionieren soclhe Regelungen nicht. Sie funktioniren nur wenn sie für alle Parteien gelten. Ansonsten wäre es ne Regelung gut für die CDU (auch die SPD will meines Wissens eine 100.000 Euro Grenze)

  • Parteien sollten sich NUR noch durch die Beiträge ihrer Mitglieder finanzieren dürfen. Der Mitgliedsbeitrag müsste für alle Parteien gleich sein.

     

    Weitere externe gelder auch die von Bund dürften nicht gestattet sein. Erst dann gibt es Chanchengleichheit.

  • "Arme Parteien nutzen der Demokratie nicht."

     

    Was ist denn das für ein Unfug? Seit wann nutzt Korruption - sei sie legal oder nicht - der Demokratie?

  • Mit Geld einen persönlichen Vorteil zu erhalten - wie z.B. Genehmigungen oder Autobahn AGs etc. begeht Korruption, die bei uns leider teilweise straflos ist und mangels unabhängiger Staatsanwaltschaft auch nicht richtig verfolgt wird.

    Wer mit Geld Parteien fördert, die Windenergie fördern statt zu blockieren, fördert Gutes und setzt einen Kontrapunkt gegen RWE & Co, die dafür spenden, dass sie mit umweltfeindlicher Technologie möglichst viel Profit machen können.

    Trotzdem ist dadurch nicht nur das Gleichheitsprinzip in der demokratischen Willensbildung verletzt, sondern es wird auch nicht unbedingt die beste "gute" Lösung gefördert. Schwere Elektroautos sind vielleicht besser als schwere Benzinkutschen. Alternative Mobilitätskonzepte sind jedoch deutlich effektiver und Fahrräder inkl. e-Bikes haben eine mehr als 10 Mal bessere Ökobilanz.

    Es bleibt aber die Frage, heiligt der Zweck die Mittel? Dürfen wir um Pegida zu stoppen, die Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht einschränken. Dürfen wir einseitig in den Medien berichten, um Hass zu vermeiden und das "Gute" zu fördern?

    In einem idealen demokratischen Rechtstaat kann die Antwort nur "nein" lauten, denn mit jeder Ausnahme verliert das was wir verteidigen an Wert. Dort wo Korruption und Geld bereits regieren, mag es berechtigte Ausnahmen geben - doch wer die Werte für Macht aufgibt, wird selbst zum Problem und ist nicht mehr Teil der Lösung.

  • Nichts ist "in Ordnung" da in Baden-Württemberg. 300.000 Euro sind dreimal so viel, wie der Betrag, den die Grünen selbst als Obergrenze angegeben haben. Dieses Signal ist völlig falsch. Es zeigt, dass auch die Grünen mit zweierlei Maß messen.

     

    Was Kretschmann sagt, ist: "Traut uns nicht. Wir predigen Wasser und saufen selber Wein. Wer mit uns ist, der wird bedacht, wer gegen uns agiert, bekommt die Knute". Es ist wie in der Flüchtlingspolitik: Wer so eine "Alternative" hat, der kann gleich bei den Etablierten bleiben. Dann spart er wenigstens den Aufwand und das Chaos, das zwangsläufig mit personellen Wechseln verbunden ist.

     

    300.000 Euro sind ne ganze Menge Kies. Vor allem für ein Unternehmen, das "sympathisch" wirken will und deshalb fair bezahlt im Produktionsprozess. Das Risiko ist also hoch, dass Ökoinvestor Jochen Wermuth sich tatsächlich was erhofft von einem grünen Staatssekretär. Und weil es in der Tat so etwas wie ein "Skandal" wäre, "der das moralische Kapital beider ruinieren würd"“, wenn so was raus käme, wird es vermutlich irgendwie vertuscht. Skandale, schließlich, sind nur welche, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt. Wie weit gerade grüne Medien gehen würden im Interesse der Wahrheit, wenn sie damit Leuten schaden, die angeblich sehr "sympathisch" sind weil offiziell grün angemalt, will ich so ganz genau im Grunde gar nicht wissen.

     

    Je nun, das Muster ist ja immerhin nicht besonders ungewöhnlich. Und ganz im Westen geht die Sonne auf, nicht unter. Überall in diesem Land werden Chancen seit Jahrzehnten schon privat verwertet, während die damit verbundenen Risiken vergesellschaftet werden. Die Grünen tauschen sehr private Macht gegen gesellschaftliche Glaubwürdigkeit. Sie sind offenbar "erwachsen" geworden, wie vor allem solche Leute gerne sagen, die offenbar nicht wissen, was genau das meint, weil es für sie die Väter waren, die Knete ran zu schaffen hatten. Egal woher, nur bitte richtig viel. Die Muttis waren derweil fürs Soziale da.

    • @mowgli:

      Es sind zwei paar Schuhe.

      Man kann ohne logischen Widerspruch eine Begrenzung von Spenden fordern, aber solange diese noch nicht gilt, höhere Spenden annehmen. Sonst würde man die ohnehin vorhandene Ungleichbehandlung im Spendenaufkommen noch freiwillig verstärken.

      • @LeSti:

        Ich glaube es wäre für die Glaubwürdigkeit besser gewesen nur 100.000 anzunehmen. Damit hätten sich die Grünen absetzen können.Eine Regierungspartei ist normalerweise auch nicht auf das Geld angewiesen.

      • @LeSti:

        ;() - in der Hoffnung -

        Daß Sie diesen Sockenschuß

        Selbst nicht ernst nehmen;))

  • Jau - & nur mal colorandi causa ~>

    "…Wo die Grünen regieren, ist es mit ihrer Moral nicht weit her. Für das Geld, das sie einnehmen, verlieren sie etwas, das mit Geld nicht zu bezahlen ist: Glaubwürdigkeit."

     

    Moral - Glaubwürdigkeit¿ -

    Ja wo laufen sie denn?

    Als der Bierdeckelmaler aus "Letzter Halt - Brilon-Wald" mit Moped-tuning durch war - wollte er die

    Schröder-Kamarilla-Genosse der Bosse - toppen - &

    KSchG abräumen wollte ~>

    "Es kann nicht sein - daß man

    Leichter aus einer Ehe rauskommt als Aus einem Arbeitsverhältnis!"

    Hola - da sprang Fritze Kuhn aber seinen strangu-drangsalierten, am Hungertuche nagenden Unternehmern im Lände - Micedis Posche Bosch un wie se all heiße -

    Sowas von beiseite. & ~>

    "Grün zeigt Flagge - Info-Abend" - HA!

    Als dann der ausgeschlafene Referent - ein ausgewachsener

    LAG-Vorsitzender -

    Dess all als ausgewachsenen Schmarrn bezeichnete & das

    Geltende Recht als ausgewogen & für Unternehmerische Entscheidungen Irrelevant umriß. - Auhauerha!

    Ja da greinte klein Fritzchen los ~>

    "…ja aber die gefühlten Hemmnisse!"

    "Für Gefühlskategorien bin ich nicht zuständig!" - der Referent;)

    So geht das. & das all lang.

  • "Wo die Grünen regieren, ist es mit ihrer Moral nicht weit her. Für das Geld, das sie einnehmen, verlieren sie etwas, das mit Geld nicht zu bezahlen ist: Glaubwürdigkeit."

     

    Hallo!? Etwas zu verlieren bedeutet dass man es vorher gehabt haben muss. Leider ein Problem der Politik per se. Es werden Alternativlosigkeiten zelebriert auf allen Seiten; Inhalte und somit Vertrauen zurückgestellt.

     

    Als jemand der im Südwesten lebt: Was hat die Grüne Landesregierung in den letzten Jahren als quasi Mehrheitseigner beim drittgrößten Energieerzeger EnBW in Richtung Ökoenergie bewegt; grüne Kernkompetenz sozusagen! Die Antwort ist nicht schwer: Nix! Hier wird Vertrauen verspielt bei der Urklientel sozusagen. Dennoch ist die Figur Kretschmann anerkannt wie kaum ein Ministerpräsident zuvor.

    Mit Vertrauen in Kretschmann hat das aber nichts zu tun, allenfalls das Vertrauen, dass sich nix ändert.

    Oder fatalistisch: Jeder Wähler bekommt die Regierung die sie verdienen.

    • @Tom Farmer:

      Dass die "Figur Kretschmann anerkannt [ist] wie kaum ein Ministerpräsident zuvor", zumindest unter Grünen, hat tatsächlich wenig mit Vertrauen zu tun, dafür aber ziemlich viel mit Hoffnung - was einen Unterschied ums Ganze macht.

       

      Vertrauen kann man nämlich nur in jemanden haben, der sich bewährt hat. Hoffnung hingegen gibt es quasi als Vorschuss. Das Dumme daran ist: Wird Hoffnung enttäuscht, haben es alle folgenden Bewerber dreifach schwer, Vertrauen zu bekommen.

       

      Kretschmann ist ein typischer Neoliberaler: "Nimm, was Du kriegen kannst, und dann renn!" Außerdem ist er schon viel zu alt, als dass er sich noch viele Gedanken machen müsste über die Verantwortung, die er als erster grüner Ministerpräsident zu tragen hätte. Was die, die nach ihm kommen, mit seinem "Erbe" machen können oder auch nicht, ist ihm ganz offensichtlich völlig wurscht.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @mowgli:

        "Außerdem ist er schon viel zu alt, als dass er sich noch viele Gedanken machen müsste über die Verantwortung, die er als erster grüner Ministerpräsident zu tragen hätte. Was die, die nach ihm kommen, mit seinem "Erbe" machen können oder auch nicht, ist ihm ganz offensichtlich völlig wurscht."

         

        Im Anschluss daran noch die schuldigen gebliebenen Belege dafür zu liefern, hätte Ihren Kommentar auch nicht mehr gesprengt. Dem Kretschmann einfach "typische Neoliberalität" zu unterstellen, halte ich für unfair.

      • @mowgli:

        Stellt sich nur die Frage, wer da auf was hofft. Auf einem deutschen Wahlplakat stand mal "Unsere letzte Hoffnung". Wäre besser gewesen, diese hätte sich nicht erfüllt. Mit Emotionen muß man bei politischen Fragen äußerst vorsichtig umgehen, denn sie sind das Irrationale und haben ihren Platz woanders. Also: Wenn ein MP von denselben Leuten unterstützt wird, die vorher Öttinger und Mappus, Filbinger gar unterstützten, spricht das nicht unbedingt für ihn.

      • @mowgli:

        Ergänzung:

        Vertrauen hat man in jemanden oder nicht und zwar von Beginn an.

         

        Dass man sich das erst "verdienen" muss ist letztes Jahrhundert und aus einen tiefen hierarchischen Ordnung stammend. Das verlangen "wir" ja nicht mal.

        Ich habe Grün vertraut dass sich durchgreifend was ändert. Das war nix.