Kommentar Aufrüstung der Bundeswehr: Die fetten Jahre fangen an
Zu oft hat die Rüstungsindustrie die Armee zu spät, zu teuer und zu schlecht beliefert. Nun soll sie dafür noch mit Subventionen belohnt werden.
K lar, Verteidigungsminister wollen immer mehr Geld. Aber Ursula von der Leyen treibt es auf die Spitze: Für 2017 will sie mehr Geld für die Bundeswehr. Die zusätzlichen 8 Milliarden binnen vier Jahren, die ihr bisher zugestanden wurden, reichen nicht. 130 Milliarden Euro, verteilt auf 15 Jahre, fordert die Verteidigungsministerin nun allein in Bewaffnung und Ausstattung für die Bundeswehr zu investieren. Pro Jahr wären das etwa 3 bis 4 Milliarden mehr als bislang.
Richtig ist: Die Bundeswehr hat massive Probleme bei Ausstattung und Bewaffnung. Zu lange wurde am falschen Ende und das Falsche weggespart. Zu oft hat die Rüstungsindustrie zu spät, zu teuer und zu schlecht geliefert. Tatsächlich einsatzbereit sind die meisten Truppenteile und Waffen nicht.
Von der Leyens 130 Milliarden sind eine Ansage an gleich drei Adressaten. Zum einen an die amerikanischen Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz in zwei Wochen: Hört, hört! Wir Deutschen tun etwas und stocken unsere Militärausgaben auf. Der zweite Adressat ist Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er muss das Geld bereits Ende März in den Haushalt einstellen und will das wohl auch tun.
Bei Schäuble und seiner recht gut gefüllten Kasse melden sich allerdings auch andere Fachminister. Zum Beispiel Sigmar Gabriel, der Wirtschaftsminister. Er möchte in den kommenden Jahren 600 Milliarden Euro zusätzlich in die deutsche Infrastruktur investieren, um Deutschlands wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Ein gewiss sinnvolles Ansinnen.
Der dritte Adressat ist schließlich die deutsche Rüstungsindustrie. Ihr signalisiert Ursula von der Leyen, dass es künftig wieder mehr Aufträge von der Bundeswehr und zusätzliche Dienstleistungen für die Armee geben soll.
Doch genau dieser letztgenannte Adressat dürfte für die Ministerin zum Problem werden. Mit mehr Geld kann der Staat die Industrie kaum dazu bringen, vertragstreu zu liefern. Die Industrie hat das Beschaffungschaos der letzten Jahre mit zu verantworten. Zu Reformen hat sie sich nicht verpflichtet. Der Dialog darüber mit dem Verteidigungsministerium ist ins Stocken geraten. Mehr Geld und mehr Aufträge sind aus Sicht der Industrie vor allem eine industriepolitische Subvention durch die Große Koalition. Die wird man gern mitnehmen. Denn Große Koalitionen regieren ja nicht alle Tage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader